Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 22.3.2024
Richtlinien der Landesregierung für Härtefonds des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung von Opfern des Nationalsozialismus aus Billigkeitsgründen (Härterichtlinien NRW) Bek. d. Innenministeriums v. 8.5.2001 - II B 3 - 000 (1) Beiheft 3a -
Richtlinien der Landesregierung für Härtefonds
des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung von Opfern
des Nationalsozialismus aus Billigkeitsgründen
(Härterichtlinien NRW)
Bek. d. Innenministeriums v. 8.5.2001
- II B 3 - 000 (1) Beiheft 3a -
Im Benehmen mit dem zuständigen Fachausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen
erlässt die Landesregierung folgende Richtlinien:
1
Personen, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus rassischen
oder religiösen Gründen oder wegen ihres politischen oder ethisch begründeten
Verhaltens oder aus anderen Gründen der nationalsozialistischen Ideologie
verfolgt oder durch Willkürmaßnahmen nachhaltig betroffen worden sind, können
aus den Härtefonds des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der zur Verfügung
stehenden Haushaltsmittel nach Maßgabe dieser Richtlinien Unterstützungen
erhalten.
2
Ein Rechtsanspruch auf die Unterstützung besteht nicht.
3
Leistungen nach Entschädigungs- oder Wiedergutmachungsregelungen des Bundes
müssen vorrangig geltend gemacht werden. Ein Antrag nach diesen
Härterichtlinien kann bereits gestellt werden, bevor über Ansprüche nach den
Vorschriften des Satzes 1 abschließend entschieden worden ist.
1
Antragsberechtigt sind von NS-Verfolgungs- oder -Willkürmaßnahmen im Sinne des
§ 1 Abs. 1 unmittelbar betroffene Opfer, die bisher keine oder nur eine geringe
Entschädigung erhalten haben und diese auch nicht anderweitig erhalten können.
2
Antragsberechtigt sind ferner überlebende Ehegatten, Lebensgefährten, Kinder
und Eltern, wenn diese von den gegen den Verstorbenen oder die Verstorbene
gerichteten Maßnahmen oder deren Auswirkungen erheblich mitbetroffen waren. Die
Zuwendungen für die einzelnen Hinterbliebenen dürfen zusammen den Betrag nicht
übersteigen, der dem oder der Betroffenen zugestanden hätte.
3
Erben werden nicht berücksichtigt.
1
Unterstützungen erhalten Personen, die mindestens ein Jahr vor der
Antragstellung ihren Hauptwohnsitz im Land Nordrhein-Westfalen hatten und im
Zeitpunkt der Leistungsgewährung noch haben. Dies gilt auch für Spätaussiedler,
Asylberechtigte und sonstige nicht nur vorübergehend zum Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland berechtigte Personen.
2
Abweichend von Absatz 1 können Unterstützungen auch dann gewährt werden, wenn
a) eine nach § 2 berechtigte Person
nach Antragstellung aus zwingenden, insbesondere gesundheitlichen oder
pflegerischen Gründen ihren Hauptwohnsitz aus Nordrhein-Westfalen in ein
anderes Land der Bundesrepublik Deutschland verlegt oder
b) eine nach § 2 Absatz 1 berechtigte
Person ihren Hauptwohnsitz mindestens 25 Jahre in Nordrhein-Westfalen hatte und
schwerwiegende Gründe wie z. B. langfristige Auswirkungen von Willkürmaßnahmen
vorliegen, die für die betroffene Person zu einer besonderen Härte geführt
haben.
§ 4
1
Die Unterstützung besteht in der Regel aus einer einmaligen Kapitalzahlung.
2
In besonderen Ausnahmefällen kann die Unterstützung ab
Antragstellung als laufende Beihilfe bis zur Höhe der Mindestrente nach dem
Bundesentschädigungsgesetz gewährt werden. Ein
besonderer Ausnahmefall liegt insbesondere vor bei
a) einer durch NS-Unrecht im Sinne des § 1
verursachten nachhaltigen gesundheitlichen oder körperlichen Schädigung, wenn
diese aufgrund gesetzlicher Bestimmungen bereits behördlich anerkannt worden
ist,
b) Haft in einem Konzentrationslager im Sinne des § 42 Abs. 2 BEG von
mehrmonatiger Dauer,
c) Freiheitsentziehung in einer anderen Haftstätte im Sinne des § 43 Abs. 2 und
3 BEG von mindestens neun Monaten Dauer und
d) Haft unter Todesdrohung nach einem militärgerichtlichen oder
standrechtlichen Verfahren oder Bewährung in einer Strafkompanie von insgesamt
mindestens sechs Monaten Dauer.
3
Die Höhe der Unterstützung ist unter Berücksichtigung von Art und Schwere der
nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen und der gegenwärtigen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Betroffenen zu bemessen.
4
Der Witwe oder dem Witwer sowie der hinterbliebenen
eingetragenen Lebenspartnerin oder dem hinterbliebenen
eingetragenen Lebenspartner einer oder eines verstorbenen Verfolgten, der eine
Unterstützungsleistung nach § 4 Absatz 2 Satz 1 erhalten hat, kann eine
Unterstützung in Form einer Übergangsleistung in gleicher Höhe gewährt werden.
5
Übergangsleistungen können längstens für die Dauer von neun Monaten gewährt
werden. Sie beginnen in dem Monat, der dem Tod der oder des Verfolgten folgt.
Sie enden nach neun Monaten oder mit dem Tod der berechtigten Person.
6
Voraussetzung für die Gewährung einer Übergangsleistung nach Absatz 4 ist, dass
die Witwe oder der Witwer sowie die hinterbliebene
eingetragene Lebenspartnerin oder der hinterbliebene
eingetragene Lebenspartner mit der oder dem Verfolgten zum Zeitpunkt von deren
oder dessen Tod verheiratet war, wenn
a) die oder der Verfolgte nach dem 1. Januar 2020 verstorben ist und
b) die Witwe oder der Witwer sowie die hinterbliebene
eingetragene Lebenspartnerin oder der hinterbliebene
eingetragene Lebenspartner keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente gemäß § 41,
§ 85, § 97 oder § 157 des Bundesentschädigungsgesetzes oder auf
Hinterbliebenenbeihilfe gemäß § 41a des Bundesentschädigungsgesetzes hat und
selbst keine Unterstützungsleistungen in Form einer laufenden Beihilfe nach § 4
Absatz 2 Satz 1 erhält.
§ 5
Wegen der Schädigung durch die NS-Gewaltherrschaft anderweitig gewährte Leistungen sind zu berücksichtigen.
§ 6
Bei
außergewöhnlichen Umständen können Unterstützungen abweichend von den in § 4
genannten Voraussetzungen gewährt werden.
1
Die Unterstützungen sind höchstpersönlicher Natur und daher nicht übertragbar.
Sie werden dem oder der Berechtigten unmittelbar gezahlt und sind als laufende
Beihilfen jederzeit widerruflich. Im Falle des Todes des Berechtigten nach
Antragstellung können einmalige Kapitalzahlungen dem hinterbliebenen
Ehegatten oder dem in häuslicher Gemeinschaft lebenden Lebensgefährten,
ersatzweise den Kindern des oder der Verstorbenen ausgezahlt werden.
2
Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt die Unterstützungen in Ansehung des durch
den Nationalsozialismus begangenen unermesslichen Unrechts aus sozialen
Erwägungen. Sie sollen nicht zur Minderung der Einkünfte führen, auf die ein
gesetzlicher Anspruch besteht.
1
Die Unterstützungen werden nur auf Antrag gewährt.
2
Die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung sind unter Beifügung von
geeigneten Unterlagen glaubhaft zu machen.
3
Der Antrag ist bei der Bezirksregierung Düsseldorf schriftlich zu stellen.
Antragsvordrucke und Abdrucke dieser Richtlinien werden den Antragstellern von
dort zur Verfügung gestellt.
4
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat vor der Entscheidung über den Antrag
den Beirat zu hören und dessen Votum zu beachten.
5
Die Bezirksregierung Düsseldorf entscheidet durch Verwaltungsakt, der dem Sinn
und Zweck der Härterichtlinien und dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu
entsprechen hat. Die Entscheidung ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu
versehen.
1
Es wird ein Beirat gebildet.
2
Der Beirat besteht aus sieben Mitgliedern, die zu Beginn einer jeden Legislaturperiode
des Landtags vom zuständigen Fachausschuss des Landtags benannt werden. Sie
üben ihre Tätigkeit bis zur Benennung neuer Mitglieder aus.
3
An den Beratungen des Beirats nimmt ein Vertreter der Bezirksregierung
Düsseldorf teil.
4
Der Beirat kann sich eine Geschäftsordnung geben.
5
Die Mitglieder des Beirats werden ehrenamtlich tätig. Sie erhalten
ausschließlich Fahrkostenersatz in entsprechender Anwendung des
Landesreisekostengesetzes.
Die bei der Durchführung
dieser Richtlinien entstehenden Sach- und Personalkosten werden aus dem Kapitel
03 310 des Landeshaushalts bestritten.
Die
Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Januar 2001 in Kraft. Mit gleicher
Wirkung werden die mit Bekanntmachung des Innenministeriums vom 11.6.1996 (SMBl. NRW. 25) veröffentlichten Richtlinien aufgehoben.