Historische SMBl. NRW.

Aufgehoben durch Allgemeinverfügung vom 9. September 2021 (MBl. NRW. S. 686a).



 

Historisch:

Schutz von Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Viren unter Berücksichtigung des Rechts auf soziale Kontakte der Patientinnen und Patienten (CoronaAVKrankenhäuser/Vorsorge/Reha/Besuche) Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

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Schutz von Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen vor dem
Eintrag von SARS-CoV-2-Viren unter Berücksichtigung des Rechts auf soziale
Kontakte der Patientinnen und Patienten
(CoronaAVKrankenhäuser/Vorsorge/Reha/Besuche)

Allgemeinverfügung des
Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Vom 18. Juni 2021

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen erlässt auf der Grundlage von § 32 in Verbindung mit § 28 Absatz 1, § 28a Absatz 1, 3 bis 6, § 73 Absatz 1a Nummer 6 und 24 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), von denen § 28 Absatz 1 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 16 des Gesetzes vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) geändert, § 28a durch Artikel 1 Nummer 17 des Gesetzes vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) eingefügt, § 73 Absatz 1a Nummer 6 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 26 des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl. I S. 1010) und § 73 Absatz 1a Nummer 24 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 23 des Gesetzes vom 18. November 2020 (BGBl. I S.2397) geändert worden sind, sowie von § 10 des Infektionsschutz- und Befugnisgesetzes vom 14. April 2020 (GV. NRW. S. 218b), § 10 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) vom 26. Mai 2021 (GV. NRW. S. 560b), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. Juni 2021 (GV. NRW S. 722) geändert worden ist im Wege der Allgemeinverfügung folgende Regelungen:

Patientinnen und Patienten, die sich stationär in Krankenhäusern oder Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen befinden, haben das Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Dazu gehören grundsätzlich auch soziale Kontakte. Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sind vor einer sozialen Isolation zu bewahren, da damit erhebliche gesundheitliche Gefährdungen verbunden wären und der Genesungsprozess erschwert würde. Jedoch können Patientinnen und Patienten in stationären Einrichtungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie trotz der inzwischen erzielten Fortschritte bei der Bewältigung der Pandemie auch einem erhöhten Risiko für Gesundheit und Leben ausgesetzt sein. Vor diesem Hintergrund sind weiterhin Maßnahmen erforderlich, um den Eintrag des SARS-CoV-2-Virus in Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu erschweren und die Patientinnen und Patienten sowie das Personal zu schützen. Deshalb sind Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen gemäß § 10 Absatz 1 CoronaSchVO verpflichtet, Besuche im Rahmen eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts zu regeln, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert Koch-Instituts beachtet. Bei dem Konzept muss berücksichtigt werden, dass die jeweiligen Regelungen nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen dürfen. Einschränkungen der Besuchsrechte dürfen daher nur in eng begrenztem Umfang, gestützt auf die nachfolgenden Regelungen vorgenommen werden.

Hierzu ergehen die folgenden Anordnungen:

1. Begriffsbestimmungen

1.1 Krankenhäuser im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind Einrichtungen im Sinne des §107 Absatz 1 SGB V.

1.2 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind Einrichtungen im Sinne des §107 Absatz 2 SGB V.

2. Anforderungen an einrichtungsbezogene Besuchskonzepte der Krankenhäuser und der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen gemäß § 10 Absatz 1 CoronaSchVO.

2.1 Besuche sind unter Berücksichtigung eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts, das die jeweils aktuellen Richtlinien und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zu Hygiene und Infektionsschutz umsetzt, umfassend zu ermöglichen. Es muss das Recht der Patientinnen und Patienten auf soziale Kontakte vollumfänglich berücksichtigt werden.

2.2 Das Besuchskonzept hat die Regelungen der CoronaSchVO zu berücksichtigen. Teststrategien unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Coronavirus-Testverordnung des Bundes und der dazu ergangenen Allgemeinverfügungen des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verhinderung des Eintrags von Coronaviren in die Einrichtung müssen Teil des Besuchskonzepts sein. Die Besuche können vom Vorliegen einer Immunisierung, eines Negativtestnachweises oder einer vorherigen Testung in der Einrichtung sowie der Beachtung der allgemeinen Infektionsschutzgrundregeln und des Tragens medizinischer Gesichtsmasken oder von Atemschutzmasken abhängig gemacht werden. Die Inhalte des Besuchskonzepts sind durch Aushang im Eingangsbereich der Einrichtung und auf der Homepage der Einrichtung im Internet bekannt zu geben.

2.3 Besuche können aufgrund des Konzepts nach 2.1 zur Vermeidung von Infektionsgefahren zum Schutz besonders vulnerabler Personen im Einzelfall eingeschränkt werden. Diese Einschränkungen sind den Betroffenen auf Nachfrage verständlich zu erläutern. Besuche nach § 22 Absatz 2 Satz 1 PsychKG dürfen nicht untersagt werden. Die Begleitung des Geburtsprozesses und der Geburt muss unter Wahrung des Infektionsschutzes ermöglicht werden. Die gilt ebenso für die Begleitung Sterbender.

3. Inkrafttreten, Außerkrafttreten und Vollziehbarkeit

Diese Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 17 des Infektionsschutz- und Befugnisgesetzes und § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

4. Bekanntgabe

Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Absatz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) geändert worden ist, öffentlich bekannt gemacht und gilt mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Mit dem Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung tritt die CoronaAV Krankenhäuser/Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und Besuche vom 5. März 2021 (MBl. NRW. S. 73a) außer Kraft.

Begründung

Zu 1

Es handelt sich um eine Legaldefinition der Adressaten der Allgemeinverfügung.

Zu 2.1

Trotz des nachlassenden pandemischen Infektionsgeschehens besteht die Notwendigkeit zum Schutz der Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher sowie des Personals, Besuche in Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen durch ein einrichtungsbezogenes Besuchskonzept zu regeln. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Besuchsregelungen der pandemischen Lage entsprechen und die Empfehlungen und Richtlinien des Robert Koch-Instituts zu Hygiene und Infektionsschutz in der Einrichtung berücksichtigt werden. Um die Entfaltung der Persönlichkeit der Patientinnen und Patienten im Sinne der Artikel 1 und 2 Grundgesetz (GG) nicht zu behindern, sollen Besuche umfassend zugelassen werden.

2.2

Im Besuchskonzept sind die Vorgaben der CoronaSchVO, der Coronavirus-Testverordnung des Bundes und der dazu ergangenen Allgemeinverfügungen des Landes Nordrhein-Westfalen und die allgemeinen Infektionsschutzregelungen zu berücksichtigen. Zu den im Besuchskonzept zu treffenden Maßnahmen gehört z. B. die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen gemäß § 5 CoronaSchVO. Auch der Nachweis eines negativen Antigentests, die vorherige Testung in der Einrichtung und die Einsicht in Impfbescheinigungen können als Voraussetzung für einen Besuch im Besuchskonzept vorgesehen werden. Die Veröffentlichung des Besuchskonzepts (inklusive der Möglichkeit der Begleitung bei der Geburt) im Eingangsbereich und auf der Homepage der Einrichtung im Internet dient der Transparenz. Zudem können sich dadurch potentielle Besucherinnen und Besucher vorab unkompliziert über die Besuchsregelungen in der Einrichtung informieren.

Zu 2.3

Einschränkungen aufgrund des einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts dürfen nicht zur völligen Isolation der Patientinnen und Patienten führen. Es ist eine Abwägung zwischen den notwendigen Beschränkungen der Besuchsrechte zum Schutz der Patientinnen und Patienten, der Besucherinnen und Besucher und des Personals vor der Einbringung des Coronavirus in die Einrichtung und dem Recht des Einzelnen auf Genesung in einem sozialen Umfeld zu treffen. Im Besuchskonzept sind die Situationen zu beschreiben, in denen Besuche in speziellen Bereichen zur Vermeidung von Infektionsgefahren zum Schutz besonders vulnerabler Personen eingeschränkt werden können. In solchen Fällen muss eine Kommunikation zwischen Patientinnen und Patienten und Angehörigen über Telefon, Internet etc. sichergestellt werden. In Umsetzung von § 28a Abs. 2 Satz 2 IfSG darf es dabei nicht zu einer vollständigen Isolation der Betroffenen kommen. Ausdrücklich darf die Begleitung von Entbindungen nicht unmöglich gemacht werden. Auch die Begleitung Sterbender darf nicht unmöglich gemacht werden. Als Sterbephase sind die letzten drei bis sieben Lebenstage analog der S 3 Leitlinie Palliativmedizin anzusehen. Die Anwendung der im Besuchskonzept grundsätzlich vorgesehenen Einschränkung von Besuchen ist im Einzelfall gegenüber den Betroffenen verständlich zu begründen. Ein pauschaler Verweis auf ein „generelles Besuchsverbot“ ist in so weit unzulässig. Besuche nach § 22 Abs.2 Satz 1 PsychKG dürfen nicht untersagt werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Klägerin beziehungsweise der Kläger zur Zeit der Klageerhebung ihren oder seinen Sitz oder Wohnsitz hat, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz in der Städteregion Aachen oder den Kreisen Düren, Euskirchen oder Heinsberg ist die Klage bei dem Verwaltungsgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Städte Hagen oder Hamm oder des Ennepe-Ruhr-Kreises, des Hochsauerlandkreises, des Märkischen Kreises oder der Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein oder Soest ist die Klage bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen oder Wuppertal oder der Kreise Kleve oder Mettmann, des Rhein-Kreises Neuss oder der Kreise Viersen oder Wesel ist die Klage bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen oder Herne oder der Kreise Recklinghausen oder Unna ist die Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Städte Bonn, Köln oder Leverkusen oder des Oberbergischen Kreises, des Rhein-Erft-Kreises, des Rheinisch- Bergischen Kreises oder des Rhein-Sieg-Kreises ist die Klage beim Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Stadt Bielefeld oder der Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke oder Paderborn ist die Klage beim Verwaltungsgericht Minden, Königswall 8, 32423 Minden, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger mit Wohnsitz im Gebiet der kreisfreien Stadt Münster oder der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt oder Warendorf ist die Klage beim Verwaltungsgericht Münster, Piusallee 38, 48147 Münster, zu erheben.

Für Klägerinnen beziehungsweise Kläger ohne Sitz oder Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen ist die Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, zu erheben.

Die Klage kann nach Maßgabe von § 55a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24. November 2017 in der jeweils aktuell gültigen Fassung in elektronischer Form erhoben werden.

Düsseldorf, den 18. Juni 2021

Der Staatssekretär für Arbeit, Gesundheit und Soziales

des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Edmund  H e l l e r

MBl. NRW. 2021 S. 308c.