Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 11.10.2024
Empfehlungen des Landesfachbeirates für den Rettungsdienst zur Einbindung von Einrichtungen der organisierten Ersten Hilfe (Notfallhelfer-Systeme) in Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie v. 6.4.2005 – III 8 – 0710.2 –
Empfehlungen des Landesfachbeirates
für den Rettungsdienst zur Einbindung von Einrichtungen
der organisierten Ersten Hilfe (Notfallhelfer-Systeme)
in Nordrhein-Westfalen
RdErl. d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie v. 6.4.2005
– III 8 – 0710.2 –
Vorbemerkung
In Nordrhein-Westfalen kommen vereinzelt sowohl in ländlich als auch in
städtisch strukturierten Regionen Kräfte zum Einsatz mit der Aufgabe,
qualifizierte Erstmaßnahmen bei Notfallpatientinnen oder -patienten bis zum
Eintreffen des organisierten öffentlichen Rettungsdienstes am Notfallort durchzuführen. Sie sind Angehörige einer
Feuerwehr oder Hilfsorganisation.
In den folgenden Empfehlungen des Landesfachbeirates für den
Rettungsdienst werden diese Kräfte als Notfallhelfer oder Notfallhelfer-Systeme
bezeichnet (Hinweis: Die Bezeichnung Notfallhelfer im folgenden Text schließt
die weibliche Form ein). Ein Notfallhelfer-System besteht in der Regel aus
mindestens zwei Notfallhelfern. Für den Einsatz von mehreren Personen spricht
die Möglichkeit der wechselseitigen Zeugenschaft, der
Unterstützung und Aufgabenteilung.
Der Einsatz der Notfallhelfer oder Notfallhelfer-Systeme soll den
therapiefreien Zeitraum bis zum Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes
verkürzen. Er kann somit für das Überleben von Patientinnen und Patienten oder
zur Vermeidung schwerwiegender Schäden von entscheidender Bedeutung sein. Da
der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielt, ist Voraussetzung für ihren
Einsatz die frühzeitige Alarmierung durch die jeweils zuständige Leitstelle.
Verhältnis zum organisierten öffentlichen Rettungsdienst
Notfallhelfer bzw. Notfallhelfer-Systeme, die die Aufgabe haben, an
Notfallorten qualifizierte Erstmaßnahmen bei schwer Verunglückten oder akut
Erkrankten durchzuführen, bis der alarmierte organisierte Rettungsdienst am
Einsatzort eintrifft, sind weder Teil des organisierten öffentlichen
Rettungsdienstes noch treten sie an dessen Stelle, sondern sie ergänzen diesen
lediglich. Mit ihrem Einsatz werden also in keinem Fall die Alarmierung und der
Einsatz des organisierten öffentlichen Rettungsdienstes ersetzt.
Der Einsatz der Notfallhelfer bzw. Notfallhelfer-Systeme ist nicht
hilfsfristrelevant und führt weder zur Senkung der im Rettungsgesetz NRW
festgeschriebenen Qualitätsstandards noch geht er zu Lasten der finanziellen
Mittel des organisierten Rettungsdienstes.
Rechtsgrundlage
Rechtliche Grundlage der Aufgabenwahrnehmung sind bei den
Hilfsorganisationen die jeweiligen Satzungen. Feuerwehren können
Notfallhelfer-Einsätze nach entsprechender Entscheidung ihres kommunalen
Trägers als zusätzliche freiwillige Aufgabe – außerhalb des Gesetzes über den
Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG NRW) – übernehmen.
Einsatzindikationen
In folgenden Fällen alarmiert die Leitstelle nach Eingang der
Notfallmeldung zur Verkürzung des therapiefreien Intervalls parallel zum
organisierten Rettungsdienst ein Notfallhelfer-System:
- Nach dem Meldebild liegt ein medizinischer Notfall (schwere
Verletzung oder akute Erkrankung) vor, bei dem von einer Bedrohung bzw. einem
Ausfall der Vitalfunktionen oder schweren sonstigen körperlichen
Beeinträchtigungen bei einem oder mehreren Patientinnen bzw. Patienten
auszugehen ist, und
- nach Feststellung der Leitstelle ist davon auszugehen, dass ein
Notfallhelfer-System voraussichtlich frühzeitiger am Notfallort
eintreffen wird – z.B. aus personellen, organisatorischen oder topographischen
Gründen – als Kräfte der Notfallrettung des primär zuständigen organisierten
Rettungsdienstes im notfallmedizinisch vertretbaren Zeitrahmen.
Im Übrigen kann das Notfallhelfer-System bei einem Massenanfall von
Verletzten und Erkrankten ergänzend alarmiert werden, um den organisierten
Rettungsdienst zu unterstützen.
Die Entscheidung über die Alarmierung eines Notfallhelfer-Systems
trifft die Leitstelle nach sorgfältiger Abwägung im Einzelfall, ggf. nach
kurzer Rücksprache mit der Ärztlichen Leitung Rettungsdienst (ÄLR). Sie kann
auch auf Anforderung des Leitenden Notarztes bzw. der Leitenden Notärztin bei
einem Massenanfall von Verletzten und/oder Erkrankten erfolgen.
Qualifikation von Notfallhelfern
Notfallhelfer müssen:
- mindestens 17 Jahre alt sein,
- geistig, körperlich sowie gesundheitlich zur Erfüllung der Aufgaben,
die sie freiwillig übernehmen, geeignet sein und
- eine 50 Unterrichtseinheiten (UE) einschließlich Prüfung umfassende
Ausbildung zum Notfallhelfer nachweisen.
Voraussetzung für die Ausbildung zum Notfallhelfer ist eine Erste-Hilfe-Ausbildung
(16 UE), die nicht länger als 1 Jahr zurück liegen darf. Aufbauend erhalten die
Teilnehmerin oder der Teilnehmer eine 22 UE umfassende Ausbildung zum
Notfallhelfer, die sich aus einer sanitätsdienstlichen Ausbildung (16 UE) und
einer Einweisung in die Frühdefibrillation (6 UE)
gemäß der beigefügten Anlage
zusammensetzt. Ein 10 UE umfassendes Fallbeispieltraining bereitet den
Notfallhelfer auf seine Aufgabe vor. Die Ausbildung schließt mit einer Prüfung
(2 UE) ab.
Folgende mit einer Prüfung abgeschlossene Ausbildungen der freiwilligen
Hilfsorganisationen sind als gleichwertig anzusehen:
- Arbeiter-Samariter-Bund (ASB): Sanitätshelferlehrgang (SHL)
- Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Sanitätsdienstausbildung (San A/San B)
- Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH): Sanitätshelferausbildung B 2
- Malteser Hilfsdienst (MHD): Allgemeine Fachausbildung Sanitätsdienst.
Soweit diese Ausbildungen eine Einweisung in die Frühdefibrillation
(6 UE) nicht beinhalten, ist sie ergänzend zu absolvieren.
Notfallhelfer haben jährlich an einer mindestens 8-stündigen aufgabenbezogenen
Fortbildung teilzunehmen und dies nachzuweisen. Fortbildungen gemäß dem RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
v. 21.1.1997 – V C 6 – 0717.8 - Fortbildung des nichtärztlichen Personals in
der Notfallrettung und im Krankentransport – (SMBl. NRW. 2129) werden angerechnet.
Ausstattung der Notfallhelfer
Die schnellstmögliche Alarmierung der Notfallhelfer muss durch
entsprechende technische Voraussetzungen sichergestellt sein.
Zur Anwendung qualifizierter Erstmaßnahmen ist mindestens folgende
Ausstattung erforderlich, die im Einsatz in einem Notfallkoffer oder
Notfallrucksack mitzuführen ist:
- Erste-Hilfe-Material (gemäß DIN 13 155)
- Einmalhandschuhe
- Beatmungsbeutel mit drei Masken/drei Guedel-Tuben
in unterschiedlicher Größe
- Absaugpumpe mit Absaugkathetern in unterschiedlicher Größe
- Blutdruckmessgerät und Stethoskop
- Kleiderschere sowie
- Dokumentationsbögen, Schreibmaterial.
Die das Notfallhelfer-System tragende Organisation hat in Abstimmung mit
dem/der ÄLR zu entscheiden, ob ein automatisierter externer Defibrillator
(AED) mitgeführt und eingesetzt werden darf.
Tätigkeitsbereich von Notfallhelfern
Die Maßnahmen der Notfallhelfer können insbesondere sein:
- Erste Hilfe an schwer Verletzten oder akut Erkrankten mit
Hilfsmitteln und betreuende Maßnahmen
- erweiterte Maßnahmen nach Ausbildungsstand und Ausrüstung
- die Frühdefibrillation mit automatischen
externen Defibrillatoren (AED)
- personelle Unterstützung des rettungsdienstlichen Personals nach
dessen Eintreffen am Notfallort oder bei größeren
Schadensereignissen.
Daneben können Notfallhelfer auch organisatorische Maßnahmen durchführen:
- Absicherung des Notfallortes
- Abgabe einer qualifizierten Rückmeldung über Art und Umfang des
Notfallereignisses an die Leitstelle
- Einweisung der Rettungsmittel zum Notfallort,
z.B. in entlegenen Gebieten.
Weitere Aufgaben können in Abstimmung mit der das Notfallhelfer-System
tragenden Organisation übernommen werden.
Qualitätsmanagementmaßnahmen
Über jeden Notfallhelfer-Einsatz ist im Rahmen eines medizinischen
Qualitätsmanagements ein Dokumentationsbogen auszufüllen, dessen Form und
Inhalt vom ÄLR festgelegt werden. Bei der Kontrolle und Bewertung der
durchgeführten Notfallhelfer-Einsätze ist der ÄLR hinzuzuziehen.
Anlagen: