Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 13.12.2024
Weiterbildungsordnung für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen (WBO PP/KJP) vom 16.12.2006
Weiterbildungsordnung
für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische
Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen
und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer
Nordrhein-Westfalen (WBO PP/KJP)
vom 16.12.2006
Abschnitt A
Paragraphenteil
§
1
Ziel und Struktur der Weiterbildung
(1) Die Psychotherapie stellt einen einheitlichen Tätigkeitsbereich dar. Mit der Approbation erlangen Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Erlaubnis, uneingeschränkt auf dem Gebiet der Psychotherapie tätig zu werden. Weiterbildung für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Sinne dieser Ordnung führt zu Zusatzbezeichnungen in Bereichen, auf die sich die weitergebildete Psychotherapeutin oder der weitergebildete Psychotherapeut grundsätzlich nicht beschränken muss. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ohne Zusatzbezeichnung werden von einer Tätigkeit in diesen Kompetenzfeldern nicht ausgeschlossen.
(2) Ziel der Weiterbildung ist der geregelte Erwerb eingehender und besonderer Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten für definierte psychotherapeutische Tätigkeiten nach Abschluss der Berufsausbildung.
(3) Die Weiterbildung erfolgt im Rahmen praktischer Berufstätigkeit und theoretischer Unterweisung unter Anleitung zur Weiterbildung befugter Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
(4)
Durch den erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung in Bereichen werden
eingehende und besondere Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten nachgewiesen,
welche zur Ankündigung einer speziellen psychotherapeutischen Tätigkeit durch
Führen einer Bezeichnung in einem Bereich nach Maßgabe dieser
Weiterbildungsordnung berechtigen.
(5)
In dieser Weiterbildungsordnung werden die Begriffe Psychotherapeutin und
Psychotherapeut ausschließlich als Oberbegriffe für Psychologische
Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten verwendet, es sei denn, etwas
anderes ist ausdrücklich bestimmt.
§
2
Inhalte der Weiterbildung
(1) Die Weiterbildung erfolgt in Bereichen.
(2) Ein Bereich ist entweder
2.1 ein wissenschaftlich anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren, das nach dem 1. Januar 1999 durch den Wissenschaftlichen Beirat zur Psychotherapeutinnen- und Psychotherapeutenausbildung empfohlen wurde,
oder
2.2 ein psychotherapeutisches Anwendungsfeld, für das mindestens die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
a)
Es besteht nachweislich epidemiologischer Studien für dieses Anwendungsfeld ein
erheblicher Behandlungsbedarf.
b) Es liegen in bedeutendem Umfang (neue) wissenschaftliche Erkenntnisse und
praktische Erfahrungen zur Diagnostik und Behandlung von Störungen dieses Anwendungsfeldes
vor.
c) Die
Diagnostik und Behandlung von Störungen dieses Anwendungsfeldes erfordern
umfassende spezifische Kenntnisse und Erfahrungen, die über das in der
Ausbildung erworbene Ausmaß deutlich hinausgehen.
d) Es
handelt sich um ein Anwendungsfeld, das außerhalb des Diagnosespektrums der
Kapitel F1 bis F9 des ICD-10 liegt. Spezialisierungen auf einzelne psychische
Störungen stellen keinen Bereich für eine Weiterbildung dar.
§
3
Dauer und zeitlicher Ablauf der Weiterbildung
(1) Mit der Weiterbildung kann erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des Berufs einer Psychologischen Psychotherapeutin oder eines Psychologischen Psychotherapeuten oder einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten begonnen werden.
(2) Form, Dauer und Inhalt der Weiterbildung richten sich nach den Bestimmungen in Abschnitt B dieser Weiterbildungsordnung. Die dort angegebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte dürfen nicht unterschritten werden.
Eine Unterbrechung der Weiterbildung infolge Krankheit, Schwangerschaft, Sonderurlaub, Wehrdienst und ähnlichem kann nicht auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden, es sei denn, die Unterbrechung dauert weniger als 6 Wochen im Jahr.
(3) Die Weiterbildung kann sowohl in hauptberuflicher Stellung als auch in Teilzeit oder berufsbegleitend durchgeführt werden. Das Nähere regelt Abschnitt B dieser Weiterbildungsordnung.
(4) Durchführung von Patientenbehandlungen im Rahmen der Weiterbildung sind in eigener Praxis möglich, soweit das Weiterbildungsziel dadurch nicht gefährdet wird, und dies durch §49 Abs.3 Heilberufsgesetz NRW gedeckt ist.
(5) Hat eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut Tätigkeitszeiten und/oder Tätigkeitsinhalte während ihrer oder seiner Berufsausbildung nachgewiesen, die den Anforderungen dieser Weiterbildungsordnung genügen, so können diese auf die Weiterbildung angerechnet werden. Näheres regelt der Abschnitt B.
(6) Eine Weiterbildung, die unter der Leitung einer von einer anderen Psychotherapeutenkammer befugten Psychotherapeutin oder eines von einer anderen Psychotherapeutenkammer befugten Psychotherapeuten oder/und in einer von einer anderen Psychotherapeutenkammer anerkannten Weiterbildungsstätte durchgeführt, jedoch noch nicht abgeschlossen wurde, kann angerechnet werden, wenn die Weiterbildung den Anforderungen dieser Weiterbildungsordnung genügt.
§ 4
Abschluss der Weiterbildung, Qualifikation
Die Urkunde über eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung in einem Bereich bescheinigt die eingehenden und besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die Inhalt dieses Bereiches sind.
§ 5
Führen von Bezeichnungen
Eine Bezeichnung in einem Bereich darf nur zusammen mit der Berufsbezeichnung „Psychologische Psychotherapeutin“ / „Psychologischer Psychotherapeut“ oder „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin“ / „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut“ geführt werden.
§
6
Befugnis zur Weiterbildung
(1) Die Weiterbildung in den Bereichen wird unter verantwortlicher Leitung der von der Kammer befugten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in anerkannten Weiterbildungsstätten durchgeführt.
(2) Als Weiterbildungsstätten kommen u.a. die nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311) in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung anerkannten Ausbildungsstätten, Einrichtungen der Hochschulen, Abteilungen von Krankenhäusern, Kliniken oder Rehabilitationseinrichtungen oder sonstige Institute oder Praxen in Betracht. Weiterbildungsstätten können für die im Abschnitt B unterschiedenen Teile der Weiterbildung anerkannt werden.
(3) Für die Anerkennung einer Weiterbildungsstätte ist maßgebend, inwieweit sie die im Abschnitt B gestellten zeitlichen, inhaltlichen, personellen und materiellen Anforderungen erfüllen kann. Veränderungen in Struktur und Größe der Weiterbildungsstätte sind von der dort tätigen zur Weiterbildung befugten Psychotherapeutin oder dem befugten Psychotherapeuten unverzüglich anzuzeigen.
(4) Für die Weiterbildung in einem Bereich können Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten befugt werden, welche die entsprechende Bezeichnung selber führen, mindestens fünf Jahre in dem Bereich tätig waren und persönlich geeignet sind. Bereichsspezifische Voraussetzungen werden in Abschnitt B festgelegt.
(5) Die Befugnis zur Weiterbildung ist auf sieben Jahre befristet. Sie wird auf Antrag verlängert, wenn die Voraussetzungen weiter bestehen und eine kontinuierliche Fortbildung in dem Bereich nachgewiesen wird.
(6) Die befugte Psychotherapeutin oder der befugte Psychotherapeut ist verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend dieser Weiterbildungsordnung zu gestalten. Wird die Befugnis mehreren Psychotherapeutinnen und/oder Psychotherapeuten gemeinsam erteilt, so trifft die Verpflichtung nach Satz 1 jede einzelne und jeden einzelnen.
(7) Die Befugnis wird auf Antrag erteilt. Die Antrag stellende Psychotherapeutin oder der Antrag stellende Psychotherapeut hat den Bereich sowie die Weiterbildungsteile, für die die Befugnis beantragt wird, näher zu bezeichnen.
(8) Gleiches gilt für die Anerkennung als Weiterbildungsstätte. Dem Antrag der Weiterbildungsstätte auf Anerkennung ist ein gegliedertes und curricular aufgebautes Weiterbildungsprogramm für die Bereiche oder Weiterbildungsteile, für die die Anerkennung beantragt wird, beizufügen.
(9) Die Kammer führt ein Verzeichnis der zur Weiterbildung befugten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und der anerkannten Weiterbildungsstätten, aus dem der Umfang der Befugnis/Anerkennung ersichtlich ist.
§
7
Auflagen und Entzug der Befugnis oder Anerkennung
(1) Die Kammer kann die Befugnis oder Anerkennung mit den für eine ordnungsgemäße Weiterbildung erforderlichen Auflagen versehen.
(2) Die Befugnis oder Anerkennung ist ganz oder teilweise zu entziehen, wenn oder soweit ihre Voraussetzungen nicht gegeben waren oder nicht mehr gegeben sind, insbesondere,
- wenn ein Verhalten vorliegt, das die fachliche und/oder persönliche Eignung der oder des Weiterbildungsbefugten ausschließt oder
- wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die in Abschnitt B dieser Weiterbildungsordnung an den Inhalt der Weiterbildung gestellten Anforderungen nicht oder nicht mehr erfüllt werden können.
(3) Weiterbildung findet grundsätzlich an einer für den entsprechenden Teil der Weiterbildung anerkannten Einrichtung statt. Die Befugnis zur Weiterbildung endet mit der Beendigung der Tätigkeit an der Weiterbildungsstätte oder mit deren Auflösung.
§
8
Dokumentation und Evaluation
(1) Die einzelnen Weiterbildungsteile sind von der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer schriftlich zu dokumentieren und von der oder dem zur Weiterbildung Befugten zu bestätigen.
(2) Die Weiterbildungseinrichtung hat ihr Weiterbildungsangebot zu evaluieren. Die Dokumentations- und Evaluationsunterlagen sind der Kammer auf Verlangen vorzulegen.
§
9
Zeugnisse über die Weiterbildung
(1) Die befugte Psychotherapeutin oder der befugte Psychotherapeut hat der in Weiterbildung befindlichen Psychotherapeutin oder dem in Weiterbildung befindlichen Psychotherapeuten über die unter ihrer oder seiner Verantwortung abgeleistete Weiterbildungszeit spätestens drei Monate nach Beendigung der Weiterbildung ein Zeugnis auszustellen, das die erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten darlegt und zur Frage der fachlichen Eignung Stellung nimmt. Das Zeugnis muss im einzelnen Angaben enthalten über:
- die Dauer der abgeleisteten Weiterbildungszeit, Unterbrechungen der Weiterbildung durch Krankheit, Schwangerschaft, Sonderurlaub, Wehrdienst und ähnliches,
- die in dieser Weiterbildungszeit im Einzelnen vermittelten und erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die erbrachten psychotherapeutischen Leistungen in Diagnostik und Therapie sowie die sonstigen vermittelten Kenntnisse.
(2) Auf Antrag der in Weiterbildung befindlichen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oder auf Anforderung durch die Kammer ist nach Ablauf je eines Weiterbildungsjahres ein Zeugnis auszustellen, das den Anforderungen des Absatzes 1 entspricht.
§
10
Anerkennung von Bezeichnungen
(1) Eine Bezeichnung nach § 2 darf unter Beachtung von § 5 führen, wer nach abgeschlossener Weiterbildung die Anerkennung durch die Kammer erhalten hat. Die Anerkennung erfolgt durch Ausstellung einer Urkunde über das Recht zum Führen der Bezeichnung. Dem Antrag auf Anerkennung sind alle während der Weiterbildung ausgestellten Zeugnisse und Nachweise beizufügen.
(2) Die Anerkennung einer Bezeichnung erfolgt aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und Nachweise sowie einer mündlichen Prüfung.
§
11
Prüfungsausschuss
(1) Die Kammer bildet für die Weiterbildungsbereiche zur Durchführung der Prüfung Prüfungsausschüsse. Die Prüfung kann auch in Zusammenarbeit mit anderen Psychotherapeutenkammern durchgeführt werden.
(2) Ein Prüfungsausschuss besteht aus folgenden Mitgliedern, von denen ein Mitglied keine Lehrkraft an der Weiterbildungsstätte sein darf, an der die Weiterbildung durchgeführt wurde:
1. eine Psychologische Psychotherapeutin oder ein Psychologischer Psychotherapeut oder eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, die oder der über eine Weiterbildungsbefugnis für den zu prüfenden Bereich verfügen muss, als Vorsitzende oder Vorsitzenden,
2. (mindestens) zwei Psychologische Psychotherapeutinnen oder Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, von denen mindestens eine oder einer zusätzlich über eine Weiterbildungsbefugnis für den zu prüfenden Bereich verfügen muss.
3. Die Aufsichtsbehörde kann ein weiteres Mitglied bestimmen. Die Prüfung kann auch bei dessen Abwesenheit durchgeführt werden.
Die Selbsterfahrungsleiterin oder der Selbsterfahrungsleiter der zu prüfenden Kandidatin oder des zu prüfenden Kandidaten kann nicht als Prüferin oder Prüfer tätig sein.
(3) Jedes Mitglied des Prüfungsausschusses hat eine oder mehrere Stellvertreterinnen und/oder einen oder mehrere Stellvertreter. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses und ihre Stellvertreterinnen und/oder Stellvertreter werden von dem Vorstand der Kammer bestellt. Die Weiterbildungsstätten können Vorschläge zur Besetzung der Prüfungsausschüsse einreichen.
Die zur Weiterbildung befugten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind gehalten, sich als Prüferinnen und Prüfer zur Verfügung zu stellen.
(4) Die Prüfung ist von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses dahingehend zu beurteilen, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Der Prüfungsausschuss beschließt das Ergebnis mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der oder des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse entscheiden unabhängig und sind an Weisungen nicht gebunden.
§
12
Mündliche Prüfung
(1) Die Kammer setzt im Einvernehmen mit der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses den Termin der mündlichen Prüfung fest. Die Antragstellerin oder der Antragsteller wird zu dem festgesetzten Termin mit einer Frist von mindestens zwei Wochen eingeladen.
(1a) Menschen mit Behinderungen sind auf Antrag die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen im Prüfungsverfahren einzuräumen. Die technischen Voraussetzungen für eine Absolvierung der Prüfungen auch durch Menschen mit Behinderungen sollen gewährleistet sein. Auch im Hinblick auf den Ort der Prüfung soll auf die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen Rücksicht genommen werden.
(2) Die Prüfung ist mündlich und wird von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geleitet. Die Prüfung soll für jede Antragstellerin oder Antragsteller 30 bis 45 Minuten dauern. Der Prüfungsausschuss ist während der gesamten Dauer der Prüfung zur Anwesenheit verpflichtet. Jedes Mitglied des Prüfungsausschusses ist berechtigt, Fragen an die Prüfungskandidatin oder den Prüfungskandidaten zu stellen.
Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann auf begründeten Antrag die Anwesenheit von Zuhörern gestatten, sofern die Prüfungskandidatin oder der Prüfungskandidat einverstanden ist. Die oder der Vorsitzende hat zu Beginn der Prüfung alle Anwesenden auf die Schweigepflicht hinzuweisen. Bei der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ist die Anwesenheit von Zuhörern nicht gestattet.
(3) Die während der Weiterbildung erworbenen eingehenden und besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten werden in einem Fachgespräch durch den Prüfungsausschuss geprüft. Der Prüfungsausschuss entscheidet aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und des Prüfungsergebnisses, ob die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen ist und die eingehenden und besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Bereich erworben worden sind.
(4) Kommt der Prüfungsausschuss zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller die vorgeschriebene Weiterbildung nicht erfolgreich abgeschlossen hat, so beschließt er, ob und ggf. wie lange die Weiterbildungszeit zu verlängern ist und welche besonderen Anforderungen an diese verlängerte Weiterbildung zu stellen sind. Diese besonderen Anforderungen müssen sich auf die in der Prüfung festgestellten Mängel beziehen. Sie können die Verpflichtung enthalten, bestimmte Weiterbildungsinhalte abzuleisten, bestimmte psychotherapeutische Tätigkeiten unter Anleitung durchzuführen und/oder Wissenslücken auszugleichen.
(5) In geeigneten Fällen kann der Prüfungsausschuss als Voraussetzung für eine Wiederholungsprüfung anstelle der Verlängerung der Weiterbildung auch die Verpflichtung aussprechen, festgestellte Lücken in theoretischen Kenntnissen durch ergänzenden Wissenserwerb auszugleichen; er legt hierzu eine Frist fest, die 3 Monate nicht unterschreiten soll.
(6) Bleibt die Antragstellerin oder der Antragsteller der Prüfung ohne ausreichenden Grund fern oder bricht sie oder er diese ohne ausreichenden Grund ab, gilt die Prüfung als nicht bestanden.
(7) Über die Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen, die von der oder dem Vorsitzenden unterzeichnet wird. Sie muss enthalten:
- die Besetzung des Prüfungsausschusses
- den Namen der oder des Geprüften
- den Prüfungsgegenstand
- die gestellten Fragen und Vermerke über die Beantwortung
- Ort, Beginn und Ende der Prüfung
- das Ergebnis der Prüfung
- im Falle des Nichtbestehens der Prüfung die vom Prüfungsausschuss gemachten Auflagen über Dauer und Inhalt der zusätzlichen Weiterbildung.
§
13
Prüfungsentscheidung
(1) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses teilt der Kammer das Ergebnis der Prüfung mit.
(2) Bei Bestehen der Prüfung stellt die Kammer der Antragstellerin oder dem Antragsteller eine Urkunde über das Recht zum Führen der Bezeichnung aus.
(3) Bei Nichtbestehen der Prüfung erteilt die Kammer einen mit Gründen versehenen Bescheid, der auch die vom Prüfungsausschuss beschlossenen Auflagen gemäß §12 Abs. 4 und 5 enthält.
(4) Gegen den Bescheid der Kammer nach Abs. 3 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Über den Widerspruch entscheidet die Kammer nach Anhörung des Prüfungsausschusses.
§
14
Wiederholungsprüfung
Eine nicht erfolgreich abgeschlossene Prüfung kann frühestens nach 3 Monaten wiederholt werden. Die Vorschriften der §§ 11 bis 13 gelten entsprechend.
§
15
Übergangsregelungen
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die vor Inkrafttreten dieser Satzung eine in Inhalt und Umfang den Anforderungen in Abschnitt B entsprechende Qualifikation erworben haben, erhalten auf Antrag die Anerkennung durch die Kammer, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Der Prüfungsausschuss prüft den Antrag und teilt der Kammer das Ergebnis der Prüfung mit. Fehlende Qualifikationsanteile können entsprechend § 15 Abs. 2 erworben werden.
(2) Eine vor In-Kraft-Treten dieser Satzung begonnene, aber noch nicht abgeschlossene und dem Abschnitt B der Weiterbildungsordnung entsprechende Weiterbildung kann innerhalb von 5 Jahren nach In-Kraft-Treten dieser Satzung unter vollständiger oder teilweiser Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten und -inhalte nach den Vorschriften dieser Weiterbildungsordnung abgeschlossen werden. Über die Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten und -inhalte entscheidet die Kammer nach Anhörung des Prüfungsausschusses.
(3) Sofern vor Einführung eines neuen Weiterbildungsbereichs keine vergleichbaren Weiterbildungen angeboten wurden, kann auf Antrag eine Anerkennung ausgesprochen werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller mindestens vier Jahre in einer entsprechenden praktischen Einrichtung tätig war und in dieser Zeit eingehende und besondere Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in diesem Bereich entsprechend Abschnitt B dieser Satzung erworben hat.
(4) Bei Einführung neuer Weiterbildungen kann im Rahmen des § 15 Abs. 6 übergangsweise auf eine Befugnis von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verzichtet werden, wenn sie eine nach Inhalt und Umfang den Anforderungen in Abschnitt B entsprechende Qualifikation erworben haben.
(5) Bei Einführung neuer Weiterbildungen können übergangsweise Psychologische Psychotherapeutinnen oder Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu Mitgliedern des Prüfungsausschusses gemäß § 11 bestellt werden, welche – ohne die Bezeichnung bereits zu führen – eine nach Inhalt und Umfang den Anforderungen in Abschnitt B entsprechende Qualifikation erworben haben.
(6) Weiterbildungszeiten in neu eingeführten Bereichen können für eine nach den Übergangsbestimmungen in Abschnitt B bestimmte Zeitspanne nach ihrer Einführung auch dann angerechnet werden, wenn die Weiterbildungsstätte nicht von der Kammer anerkannt war, die Weiterbildung aber nach Inhalt und Umfang den Anforderungen dieser Weiterbildungsordnung entspricht.
§
16
Anerkennung ausländischer Weiterbildung
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die als Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der europäischen Union ein in einem anderen Mitgliedsstaat als der Bundesrepublik Deutschland erworbenes fachbezogenes Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen fachbezogenen Befähigungsnachweis für einen Bereich besitzen, erhalten auf Antrag die Anerkennung und das Recht zum Führen einer entsprechenden Bezeichnung, wenn nach dieser Weiterbildungsordnung in diesem Bereich eine entsprechende Anerkennung möglich ist.
(2) Die von den Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates der europäischen Union in einem der anderen Mitgliedsstaaten abgeleisteten Weiterbildungszeiten, die noch nicht zu einem Befähigungsnachweis gemäß Abs. 1 geführt haben, sind entsprechend § 15 Abs. 2 auf die im Geltungsbereich dieser Weiterbildungsordnung festgesetzten Weiterbildungszeiten ganz oder teilweise anzurechnen.
(3) Eine Weiterbildung im Ausland außerhalb eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben (europäische Staaten), kann ganz oder teilweise angerechnet werden, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Gleiches gilt für die Weiterbildung in einem europäischen Staat, wenn sie von einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten abgeleistet wurde, die oder der nicht Staatsangehörige eines europäischen Staates ist.
(4) Eine von Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, aber zum Personenkreis des Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz gehören, außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes abgeschlossene Weiterbildung ist anzuerkennen, wenn sie einer Weiterbildung nach Maßgabe dieser Weiterbildungsordnung gleichwertig ist. Bei nicht gleichwertiger oder nicht abgeschlossener Weiterbildung gilt für die Anrechnung von Weiterbildungszeiten § 15 Abs. 2 entsprechend.
§
17
Entzug der Bezeichnung
(1) Die Kammer kann die Anerkennung einer Bezeichnung entziehen, wenn die für die Anerkennung erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen oder entfallen sind. Vor der Entscheidung der Kammer ist das Kammermitglied zu hören.
(2) In dem Widerrufsbescheid ist festzulegen, welche Weiterbildungsabschnitte das betroffene Kammermitglied ableisten muss, um eine ordnungsgemäße Weiterbildung nachzuweisen. Für das Verfahren gelten die Vorschriften der §§ 11 bis 13 entsprechend.
§
18
Inkrafttreten
Diese Weiterbildungsordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.
Genehmigt, mit Ausnahme der §§ 3 Abs. 6 und 16 Abs. 3 der Weiterbildungsordnung.
Düsseldorf, den 1. Februar 2007
Ministerium
für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen
III C 2 – 0810.107
Im Auftrag
G o d r y
Die vorstehende Weiterbildungsordnung wird hiermit ausgefertigt.
Düsseldorf, den 22. Mai 2007
Monika
Konitzer
Präsidentin
Abschnitt B: Bereiche
I. Klinische Neuropsychologie
1 Definition
Die Klinische Neuropsychologie umfasst die Vorbeugung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von geistigen (kognitiven) und seelischen (emotional-affektiven) Störungen, Schädigungen und Behinderungen nach Hirnschädigung oder Hirnerkrankung unter der Berücksichtigung der individuellen physischen und psychischen Ressourcen, der biografischen Bezüge, der interpersonalen Beziehungen, der sozialen und beruflichen Anforderungen sowie der inneren Kontextfaktoren (z. B. Antrieb, Motivation, Anpassungsfähigkeit).
Ausgehend von einem umfassenden Wissen über die neuronalen Grundlagen von Kognition, Emotion und Verhalten sowie über neurologische Erkrankungen und ihre Folgen beinhaltet das Aufgabenfeld der Klinischen Neuropsychologie:
- die diagnostische Beurteilung der kognitiven Funktionen, des Verhaltens und Erlebens unter der Berücksichtigung prämorbider Persönlichkeitsmerkmale
- die Erstellung neuropsychologischer Berichte und Gutachten
- die Erstellung ICF-orientierter neuropsychologischer Behandlungspläne unter Einschluss interdisziplinärer Kooperation und setting- bzw. phasenspezifischer Rahmenbedingungen
- die Durchführung neuropsychologischer Behandlungen in den verschiedenen Stadien bzw. Phasen neurologischer Erkrankungen einschließlich Angehörigenarbeit und Beratung von Mitbehandlerinnen und Mitbehandlern sowie deren kontinuierliche Verlaufskontrolle
- die Kooperation mit relevanten Sozialsystemen zur gemeinsamen Gestaltung von schulischen oder beruflichen und sozialen Wiedereingliederungsprozessen.
2 Weiterbildungsziel
Ziel der Weiterbildung im Bereich Klinische Neuropsychologie ist die Erlangung der Berechtigung zur Führung der Zusatzbezeichnung Klinische Neuropsychologie nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sowie nach Bestehen der vorgeschriebenen Prüfung.
3 Voraussetzung zum Erwerb der Bezeichnung
Fundierte Kenntnisse in psychologischer Methodenlehre, psychologischer Diagnostik, allgemeiner Psychologie und Biopsychologie sind Voraussetzung für eine Weiterbildung in dem Bereich Neuropsychologie. Diese sind durch ein abgeschlossenes Studium der Psychologie an einer Universität oder einer gleichwertigen Hochschule nachgewiesen. Diese Kenntnisse können auch in einem Propädeutikum vor Beginn der Weiterbildung erworben werden. Inhalte und Umfang orientieren sich an der Rahmenprüfungsordnung der Diplom-Studiengänge in Psychologie. Entsprechende Vorkenntnisse aus anderen Studiengängen können angerechnet werden.
4 Bestandteile der Weiterbildung und Weiterbildungszeit
- Zwei Jahre praktische Weiterbildung in Vollzeittätigkeit oder in Teilzeittätigkeit entsprechend längerer Dauer in zugelassenen Weiterbildungsstätten für Klinische Neuropsychologie unter Anleitung einer oder eines Weiterbildungsbefugten. Während dieser zwei Jahre soll ein breites Spektrum von Erkrankungen und Verletzungen behandelt werden, die Hirnfunktionsstörungen zur Folge haben. Dabei sollen die verschiedenen unter 5.2 genannten Aspekte der neuropsychologischen Tätigkeit in wesentlichen Teilen ausgeübt werden. Diese Anforderungen werden durch fünf differenzierte Falldarstellungen nachgewiesen, wovon zwei Begutachtungen (bzw. Darstellungen in Gutachtenform) sein müssen.
- Mindestens 100 Stunden fallbezogene Supervision durch zur Weiterbildung befugte Supervisorinnen und Supervisoren.
- Mindestens 400 Stunden theoretische Weiterbildung; davon können bis zu 200 Unterrichtsstunden in der stationären oder ambulanten Einrichtung, in der die praktische Weiterbildung absolviert wird, erfolgen.
5 Weiterbildungsinhalte
5.1 Theoretische Weiterbildung (mindestens 400 Stunden)
Curriculare Vermittlung von neuropsychologischen Kenntnissen der folgenden Inhalte:
5.1.1 Allgemeine Neuropsychologie (Grundkenntnisse, mindestens 100 Stunden)
- Geschichte der klinischen Neuropsychologie, neuropsychologische Syndrome
- Medizinische und psychosoziale Versorgungssysteme, Organisationsstruktur des Arbeitsfeldes, Kooperation mit anderen Berufsgruppen bei der Behandlung neurologischer Patienten
- Neurologische Krankheitsbilder: Diagnostik, Verlauf, Therapie
- Funktionelle Neuroanatomie
- Untersuchungsansätze und statistische Methoden in der Neuropsychologie
- Neuroplastizität und neuropsychologische Interventionsansätze
- Theorie der Persönlichkeit, des Krankheitsverständnisses und der Behandlungstechniken in der Psychotherapie neuropsychologischer Störungen
- Pharmakologische Grundkenntnisse für Neuropsychologinnen und Neuropsychologen
- Spezielle Psychopathologie im Bereich der Klinischen Neuropsychologie
- Neuropsychologische Dokumentation und Berichtswesen
- Qualitätssicherung in der Klinischen Neuropsychologie
5.1.2 Spezielle Neuropsychologie
Störungsspezifische Kenntnisse (mindestens 160 Stunden)
- Visuelle Wahrnehmung (u. a. Gesichtsfeldausfälle, Agnosien)
- Akustische, somatosensorische, olfaktorische Wahrnehmung
- Neglect
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Gedächtnisstörungen
- Exekutive Störungen
- Störungen der Sprache (Neurolinguistik), einschließlich Rechenstörungen
- Motorische Störungen
- Affektive und emotionale Störungen nach Hirnschädigung
- Verhaltensstörungen nach Hirnschädigung
- Krankheitseinsicht und Krankheitsverarbeitung nach erworbener Hirnschädigung
Versorgungsspezifische Kenntnisse (mindestens 80 Stunden)
- Neuropsychologie des Kindes- und Jugendalters
- Neuropsychologie des höheren Lebensalters
- Soziale, schulische und berufliche Reintegration
- Sachverständigentätigkeit in der Klinischen Neuropsychologie (Gutachten, gutachterliche Stellungnahmen, sozialmedizinische Beurteilungen).
5.2 Praktische Weiterbildung
Die praktische Weiterbildung umfasst bei Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen insbesondere:
- die diagnostische Beurteilung der kognitiven Funktionen, des Verhaltens und Erlebens unter Berücksichtigung prämorbider Persönlichkeitsmerkmale
- die Erstellung ICF-orientierter neuropsychologischer Behandlungspläne unter Einschluss interdisziplinärer Kooperation und setting- bzw. phasenspezifischer Rahmenbedingungen
- die Durchführung mehrdimensionaler neuropsychologischer Behandlungen in den verschiedenen Stadien bzw. Phasen neurologischer Erkrankungen, einschließlich Angehörigenarbeit und Beratung von Mitbehandlerinnen oder Mitbehandlern sowie deren kontinuierliche Verlaufskontrolle
- die Kooperation mit relevanten Sozialsystemen zur gemeinsamen Gestaltung von schulischen, beruflichen und sozialen Wiedereingliederungsprozessen.
5.3 Supervision
100 Stunden fallbezogene Supervision eigener Diagnostik und Behandlungen durch zur Weiterbildung befugte Supervisorinnen und Supervisoren zur:
- Reflexion des diagnostischen und therapeutischen Handelns im Hinblick auf die kurz- und langfristigen Behandlungs- und Rehabilitationsziele und
- Reflexion der verwendeten Methoden sowie der eigenen therapeutischen Rolle, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit im interdisziplinären Team.
6 Zeugnisse und Nachweise
Dem Antrag auf Anerkennung der Weiterbildung nach § 9 sind beizufügen:
- Zeugnisse und Bescheinigungen über die abgeleistete Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte entsprechend § 8.
- Dokumentation von fünf differenzierten Falldarstellungen, aus denen neben der Darstellung der Ätiologie der Hirnfunktionsstörungen und gegebenenfalls der Lokalisation der Hirnschädigungen weitere relevante medizinische Daten, die neuropsychologische Diagnostik, die therapeutischen Maßnahmen, der Verlauf der Behandlung und deren Evaluation hervorgehen sollen. Dabei sollen unterschiedliche Störungsbereiche dargestellt werden. Von den fünf Falldarstellungen sind zwei Begutachtungen (bzw. Darstellungen in Gutachtenform) einzureichen.
- Die Falldarstellungen und Gutachten werden durch den Prüfungsausschuss beurteilt.
7 Weiterbildungsbefugnis
Die Weiterbildungsbefugnis kann für einzelne oder mehrere Teile der Weiterbildung erteilt werden, sofern die Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 4 sowie die im Folgenden genannten spezifischen Voraussetzungen erfüllt sind.
7.1 Befugnis für den Weiterbildungsteil Praktische Weiterbildung
Aufgaben
Den zum Weiterbildungsteil Praktische Weiterbildung Befugten obliegen die Bereitstellung der räumlichen, sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Durchführung des Weiterbildungsteils Praktische Weiterbildung sowie die Verantwortung für die Durchführung dieses Weiterbildungsteils.
Voraussetzungen
Voraussetzung für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbildungsteil Praktische Weiterbildung ist in Ergänzung zu den in § 6 Abs. 4 und 5 genannten Voraussetzungen die Tätigkeit an einer zugelassenen Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Abs. 2.
7.2 Befugnis für den Weiterbildungsteil Supervision
Aufgaben
Den zum Weiterbildungsteil Supervision Befugten obliegen die kontinuierliche fallbezogene Supervision der von den Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmern durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen sowie die Begutachtung von Falldarstellungen und neuropsychologischen Gutachten.
Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbildungsteil Supervision entsprechen den in § 6 Abs. 4 und 5 genannten Kriterien.
7.3 Befugnis für den Weiterbildungsteil theoretische Weiterbildung
Aufgaben
Den zum Weiterbildungsteil theoretische Weiterbildung Befugten obliegt einzeln oder gemeinsam die Vermittlung der unter 5.1 genannten theoretischen Weiterbildungsinhalte. Die Befugten können im Rahmen von unter ihrer Leitung durchgeführten Lehrveranstaltungen für einzelne Inhalte entsprechend qualifizierte Dozentinnen und Dozenten hinzuziehen.
Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbildungsteil theoretische Weiterbildung entsprechen den in § 6 Abs. 4 und 5 genannten Kriterien.
8 Anforderungen an Weiterbildungsstätten
8.1 Weiterbildungsstätten für den Weiterbildungsteil Praktische Weiterbildung
Zur Weiterbildung in dem Weiterbildungsteil Praktische Weiterbildung werden gemäß § 6 Absatz 2 zugelassen:
Klinische Einrichtungen, deren Indikationskatalog ein breites Spektrum von Erkrankungen und Verletzungen umfasst, die Hirnfunktionsstörungen zur Folge haben. Die neuropsychologische Versorgung der Patienten muss die Tätigkeitsbereiche der Klinischen Neuropsychologie in wesentlichen Teilen umfassen. Dazu gehört eine interdisziplinäre Zusammenarbeit (v. a. mit Ärzten, Physiotherapeuten, Sprachtherapeuten und Ergotherapeuten).
Die Weiterbildungsstätte muss über eine Ausstattung verfügen, die eine neuropsychologische Tätigkeit in Diagnostik und Therapie nach dem neuesten Kenntnisstand zulässt.
8.2 Weiterbildungsstätten für den Weiterbildungsteil theoretische Weiterbildung
Als Weiterbildungsstätte für den Weiterbildungsteil theoretische Weiterbildung können Einrichtungen oder Verbünde anerkannt werden, die alle Teile der theoretischen Weiterbildung vorhalten und eine adäquate personelle, räumliche und materielle Ausstattung nachweisen.
9. Übergangsbestimmungen
§ 15 Abs. 2 gilt abweichend für den Bereich Klinische Neuropsychologie für einen Zeitraum ab Inkrafttreten dieser Weiterbildungsordnung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem mindestens drei Weiterbildungsstätten oder Weiterbildungsverbünde, an denen die gesamte Weiterbildung absolviert werden kann, erstmalig anerkannt worden sind. Für die Zeitspanne in § 15 Abs. 6 gilt entsprechendes.
Anerkennungen der Kammer zum Führen der Zusatzbezeichnung Klinische Neuropsychologie, die nach den Regelungen der Weiterbildungsordnung bis einschließlich in der Fassung vom 23. Mai 2014 erfolgt sind, berechtigen weiterhin zum Führen der Zusatzbezeichnung Klinische Neuropsychologie.
II. Systemische Therapie
1
Definition
Die Systemische Therapie ist ein gemäß § 11 PsychThG wissenschaftlich anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren zur Feststellung, Heilung und Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. In der Systemischen Therapie liegt ein besonderer Fokus auf dem sozialen Kontext psychischer Störungen. Deshalb werden häufig zusätzlich zu der Patientin oder dem Patienten weitere Mitglieder des für sie oder ihn bedeutsamen sozialen Systems einbezogen. Die Therapie fokussiert auf die Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie oder des Systems und deren weiterer sozialer Umwelt.
Die Systemische Therapie betrachtet wechselseitige intrapsychische (kognitiv-emotive) und biologisch-somatische Prozesse sowie interpersonelle Zusammenhänge von Individuen und Gruppen als wesentliche Aspekte von Systemen.
2
Weiterbildungsziel
Ziel der Weiterbildung im Bereich Systemische Therapie ist die Erlangung der Berechtigung zur Führung der Zusatzbezeichnung „Systemische Therapie“ nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sowie nach Bestehen der vorgeschriebenen Prüfung.
3
Bestandteile der Weiterbildung und Weiterbildungszeit
Die Weiterbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren. Die Weiterbildung besteht aus den folgenden Inhalten:
- Mindestens 240 Stunden theoretische Weiterbildung,
- mindestens 280 Behandlungsstunden unter Supervision im Umfang von mindestens 70 Stunden,
- mindestens 100 Stunden Selbsterfahrung,
- mindestens 70 Stunden Intervision.
4
Weiterbildungsinhalte
Die Weiterbildungsinhalte bauen durchgängig auf den spezifischen Kompetenzen der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten sowie der Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf. Sie berücksichtigen deren unterschiedliche Anwendungsfelder, Aufgabenstellungen und den besonderen Zuschnitt der Behandlungen auf die jeweilige Altersgruppe. Aufgrund großer Überschneidungsbereiche können viele Weiterbildungsteile berufsgruppenübergreifend durchgeführt werden.
4.1
Theoretische Weiterbildung (mindestens 240 Unterrichtsstunden / UE)
4.1.1
Systemisches Basiswissen (60 UE)
- Wissenschaftstheoretische und epistemologische Positionen, systemwissenschaftliche Grundlagen
- Geschichte der Familientherapie / Systemischen Therapie
- Familientherapeutische / systemische Schulen / Ansätze: zirkuläre, strukturelle, lösungs- und ressourcenorientierte, strategische, mehrgenerationale, narrative, wachstums- und erlebnisorientierte, dialogische Perspektive
- Schnittstellen zu anderen therapeutischen Richtungen und zwischen den Berufsgruppen
- Einbeziehung von gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten
4.1.2
Systemische Diagnostik (mindestens 20 UE)
- Systemische Modelle für die Beschreibung und Erklärung psychischer, psychosomatischer und körperlicher Störungen und Symptome, von Konflikten und Problemen, von kommunikativen Mustern, Beziehungsstrukturen, Verarbeitungs- und Bewältigungsformen, Ressourcen und Lösungskompetenzen
- Risiko- und Schutzfaktoren
- Indikationen und Kontraindikationen
4.1.3
Therapeutischer Kontrakt (mindestens 20 UE)
- Therapeutische Grundhaltung: Allparteilichkeit, engagierte Neutralität, Zirkularität, Neugier / empathisches Interesse, Wertschätzung / Respekt
- Gestaltung
von Therapiekontext und -prozess in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen
bzw. von Erwachsenen:
Indikations- und Kontextklärung, Aufbau, Entwicklung, Beendigung einer
therapeutischen Beziehung, Kooperation mit Patientinnen und Patienten, deren
Angehörigen sowie mit anderen relevanten Akteurinnen und Akteuren im sozialen
Kontext der Patientin oder des Patienten, Anerkennung und Förderung der
systemeigenen Ressourcen der Patientin oder des Patienten, Reflexion der Rolle
als Therapeutin oder Therapeut und des Arbeitskontextes
4.1.4
Systemische Methodik (mindestens 140 UE)
Vermittlung und Training systemischer Methoden und Techniken, die auf den theoretischen Grundannahmen der Systemischen Therapie beruhen, z. B.
- Techniken auf der Grundlage zirkulärer Methoden:
- Zirkuläres Interviewen/zirkuläres Fragen
- Hypothesenbildung
- Allparteilichkeit /engagierte Neutralität
- Abschlusskommentar / Schlussintervention
- Techniken auf der Grundlage struktureller Methoden:
- Joining zum Aufbau einer therapeutischen Beziehung
- Strukturanalyse
- Umstrukturieren / Verändern von Koalitionen und Grenzen
- Erstellen von Zielhierarchien
- Hausaufgaben
- Techniken auf der Grundlage lösungsorientierter Methoden:
- Hypothetische und zukunftsorientierte Fragen
- Ausnahme- und Bewältigungsfragen
- Skalierungen
- Techniken auf der Grundlage strategischer Methoden:
- Positive Umdeutungen / Reframing
- Symptomverschreibungen
- Techniken auf der Grundlage mehrgenerationaler Methoden:
- Genogramm
- Photogramm
- Techniken auf der Grundlage narrativer Methoden:
- Dekonstruktion leiderzeugender Geschichten
- Externalisierungen
- Inneres Parlament
- Therapeutische Briefe
- Techniken auf der Grundlage erlebnisaktivierender Methoden:
- Genogramm
- Familienskulptur
- Familienrekonstruktion
- Techniken auf der Grundlage dialogischer Methoden:
- Reflecting Team
- Open Dialogue
- Methoden und Techniken in unterschiedlichen Settings und Kontexten in der systemischen Therapie von Kindern und Jugendlichen bzw. von Erwachsenen, z. B.
- Einzel-, Paar-, Familiensetting
- Arbeit in spezifischen Familiensystemen
- Aufsuchende Familientherapie (AFT)
- Mehrfamilientherapie (MFT).
4.2
Behandlungsstunden unter Supervision
Die Weiterbildung umfasst mindestens 280 Behandlungsstunden, die supervidiert werden müssen. Der Weiterbildungsteilnehmer oder die Weiterbildungsteilnehmerin führt Behandlungen sowohl im Einzel- als auch im Mehrpersonensetting durch. Diese Behandlungen müssen sich auf mindestens drei verschiedene Störungsbilder beziehen. Vier Behandlungen mit jeweils mindestens fünf Sitzungen sind ausführlich darzustellen.
Die
Supervision dient der Reflexion des diagnostischen und systemischen Handelns
sowie der therapeutischen Rolle unter Berücksichtigung des jeweiligen
Kontextes.
Die Supervision umfasst 70 Stunden. Davon sollen mindestens 40 Stunden in einer Kleingruppe von Weiterbildungsteilnehmerinnen und/oder Weiterbildungsteilnehmern stattfinden. Mindestens zwei Therapiesitzungen sind vollständig per Video-, Audio-Mitschnitt oder live in der Supervision vorzustellen.
Die Supervision wird von gem. 6.1 befugten Supervisorinnen und Supervisoren durchgeführt.
4.3
Intervision (mindestens 70 Stunden)
Intervision dient der Reflexion der eigenen Behandlungstätigkeit in Kleingruppen von Weiterbildungsteilnehmerinnen und/oder Weiterbildungsteilnehmern. Die Intervisionen sind der Weiterbildungsstätte z.B. durch die Vorlage von Sitzungsprotokollen nachzuweisen.
4.4
Selbsterfahrung (mindestens 100 Stunden)
Selbsterfahrung in Systemischer Therapie bezieht sich auf die Herkunftsfamilie sowie die aktuellen Lebens- und Berufskontexte. Die Selbsterfahrung soll ein Familienrekonstruktionsseminar im Gruppensetting (mit mindestens 25 Stunden) beinhalten. Sie darf nicht bei einem der Supervisorinnen und Supervisoren gemäß 4.2 der jeweiligen Weiterbildungsteilnehmerin oder des jeweiligen Weiterbildungsteilnehmers stattfinden.
5
Zeugnisse und Nachweise
Dem Antrag auf Anerkennung der Weiterbildung nach § 10 sind beizufügen:
- Zeugnisse und Bescheinigungen über die abgeleistete Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte entsprechend § 9,
- Dokumentation von vier Falldarstellungen (gemäß 4.2).
6
Weiterbildungsbefugnis
Die Weiterbildungsbefugnis kann für einzelne oder mehrere Teile der Weiterbildung erteilt werden, sofern die Voraussetzungen gemäß § 6 Absatz 4 sowie die im Folgenden genannten, spezifischen Voraussetzungen erfüllt sind.
6.1
Befugnis für die Weiterbildungsteile Supervision und Selbsterfahrung
Aufgaben
Den zu den Weiterbildungsteilen Supervision und Selbsterfahrung Befugten obliegt die kontinuierliche fallbezogene Supervision der von den Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmern durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen bzw. die Leitung der Selbsterfahrung.
Voraussetzungen
Für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für die Weiterbildungsteile Supervision und Selbsterfahrung gelten über die in § 6 Abs. 4 und 5 genannten Anforderungen hinaus folgende Voraussetzungen:
- der Nachweis mindestens weiterer 320 Behandlungsstunden und mindestens zweier weiterer Behandlungsfälle (insgesamt mindestens 6 Behandlungsfälle mit mindestens 600 Behandlungsstunden)
- der Nachweis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit als Dozentin oder Dozent im Fachgebiet der Systemischen Therapie
- die Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Abs. 2, an der die Supervision und/oder Selbsterfahrung erbracht wird.
Die Befugnis zur Supervision wird grundsätzlich für die Weiterbildung der eigenen Berufsgruppenangehörigen erteilt. Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten können zur Supervision von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten befugt werden, wenn sie Kinder und Jugendliche behandeln. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten können die Supervision von Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychologischen Psychotherapeuten bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen übernehmen.
6.2
Befugnis für den Weiterbildungsteil Theorie
Aufgaben
Den zum Weiterbildungsteil Theorie Befugten obliegt einzeln oder gemeinsam die Vermittlung der unter 4.1 genannten theoretischen Weiterbildungsinhalte. Die Befugten können im Rahmen von unter ihrer Leitung durchgeführten Lehrveranstaltungen für einzelne Inhalte entsprechend qualifizierte Dozentinnen und Dozenten hinzuziehen.
Voraussetzungen
Voraussetzung für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbildungsteil Theorie ist in Ergänzung zu den in § 6 Abs. 4 und 5 genannten Voraussetzungen die Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Abs. 2 sowie eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Dozentin oder Dozent im Fachgebiet Systemische Therapie.
6.3
Weiterbildungsstätten
Als Weiterbildungsstätte können Einrichtungen der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung anerkannt werden, die alle Teile der Weiterbildung vorhalten und eine adäquate personelle, räumliche und materielle Ausstattung nachweisen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Weiterbildungsstätte ist ferner die systemisch-therapeutische Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Störungen von Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist.
Patientenbehandlungen im Rahmen der Weiterbildung können jedoch auch in der Praxis der Weiterbildungsteilnehmerin oder des Weiterbildungsteilnehmers stattfinden, wenn sie unter Supervision von gemäß § 6 Abs. 4 befugten Personen erfolgen und eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten nicht zu befürchten ist.
Antragstellerinnen und Antragsteller, die einzeln nicht die Kriterien einer Anerkennung als Weiterbildungsstätte erfüllen, können sich zum Zwecke der Weiterbildung in Systemischer Therapie zu Verbünden zusammenschließen. Einem Verbund kann die Anerkennung als Weiterbildungsstätte erteilt werden, wenn in der vorgelegten Kooperationsvereinbarung eine hauptverantwortliche Partnerin oder ein hauptverantwortlicher Partner benannt ist und gewährleistet ist, dass die Weiterbildungsteilnehmerin oder der Weiterbildungsteilnehmer alle in der Weiterbildungsordnung geforderten Weiterbildungsteile und -inhalte fachlich und zeitlich aufeinander abgestimmt ohne Unterbrechung absolvieren kann.
7
Übergangsbestimmungen
§ 15 Abs. 1 und 2 gelten für den Bereich Systemische Therapie mit der Maßgabe, dass auf das Inkrafttreten des Abschnittes B - II. Systemische Therapie dieser Weiterbildungsordnung abgestellt wird. Sollten nach Ablauf der in § 15 Abs. 2 genannten Zeitspanne noch nicht drei Weiterbildungsstätten oder Weiterbildungsverbünde, an denen die gesamte Weiterbildung absolviert werden kann, erstmalig anerkannt worden sein, so gilt § 15 Abs. 2 bis zu diesem Zeitpunkt.
§ 15 Abs. 6 gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem drei Weiterbildungsstätten oder Weiterbildungsverbünde, an denen die gesamte Weiterbildung absolviert werden kann, erstmalig anerkannt worden sind.
III. Gesprächspsychotherapie
Vorbemerkung
Die Gesprächspsychotherapie ist gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2.1 ein Bereich der Weiterbildungsordnung. Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie nach § 11 PsychThG hat in seinem Gutachten zum Nachantrag zur Gesprächspsychotherapie vom 16. September 2002 auf der Basis der Feststellung der wissenschaftlichen Anerkennung der Gesprächspsychotherapie in vier Anwendungsbereichen der Psychotherapie bei Erwachsenen die Zulassung der Gesprächspsychotherapie für die vertiefte Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin sowie zum Psychologischen Psychotherapeuten empfohlen. Zugleich hat der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie in diesem Gutachten dargelegt, dass die wissenschaftliche Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als Psychotherapieverfahren für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen bislang für keinen Anwendungsbereich der Psychotherapie festgestellt worden ist. Daher beschränkt sich die Möglichkeit der Weiterbildung in dem Bereich Gesprächspsychotherapie nach dieser Weiterbildungsordnung auf die Berufsgruppe der Psychologischen Psychotherapeutinnen sowie Psychologischen Psychotherapeuten und bezieht sich dabei ausschließlich auf die Anwendung der Gesprächspsychotherapie in der Diagnostik und Behandlung von Erwachsenen.
1. Definition
Die Gesprächspsychotherapie - auch als „Klientenzentrierte Psychotherapie“ oder „Personzentrierte Psychotherapie“ bekannt - ist ein Psychotherapieverfahren, das gestörte Selbstregulationsprozesse behandelt, die durch Inkongruenzen ausgelöst oder aufrechterhalten werden und zur Ausbildung von krankheitswertigen Symptomen und Verhaltensmustern führen. Inkongruenzen als Fokus der Behandlung in der Gesprächspsychotherapie entstehen durch einen jeweils spezifischen Mangel in der Übereinstimmung von Prozessen der aktuellen Erfahrung und der Selbstwahrnehmung sowie zwischen verinnerlichten Werten und dem Selbstkonzept. Erfahrung (experience) ist hierbei ein weit gefasster Begriff, der alles einschließt, was in einem gegebenen Moment in einem Menschen vor sich geht und spürbar werden kann.
2. Weiterbildungsziel
Ziel der Weiterbildung im Bereich Gesprächspsychotherapie ist die Erlangung der Berechtigung zur Führung der Zusatzbezeichnung „Gesprächspsychotherapie“ nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sowie nach Bestehen der vorgeschriebenen Prüfung.
3. Bestandteile der Weiterbildung und Weiterbildungszeit
Die Weiterbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren und umfasst folgende Inhalte:
- Mindestens 240 Stunden theoretische Weiterbildung
- Mindestens 240 Behandlungsstunden unter Supervision von mindestens 60 Stunden
- Mindestens 65 Stunden Selbsterfahrung
4. Weiterbildungsinhalte
4.1 Theoretische Weiterbildung (mindestens 240 Unterrichtsstunden/ UE 45 Min.)
Die theoretische Weiterbildung umfasst die curriculare Vermittlung der folgenden Inhalte:
4.1.1 Grundlagen der Gesprächspsychotherapie (mindestens 50 UE)
- Grundbegriffe der Gesprächspsychotherapie
- Allgemeine und spezielle Krankheits- und Störungslehre der Gesprächspsychotherapie, Ätiologie und Pathogenese
- Theorie und Praxis des gesprächspsychotherapeutischen Behandlungskonzepts, Aufbau und Gestaltung der psychotherapeutischen Beziehung, Verwirklichung der gesprächspsychotherapeutischen Grundprinzipien
- Theorie und Praxis der Diagnostik, Anamnese, Indikationsstellung, Prognose des Behandlungsplans auf gesprächspsychotherapeutischer Grundlage
- Indikations-, Prozess- und Veränderungsdiagnostik (Evaluation) sowie Dokumentation in der Gesprächspsychotherapie
4.1.2 Theorie und Praxis gesprächspsychotherapeutischer Methoden (mindestens 50 UE)
- Erlebniszentrierte Methoden: z.B. Experienzielle Psychotherapie, Focusing, Prozess-Erlebenszentrierte Psychotherapie, Emotion-Focused Therapy
- Erfahrungsaktivierende Methoden: z.B. Körperarbeit, Traumarbeit, Expressive Kunsttherapie
- Differenzielle Methoden: z.B. Zielorientierte Gesprächspsychotherapie, Prozessorientierte Gesprächspsychotherapie, Störungsbezogene Gesprächspsychotherapie, inkongruenzbezogene Methoden
4.1.3 Rahmenbedingungen und Settings (mindestens 50 UE)
- Rahmenbedingungen der Psychotherapie
- verschiedene Behandlungssettings (Einzelne, Gruppe, Paar und Familie) im ambulanten, teilstationären oder stationären Rahmen
- störungsspezifische Behandlungsplanung (Setting, Struktur, Dauer)
- Gestaltung des Behandlungsbeginns und des Abschlusses
- Gesprächspsychotherapeutische Krisenintervention und Behandlungen im Rahmen der Notfallpsychologie
4.2 Behandlungsstunden unter Supervision
Die Weiterbildung umfaßt mindestens 240 Behandlungsstunden unter kontinuierlicher Supervision von mindestens 60 Stunden bei mindestens zwei verschiedenen Supervisorinnen oder Supervisoren. Fünf Behandlungsfälle sind ausführlich zu dokumentieren.
Es ist zu gewährleisten, dass die Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmer über ein breites Spektrum von krankheitswertigen Störungen, bei denen eine Psychotherapie indiziert ist, eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Gesprächspsychotherapie erwerben.
Die schriftlichen Falldokumentationen als Abschluss der Weiterbildung sollen wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen, die Diagnostik, Indikationsstellung und Ergebnisevaluation einschließen, ein ätiopathogenetisch orientiertes Verständnis der Erkrankung darlegen sowie den Behandlungsverlauf und die Behandlungsmethodik in Verbindung mit der Theorie darstellen.
Die Supervision umfaßt mindestens 60 Stunden. Sie dient der Reflexion und Verbesserung der diagnostischen und indikativen Entscheidungen sowie des psychotherapeutischen Handelns. Neben der Kontrolle der Umsetzung des theoretischen Wissens und der Qualität der praktischen Fertigkeiten geht es auch um die Auseinandersetzung mit dem persönlichen Psychotherapiestil der Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmer sowie mit ihren individuellen Handlungs- und Beziehungsmustern.
4.3 Selbsterfahrung (mindestens 65 Stunden)
Die Selbsterfahrung bietet den Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmern die Möglichkeit zur individuellen Erfahrung von und mit gesprächspsychotherapeutischen Beziehungsangeboten. Sie dient insbesondere der Reflexion von Einstellungen, Verhaltensweisen und Persönlichkeitseigenschaften der Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmer, die für eine effiziente gesprächspsychotherapeutische Tätigkeit bedeutsam sind. Sie soll deren Entwicklung durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie fördern.
5. Zeugnisse und Nachweise
Dem Antrag auf Anerkennung der Weiterbildung nach § 10 der Weiterbildungsordnung sind beizufügen:
- Zeugnisse und Bescheinigungen über die abgeleistete Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte entsprechend § 9 der Weiterbildungsordnung
- Dokumentation von fünf Falldarstellungen (gemäß 4.2)
6. Weiterbildungsbefugnis
Die Weiterbildungsbefugnis kann für einzelne oder mehrere Teile der Weiterbildung erteilt werden, sofern die Voraussetzungen gemäß § 6 Absatz 4 sowie die im Folgenden genannten, spezifischen Voraussetzungen erfüllt sind.
6.1 Befugnis für die Weiterbildungsteile Supervision und Selbsterfahrung
Aufgaben
Den zu den Weiterbildungsteilen Supervision und Selbsterfahrung Befugten obliegt die kontinuierliche fallbezogene Supervision der von den Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmern durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen bzw. die Leitung der Selbsterfahrung.
Voraussetzungen
Für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für die Weiterbildungsteile Supervision und Selbsterfahrung gelten über die in § 6 Absätze 4 und 5 genannten Anforderungen hinaus folgende Voraussetzungen:
- der Nachweis mindestens weiterer 320 Behandlungsstunden und mindestens eines weiteren Behandlungsfalles (insgesamt mindestens 6 Behandlungsfälle mit mindestens 600 Behandlungsstunden)
- der Nachweis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit als Dozentin oder Dozent im Fachgebiet der Gesprächspsychotherapie
- die Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Absatz 2, an der die Supervision und/oder Selbsterfahrung erbracht wird
6.2 Befugnis für den Weiterbildungsteil Theorie
Aufgaben
Den zum Weiterbildungsteil Theorie Befugten obliegt einzeln oder gemeinsam die Vermittlung der unter 4.1 genannten theoretischen Weiterbildungsinhalte. Die Befugten können im Rahmen von unter ihrer Leitung durchgeführten Lehrveranstaltungen für einzelne Inhalte entsprechend qualifizierte Dozentinnen und Dozenten hinzuziehen.
Voraussetzungen
Voraussetzung für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbildungsteil Theorie ist in Ergänzung zu den in § 6 Absätze 4 und 5 genannten Voraussetzungen die Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Absatz 2 sowie eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Dozentin oder Dozent im Fachgebiet Gesprächspsychotherapie.
6.3 Weiterbildungsstätten
Als Weiterbildungsstätte können Einrichtungen der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung anerkannt werden, die alle Teile der Weiterbildung vorhalten und eine adäquate personelle, räumliche und materielle Ausstattung nachweisen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Weiterbildungsstätte ist ferner die gesprächspsychotherapeutische Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Störungen von Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist.
Patientenbehandlungen im Rahmen der Weiterbildung können jedoch auch in der Praxis der Weiterbildungsteilnehmerin oder des Weiterbildungsteilnehmers stattfinden, wenn sie unter Supervision von gemäß § 6 Absatz 4 befugten Personen erfolgen und eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten nicht zu befürchten ist.
Antragstellerinnen und Antragsteller, die einzeln nicht die Kriterien einer Anerkennung als Weiterbildungsstätte erfüllen, können sich zum Zwecke der Weiterbildung in Gesprächspsychotherapie zu Verbünden zusammenschließen. Einem Verbund kann die Anerkennung als Weiterbildungsstätte erteilt werden, wenn in der vorgelegten Kooperationsvereinbarung eine hauptverantwortliche Partnerin oder ein hauptverantwortlicher Partner benannt ist und gewährleistet ist, dass die Weiterbildungsteilnehmerin oder der Weiterbildungsteilnehmer alle in der Weiterbildungsordnung geforderten Weiterbildungsteile und -inhalte fachlich und zeitlich aufeinander abgestimmt ohne Unterbrechung absolvieren kann.
7. Übergangsbestimmungen
§ 15 Absätze 1 und 2 gelten für den Bereich Gesprächspsychotherapie mit der Maßgabe, dass auf das Inkrafttreten des Abschnittes B - III. Gesprächspsychotherapie dieser Weiterbildungsordnung abgestellt wird. Sollten nach Ablauf der in § 15 Absatz 2 genannten Zeitspanne noch nicht drei Weiterbildungsstätten oder Weiterbildungsverbünde, an denen die gesamte Weiterbildung absolviert werden kann, erstmalig anerkannt worden sein, so gilt § 15 Absatz 2 bis zu diesem Zeitpunkt.
§ 15 Absatz 6 gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem drei Weiterbildungsstätten
oder Weiterbildungsverbünde, an denen die gesamte Weiterbildung absolviert
werden kann, erstmalig anerkannt worden sind.
IV. Sozialmedizin
1. Definition
Die
Zusatzweiterbildung Sozialmedizin umfasst die Bewertung von Art und Umfang
gesundheitlicher Störungen im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und
deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und die Teilhabe an
Lebensbereichen unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen Krankheit,
Gesundheit, Individuum und Gesellschaft sowie deren Einordnung in die
Rahmenbedingungen der sozialen Sicherungssysteme und die diesbezügliche
Beratung der Sozialleistungsträger.
2.
Weiterbildungsziel
Ziel
der Weiterbildung ist das Erlangen der Berechtigung zum Führen der
Zusatzbezeichnung „Sozialmedizin“ nach Ableistung der vorgeschriebenen
Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sowie nach Bestehen der
vorgeschriebenen Prüfung. Die Weiterbildung soll Kenntnisse übergreifender
Inhalte der Sozialmedizin, der sozialen Sicherungssysteme und Versorgungsstrukturen,
der Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation, der
arbeitsmedizinischen und -psychologischen Grundlagen und der
Beurteilungskriterien bei ausgewählten Krankheitsgruppen vermitteln sowie
Kompetenzen zu deren Anwendung in psychotherapeutischen Stellungnahmen und
Gutachten.
3. Bestandteile
der Weiterbildung und Weiterbildungszeit
Die
Weiterbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten und
umfasst
folgende Bestandteile:
•
mindestens 320 Stunden theoretische Weiterbildung
•
mindestens 18 Stunden Supervisio
•
mindestens 60 Leistungspunkte aus Begutachtungen zu sozialmedizinischen
Fragestellungen
•
mindestens 6 Begehungen von Einrichtungen
•
eine eintägige Teilnahme an öffentlichen Sitzungen beim Sozialgericht oder
Landessozialgericht
4.
Weiterbildungsinhalte
4.1 Theoretische
Weiterbildung
4.1.1
Übergreifende Inhalte der Zusatzweiterbildung Sozialmedizin
•
ethische und juristische Aspekte für die Tätigkeit als Sachverständige
•
Begriffsbestimmung und Konzepte der Sozial- und Rehabilitationsmedizin
einschließlich der Behindertenrechtskonvention der UN
•
Begriffsdefinitionen und Abgrenzung der Gesundheitsstrategien Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege
4.1.2 Soziale
Sicherungssysteme und Versorgungsstrukturen
•
Prinzipien des Gesundheits- und Sozialsystems und deren Interaktion
•
Epidemiologie, Dokumentation, Statistik und Gesundheitsberichterstattung
•
Sozialleistungsträger und ihre Aufgaben und Schnittstellen gemäß
Sozialgesetzbuch
•
Strukturen und Aufgaben privater Versicherungen zur sozialen Absicherung
4.1.3
Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation
•
Leistungsarten und Leistungsformen einschließlich Modelle der Prävention und
Gesundheitsförderung
•
Organisationen und Institutionen in der Rehabilitation einschließlich
Einrichtungen der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation
•
Theoriemodelle der Rehabilitation und Grundlagen der internationalen Richtlinien
und Empfehlungen zu Behinderung und Rehabilitation
4.1.4
Arbeitsmedizinische und arbeitspsychologische Grundlagen
•
Grundlagen und Aufgaben der Arbeitsmedizin und Arbeitspsychologie
•
Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen und Gefährdungen
•
Anforderungsprofile häufiger beruflicher Tätigkeiten
4.1.5
Sozialmedizinische Begutachtung
•
Grundlagen sozialmedizinischer Begutachtung unter Berücksichtigung relevanter
leistungsrechtlicher Begriffe und Vorgaben
•
trägerspezifische und trägerübergreifende Begutachtung
•
Unterscheidung kausaler und finaler Gutachten
•
rechtliche Vorgaben bei der Erstellung von Gutachten insbesondere zum
Datenschutz, Haftungsrecht, Mitwirkung des Versicherten, Aufbau und
Zuständigkeit in der Sozialgerichtsbarkeit
4.1.6
Beurteilungskriterien bei ausgewählten Krankheitsgruppen
•
relevante diagnostische Verfahren für die Leistungsbeurteilung bei ausgewählten
Krankheitsgruppen
4.2 Praktische
Weiterbildung
Die
praktische Weiterbildung an einer Weiterbildungsstätte dauert mindestens 18
Monate und erfolgt unter Supervision.
Ziele
der praktischen Weiterbildung sind
•
die Anwendung des biopsychosozialen Modells der WHO bei der Beurteilung von
Funktionsfähigkeit unter Berücksichtigung von Kontextfaktoren sowie Erstellung
von Funktionsdiagnosen
•
die Anwendung des trägerübergreifenden Teilhabebegriffs und Steuerung von
trägerspezifischen und trägerübergreifenden Teilhabeleistungen
•
die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und leistungsrechtlichen Begriffe
im gegliederten System der sozialen Sicherung
•
die Beratung von Leistungsgewandelten im Zusammenhang mit ihrer beruflichen
Tätigkeit
•
Begutachtungen zu sozialmedizinischen Fragestellungen für Sozialleistungsträger
sowie für Privatversicherungen im Zusammenhang mit Fragestellungen aus dem
jeweiligen Rechtsgebiet, z. B. zur Arbeitsunfähigkeit, zum erwerbsbezogenen
Leistungsvermögen, zu Teilhabeleistungen, oder eine Zusammenhangsbeurteilung
einer oder mehrerer potenzieller Ursachen mit einer Gesundheitsstörung
(Kausalitätsbeurteilung)
•
fallbezogenes Schnittstellenmanagement bei Zuständigkeitswechsel des
Sozialleistungsträgers
•
die Beurteilung der psychischen Funktionsfähigkeit einschließlich Beratung von
Versicherten und Leistungsträgern
Es
sind durch Begehung von 6 Einrichtungen sozialmedizinische Aspekte
kennenzulernen, darunter mindestens zwei Rehabilitationseinrichtungen. Weitere mögliche
Einrichtungen sind Betriebe, Berufsförderungswerke, Einrichtungen der sozialen
Rehabilitation sowie weitere Einrichtungen mit sozialmedizinischem Bezug.
Bestandteil
der praktischen Weiterbildung ist darüber hinaus eine eintägige Teilnahme
an
öffentlichen Sitzungen beim Sozialgericht oder Landessozialgericht.
4.3 Supervision
Mindestens
18 Stunden kontinuierliche Supervision von jeweils 45 Minuten.
4.4 Begutachtungen
60
Leistungspunkte aus Begutachtungen zu sozialmedizinischen Fragestellungen, die
nachgewiesen werden können durch
4.4.1
Gutachtenerstellung mit Aktensichtung und Befragung/Untersuchung (je 6
Leistungspunkte)
4.4.2
Befundberichte mit sozialrechtlich wesentlicher Bewertung bzw. mit Beantwortung
einer entsprechenden Fragestellung (je 2 Leistungspunkte)
4.4.3
Stellungnahmen (je 1 Leistungspunkt)
und
jeweils mit den genannten Leistungspunkten auf die Summe der geforderten 60
Leistungspunkte anzurechnen sind, wobei mindestens 10 Leistungen aus 4.4.1
und/oder 4.4.2 nachzuweisen sind.
4.4.4
Begriffsbestimmungen zu den unterschiedlichen Begutachtungen
Gutachten
basieren auf den vom Auftraggeber übergebenen Unterlagen und auf einer
Ein
Befundbericht ist eine zusammenfassende, möglichst objektive Darstellung der
Ergebnisse einer psychotherapeutischen Untersuchung. In einem reinen
Befundbericht werden keine im Hinblick auf eine rechtliche Entscheidung zu
treffenden gutachterlichen Einschätzungen, Bewertungen oder Vermutungen
vorgenommen. Um für die praktische Weiterbildung in Sozialmedizin angerechnet
zu werden, müssen aus der Befundung bzw. dem Befundbericht begründete
Einschätzungen und Bewertungen zu sozialrechtlich relevanten Fragestellungen
abgeleitet werden.
In
einer Stellungnahme wird ohne eigene Befundung ausschließlich nach Aktenlage zu
einem vorgelegten Sachverhalt und in der Regel einer damit verbundenen
Fragestellung Stellung genommen.
5. Zeugnisse,
Nachweise und Prüfungen
Dem
Antrag auf Anerkennung der Weiterbildung nach § 10 sind beizufügen:
•
Bescheinigungen über die abgeleistete Weiterbildungszeit und
Weiterbildungsinhalte entsprechend 4.1 bis 4.3,
•
Nachweise der erstellten Begutachtungen aus 4.4
6.
Weiterbildungsbefugnis
Den
zur Weiterbildung Befugten obliegt einzeln oder gemeinsam die Vermittlung der
unter
Für
Lehrveranstaltungen der theoretischen Weiterbildung können
Weiterbildungsbefugte den Weiterbildungskandidatinnen und -kandidaten auch
entsprechende externe Veranstaltungen anbieten. Sichergestellt werden muss in
diesem Fall, dass externe Veranstaltungen für die theoretische Weiterbildung
geeignet sind. Den Weiterbildungsbefugten obliegt die Prüfung der Geeignetheit
der Veranstaltung, welche zu bescheinigen ist. Bei Weiterbildungskursen, die
für die ärztliche Weiterbildung im Bereich Sozialmedizin von einer Ärztekammer
anerkannt sind, kann von einer Geeignetheit ausgegangen werden.
Voraussetzung
für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis ist in Ergänzung zu den in § 6 Abs.
4 und 5 genannten Voraussetzungen die Tätigkeit an einer anerkannten
Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Abs. 2.
7. Anforderungen
an Weiterbildungsstätten
Zur
Weiterbildung werden gemäß § 6 Absatz 2 zugelassen: Einrichtungen, in denen ein
breites Spektrum gesundheitlicher Störungen im Zusammenhang mit psychischen
Erkrankungen im sozialmedizinischen Kontext beurteilt wird.
8.
Übergangsbestimmungen
§
15 Absätze 1 und 2 gelten für den Bereich Sozialmedizin mit der Maßgabe, dass
auf das Inkrafttreten des Abschnittes B - IV. Sozialmedizin dieser
Weiterbildungsordnung abgestellt wird
Weiterbildungszeiten,
die bis sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Abschnittes erfolgen, können
gemäß § 15 Absatz 6 in Verbindung mit Absatz 4 angerechnet werden.
Anträge
nach § 15 Abs. 3 müssen innerhalb von 3 Jahren nach Inkrafttreten dieses
Abschnitts gestellt werden. Nachgewiesene Tätigkeitszeiten und -inhalte, die
vor Inkrafttreten des Abschnitts B - IV. Sozialmedizin absolviert wurden, die
Anforderungen des § 15 Absatz 3 aber nicht vollumfänglich erfüllen, können im
Umfang ihrer Gleichwertigkeit auf eine Weiterbildung angerechnet werden. Die
Kammer entscheidet über die Anrechenbarkeit nach Satz 4 nach Anhörung des
Prüfungsausschusses. Der Antrag nach Satz 4 ist innerhalb von sechs Jahren nach
Inkrafttreten des Abschnitts B - IV. Sozialmedizin zu stellen.
MBl. NRW. 2007 S. 406, geändert am 25. April 2008 (MBl. NRW. 2008 S. 384), 9. Dezember 2011 (MBl. NRW. 2012 S. 343), 24. März 2012 (MBl. NRW. 2012 S. 582), 23. Mai 2014 (MBl. NRW. 2014 S. 498), 15. April 2016 (MBl. NRW. 2016 S. 458), 31. Oktober 2020 (MBl. NRW. 2021 S. 90), 21. Mai 2022 (MBl. NRW. 2022 S. 809).