Historische SGV. NRW.

 Aufgehobene Norm: (zur Aufhebung siehe unter (Fn 1))
 


Historisch: Verordnung über die Errichtung, die Zusammensetzung und das Verfahren des Sanktionsausschusses an der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf


Inhaltsverzeichnis:


Historisch:

Normüberschrift

Verordnung
über die Errichtung, die Zusammensetzung
und das Verfahren des Sanktionsausschusses
an der Rheinisch-Westfälischen Börse
zu Düsseldorf

Vom 2. Februar 1995 (Fn 1)

Aufgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Börsengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Mai 1908 (RGBl. S. 215), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 1994 (BGBl. I S. 1749), in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Ermächtigung des Finanzministeriums zum Erlaß von Rechtsverordnungen nach dem Börsengesetz vom 20. Dezember 1994 (GV. NW. 1995 S. 22) (Fn 2) wird verordnet:

I.
Errichtung und Zusammensetzung
des Sanktionsausschusses

§ 1
Errichtung und Befugnisse

An der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf wird ein Sanktionsausschuß errichtet. Er kann nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 des Börsengesetzes die nach § 7 des Börsengesetzes zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenen Börsenhändler und Börsenhändlerinnen und Unternehmen (Handelsteilnehmer) mit Verweis, Ordnungsgeld oder Ausschluß von der Börse belegen.

§ 2
Zusammensetzung

(1) Der Sanktionsausschuß besteht aus fünf ordentlichen und fünf stellvertretenden Mitgliedern. Diese werden vom Börsenrat aus dem Kreis der gemäß § 7 des Börsengesetzes zum Börsenhandel zugelassenen Personen für die Dauer von drei Jahren gewählt; dabei ist die Gruppe der freien Makler und Maklerinnen zu berücksichtigen. Gewählt ist, wer die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Ein Mitglied der Geschäftsführung der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf mit der Befähigung zum Richteramt nimmt an den Sitzungen mit beratender Stimme teil.

(2) Der oder die Vorsitzende und sein Stellvertreter oder ihre Stellvertreterin werden für die Wahldauer von den ordentlichen Mitgliedern des Sanktionsausschusses aus ihrer Mitte gewählt. Der oder die Vorsitzende hat unbeschadet der Vorschrift des § 4 Abs. 1 die Vertretung der ordentlichen Mitglieder für die Wahldauer im voraus nach einer Liste zu bestimmen.

(3) Die Mitglieder des Sanktionsausschusses üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Sie haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen Auslagen und ihres Verdienstausfalls.

II.
Sanktionsverfahren

§ 3
Ordnung in den Sitzungen, Niederschrift

(1) Der oder die Vorsitzende eröffnet, leitet und schließt die Sitzungen und ist für die Ordnung verantwortlich.

(2) Über jede Sitzung ist eine Niederschrift zu fertigen.

Die Niederschrift muß Angaben enthalten über

1. den Ort und den Tag der Sitzung,

2. die Namen des oder der Vorsitzenden und der anwesenden Ausschußmitglieder,

3. den behandelten Gegenstand und die gestellten Anträge,

4. die gefaßten Beschlüsse.

Die Niederschrift ist von dem oder der Vorsitzenden und, soweit hinzugezogen, auch von dem Schriftführer oder der Schriftführerin zu unterzeichnen.

§ 4
Beschlußfähigkeit, Beschlußfassung

(1) Der Sanktionsausschuß ist beschlußfähig, wenn diejenige Gruppe, der der beschuldigte Handelsteilnehmer angehört, durch mindestens ein Mitglied vertreten ist.

(2) Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des oder der Vorsitzenden.

§ 5
Einleitung des Sanktionsverfahrens

Der Sanktionsausschuß wird tätig

1. nach pflichtgemäßem Ermessen, sobald ihm Tatsachen bekannt werden, die die Annahme einer Handlung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Börsengesetz durch einen Handelsteilnehmer rechtfertigen, oder

2. auf Verlangen der Börsenaufsichtbehörde.

§ 6
Beteiligte

(1) Beteiligte sind

1. der beschuldigte Handelsteilnehmer,

2. diejenigen, die nach Absatz 2 vom Sanktionsausschuß zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Der Sanktionsausschuß kann von Amts wegen oder auf deren Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen.

(3) Diejenigen, die angehört werden, ohne daß die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, werden dadurch nicht Beteiligte.

