Historische SMBl. NRW.

Obsolet (Fristablauf).



 

Historisch:

Anwendungshinweise zu §§ 104a und 104b Aufenthaltsgesetz (AufenthG) RdErl. d. Innenministeriums v. 16.10.2007 - 15 - 39.08.01 -1- (Gesetzl. BleibeR)

Anwendungshinweise zu §§ 104a und 104b
Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

RdErl. d. Innenministeriums v. 16.10.2007 - 15 - 39.08.01 -1- (Gesetzl. BleibeR)

Am 28.08.2007 ist das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (BGBl I Nr. 42 vom 27. August 2007, S. 1970 ff.) in Kraft getreten. Es beinhaltet in §§ 104a und 104b AufenthG gesetzliche Bleiberechtsregelungen (Anlage 1), zu denen ich nachstehende Anwendungshinweise gebe. Diese ergehen vor dem Hintergrund, den gesetzlichen Spielraum auszufüllen und zu einer  Praxis der Titelerteilung beizutragen, die dem Anliegen des Gesetzgebers, Ausländern mit mehrjährigem Aufenthalt unter bestimmten Bedingungen einen Aufenthaltstitel zu verschaffen und so zu einem gewissen Rechtsfrieden beizutragen, in weitem Umfang Rechnung trägt. Der Gedanke der Meistbegünstigung ist dabei Leitfaden. In Einzelfällen lenke ich das den Ausländerbehörden zustehende Ermessen in diesem Sinne. Eine über den Anwendungsbereich der §§ 104 a und 104 b hinausgehende Regelung ist mit diesem Erlass nicht verbunden.

I.                § 104a Altfallregelung

1.               Absatz 1

1.1             Satz 1

                  Erteilungsvoraussetzungen

1.1.1          Berechtigter Personenkreis

Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist u.a., dass der Ausländer am Stichtag 1. Juli 2007 und in dem maßgeblichen Voraufenthaltszeitraum eine Duldung, Aufenthaltsgestattung oder Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen besaß.

1.1.2          Voraufenthaltszeiten

Für die Berechnung des sechs- bzw. achtjährigen Zeitraums ist der der Ausländerbehörde am Stichtag 1. Juli 2007 bekannte ununterbrochene Aufenthalt maßgeblich. Kurzzeitige Ausreisen, d.h. solche von insgesamt bis zu drei Monaten, aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grund (z. B. Transportbegleitungen oder Auslandsaufenthalte wegen eines Visumantrags), sind unschädlich. Ausreise und Wiedereinreise müssen dabei von Vornherein im Zusammenhang mit demselben Zweck stehen. Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, ist eine Unterbrechung auch dann unschädlich, wenn der kurzzeitige Auslandsaufenthalt nicht erlaubt bzw. der Ausländerbehörde zunächst nicht bekannt war.

Ein unerlaubter Auslandsaufenthalt / eine illegale Wiedereinreise ist ggf. im Rahmen der Ausschlussgründe durch die Ausländerbehörde zu prüfen.

Liegen die vorgenannten Kriterien für kurzzeitige Ausreisen nicht vor, so ist eine Unterbrechung des Aufenthalts im Bundesgebiet auch dann schädlich, wenn sich der Betroffene in einem anderen Schengen-Staat aufgehalten hat.

Andere Aufenthaltstitel als solche aus humanitären Gründen sind auf die Voraufenthaltszeiten nicht anzurechnen; angerechnet werden im Übrigen nur die unmittelbar vor dem Stichtag liegenden Aufenthaltszeiten.

1.1.3          Ausnahmen von allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen

      Lebensunterhalt

Dem Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, auch wenn er seinen Lebensunterhalt noch nicht selbständig sichern kann.

Zur Sicherung des Lebensunterhaltes siehe Ausführungen zu Absatz 1  Sätze 2 und 3 (Rdnr. 1.2).

      Visum

Die Aufenthaltserlaubnis soll abweichend von § 5 Abs. 2 AufenthG erteilt werden, d.h., es ist unschädlich, wenn der Betroffene ohne erforderliches Visum eingereist ist.

1.1.4          Voraussetzungen

1.1.4.1       Nr. 1         Ausreichender Wohnraum

Es gilt die Legaldefinition aus § 2 Abs. 4 AufenthG unter Beachtung der Ziffer 2.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise (VAH) des BMI vom 22.12.2004. Abweichend hiervon liegt ausreichender Wohnraum für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG auch dann vor, wenn der Ausländer in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist.

Lebt der Ausländer in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft, ist es für die Erteilung eines Titels nach § 23 Abs. 1 AufenthG in der Regel erforderlich, dass er das Entgelt für deren Nutzung aus eigenen Mitteln entrichtet.

1.1.4.2       Nr. 2         Deutschkenntnisse

Hinreichende mündliche Sprachkenntnisse der Stufe A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprache (GERR) sind gegeben, wenn der Ausländer mit einfachen Sätzen z.B. seine Familie oder seine Arbeit beschreiben kann. Er muss in der Lage sein, kurze Gespräche über vertraute Dinge zu führen. Nicht gefordert wird, dass er selbst ein Gespräch in Gang halten kann. Diese Sprachkenntnisse gelten in der Regel als nachgewiesen, wenn der Ausländer bereits in der Vergangenheit einfache Gespräche bei der Ausländerbehörde ohne Zuhilfenahme eines Dolmetschers führen konnte oder mehrere Jahre eine deutsche Schule mit Erfolg besucht oder eine Berufsausbildung im Bundesgebiet abgeschlossen hat oder bereits entsprechend aussagekräftige Bescheinigungen, z. B. einer Volkshochschule o.ä., vorliegen.

Sind die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache anhand dieser oder ähnlicher Kriterien nicht hinreichend nachgewiesen, hat die Ausländerbehörde mit dem Ausländer ein kurzes Informationsgespräch zu führen und festzustellen, ob er sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen kann.

Zu den Ausnahmen siehe Ausführungen zu Absatz 1 Sätze 4 und 5 (Rdnr. 1.4 f.).

1.1.4.3       Nr. 3         Nachweis über den Schulbesuch

Als Nachweis reicht eine Bescheinigung der Schule über den tatsächlichen Schulbesuch aller Kinder im schulpflichtigen Alter aus. Eine positive Schulabschlussprognose ist entbehrlich.

1.1.5          Ausschlussgründe

1.1.5.1       Nr. 4         Täuschung, Hinauszögern, Behindern

Bei den nachfolgend genannten Ausschlussgründen zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalles.

Die Täuschung muss von einigem Gewicht gewesen sein. Zu Gunsten des Ausländers kann u.a. berücksichtigt werden, dass die Täuschung bereits länger zurückliegt oder der Ausländer seine zunächst falschen Angaben korrigiert hat.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Täuschung von einigem Gewicht vorliegt, stellt die Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Nichtbeendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet ein bedeutendes, aber nicht zwingend entscheidendes Kriterium dar.

Hat der Antragsteller z.B. in einer Mehrzahl von Fällen getäuscht oder eine Täuschung über mehrere Jahre aufrechterhalten, so kann diesen Täuschungshandlungen auch dann ein zum Ausschluss führendes Gewicht  zukommen, wenn der Betreffende aus anderen Gründen (z. B. wegen der Weigerungshaltung von UNMIK) nicht hätte abgeschoben werden können.

Erforderlich ist ein gezieltes und nachhaltiges Unterlaufen der Aufenthaltsbeendigung, z. B. durch Untertauchen, Vernichten oder Unterdrücken von Urkunden, beharrliche Verweigerung der Mitwirkung bei der Passbeschaffung, widersetzliches Verhalten bei Vollstreckungsmaßnahmen.

Der Ausschlussgrund „vorsätzliches Hinauszögern der Aufenthaltsbeendigung“ kann auch im Falle von sukzessiven Asylantragstellungen von Familienangehörigen oder im Falle wiederholter Folgeanträge vorliegen. Zu prüfen ist, ob die sukzessiven Asylantragstellungen erkennbar von dem Motiv des zeitlichen Hinauszögerns der Aufenthaltsbeendigung getragen oder ob nach den Umständen des Einzelfalles die zeitlich auseinander fallenden Asylantragstellungen der Familienmitglieder sachlich vertretbar waren. Bei wiederholten Folgeanträgen kann von einem vorsätzlichen Hinauszögern der Aufenthaltsbeendigung insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn von dem Ausländer bei der jeweiligen Antragstellung Gründe angegeben wurden, die in der Zusammenfassung den ernsthaften Vortrag eines bisher nicht erwähnten bzw. nicht geprüften Schutzbedürfnisses erkennen ließen.

Ob die Inanspruchnahme des sog. „Kirchenasyl“ als vorsätzliches Hinauszögern oder Behindern zu werten ist, setzt eine Prüfung im Einzelfall voraus, da nur bei einem gezielten und nachhaltigen Unterlaufen der Aufenthaltsbeendigung der Ausschluss der Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt.

Bei der Prüfung einer vorsätzlichen Behinderung durch Nichtabgabe der sog. Freiwilligkeitserklärung ist insbesondere die Frage der Zumutbarkeit der Abgabe der erforderlichen Erklärung, die Motivlage für das Verhalten des Betroffenen sowie die Frage der Kausalität zwischen der Nichtabgabe der Erklärung und dem Nichtvollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen in die Betrachtung einzubeziehen. Ist der Betroffene seinen für eine Aufenthaltsbeendigung erforderlichen Mitwirkungspflichten im Übrigen nachgekommen und weigert er sich lediglich, die Erklärung zur freiwilligen Ausreise zu unterschreiben, so kommt diese Weigerung (nur) dann als Ausschlussgrund gemäß Absatz 1 Satz 1 Ziffer 4 in Betracht, wenn sie für die Verhinderung / nachhaltige Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ursächlich war.

1.1.5.2       Nr. 5          Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen oder deren Unterstützung

Dieser Ausschlussgrund wird erfüllt, wenn entsprechende Erkenntnisse Anlass zu Sicherheitsbedenken geben. Es ist nicht erforderlich, dass ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegt.

Im Übrigen ist auch bei jeder Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 104a AufenthG der Erlass vom 11. Juli 2007 - 15-39.23.00-4- VS-NfD - anzuwenden.

1.1.5.3              Nr. 6         Verurteilung wegen Straftaten

Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen bleiben außer Betracht. Geldstrafen von bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten nach § 95 AufenthG, § 92 AuslG und § 85 AsylVfG bleiben außer Betracht, soweit sie nur von Ausländern begangen werden können. Mehrere Geldstrafen sind jeweils zu addieren. Straftaten, die mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln gemäß §§ 9 bis 16 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) geahndet werden, bleiben ebenfalls außer Betracht.

Die Tilgungsfrist und das Verwertungsverbot von Verurteilungen sind zu beachten (s. § 46 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 51 Absatz 1 BZRG). Nach § 47 Abs. 3 BZRG ist bei mehreren Verurteilungen eine Tilgung erst zulässig, wenn alle Verurteilungen tilgungsreif sind. Verurteilungen sind unbeachtlich, wenn sie vor Titelerteilung durch Zeitablauf oder aufgrund einer Anordnung des Generalbundesanwalts vorzeitig getilgt sind. Bei anhängigen Straf- (Ermittlungs-) verfahren ist § 79 Abs. 2 AufenthG zu beachten.

Bei Zweifeln bzgl. der Tilgungsreife sollte eine entsprechende Anfrage an das BZR gestellt werden.

Hat der Antragsteller neben allgemeinen Straftaten auch (eine) Straftat(en) nach § 95 AufenthG, § 92 AuslG oder § 85 AsylVfG begangen und ist bei Addition der aus den allgemeinen Straftaten folgenden Geldstrafen die Summe von 50 Tagessätzen noch nicht überschritten, so sind die Straftaten insgesamt erst dann beachtlich, wenn die Summe aller Geldstrafen 90 Tagessätze übersteigt.

1.1.6          Fehlen von Ausweisungsgründen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt eine Titelerteilung in der Regel voraus, dass keine Ausweisungsgründe vorliegen. Von dieser Voraussetzung kann nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG bei Titeln nach Kapitel 2 Abschnitt 5 abgesehen werden. Bei der danach zu treffenden Ermessensentscheidung ist davon auszugehen, dass in der Regel eine Versagung des Titels nur auf Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nr. 1 - 5, 8 - 11 AufenthG gestützt werden kann.

Liegt danach ein Ausweisungsgrund vor, bedarf es in den Fällen des § 55 Abs. 2 Nr. 1 - 5 AufenthG gleichwohl  einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalles. Dabei sind u.a. das Gewicht des dem Ausweisungstatbestandes zu Grunde liegenden Rechtsverstoßes sowie die Frage, wie lange die Verwirklichung des Ausweisungstatbestandes schon zurückliegt, zu berücksichtigen.

1.2             Satz 2

                  Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG

1.2.1          Nach § 104a Abs. 1 Satz 2 wird dem Ausländer und den einbezogenen Familienangehörigen bzw. dem eingetragenen Lebenspartner eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt, wenn der Lebensunterhalt aller Personen durch Erwerbstätigkeit gesichert ist. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Aufenthaltsverfestigung richtet sich nach § 26 Abs. 4 i.V.m. § 9 AufenthG. Ein Familiennachzug nach Kapitel 2 Abschnitt 6 ist unter Beachtung des § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG möglich.

1.2.2          Sicherung des Lebensunterhaltes durch Erwerbstätigkeit

1.2.2.1              Der Lebensunterhalt muss zum Zeitpunkt der Ersterteilung des Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vollständig gesichert sein.

Dies ist der Fall, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann und zu erwarten ist, dass der Lebensunterhalt auch in Zukunft vollständig gesichert sein wird. Dabei bleiben das Kindergeld, der Kinderzuschlag und das Erziehungsgeld oder das Elterngeld sowie öffentliche Mittel außer Betracht, die auf Beitragsleistung beruhen, wie z. B. Leistungen aus der Kranken- oder Rentenversicherung und das Arbeitslosengeld I (vgl. § 2 Abs. 3 - neu - AufenthG).

Hingegen stellen Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches sowie Wohngeld keine auf Beitragsleistung beruhenden öffentlichen Mittel dar und stehen der Titelerteilung entgegen.

Für die Berechnung des Lebensunterhaltes gilt die in NRW übliche Anwendungspraxis, d.h., es ist der Regelsatz (SGB XII) zuzüglich eines Aufschlages für Sonderbedarfe von 10 vom Hundert zugrunde zu legen.

1.2.2.2       Erwerbstätigkeit umfasst sowohl eine selbständige Tätigkeit als auch eine unselbständige Beschäftigung (vgl. § 2 Abs. 2 AufenthG). Hinsichtlich der unselbständigen Beschäftigung ist es erforderlich, dass der Ausländer in einem legalen, dauerhaften und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, welches auch aus mehreren Arbeitsverträgen bestehen kann.

Als Beschäftigungsverhältnis gilt auch ein mit dem Ziel der späteren Übernahme in ein Arbeitsverhältnis eingegangenes Berufsausbildungsverhältnis. Bei befristeten Arbeitsverträgen ist Nr. 2.3.2 der VAH zum AufenthG zu beachten. Gefordert wird danach eine Prognoseentscheidung, ob eine Anschlussbeschäftigung zu erwarten ist (etwa bei branchenüblichen Kettenverträgen) oder ob die Gefahr der Erwerbslosigkeit nach Auslaufen des Vertrages nahe liegt. Führen diesbezügliche Ermittlungen - etwa  der Bundesagentur für Arbeit oder der Berufs- und Wirtschaftsverbände der entsprechenden Branche - zu keinem konkreten Ergebnis, so ist im Zweifel zu entscheiden, dass das Erfordernis des dauerhaften Beschäftigungsverhältnisses nicht erfüllt ist.

Der Lebensunterhalt kann durch mehrere dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse oder durch den Bezug von Renten - auch der einbezogenen Familienmitglieder - gesichert werden.

1.3             Satz 3

                  Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG

Nach Satz 3 erhalten Ausländer, die ihren Lebensunterhalt noch nicht eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichern, jedoch die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 erfüllen, eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift. Sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5. Ein Familiennachzug nach Kapitel 2 Abschnitt 6 ist durch § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ausgeschlossen.

1.4                          Satz 4

                  Vorliegen mündlicher Deutschkenntnisse

Die Voraussetzung ausreichender mündlicher Deutschkenntnisse kann gemäß Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes bis zum 1. Juli 2008 erfüllt werden. Fehlende Sprachkenntnisse sind somit nach Absatz 5 Satz 4 für die Erteilung einer bis zum 1. Juli 2008 befristeten Aufenthaltserlaubnis unschädlich.

1.5                          Satz 5

                  Ausnahme vom Erfordernis der Sprachkenntnisse

Soweit hier vom Erfordernis der Sprachkenntnisse aus Altersgründen abgesehen werden kann, gilt dies für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres und für Erwachsene ab Vollendung des 65. Lebensjahres.

1.6             Abgeleitetes Aufenthaltsrecht

1.6.1          Minderjährige Kinder

Soweit eine dem Schutz des Artikel 6 GG unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mindestens seit dem Stichtag im Bundesgebiet besteht, erhalten minderjährige Kinder ein von dem aufenthaltsberechtigten Elternteil abgeleitetes Aufenthaltsrecht.

1.6.2          Ehegatten

Grundsätzlich muss jeder Ehegatte alle Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in seiner Person erfüllen.

1.6.3          Ehegatten mit Kind

Soweit Ehegatten mit einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, von denen nur einer die Bedingungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt, gilt für den Ehegatten, der die Bedingungen noch nicht erfüllt, dass er seine Aufenthaltserlaubnis über das gemeinsame minderjährige Kind erhält, soweit eine dem Schutz des Artikel 6 GG unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mindestens seit dem Stichtag im Bundesgebiet besteht.

1.6.4          Eingetragene Lebenspartnerschaft

Für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gilt das zu Ehegatten Gesagte entsprechend (Ziffern 1.6.2 und 1.6.3).

1.6.5          Sonstige Voraussetzungen

Nach dem 1. Juli 2008 ist auch für den jeweils einbezogenen Personenkreis Erteilungsvoraussetzung, dass ausreichende mündliche Deutschkenntnisse vorliegen - sofern hiervon aufgrund der Ausnahmen gem. § 104a Abs. 1 Satz 5  abzusehen ist - und im Übrigen keine Ausschlusstatbestände erfüllt werden.

Für volljährige Kinder gilt Absatz 2.

2.               Absatz 2

Eigenständiges Aufenthaltsrecht für Kinder

2.1                          Satz 1

                  Volljährige ledige Kinder

Dem volljährigen ledigen Kind eines Ausländers, der die Voraufenthaltszeiten gem. § 104a erfüllt, kann unabhängig von der Dauer seines eigenen Voraufenthaltes und ungeachtet dessen, ob es in häuslicher Gemeinschaft mit dem Ausländer lebt, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden.

Voraussetzung ist, dass es am Stichtag eine Duldung, Aufenthaltsgestattung oder eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen besitzt, bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen wird.

Ob insoweit eine positive Integrationsprognose gerechtfertigt erscheint, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse, festzustellen. Hierbei ist auch das Vorliegen von Ausschlusstatbeständen einzuziehen.

§ 5 AufenthG ist hier mangels ausdrücklichen Ausschlusses anwendbar. Insbesondere muss die Sicherung des Lebensunterhalts nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 3 AufenthG entweder aus eigenen Mitteln des jungen Erwachsenen oder aus Mitteln Dritter, die keine öffentlichen Mittel im Sinne des § 2 Absatzes 3 Satz 1 AufenthG darstellen, nachgewiesen sein. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kann jedoch hiervon abgesehen werden. § 104a Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 - 3 AufenthG ist bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen.

Vom Erfordernis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung kann daneben auch bei solchen jungen Erwachsenen abgesehen werden, die noch allgemeinbildende Schulen besuchen oder studieren, sowie bei denjenigen, die nach abgeschlossener Schulausbildung einen Ausbildungsplatz bzw. nach abgeschlossener Berufsausbildung noch eine Arbeitsstelle suchen, wenn eine positive Integrationsprognose gerechtfertigt ist.

2.2                          Satz 2

                  Unbegleitete Minderjährige

Absatz 2 Satz 2 gewährt minderjährigen und erwachsenen Ausländern, die als unbegleitete Minderjährige ins Bundesgebiet eingereist sind, ein Aufenthaltsrecht gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, wenn sie sich am Stichtag seit mindestens sechs Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten haben und eine positive Integrationsprognose vorliegt.

Auch hier ist § 5 AufenthG mangels ausdrücklichen gesetzlichen Ausschlusses anwendbar.

Zum Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhaltes siehe Ausführungen zu Satz 1 (Rdnr. 2.1).

3.               Absatz 3

                  Erstreckung der Wirkung von Straftaten auf Familienangehörige

3.1             Satz 1

Das Gesetz sieht eine umfassende wechselseitige Haftung aller Familienmitglieder, die in häuslicher Gemeinschaft leben, vor. Eine Aufenthaltserlaubnis ist daher der gesamten Familie zu versagen, wenn ein Familienmitglied eine entsprechende Straftat begangen hat.

Soweit den eingetragenen Lebenspartnern ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht eingeräumt wird, sind auch sie - wechselseitig - in die Mithaftung für Straftaten einzubeziehen.

Dagegen sind in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebende Partner nicht einzubeziehen, da sie kein abgeleitetes Aufenthaltsrecht erhalten können.

Auch volljährige Kinder, die kein abgeleitetes, sondern ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten, sind nicht einzubeziehen.

3.2             Satz 2

Soweit der Gesetzgeber Ausnahmen von der Mithaftung für Ehegatten vorsieht, gelten diese auch für eingetragene Lebenspartner.

3.3             Satz 3

Für die Fälle, in denen minderjährigen Kindern der Aufenthalt trotz Straffälligkeit der Eltern ausnahmsweise erlaubt werden soll, gilt § 104b.

4.               Absatz 4

4.1                          Satz 1

                  Integrationsgespräch / Integrationsvereinbarung

Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird. Den Ausländerbehörden wird mit dieser Bestimmung die Möglichkeit der individuellen Beratung sowie der Beobachtung der Integrationsfortschritte gegeben.

4.2                          Satz 2

                  Erwerbstätigkeit

Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt ohne Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

5.               Absatz 5

5.1                          Satz 1

                  Dauer der erstmaligen Erteilung

Die Aufenthaltserlaubnis sowohl gem. § 23 Abs. 1 AufenthG als auch gem. § 104a Abs. 1 wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Nur im Falle des Absatzes 1 Satz 4 (Ausnahme bei nicht hinreichenden Deutschkenntnissen) wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst bis zum 1. Juli 2008 erteilt.

Sobald der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichern kann, wird ihm bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG  mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt.

5.1.1          Erwerbsunfähige Personen und Antragsteller über 65 Jahre

Bei Erwerbsunfähigen und bei Personen, die bis zum 31.12.2009 das 65. Lebensjahr vollenden werden, ist bereits bei Antragstellung zu prüfen, ob voraussichtlich die Verlängerungsvoraussetzungen vorliegen werden; dabei sind die Ausnahmetatbestände gem. Absatz 6 Satz 2 Nr. 4 und 5 zu berücksichtigen. Denn es ist mit den Zielen des § 104a nicht vereinbar, Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn bereits bei Prüfung der erstmaligen Erteilung feststeht, dass eine Verlängerung nicht erfolgen kann.

Eine Aufenthaltserlaubnis kann erteilt werden, wenn zwar zum Zeitpunkt der Antragsstellung der Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert ist, aber  begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zukünftig die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel auf Dauer entfällt.

Der Lebensunterhalt kann auch durch die Vorlage einer dem § 68 AufenthG entsprechenden Verpflichtungserklärung Dritter gesichert werden.

5.2                          Satz 2

                  Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1

Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erfolgt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ungeachtet dessen, ob sie gemäß § 23 Abs. 1 AufenhtG oder gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 erteilt worden war.

Die Verlängerung der Gültigkeitsdauer einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 über den 31. Dezember 2009 hinaus ist nicht möglich.

Die Aufenthaltserlaubnis soll um weitere zwei Jahre verlängert werden. Liegen besondere Anhaltspunkte vor, etwa ein befristeter Arbeitsvertrag, kann im Einzelfall der Verlängerungszeitraum individuell errechnet werden. Er darf jedoch zwei Jahre nicht überschreiten.

Voraussetzung für eine Verlängerung ist, dass der Lebensunterhalt

entweder vom 01. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 zeitlich überwiegend, d.h. während des 30monatigen Zeitraumes mindestens 15 Monate und einen Tag, vollständig gesichert war. Dabei kommt es weder darauf an, dass der Lebensunterhalt ununterbrochen noch am Verlängerungsstichtag 31. Dezember 2009 selbst gesichert ist

oder

am 31. Dezember 2009 mindestens seit dem 1. April 2009 ununterbrochen vollständig gesichert war. Hier ist die Sicherung des Lebensunterhalts am Verlängerungsstichtag 31. Dezember 2009 unabdingbar.

Zum Umfang des Lebensunterhaltes siehe Ausführungen oben (Rdnr. 1.2).

5.3             Satz 3

Für beide Alternativen des Satzes 2 gilt, dass Tatsachen die Prognose ermöglichen müssen, dass der Ausländer den Lebensunterhalt in Zukunft zeitlich überwiegend eigenständig sichern wird.

5.4             Satz 4

Liegen zum Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausreichende Deutschkenntnisse nicht vor, wird die Aufenthaltserlaubnis befristet bis zum 1. Juli 2008 erteilt. Eine Verlängerung bis zum 31. Dezember 2009 kommt nur in Betracht, wenn der Ausländer ausreichende Deutschkenntnisse bis dahin nachgewiesen hat.

5.5                          Satz 5

                  Zur Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG

§ 104a Abs. 5 Satz 5 schließt die Fiktionswirkung eines Verlängerungsantrags nach § 81 Abs. 4 AufenthG in diesem Zusammenhang aus.

Die Ausländer sollten daher angehalten werden, ihre Verlängerungsanträge und die erforderlichen Nachweise möglichst frühzeitig vorzulegen. Die Ausländerbehörden sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Verlängerungsvoraussetzungen prüfen, damit der Antrag rechzeitig beschieden werden kann und keine Lücke in der Kette der Aufenthaltstitel entsteht.

6.               Absatz 6

                  Ausnahmen zur Vermeidung von Härtefällen

6.1                          Satz 1

                  Härtefälle

Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann in den nachfolgend bestimmten Fällen zur Vermeidung von Härtefällen nach Satz 2  von der Sicherung des Lebensunterhaltes abgewichen werden. Es ist eine zeitliche Gesamtschau vorzunehmen, die sowohl den vergangenen als auch den zukünftigen Zeitraum des Aufenthaltes des Ausländers im Inland umfasst.

6.2             Satz 2

                  Begünstigter Personenkreis

6.2.1          Nr. 1         Auszubildende

Hierzu zählen Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in der Ausbildung oder Berufsvorbereitung befinden. Sie sollen ihre individuellen Bildungschancen nutzen können, um ihre weitere Integration in Deutschland zu ermöglichen.

Dies gilt auch für Schüler an allgemeinbildenden Schulen und Studenten an Hochschulen, sofern sie seit der erstmaligen Titelerteilung ihre Ausbildung zügig weiter betrieben haben und zu erwarten ist, dass sie diese schnellstmöglich beenden werden.

Ein ordnungsgemäßes Studium liegt regelmäßig vor, solange der Ausländer die durchschnittliche Studiendauer an der betreffenden Hochschule in dem jeweiligen Studiengang nicht um mehr als drei Semester überschreitet. Die Ziffern 16.1.2.4 und 16.1.2.5 der VAH finden Anwendung.

Für den Fall des Studiengangwechsels gilt Ziffer 16.2.5 der VAH entsprechend.

Befindet sich der Ausländer in einer betrieblichen oder außerbetrieblichen Ausbildung, für die eine Regelausbildungsdauer vorgesehen ist, darf dieser Zeitraum höchstens um ein Jahr überschritten werden.

6.2.2          Nr. 2         Familien mit Kindern

Bei der Ermessensausübung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber der besonderen Situation von Familien mit Kindern Rechnung tragen wollte. Ergänzende Sozialhilfe umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs, Krankenhilfe, Hilfe in besonderen Lebenslagen und Hilfestellung durch Soziale Dienste. Sie können in Form von Geldleistungen, Sachleistungen (z.B. Übernahme von Kosten eines Heimaufenthalts) und persönlichen Dienstleistungen (z.B. Betreuungs- und Beratungsdienste) gewährt werden.

Es bedarf einer entsprechenden Gesamtwürdigung des jeweiligen Einzelfalls. Dabei wird eine weite Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ z.B. dann für unschädlich gehalten, wenn wegen Kinderbetreuung nur ein Elternteil der Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Der Zeitraum kann dann auch mehr als ein Jahr betragen. Entscheidend ist, dass die Familie alles Zumutbare getan hat, um unabhängig von öffentlichen Mitteln zu leben.

Bei der Prüfung findet eine Orientierung an der Gültigkeitsdauer der befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis, die spätestens nach zwei Jahren erreicht wird, statt.

Sind die wirtschaftlichen Integrationsvoraussetzungen bis dahin nicht erfüllt, ist es in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt, eine erneute „Prognoseentscheidung“ zu treffen.

6.2.3          Nr. 3         Alleinerziehende mit Kindern

Die Ausnahme kommt für Alleinerziehende mit mindestens einem Kind in Betracht, denen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, weil diese die Erziehung des Kindes/ der Kinder gefährden würde.

6.2.4          Nr. 4         Erwerbsunfähige Personen

Erfasst werden die Ausländer, die vor Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren aufgrund von Erwerbsunfähigkeit eine eigenständige Lebensunterhaltssicherung aus eigener Erwerbstätigkeit nicht erbringen können. Sie dürfen keine öffentlichen Mittel beziehen, es sei denn, diese beruhen auf Beitragsleistungen. Verpflichtungserklärungen Dritter gemäß § 68 AufenthG sind möglich.

6.2.5          Nr. 5          Personen mit Vollendung des 65. Lebensjahres zum Stichtag 31. Dezember 2009

Alle Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift müssen kumulativ am 31. Dezember 2009 vorliegen.

Damit werden auch die Ausländer erfasst, die zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, dieses aber im Verlauf der Geltungsdauer der ersten Aufenthaltserlaubnis vollenden werden.

Der Ausländer, der die genannte Altersgrenze erreicht hat, darf keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Dies gilt sowohl für Leistungen zum Lebensunterhalt als auch für Leistungen für die Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit. Sofern der Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln (z.B. Altersrente) gesichert ist, kann der Lebensunterhalt auch durch die Vorlage einer dem § 68 AufenthG entsprechenden Verpflichtungserklärung Dritter gesichert werden.

II.              § 104b Aufenthaltsrecht für integrierte Kinder von geduldeten Ausländern

Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist u.a., dass das Kind am Stichtag 01.07.2007 ledig und im Alter zwischen 14 bis 17 Jahren ist, die Eltern ausgereist sind und es die deutsche Sprache beherrscht. Maßstab für die erforderlichen Sprachkenntnisse ist der Referenzrahmen GERR, Stufe B 1. Danach muss der Ausländer die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Darüber hinaus muss er sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern können.

Das Kind muss in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert sein und es muss eine positive Sozialprognose gerechtfertigt sein.

Die Personensorge muss durch das zuständige Amtsgericht auf eine von den Eltern bestimmte Person, die zur Übernahme bereit und in der Lage ist, übertragen worden sein.

Vom Erfordernis Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel abzusehen, wenn alle übrigen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen.

§ 10 Abs.3 Satz 1 steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen.

III.             Allgemeine Regelungen

1.               Antragsverfahren

Eine Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag erteilt.

Die Ausländerbehörden prüfen, ob Anträge, die bereits nach meinem Runderlass vom 11.12.2006 (AZ: 15-39.08.01-3) gestellt wurden, als Antrag nach der gesetzlichen Bleiberechtsregelung gewertet werden können. Auf eine sachgerechte Antragstellung ist hinzuwirken.

Asyl- und Asylfolgeanträge müssen vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zurückgenommen bzw. entsprechende Verfahren müssen zum Abschluss gebracht werden.

Anträge sind zunächst dahingehend zu prüfen, ob die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wird dies festgestellt, ist der Antragsteller entsprechend schriftlich zu unterrichten - auch wenn noch ein asylrechtliches Verfahren anhängig ist - und darauf hinzuweisen, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erst erfolgen wird, wenn der Asylantrag zurückgenommen worden ist.

Über die erfolgte Antragstellung wird dem Antragsteller eine Bescheinigung gem. Anlage 2 zur Vorlage bei der Bundesagentur für Arbeit ausgehändigt.

2.               Passpflicht

Die Passpflicht muss nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen Bestimmungen erfüllt sein. Insbesondere muss die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG geklärt sein.

Zur Erleichterung der Passbeschaffung soll dem Antragsteller ein Begleitschreiben ausgehändigt werden, in dem die jeweiligen Konsulate darauf hingewiesen werden, dass den Antragstellern bei Vorlage eines Passes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann.

3.               § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG

Die „Soll“-Regelung des § 104a AufenthG begründet keinen Anspruch im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne vorherige Ausreise ist damit nur in den Fällen des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG möglich.

4.               Bleiberechtsregelung nach IMK-Beschluss

Die Geltung meines Runderlasses vom 11.12.2006 (Az.:15-39.08.01-3) einschließlich der ergänzenden Erlasse vom 09.02.2007 und 22.03.2007 (AZ.:15-39.08.01-3) bleibt vom Inkrafttreten dieser gesetzlichen Bleiberechtsregelung unberührt.

Gleiches gilt für meinen Erlass vom 09.05.2007, Az.: 15-39.08.01-3, soweit er Verfahrensregelungen für die Gruppe der Ausländer trifft, die alle Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf der Grundlage der Regelung vom 11.12.2006 erfüllen. Das heißt, dass die Aufenthaltserlaubnis in diesen Fällen weiterhin zugleich mit einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschränkungen nach § 13 BeschVerfV zu erteilen ist und dass die Arbeitsagentur anschließend hierüber unterrichtet wird.

Hinsichtlich der Personengruppe der geduldeten Ausländer wird auf die inzwischen erfolgte Änderung des § 10 BeschVerfV hingewiesen: Gemäß § 10 Satz 3 BeschVerfV (neu) kann die - weiterhin erforderliche - Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nunmehr ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG, d.h. ohne Vorrangprüfung und ohne Prüfung der Arbeitsbedingungen, erteilt werden, wenn sich der Ausländer seit vier Jahren erlaubt, geduldet oder mit Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufgehalten hat. In diesem Fall wird die Zustimmung der Bundesagentur ohne Beschränkungen nach § 13 BeschVerfV erteilt (§ 10 Satz 4 BeschVerfV-neu).

5.               Meistbegünstigung

Im jeweiligen Einzelfall findet die günstigste Regelung im Ganzen Anwendung. Eine Kombination der Regelungen im Sinne eines Abstellens auf das jeweils günstigste Tatbestandsmerkmal ist hingegen nicht möglich.

6.               Statistik

Es ist der Vordruck gem. Anlage 3 zu verwenden.

Dieser Vordruck tritt an die Stelle des bisher verwendeten Vordrucks, mit dem die nach meiner Bleiberechtsanordnung vom 11. Dezember 2006 gestellten Anträge und Entscheidungen erfasst wurden.

Die Ausländerbehörden berichten der zuständigen Bezirksregierung auf der Grundlage des als Anlage 3 beigefügten Vordrucks beginnend ab dem 10. des Monats November im monatlichen Turnus. In die Novembermeldung bitte ich die Monate September und Oktober aufzunehmen. Die Bezirksregierungen übermitteln mir diese Daten zusammengefasst zum 15. eines jeden Monats.

7.               Rückführung

Sofern Antragsteller nicht unter die Voraussetzungen dieser Bleiberechtsregelung fallen, sind in den Fällen, in denen die Ausreisepflicht vollzogen werden kann, für die Betroffenen unverzüglich aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten. Soweit erforderlich, bitten die Ausländerbehörden für diesen Personenkreis die nach der ZustAVO zuständige Zentrale Ausländerbehörde um die Beschaffung von Heimreisedokumenten (Passersatzpapieren).

Anlagen:

1.      Gesetzestext nebst Begründung (Anlage 1)

2.      Vordruck für eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Bundesagentur für Arbeit (Anlage 2)

3.      Statistik - Vordruck (Anlage 3)


Anlagen: