Historische SGV. NRW.

 Aufgehobene Norm: (zur Aufhebung siehe unter (Fn 1))
 


Historisch: Gesetz über die Entschädigung für Freiheitsentziehung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen


Inhaltsverzeichnis:


Historisch:

Normüberschrift

Gesetz
über die Entschädigung für Freiheitsentziehung aus
politischen, rassischen und religiösen Gründen

Vom 11. Februar 1949 (Fn 1)

Mit Rücksicht auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß für ungerechtfertigte Freiheitsentziehung eine Entschädigung zu gewähren ist, wird folgendes Gesetz erlassen:

§ 1

Wer in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 wegen seiner politischen Überzeugung, seiner Rasse, seines Glaubens oder seiner Weltanschauung länger als sechs Monate der Freiheit beraubt wurde und deswegen durch einen Kreissonderhilfsausschuß gemäß der Zonenanweisung HQ 20/2900 und den hierzu ergangenen Richtlinien als politisch, rassisch oder religiös Verfolgter anerkannt ist, erhält, gleichviel, ob die Freiheitsentziehung innerhalb oder außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen verhängt oder vollzogen wurde, eine Entschädigung nach Maßgabe des § 2 dieses Gesetzes, sofern er am 1. Januar 1948 seinen ständigen Wohnsitz im Lande Nordrhein-Westfalen hatte, es sei denn, daß der Antragsteller nach diesem Zeitpunkt aus der Emigration zurückgekehrt ist und vor der Emigration seinen Wohnsitz im Gebiete des Landes Nordrhein-Westfalen hatte oder in seinem Gebiet als Flüchtling Aufnahme gefunden hat.

§ 2

Die Entschädigung nach diesem Gesetz stellt nur einen Ausgleich für die erlittene Freiheitsentziehung dar.

§ 3

1. Die Höhe der Entschädigung für die nach § 1 Berechtigten beträgt für jeden Monat der Freiheitsentziehung 150 DM. Jeder angefangene Monat wird voll angerechnet.

2. Die Auszahlung wird durch die Durchführungsbestimmungen im Rahmen der jeweils haushaltsmäßig bereitgestellten Mittel geregelt mit der Maßgabe, daß die Leistungen auf Grund dieses Gesetzes in längstens vier Haushaltsjahren, beginnend mit dem Haushaltsjahr 1948, zu bewirken sind.

3. Der Antragsteller ist berechtigt, Auszahlung bis zur vollen Höhe der Entschädigung zu verlangen, wenn er nachweist, daß er die Summe zu Zwecken eines angemessenen Wohnungsbaues verwendet.

§ 4

Als Freiheitsentziehung im Sinne dieses Gesetzes gelten auch

a) Inhaftnahme durch die NSDAP, ihre Gliederungen oder eine andere von ihr beauftragte Stelle,

b) Zuweisung zu einer Wehrmachtsstrafeinheit, insbesondere zu einem Bewährungs- oder Strafbataillon (z. B. 999 und 500),

c) Ghetto-Aufenthalt,

d) Einweisung in ein Zwangsarbeitslager,

e) illegales Leben, um sich nationalsozialistischer Verfolgung aus den im § 1 genannten Gründen zu entziehen.

§ 5

Eine Entschädigung auf Grund dieses Gesetzes wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten, welche mit Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt, bei der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Wiedergutmachungs- und Betreuungsstelle zu stellen.

Für Antragsberechtigte, die als Kriegsgefangene, Emigranten und Flüchtlinge bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht zur Stellung des Antrages in der Lage sind, beginnt die Ausschlußfrist mit dem Zeitpunkt der Heimkehr bzw. der Niederlassung im Lande Nordrhein-Westfalen.

§ 6

Ansprüche aus diesem Gesetz sind vor Stellung des Antrages nicht vererblich und können nicht gepfändet werden; sie sind nur mit Zustimmung des zuständigen Ministers abtretbar und verpfändbar.

§ 7

Im Falle einer über den Bereich des Landes hinausgehenden Regelung der Materie dieses Gesetzes gelten die vom Land auf Grund dieses Gesetzes bewirkten Leistungen als Vorauszahlungen.

§ 8

Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen werden durch den Innenminister und, soweit erforderlich, durch die Landesregierung im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuß des Landtages erlassen.(Fn 2)

§ 9 (Fn 3)

Über die Erfahrungen mit diesem Gesetz ist dem Landtag bis zum 1. Juli 2009 zu berichten.

Fußnoten:

Fn 1

GV. NW. 1949 S. 63 / GS. NW. S. 505, nach Maßgabe des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG -) i. d. F. v. 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 559, 562); geändert durch Art. 32 des Gesetzes v. 18.5.2004 (GV. NRW. S. 248); in Kraft getreten am 4. Juni 2004.

Aufgehoben durch Artikel 17 des Gesetzes vom 8. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 765), in Kraft getreten am 16. Dezember 2009.

Fn 2

GV. NW. ausgegeben am 30. April 1949.

Fn 3

§ 9 angefügt durch Art. 32 des Gesetzes v. 18.5.2004 (GV. NRW. S. 248); in Kraft getreten am 4. Juni 2004.



Normverlauf ab 2000: