Historische SGV. NRW.

 Aufgehobene Norm: (zur Aufhebung siehe unter (Fn 1))
 


Historisch: Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO NRW)


Inhaltsverzeichnis:


Historisch:

Normüberschrift

Berufsordnung
für Hebammen und Entbindungspfleger
(HebBO NRW)

Vom 12. Februar 2015 (Fn 1)

Auf Grund des § 1 Absatz 2 des Landeshebammengesetzes vom 5. März 2002 (GV. NRW. S. 102), der durch Artikel 9 des Gesetzes vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 572) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter:

§ 1
Geltungsbereich

Diese Berufsordnung gilt für Hebammen und Entbindungspfleger, die in Nordrhein-Westfalen ihren Beruf ausüben. Sie gilt auch für Hebammen und Entbindungspfleger, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind und die als Dienstleistungserbringer im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung der Berufsqualifikationen (Abl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22) vorübergehend in Nordrhein-Westfalen tätig sind.

§ 2
Aufgaben

(1) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem jeweiligen Stand der medizinischen, psychologischen, soziologischen und geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu unterrichten und sie zu beachten.

(2) Im Rahmen dieser Aufgaben führen Hebammen und Entbindungspfleger insbesondere folgende Tätigkeiten in eigener Verantwortung aus:

1. Feststellungen der Schwangerschaft und Beobachtung der normal verlaufenden Schwangerschaft, Durchführung der zur Beobachtung des Verlaufs einer normalen Schwangerschaft notwendigen Untersuchungen,

2. Veranlassung der Untersuchungen, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung einer Risikoschwangerschaft notwendig sind und Aufklärung über diese Untersuchungen,

3. Vorbereitung auf die Elternschaft, umfassende Vorbereitung auf die Geburt einschließlich Beratung in Fragen der Hygiene und Ernährung,

4. Betreuung der Gebärenden während der Geburt und Überwachung des Fötus in der Gebärmutter mit Hilfe geeigneter technischer Mittel,

5. Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage einschließlich Dammschnitt, Nähen eines unkomplizierten Dammschnittes oder Dammrisses sowie im Dringlichkeitsfall die Durchführung von Beckenendlagengeburten,

6. Erkennen der Anzeichen von Anomalien und Risikofaktoren bei der Mutter oder beim Kind, die ärztliches Eingreifen erforderlich machen, Hilfeleistung bei etwaigen ärztlichen Maßnahmen, notwendige eigene Maßnahmen in Abwesenheit einer Ärztin oder eines Arztes,  beispielsweise manuelle Ablösung der Plazenta einschließlich gegebenenfalls manuelle Nachuntersuchung der Gebärmutter, Durchführung der sofortigen Wiederbelebung des Neugeborenen,

7. Untersuchung, Überwachung und Pflege des Neugeborenen regelmäßig in den ersten zehn Tagen nach der Geburt, erforderlichenfalls länger, einschließlich Prophylaxemaßnahmen sowie Blutentnahme für Screeninguntersuchungen,

8. Betreuung der Wöchnerin, Überwachung ihres Zustandes, Beratung in Pflege und Ernährung des Neugeborenen, insbesondere Stillberatung und Stillförderung sowie Hilfeleistung bei Beschwerden,

9. Durchführung der ärztlich verordneten Behandlung,

10. Dokumentation der Maßnahmen und Befunde,

11. Ausstellen von Bescheinigungen im Rahmen der Berufsausübung,

12. Aufklärung und Beratung in Familienplanung und

13. qualitätssichernde Maßnahmen.

(3) Bei der Beratung sind neben medizinischen und geburtshilflichen auch soziale und seelische Faktoren zu berücksichtigen. Die Schwangere und die Wöchnerin sind zur Mitarbeit zu gewinnen, ihre Selbstverantwortlichkeit ist zu fördern.

§ 3
Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit

(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben auf Maßnahmen zur Infektionsverhütung hinzuwirken, auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und gegebenenfalls für ärztlichen Beistand zu sorgen. Auf Wunsch der Gebärenden hat die Hebamme oder der Entbindungspfleger ärztliche Hilfe hinzuzuziehen.

(2) Das Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

§ 4
Arzneimittel

Hebammen und Entbindungspfleger dürfen ohne ärztliche Verordnung folgende Arzneimittel anwenden und verabreichen:

1. in der Eröffnungsperiode ein betäubungsfreies krampflösendes oder schmerzstillendes Arzneimittel, das zum Einsatz bei der Geburtshilfe angezeigt ist,

2. bei bedrohlichen Blutungen in der Nachgeburtsperiode, falls ärztlicher Beistand oder Einweisung in ein Krankenhaus nicht rechtzeitig möglich sind, Mittel zur Förderung der Blutstillung,

3. im Falle einer Dammnaht ein Lokalanästhetikum und

4. zur Überbrückung einer Notfallsituation wehenhemmende Mittel bis zur Einweisung in ein Krankenhaus.

§ 5
Schweigepflicht

(1) Hebammen und Entbindungspfleger unterliegen der Schweigepflicht (§ 203 des Strafgesetzbuches). Diese umfasst auch schriftliche Mitteilungen der betreuten Frauen sowie Untersuchungsbefunde. Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber Ärztinnen und Ärzten, die nicht bei der Behandlung oder Betreuung mitwirken, soweit die betreuten Frauen die Hebammen und die Entbindungspfleger nicht ausdrücklich von der Schweigepflicht entbunden haben.

(2) Den betreuten Frauen ist auf Verlangen unentgeltlich Auskunft oder Einsicht in alle sie betreffenden Unterlagen zu gewähren.

§ 6
Dokumentation und Qualitätssicherung

(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben über die in Ausübung ihres Berufes getroffenen Feststellungen und Maßnahmen bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen, über verabreichte Arzneimittel und, soweit sie außerhalb von Krankenhäusern tätig sind, über die Schwangerenvorsorge, den Geburtsverlauf, die Versorgung des Neugeborenen und den Wochenbettverlauf eine Dokumentation nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Landeshebammengesetz vom 5. März 2002 (GV. NRW. S. 102), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 14. Februar 2012 (GV. NRW. S. 97) geändert worden ist, zu führen. Die Dokumentation ist so abzufassen, dass die gesamte Tätigkeit während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes sowie die Versorgung des Neugeborenen nachvollziehbar ist. Näheres ergibt sich aus der Anlage.

(2) Die Dokumentation ist mindestens zehn Jahre aufzubewahren.

(3) Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.

(4) Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, den unteren Gesundheitsbehörden nach Aufforderung anhand der Dokumentation gemäß Absatz 1 für medizinal-statistische Zwecke Auskünfte zu erteilen. Dies darf nur in anonymisierter Form erfolgen.

(5) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, an qualitätssichernden Maßnahmen nach den Kriterien der Berufsverbände und den jeweils geltenden Versorgungsverträgen teilzunehmen.

§ 7
Fortbildung

Hebammen und Entbindungspfleger haben sich beruflich fortzubilden. Innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren müssen der zuständigen Behörde mindestens 60 Unterrichtsstunden nachgewiesen werden. Geeignete Maßnahmen zur Fortbildung sind insbesondere Fortbildungsveranstaltungen von Hebammenlehranstalten und Hebammenverbänden. Die zuständige Behörde kann auf Antrag zeitlich begrenzte Ausnahmen von Satz 2 zulassen, soweit eine besondere Härte vorliegt.

§ 8
Besondere Pflichten bei freiberuflicher Tätigkeit

Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet,

1. sich an Perinatalerhebungen im Rahmen von landes- und bundesweiten Qualitätssicherungsmaßnahmen zu beteiligen,

2. sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu versichern und die unteren Gesundheitsbehörden über Einzelheiten ihrer Berufshaftpflicht zu informieren,

3. ihre Praxis durch ein Schild zu kennzeichnen, das Namen, Berufsbezeichnung und Sprechstunden angibt,

4. nicht in berufsunwürdiger Weise zu werben,

5. jederzeit erreichbar zu sein, gegebenenfalls sich gegenseitig zu vertreten und

6. sicherzustellen, dass die Dokumentation nach § 6 Absatz 1 bei endgültiger Aufgabe ihrer Berufstätigkeit oder im Falle ihres Todes verschlossen der zuständigen Behörde übergeben wird.

§ 9
Aufsicht

Hebammen und Entbindungspfleger unterliegen der Aufsicht der Kreise und kreisfreien Städte als untere Gesundheitsbehörden.

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Die Ministerin

für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

des Landes Nordrhein-Westfalen


Anlagen:

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 5. März 2015 (GV. NRW. S. 230).

Aufgehoben durch Verordnung vom 6. Juni 2017 (GV. NRW. S. 616), in Kraft getreten am 29. Juni 2017.



Normverlauf ab 2000: