Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 3.4.2024

 

Übergangsregelung für ehemalige Asylbewerber RdErl. d. Innenministeriums v. 26.2.1991 -I B 5/44.104/44.40

Übergangsregelung für ehemalige Asylbewerber
RdErl. d. Innenministeriums
v. 26.2.1991 -I B 5/44.104/44.40

1.
Grundsatz

1.1
Die Vorschrift des § 100 Abs. l AuslG (BGB1.1 S. 1354) trifft eine Stichtags-Altfallregelung für Ausländer, die am 1. 1. 1991 im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem AsylVfG i. d. F. v. 29. 9. 1990 (BGB1. I S. 885) oder einer Duldung sind. Begünstigte Personengruppen sind:
- Ausländer, deren Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter abgeschlossen ist.

Diese Voraussetzung muss nicht schon am 1. 1. 1991 vorliegen. Ebenso wenig kommt es darauf an, worauf der negative Abschluss des Asylverfahrens beruht, ob auf unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages oder auf seiner Rücknahme. Der Ausländer kann deshalb die Voraussetzungen selbst herbeiführen.
- Ausländer, die wegen der Verhältnisse in ihrem Herkunftsland, sei es aufgrund eines generellen Abschiebungsstopps des Landes, sei es aufgrund einer Einzelfallentscheidung nicht abgeschoben worden sind, sowie

- Ausländer, deren Aufenthalt aus einem anderen Grund als den Verhältnissen im Herkunftsland nicht beendet werden kann, sofern sie diesen Grund nicht zu vertreten haben (z.B. Nichterteilung oder -Verlängerung von Nationalpässen durch die Heimatbehörden).

1.2
Den unter Nummer 1.1 genannten Ausländern kann eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, wenn sie sich am 1. 1. 1991 seit mindestens acht Jahren mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung im Bundesgebiet aufhalten.

1.3
§ 100 Abs. l AuslG ist eine begünstigende Sonderregelung zu § 30 Abs. 3 AuslG und setzt wie dieser voraus, dass der Ausländer sich auch im Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis noch im Bundesgebiet aufhält.

2.
Ausschlussgründe

2.1
§ 100 Abs. 1 AuslG findet keine Anwendung auf ausgewiesene und auf solche Ausländer, die wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind. Diese Ausschlussgründe müssen nicht schon am 1. 1. 1991 vorliegen.

2.2
Bei der Ausweisung kommt es nicht auf die Unanfechtbarkeit an. Wird die Ausweisungsverfügung aufgehoben, entfällt der Ausschlussgrund.

2.3
Auch vor einer Anwendung des § 100 Abs. 1 AuslG ist § 67 Abs. 2 AuslG zu beachten. Über die Erteilung der Aufenthaltsbefugnis kann nicht vor Abschluss des Strafverfahrens entschieden werden, da dessen Ausgang für das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 100 Abs. 3 AuslG maßgebend ist.

3.
Erteilung der Aufenthaltsbefugnis

3.1
Soweit § 100 Abs. 1 AuslG anwendbar ist, wird über die Aufenthaltsbefugnis nach Ermessen entschieden, soweit nicht Nummer 5 des Erlasses etwas anderes bestimmt.

3.2
Bei der Berechnung der Mindestaufenthaltszeit von acht Jahren bleiben Aufenthaltszeiten vor der Stellung eines ersten Asylantrages außer Betracht. Bei der Ausübung des Ermessens ist zu berücksichtigen, ob in die Mindestaufenthaltszeit Zeiten eingegangen sind,

- in denen der Ausländer wegen unbekannten Aufenthalts zur Aufenthaltsermittlung oder Festnahme ausgeschrieben war,

- die vor der ersten Berufung auf die fehlende Möglichkeit zur Rückkehr in das Herkunftsland liegen,

- die auf die Dauer des Verfahrens (Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtliches Verfahren) für einen unbeachtlichen Asylfolgeantrag entfallen oder in denen die Abschiebung aufgrund einer im Ergebnis unbegründeten Petition gehindert war, oder

- in denen sich der Ausländer im Ausland aufgehalten hat, wenn diese Zeiten die Dauer von sechs Monaten überschreiten oder wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausgereist war. Letzteres ist stets anzunehmen, wenn der Ausländer im Zeitpunkt seiner Ausreise ausreisepflichtig war und in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

Wird die Mindestaufenthaltsdauer nur dann erreicht, wenn auch die vorgenannten Zeiten angerechnet werden, ist von der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abzusehen.

3.3
Im Falle des § 100 Abs. 1 AuslG kann von den zwingenden Versagungsgründen des § 8 Abs. 1 AuslG abgesehen werden. §8 Abs. 2 AuslG scheidet immer aus, weil im Falle einer Ausweisung bereits der Ausschlussgrund des § 100 Abs. 3 eingreift und im Falle einer Abschiebung § 100 Abs. 1 AuslG nicht anwendbar ist.

§ 7 Abs. 2 AuslG ist anwendbar (Regelversagungsgründe).

4.
Rechtsstellung von Familienangehörigen

4.1
Mit der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 100 Abs. 1 AuslG erwerben

- der Ehegatte,

- die minderjährigen ledigen Kinder und

- die volljährigen ledigen Kinder

des Ausländers einen Rechtsanspruch auf Erteilung .der Aufenthaltsbefugnis unter folgenden Voraussetzungen:

- In ihrer Personliegt kein Ausschlussgrund nach § 100 Abs. 3 AuslG vor,

- sie halten sich am 1. Januar 1991 im Bundesgebiet auf und

- sie besitzen am 1. 1. 1991 eine Aufenthaltsgestattung, eine Duldung oder waren vom Erfordernis der Aufenthaltserlaubnis befreit.

4.2
§ 8 Abs. 1 AuslG findet keine Anwendung, weil auch § 100 Abs. 2 AuslG den Ermessensgrundtatbestand des § 30 Abs. 3 AuslG zu einem Rechtsanspruch verstärkt.

§ 8 Abs. 2 hingegen findet Anwendung, wenn der Ausländer abgeschoben worden ist. Im Falle der Ausweisung hingegen ist bereits § 100 Abs. 3 AuslG anwendbar.

5.
Ermessensbindende Regelungen

5.1
Abweichend von Nummer 3.1 ist die Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, wenn es sich um Ausländer handelt,

- die am 1. 1. 1991 die Mindestaufenthaltszeit von acht Jahren erfüllen,

- deren Aufenthalt aufgrund genereller Regelungen des Landes bis zum 31. 12. 1990 nicht beendet worden ist,

- denen nicht aus anderen Gründen eine Aufenthaltsbefugnis oder Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist,

- bei denen kein Ausschlussgrund nach Nummer 2 des Erlasses vorliegt und

- die Sozialhilfe nicht in Anspruch nehmen.

5.2
Die Inanspruchnahme von Sozialhilfe steht dann nicht entgegen,

- wenn der Ausländer als Alleinerziehender aus Gründen der Kinderbetreuung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann,

- wenn er auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesen ist, ohne dass er diesen Grund herbeigeführt oder ihn zu vertreten hat (z. B. Berufsunfähigkeit, Erkrankung etc.) oder

- wenn er sich innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Antragstellung nachweislich ernsthaft um einen Arbeitsplatz bemüht hat. § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG i. V. m. § 46 Nr. 6 und 7 AuslG findet in diesen Fällen keine Anwendung.

5.3
Die nach Nummer 5.1 zu erteilende Aufenthaltsbefugnis ist abweichend von § 34 Abs. 2 AuslG zu verlängern; bei Familienangehörigen nur dann, wenn der Ausländer, über den der Anspruch nach § 100 Abs. 2 AuslG abgeleitet wird, im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist.

6.
Räumliche Beschränkung

Der Wohnsitz ist in Nordrhein-Westfalen zu nehmen, solange Sozialhilfe in Anspruch genommen wird.

MBl. NRW.1991 S. 288.