§ 7
Ausgeschlossene Personen

(1) An Entscheidungen des Sanktionsausschusses darf nicht mitwirken:

1. wer gemäß § 6 beteiligt ist;

2. wer durch seine Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann;

3. wer mit einer Person, die zu dem Personenkreis der Nummern 1 oder 2 gehört, verheiratet oder verheiratet gewesen ist oder wer mit einer solchen Person in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden oder in den Seitenlinien bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht;

4. wer eine natürliche oder juristische Person oder Vereinigung, die zu dem Personenkreis der Nummern 1 oder 2 gehört, kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt, soweit es sich nicht um eine Vertretung in amtlicher Eigenschaft handelt;

5. wer bei einer natürlichen oder juristischen Person oder Vereinigung, die zu dem Personenkreis der Nummern 1 oder 2 gehört, gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihr als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig ist, soweit er diesem Organ nicht in amtlicher Eigenschaft angehört;

6. wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.

Satz 1 Nr. 5 gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, daß jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Hält sich ein Mitglied des Sanktionsausschusses für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem oder der Vorsitzenden mitzuteilen. Der Ausschuß entscheidet über den Ausschluß. Das betroffene Mitglied darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlußfassung nicht zugegen sein.

§ 8
Abgelehnte Personen

Jeder oder jede Beteiligte kann ein Mitglied des Ausschusses ablehnen, das in diesem Sanktionsverfahren nicht mitwirken darf (§ 7) oder bei dem die Besorgnis der Befangenheit besteht, weil ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Mitglieds zu rechtfertigen. Die Ablehnung vor der mündlichen Verhandlung ist schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären. Die Erklärung ist unzulässig, wenn sich der oder die Beteiligte, ohne den ihm oder ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in die mündliche Verhandlung eingelassen hat. Für die Entscheidung über die Ablehnung gilt § 7 Abs. 2 Sätze 2 bis 4.

§ 9
Untersuchungsgrundsatz

Der Sanktionsausschuß ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Er bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist er nicht gebunden.

§ 10
Beweismittel

(1) Der Sanktionsausschuß bedient sich der Beweismittel, die er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Er kann insbesondere

1. Auskünfte jeder Art einholen,

2. Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,

3. Urkunden und Akten beiziehen,

4. den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Falls der Sanktionsausschuß Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, werden sie in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt.

§ 11
Mitwirkung von Zeugen und Sachverständigen

(1) Der Sanktionsausschuß darf Zeugen oder Sachverständige, die freiwillig vor ihm erscheinen, vernehmen oder um die Erstattung von Gutachten bitten. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ablehnung von Sachverständigen und über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend.

(2) Verweigern Zeugen oder Sachverständige ohne Vorliegen einer der in den §§ 376, 383 bis 385 und 408 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Gründe die Aussage oder die Erstattung eines Gutachtens, so kann der Sanktionsausschuß das für den Wohnsitz oder den Aufenthaltsort der Zeugen oder der Sachverständigen zuständige Amtsgericht um die Vernehmung ersuchen. In dem Ersuchen hat der Sanktionsausschuß den Gegenstand der Vernehmung darzulegen sowie die Namen und Anschriften der Beteiligten anzugeben. Das Gericht benachrichtigt den Sanktionsausschuß und die Beteiligten.

(3) Hält der Sanktionsausschuß mit Rücksicht auf die Bedeutung einer Zeugenaussage oder eines Sachverständigengutachtens oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage die Beeidigung für geboten, so kann er das nach Absatz 2 zuständige Gericht um die eidliche Vernehmung ersuchen.

§ 12
Verpflichtung zur Anhörung von Beteiligten

(1) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, sich vor der Entscheidung mündlich oder schriftlich zur Sache zu äußern. Die Bestellung von Sachverständigen ist den Beteiligten mitzuteilen.

(2) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen und der Einnahme des Augenscheins, auch durch Sachverständige, beizuwohnen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen; ein schriftliches Gutachten soll ihnen zugänglich gemacht werden.

§ 13
Erfordernis der mündlichen Verhandlung

(1) Der Sanktionsausschuß entscheidet nach mündlicher Verhandlung. Hierzu sind die Beteiligten mit angemessener Frist schriftlich zu laden. Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß bei Ausbleiben eines oder einer Beteiligten auch ohne ihn oder sie verhandelt und entschieden werden kann.

(2) Der Sanktionsausschuß kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn

1. der Sanktionsausschuß den Beteiligten mitgeteilt hat, daß er beabsichtigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und keiner der Beteiligten innerhalb einer hierfür gesetzten Frist Einwendungen dagegen erhoben hat;

2. alle Beteiligten auf sie verzichtet haben;

3. wegen Gefahr im Verzug eine sofortige Entscheidung notwendig ist.

(3) Der Sanktionsausschuß soll das Verfahren so fördern, daß es möglichst in einem Verhandlungstermin erledigt werden kann.

§ 14
Verlauf der mündlichen Verhandlung

(1) Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich. An ihr können Vertreter oder Vertreterinnen der Börsenaufsichtsbehörde teilnehmen. Anderen Personen kann der oder die Vorsitzende die Anwesenheit gestatten, wenn keiner der Beteiligten widerspricht.

(2) Der oder die Vorsitzende hat die Sache mit den Beteiligten zu erörtern und darauf hinzuwirken, daß unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben ergänzt sowie alle für die Feststellung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Jedes Mitglied des Sanktionsausschusses hat das Recht, sachdienliche Fragen zu stellen. Wird eine Frage von einem der Beteiligten beanstandet, so entscheidet der Ausschuß über ihre Zulässigkeit.

(4) Der oder die Vorsitzende ist für die Ordnung verantwortlich und kann Personen, die seine oder ihre Anordnungen nicht befolgen, entfernen lassen. Die Verhandlung kann ohne diese Personen fortgesetzt werden.

(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Die Niederschrift muß Angaben enthalten über

1. den Ort und den Tag der Verhandlung,

2. den Namen des oder der Vorsitzenden, der erschienenen Beteiligten, Zeugen und Sachverständigen,

3. den behandelten Verfahrensgegenstand und die gestellten Anträge,

4. den wesentlichen Inhalt der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen,

5. das Ergebnis eines Augenscheins.

Die Niederschrift ist von dem oder der Vorsitzenden und, soweit hinzugezogen, auch von dem Schriftführer oder der Schriftführerin zu unterzeichnen

§ 15
Entscheidung

(1) Der Sanktionsausschuß entscheidet unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens. In seiner Entscheidung hat er auch über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(2) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen nur Ausschußmitglieder zugegen sein, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. In der Niederschrift über die mündliche Verhandlung sind auch die Abstimmungsergebnisse festzuhalten.

(3) Verwaltungsakte, die das Sanktionsverfahren abschließen, sind schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen, mit Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und den Beteiligten zuzustellen.

(4) Wird das Sanktionsverfahren auf andere Weise abgeschlossen, so sind die Beteiligten hiervon zu benachrichtigen.

III.
Rechte der Geschäftsführung

§ 16

Von der Einleitung eines Sanktionsverfahrens ist die Geschäftsführung zu unterrichten. Ergeben sich in einem Sanktionsverfahren Tatsachen, die die Rücknahme oder den Widerruf der Zulassung rechtfertigen, so ist das Verfahren an die Geschäftsführung abzugeben. Diese ist berechtigt, in jeder Lage des Verfahrens von dem Sanktionsausschuß Berichte zu verlangen und das Verfahren an sich zu ziehen.

Hat die Geschäftsführung ein Sanktionsverfahren übernommen und erweist es sich, daß die Zulassung nicht zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, so verweist sie das Verfahren an den Sanktionsausschuß zurück.

IV.
Mitwirkung der Börsenaufsichtsbehörde

§ 17
Rechte, Information

Von der Einleitung oder Ablehnung eines Sanktionsverfahrens ist die Börsenaufsichtsbehörde zu unterrichten. Allen von der Börsenaufsichtsbehörde gestellten Beweisanträgen muß stattgegeben werden. Deren Vertreter oder Vertreterinnen haben das Recht, allen Verhandlungen beizuwohnen und ihnen geeignet erscheinenden Anträge sowie Fragen an die Beteiligten, die Zeugen und die Sachverständigen zu stellen.

§ 18
Einstellung des Sanktionsverfahrens

Mit Zustimmung der Börsenaufsichtsbehörde kann der Sanktionsausschuß das Verfahren einstellen.

§ 19
Kenntnis des Verfahrensstandes

Der Börsenaufsichtsbehörde sind Ausfertigungen der Niederschriften über die Sitzungen und die mündlichen Verhandlungen sowie der Entscheidungen, die das Sanktionsverfahren einleiten und abschließen, zu übermitteln.

V.
Inkrafttreten

§ 20 (Fn 3)

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. (Fn 4)

Der Finanzminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fußnoten:

Fn1

GV. NW. 1995 S. 128.Aufgehoben durch VO v. 9. Mai 2003 ( GV. NRW. 2003 S. 264); in Kraft getreten am 29. Mai 2003.

Fn2

SGV. NW. 41.

Fn3

§ 20 Satz 2 gegenstandslos; Aufhebungsvorschrift.

Fn4

GV. NW. ausgegeben am 9. März 1995.



Normverlauf ab 2000: