Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 16.3.2024


Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach § 123 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Verordnung
zur Übertragung von Befugnissen
nach § 123 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen

Vom 24. August 2012 (Fn 1)

Auf Grund des § 123 Absatz 4 Satz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. April 2011 (GV. NRW. S. 199), wird verordnet:

§ 1 (Fn 2)
Stundung und Niederschlagung

(1) Zuständig für die Stundung und die Niederschlagung von Gerichtskosten mit Ausnahme von Gerichtskosten in Insolvenzverfahren und von sonstigen Ansprüchen der in § 123 Absatz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen genannten Art, die bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften entstanden sind, ist die Leiterin oder der Leiter der mit Vollstreckungsaufgaben betrauten Stelle. Die Zuständigkeit besteht unabhängig davon, ob die Ansprüche dieser Stelle zur Einziehung überwiesen worden sind.

(2) Die Leitung der mit Vollstreckungsaufgaben betrauten Stelle ist hinsichtlich der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche auch für die Stellung von Anträgen und die Abgabe von Erklärungen in Insolvenz- und Schuldenbereinigungsverfahren zuständig, soweit die Landeskasse beteiligt ist. Die Zuständigkeit besteht unabhängig davon, ob die Ansprüche dieser Stelle zur Einziehung überwiesen worden sind.

(3) Für die Stundung und die Niederschlagung der in Absatz 1 Satz 1 genannten Ansprüche, die nach der Strafvollstreckungsordnung und der Einforderungs- und Beitreibungsanordnung beizutreiben sind, ist die dort bestimmte Vollstreckungsbehörde zuständig. Die Behandlung von Gerichtskosten in Insolvenzverfahren richtet sich nach §§ 4a und 4b der Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854).

(4) Bei Anträgen auf Erlass von Ansprüchen im Sinne von Absatz 1 sind auch die Leitungen der Behörden nach §§ 2 und 3 im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Stundung und zur Niederschlagung befugt.

(5) Zuständig für die Stundung und die Niederschlagung von Ansprüchen im Sinne von Absatz 1 aus dem Bereich des Justizvollzugs (insbesondere Haftkostenbeiträge) ist die Leiterin oder der Leiter der Landeskasse Düsseldorf.

§ 2 (Fn 3)
Erlass

(1) Für den Erlass von Ansprüchen nach § 1 aus dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist zuständig bei Beträgen

1. bis zu 15 000 Euro die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts oder die Präsidentin oder der Präsident des Amtsgerichts,

2. bis zu 30 000 Euro die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts und

3. über 30 000 Euro das für Justiz zuständige Ministerium.

(2) Für den Erlass von Ansprüchen nach § 1 aus den Bereichen der Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit ist zuständig bei Beträgen

1. bis zu 15 000 Euro die Präsidentin oder der Präsident des Verwaltungsgerichts oder die Präsidentin oder der Präsident des Sozialgerichts,

2. bis zu 30 000 Euro die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen oder die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen und

3. über 30 000 Euro das für Justiz zuständige Ministerium.

(3) Für den Erlass von Ansprüchen nach § 1 aus den Bereichen der Arbeits- und der Finanzgerichtsbarkeit ist zuständig bei Beträgen

1. bis zu 30 000 Euro die Präsidentin oder der Präsident des Landesarbeitsgerichts oder die Präsidentin oder der Präsident des Finanzgerichts und

2. über 30 000 Euro das für Justiz zuständige Ministerium.

(4) Für den Erlass von Ansprüchen nach § 1 aus dem Bereich des Justizvollzugs ist zuständig bei Beträgen

1. bis zu 30 000 Euro die Leitung der Justizvollzugsanstalt und

2. über 30 000 Euro das für Justiz zuständige Ministerium.

§ 3 (Fn 3)
Beschwerden in Erlassangelegenheiten

(1) Über Beschwerden gegen Entscheidungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Gegen Entscheidungen nach § 2 Absatz 2 Nummer 1 entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen oder die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen.

(2) Über Beschwerden gegen Entscheidungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummer 2, Absatz 3 Nummer 1 und Absatz 4 Nummer 1 entscheidet das für Justiz zuständige Ministerium. Gegen Entscheidungen des für Justiz zuständigen Ministeriums findet eine Beschwerde nicht statt.

§ 4 (Fn 4)
Erlass bei bestimmten Arten von Fällen

(1) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, bei Umschreibung eines Grundbuchblatts oder bei der Neufassung eines Teils eines Grundbuchblatts wegen Raummangels, Unübersichtlichkeit oder aus Vereinfachungsgründen für Eintragungen (Löschungen) in den Abteilungen I bis III des Grundbuchs, die nicht nach § 82 der Grundbuchordnung erzwungen werden können, die bei der einzelnen Eintragung entstehenden Gebühren bis zur Höhe von 25 Euro ganz und darüber hinaus bis zur Hälfte zu erlassen, wenn

1. die Eintragung zur Berichtigung, Vereinfachung oder übersichtlichen Gestaltung des Grundbuchs angezeigt erscheint,

2. die Eintragung auf Antrag vorzunehmen ist und

3. das Grundbuchamt den Antrag angeregt oder vor Antragstellung in sonstiger Weise als der Grundbuchbereinigung dienlich bezeichnet hat.

Wird durch Eintragungen oder Löschungen ein Amtslöschungsverfahren (§ 84 ff. der Grundbuchordnung) erspart, kann die Eintragungsgebühr in voller Höhe erlassen werden.

(2) Für die Gebühr Nummer 14125 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Absatz 2 der Anlage 1 zum Gerichts- und Notarkostengesetz vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) in der jeweils geltenden Fassung gelten die vorstehenden Regelungen entsprechend.

(3) Die Ermächtigung zum Erlass von Gebühren in den vorstehenden Fällen [§§ 23, 28 und 33 der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Januar 1995 (BGBl. I S. 114), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. August 2009 (BGBl. I S. 2713)], kann ihren Zweck, einen Anreiz zur Grundbuchbereinigung zu schaffen, nur dann erfüllen, wenn die Beteiligten und Kostenschuldner frühzeitig von der beabsichtigten Blattumschreibung unterrichtet werden. Die Beteiligten sind daher in den Fällen, in denen ein Gebührennachlass oder -erlass in Aussicht genommen ist, frühzeitig vor dem Beginn der Umschreibungsarbeiten auf die möglichen Vergünstigungen hinzuweisen. Im Anschluss an diesen Hinweis soll den Beteiligten ein ausreichender Zeitraum für die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen belassen werden. Ist den Beteiligten in dieser Weise ein Gebührennachlass oder -erlass in Aussicht gestellt und eine bestimmte Frist bewilligt worden, können die Gebühren aus Gründen der Billigkeit auch dann nach vollzogener Umschreibung erlassen werden, wenn das Grundbuchamt gehalten war, vor dem Ablauf dieser Frist umzuschreiben.

(4) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die der Durchführung der nachstehend aufgeführten förderungswürdigen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur dienen, die Gerichtsgebühren mit Ausnahme der Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren in demselben Umfang zu erlassen, in dem Kosten im Falle der gesetzlichen Gebührenbefreiung nicht erhoben würden.

Die förderungswürdigen Maßnahmen sind:

Aussiedlung, Teilaussiedlung, Betriebszweigaussiedlung, bauliche Maßnahmen in Altgehöften, Aufstockungen und freiwilliger Landtausch im Rahmen der Richtlinien des für Landwirtschaft zuständigen Ministeriums.

Der Nachweis über die Förderungswürdigkeit der Maßnahme wird durch Vorlage einer Bescheinigung der Bewilligungsbehörde geführt, dass der Antragstellerin oder dem Antragsteller auf Grund der Richtlinien des für Landwirtschaft zuständigen Ministeriums Förderungsmittel (Darlehen, Zinsverbilligung, Zuschüsse, Vorschüsse) bewilligt worden sind.

Bewilligungsbehörden sind

1. bei der Aussiedlung, Teilaussiedlung, Betriebszweigaussiedlung, baulichen Maßnahmen im Altgehöft und der Aufstockung:
die Direktorinnen oder Direktoren der Landwirtschaftskammern Rheinland und Westfalen-Lippe als Landesbeauftragte und

2. beim freiwilligen Landtausch:
die zuständige Bezirksregierung (ehemals: Amt für Agrarordnung).

(5) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, die Gerichtskosten, die bei Eintragungen im Grundbuch oder in öffentlichen Registern allein aus Anlass der kommunalen Neugliederung entstehen, zu erlassen. Dasselbe gilt für zusätzliche Gerichtskosten aus Anlass der Eröffnung letztwilliger Verfügungen bei verschiedenen Gerichten [§ 344 Absatz 6, § 350 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577)]. Eintragungen aus Anlass der kommunalen Neugliederung, die gemeinsam mit anderen Eintragungen vorgenommen werden, sind bei der Gebührenberechnung unberücksichtigt zu lassen.

(6) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, die Gebühr für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung von Erbscheinen für Zwecke des Lastenausgleichs nur nach dem Wert des Ausgleichsanspruchs zu berechnen.

(7) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, die gerichtliche Auslagen in Grundbuchsachen zu erlassen, soweit sie in landwirtschaftlichen Siedlungsverfahren nach dem Reichssiedlungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2331-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 8 Absatz 2 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355, 2386) oder dem Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2426), entstehen und die betreffenden gerichtlichen Geschäfte nach § 29 des Reichssiedlungsgesetzes gebührenfrei sind.

(8) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, die Gerichtskosten zu erlassen, die bei der Erteilung von Abschriften (Abdrucken) oder Auszügen aus den bei den Amtsgerichten geführten Registern und Akten an die nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842), zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. November 2011 (BGBl. I S. 2258), zuständigen Behörden entstehen.

(9) Die Amtsgerichte werden ermächtigt, die Gerichtskosten zu erlassen, die für Grundbuchgeschäfte zur Sicherung von Sanierungsdarlehen im Rahmen der Wohnungseigentumssicherungshilfe entstehen. Der Nachweis der Zusage von Wohnungseigentumssicherungshilfe und der zur Sanierung erforderlichen Grundbuchgeschäfte wird durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der NRW.BANK geführt.

(10) In den Fällen, in denen die Amtsgerichte ermächtigt sind, die Gerichtskosten zu erlassen, ist die oder der mit der Sachbearbeitung befasste Richterin oder Richter oder Rechtspflegerin oder Rechtspfleger für die Entscheidung über den Erlass oder die Erstattung der Kosten zuständig. In diesen Fällen ist nur zu prüfen, ob die in der Ermächtigung genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Entscheidung ist eine Angelegenheit der Justizverwaltung.

§ 5 (Fn 4)
Inkrafttreten, Berichtspflicht

(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach § 2 des Gerichtsgebührenbefreiungsgesetzes vom 6. Dezember 1982 (GV. NRW. 1983 S. 2) außer Kraft.

(2) Das für Justiz zuständige Ministerium berichtet der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2017 und anschließend alle fünf Jahre über die Notwendigkeit des Fortbestehens dieser Verordnung.

Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 7. September 2012 (GV. NRW. S. 384); geändert durch Verordnung vom 18. April 2018 (GV. NRW. S. 238), in Kraft getreten am 17. Mai 2018; Artikel 53 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122), in Kraft getreten am 19. Februar 2022.

Fn 2

§ 1 Absatz 1 geändert, Absatz 2 eingefügt, Absatz 2 (alt) umbenannt in Absatz 3 und geändert und Absätze 3 (alt) und 4 (alt) umbenannt in Absätze 4 und 5 durch Verordnung vom 18. April 2018 (GV. NRW. S. 238), in Kraft getreten am 17. Mai 2018.

Fn 3

§ 2 und § 3 neu gefasst durch Verordnung vom 18. April 2018 (GV. NRW. S. 238), in Kraft getreten am 17. Mai 2018.

Fn 4

§ 4: Absatz 2 neu gefasst und Absatz 4 sowie § 5 Absatz 2 geändert durch Verordnung vom 18. April 2018 (GV. NRW. S. 238), in Kraft getreten am 17. Mai 2018; Absatz 1 und 3 geändert durch Artikel 53 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122), in Kraft getreten am 19. Februar 2022.



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