Anlage 5

zum RdErl. v. 28.10.1991

 

Auszug


Gesetz
über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
(Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG)

 

Vom 20. Dezember 1991
(BGB1. I S. 2272) (BGB1. III 252-1)
zuletzt geändert
durch Gesetz zur Änderung von Vorschriften
über parlamentarische Gremien vom 17. Juni 1999
(BGB1. I S. 1334, 1336)


Zweiter Unterabschnitt

Verwendung der Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes
durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen


§ 19
Zugang zu den Unterlagen
durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen,
Verfahrensvorschriften

 

(1)
Der Bundesbeauftragte macht Mitteilungen an öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, gewährt ihnen Einsicht in Unterlagen und gibt ihnen Unterlagen heraus, soweit deren Verwendung nach den §§ 20 bis 23, 25 und 26 zulässig ist. In den Fällen der §§ 20 und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 6 Buchstabe d bis f, Nr. 7 Buchstabe b bis f unterbleibt eine Mitteilung, Einsichtgewährung und Herausgabe; wenn keine Hinweise vorhanden sind, dass nach dem 31. Dezember 1975 eine inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst oder einen ausländischen Nachrichtendienst vorgelegen hat. Satz 2 gilt nicht für Personen, die sich um ein Amt, eine Funktion, die Zulassung oder Einstellung in den Fällen der §§ 20 und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 6 Buchstabe a bis c oder Nr. 7 Buchstabe a bewerben. Satz 2 gilt ebenfalls nicht, wenn sich aus den Unterlagen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Mitarbeiter im Zusammenhang mit seiner inoffiziellen Tätigkeit ein Verbrechen begangen oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat.

(2)
Ersuchen können von der zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe zuständigen öffentlichen Stelle an den Bundesbeauftragten gerichtet werden. Wer für eine nicht-öffentliche Stelle ein Ersuchen stellt, hat seine Berechtigung hierzu schriftlich unter Hinweis auf die Rechtsgrundlage nachzuweisen.

(3)
Der Bundesbeauftragte prüft, ob sich ein Ersuchen um Mitteilung, Einsichtnahme oder Herausgabe auf einen zulässigen Verwendungszweck bezieht, im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt und inwieweit die Verwendung für den angegebenen Zweck erforderlich ist. Bei Ersuchen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden, soweit sie als Hilfsorgane der Staatsanwaltschaften handeln, prüft der Bundesbeauftragte die Zulässigkeit nur, soweit dazu Anlass besteht.

(4)
Mitteilungen werden vom Bundesbeauftragten schriftlich gemacht, sofern nicht im Einzelfall eine andere Form der Mitteilung angemessen ist. Die Entscheidung trifft er nach pflichtgemäßen Ermessen.

(5)
Soll ein Ersuchen um Mitteilung mit Vorrang behandelt werden, ist die besondere Eilbedürftigkeit begründet darzulegen. Von der Eilbedürftigkeit kann ausgegangen werden,

1.
wenn die Mitteilung zu Zwecken der Rehabilitierung, Wiedergutmachung, Abwehr einer Gefährdung des Persönlichkeitsrechts oder zur Entlastung vom Vorwurf einer Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst benötigt wird,

2.
bei der Aufklärung, Erfassung und Sicherung des Vermögens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der ehemaligen Rechtsträger mit Sitz in ihrem Gebiet sowie des Vermögens, das dem Bereich der Kommerziellen Koordinierung zugeordnet war,

3.
bei der Überprüfung von Personen in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 und 7 und des § 21 Abs. 1 Nr. 6 und 7,

4.
bei der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in den Fällen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a und b und Nr. 2.

(6)
Einsicht wird gewährt, wenn Mitteilungen nicht ausreichen. § 12 Abs. 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Antragstellers die Person tritt, auf die sich das Ersuchen bezieht.

(7)
Unterlagen sind herauszugeben, wenn die ersuchende Stelle begründet darlegt, dass Mitteilungen und Einsichtnahme nicht ausreichen oder die Einsichtnahme mit unvertretbarem Aufwand verbunden wäre. Originalunterlagen werden nur herausgegeben, wenn dies insbesondere für Beweiszwecke unerlässlich ist. Sie sind an den Bundesbeauftragten unverzüglich zurückzugeben, sobald sie für den Verwendungszweck nicht mehr benötigt werden. Enthalten die Unterlagen außer den personenbezogenen Informationen über Personen, auf die sich das Ersuchen bezieht, auch solche über andere Betroffene oder Dritte, gilt § 12 Abs. 4 Satz 2 und 3 entsprechend.

(8)
In den Fällen der §§ 20 und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 6 und 7 unterbleibt eine Mitteilung, Einsichtgewährung und Herausgabe, wenn

1.
sich die Informationen auf eine Tätigkeit während der Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen Wehrdienstes in den Streitkräften der ehemaligen DDR oder eines dem Wehrdienst entsprechenden Dienstes außerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit beziehen, dabei keine personenbezogenen Informationen geliefert worden sind und die Tätigkeit nach Ablauf des Dienstes nicht fortgesetzt worden ist oder

2.
nach dem Inhalt der erschlossenen Unterlagen feststeht, dass trotz einer Verpflichtung zur Mitarbeit keine Informationen geliefert worden sind.
Absatz 3 Satz l bleibt unberührt.

§ 20
Verwendung von Unterlagen
die keine personenbezogenen Informationen
über Betroffene oder Dritte enthalten,
durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen

 

(1)
Unterlagen, soweit sie keine personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen in dem erforderlichen Umfang für folgende Zwecke verwendet werden.

1.
Rehabilitierung von Betroffenen, Vermissten und Verstorbenen, Wiedergutmachung, Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz,

2.
Schutz des Persönlichkeitsrecht,

3.
Aufklärung des Schicksals Vermisster und ungeklärter Todesfälle,

4.
Ruhen von Versorgungsleistungen nach dem Versorgungsruhensgesetz sowie Kürzung oder Aberkennung oder Ruhen von Leistungen, auf die das Versorgungsruhensgesetz entsprechende Anwendung findet,

5.
Aufklärung, Erfassung und Sicherung des Vermögens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der ehemaligen Rechtsträger mit Sitz in ihrem Gebiet sowie des Vermögens, das dem Bereich der Kommerziellen Koordinierung zugeordnet war,

6.
Überprüfung der folgenden Personen nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften und mit ihrer Kenntnis zur Feststellung, ob sie hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig waren, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat:

a)
Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sowie sonstige in einem öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis stehende Personen,

b)
Abgeordnete und Angehörige kommunaler Vertretungskörperschaften,

c)
Mitglieder des Beirates nach § 39,

d)
Personen, die im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder einschließlich der Gemeinden und der Gemeindeverbände, über- oder zwischenstaatlicher Organisationen, in denen die Bundesrepublik Deutschland Mitglied ist, im kirchlichen Dienst sowie als Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente beschäftigt sind oder weiterverwendet werden sollen,

e)
Personen, die als Notar weiterverwendet werden oder als Rechtsanwalt tätig bleiben sollen,

f)
- Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Betriebsleiter oder leitende Angestellte in Betrieben einer juristischen Person,
- durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personenmehrheit berufene Personen, Geschäftsführer, Betriebsleiter oder leitende Angestellte in Betrieben einer Personenmehrheit, Beschäftigte der aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen,

g) Sicherheitsüberprüfungen von Personen,
- denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können oder
- die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen; die Feststellung kann sich auch auf die Tätigkeit für einen ausländischen Nachrichtendienst beziehen,

7.
Überprüfung der folgenden Personen mit ihrer Einwilligung zur Feststellung, ob sie hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig waren, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat:

a)
Vorstände von politischen Parteien bis hinunter zur Kreisebene,

b)
Personen, die als ehrenamtliche Richter tätig sind,

c)Personen, die in einem kirchlichen Ehrenamt tätig sind,

d)Personen, die in Verbänden auf Bundes- oder Landesebene leitende Funktionen wahrnehmen; soweit es sich nicht um gerichtliche Verfahren handelt, wird nur eine Mitteilung gemacht,

e)
Betriebsräte,

f)
Personen, die sich
- in den vorgenannten Fällen oder
- in den Fällen der Nummer 6 Buchstabe a bis f

um das Amt, die Funktion, die Zulassung oder die Einstellung bewerben; die Feststellung kann sich auch auf die Tätigkeit für einen ausländischen Nachrichtendienst beziehen; wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst oder einen ausländischen Nachrichtendienst vorliegen, genügt anstelle der Einwilligung die Kenntnis der zu überprüfenden Person,

8.
Verfahren zur Erteilung oder zum Entzug einer Erlaubnis nach dem Waffengesetz, dem Bundesjagdgesetz, dem Sprengstoffgesetz, dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Außenwirtschaftsgesetz, soweit sich aus den Unterlagen Hinweise auf die persönliche Zuverlässigkeit ehemaliger Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes ergeben,

9.
Anerkennung von Beschäftigungszeiten, Zahlung und Überführung der Renten ehemaliger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes,

10.
Ordensangelegenheiten.

(2)
§ 26 bleibt unberührt.

(3)
Die Verwendung für die in Absatz 1 Nr. 6 und 7 genannten Zwecke ist nach Ablauf einer Frist von 15 Jahren unzulässig. Die Frist beginnt am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes. Nach Ablauf der Frist darf die Tatsache einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst dem Mitarbeiter im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden. Die Ausnahmen des § 52 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes gelten entsprechend. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Mitarbeiters entstandene Rechte anderer Personen, gesetzliche Rechtsfolgen der Tätigkeit und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit ergangen sind, bleiben unberührt.

§ 21
Verwendung von Unterlagen,
die personenbezogene Informationen
über Betroffene oder Dritte enthalten,
durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen

(1)
Unterlagen soweit sie personenbezogene Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen in dem erforderlichen Umfang für folgende Zwecke verwendet werden:

1.
Rehabilitierung von Betroffenen, Vermissten und Verstorbenen, Wiedergutmachung, Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz,

2.
Schutz des Persönlichkeitsrechts,

3.
Aufklärung des Schicksals Vermisster und ungeklärter Todesfälle,

4.
Ruhen von Versorgungsleistungen nach dem Versorgungsruhensgesetz sowie Kürzung oder Aberkennung oder Ruhen von Leistungen, auf die das Versorgungsruhensgesetz entsprechende Anwendung findet,

5.
Aufklärung, Erfassung und Sicherung des Vermögens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der ehemaligen Rechtsträger mit Sitz in ihrem Gebiet sowie des Vermögens, das dem Bereich der Kommerziellen Koordinierung zugeordnet war,

6.
Überprüfung der folgenden Personen nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften und mit ihrer Kenntnis zur Feststellung, ob sie hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig waren, soweit die Feststellung nicht mit den in § 20 genannten Unterlagen getroffen werden kann und es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat:

a)
Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sowie sonstige in einem öffentlich-rechtlichen Amts Verhältnis stehende Personen,

b)
Abgeordnete und Angehörige kommunaler Vertretungskörperschaften,

c)
Mitglieder des Beirates nach § 39,

d)
Personen, die im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder einschließlich der Gemeinden und der Gemeindeverbände, über- oder zwischenstaatlicher Organisationen, in denen die Bundesrepublik Deutschland Mitglied ist, im kirchlichen Dienst sowie als Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente beschäftigt sind oder weiterverwendet werden sollen,

e)
Personen, die als Notar weiterverwendet werden oder als Rechtsanwalt tätig bleiben sollen,

f)
- Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Betriebsleiter oder leitende Angestellte in Betrieben einer juristischen Person,
- durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personenmehrheit berufene Personen, Geschäftsführer, Betriebsleiter oder leitende Angestellte in Betrieben einer Personenmehrheit, Beschäftigte der aus dem Sondervermögen Deutsche "Bundespost hervorgegangenen Unternehmen,

g)
Sicherheitsüberprüfungen von Personen,
- denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können oder
- die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen;
die Feststellung kann sich auch auf die Tätigkeit für einen ausländischen Nachrichtendienst beziehen,

7.
Überprüfung der folgenden Personen mit ihrer Einwilligung zur Feststellung, ob sie hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig waren, soweit die Feststellung nicht mit den in § 20 genannten Unterlagen getroffen werden kann und es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat:

a)
Vorstände von politischen Parteien bis hinunter zur Kreisebene,

b)
Personen, die als ehrenamtliche Richter tätig sind,

c)
Personen, die in einem kirchlichen Ehrenamt tätig sind,

d)
Personen, die in Verbänden auf Bundes- oder Landesebene leitende Funktionen wahrnehmen; soweit es sich nicht um gerichtliche Verfahren handelt, wird nur eine Mitteilung gemacht,

e)
Betriebsräte,

f)
Personen, die sich
- in den vorgenannten Fällen oder
- in den Fällen der Nummer 6 Buchstabe a bis f
um das Amt, die Funktion, die Zulassung oder die Einstellung bewerben;

die Feststellung kann sich auch auf die Tätigkeit für einen ausländischen Nachrichtendienst beziehen; wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst oder einen ausländischen Nachrichtendienst vorliegen, genügt anstelle der Einwilligung die Kenntnis der zu überprüfenden Person.

(2)
Das besondere Verwendungsverbot nach § 5 Abs. 1 bleibt unberührt.

(3)
Die Verwendung für die in Absatz 1 Nr. 6 und 7 genannten Zwecke ist nach Ablauf einer Frist von 15 Jahren unzulässig. Die Frist beginnt am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes. Nach Ablauf der Frist darf die Tatsache einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst dem Mitarbeiter im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden. Die Ausnahmen des § 52 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes gelten entsprechend. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Mitarbeiters entstandene Rechte anderer Personen, gesetzliche Rechtsfolgen der Tätigkeit und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit ergangen sind, bleiben unberührt.

 

§ 22
Verwendung von Unterlagen
für Zwecke
parlamentarischer Untersuchungsausschüsse


(1)
Das Recht auf Beweishebung durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse nach Artikel 44 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes erstreckt sich auch auf Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.

(2)
Absatz 1 gilt entsprechend für parlamentarische Untersuchungsausschüsse der Länder.

 

§ 23
Verwendung von Unterlagen
für Zwecke der Strafverfolgung
und Gefahrenabwehr


(1)
Unterlagen, soweit sie personenbezogene Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen in dem erforderlichen Umfang verwendet werden

1.
zur Verfolgung von

a)
Straftaten im Zusammenhang mit dem Regime der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere Straftaten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes, anderer Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden sowie der Gerichte,

b)
Verbrechen in den Fällen der §§ 211, 212 oder 220 a, 239 a, 239 b, 306 bis 306 c, 307 bis 309, 313, 314 oder 316c des Strafgesetzbuches sowie von Straftaten nach
- § 52 a Abs. 1 bis 3, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Satz 2 des Waffengesetzes,
- § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder § 22 a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
- § 29 Abs. 3 Nr. 1, 4, § 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 des Betäubungsmittelgesetzes,
- § 30 Abs. 1 Nr. 4 des Betäubungsmittelgesetzes, sofern die Straftaten gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen worden sind,

c)
Straftaten im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Regime,

d)
Straftaten nach § 44 dieses Gesetzes,

2.
zur Abwehr einer drohenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere zur Verhütung von drohenden Straftaten.

§ 5 Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Verwertungsverbote nach den Vorschriften der Strafprozessordnung bleiben unberührt.

(2)
Andere Unterlagen dürfen auch verwendet werden, soweit dies zur Verfolgung anderer Straftaten einschließlich der Rechtshilfe in Strafsachen sowie der Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere zur Verhütung von Straftaten, erforderlich ist.

 

§ 24
Verwendung
der dem Staatssicherheitsdienst überlassenen Akten
von Gerichten und Staatsanwaltschaften


(1)
Für die Verwendung der vom Bundesbeauftragten verwahrten Akten von Gerichten und Staatsanwaltschaften gelten anstelle der §§ 19 bis 21, 23, 25 bis 30 und 43 die jeweiligen gesetzlichen Verfahrensordnungen. § 5 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, soweit es sich um Straftaten nach § 23 Abs. l Nr. l handelt.

(2)
Der Bundesbeauftragte gibt auf Anforderung die in Absatz 1 Satz 1 genannten Unterlagen an Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden, soweit sie als Hilfsorgane der Staatsanwaltschaft handeln, heraus. Die Unterlagen sind unverzüglich zurückzugeben, sobald sie für den Verwendungszweck nicht mehr benötigt werden.


§ 25
Verwendung von Unterlagen
für Zwecke der Nachrichtendienste


(1)
Unterlagen, soweit sie personenbezogene Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen nicht durch oder für Nachrichtendienste verwendet werden. Ausgenommen sind Unterlagen, soweit sie personenbezogene Informationen enthalten über

1.
Mitarbeiter der Nachrichtendienste des Bundes, der Länder oder der Verbündeten und die Verwendung zum Schutze dieser Mitarbeiter oder der Nachrichtendienste erforderlich ist, oder

2.
Mitarbeiter anderer Nachrichtendienste und die Verwendung zur Spionageabwehr erforderlich ist.

(2)
Unterlagen, soweit sie keine personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen durch oder für Nachrichtendienste des Bundes und der Länder im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben sowie durch oder für Nachrichtendienste der Verbündeten verwendet werden, wenn sie Informationen enthalten, die

1.
die Spionage oder Spionageabwehr,

2.
den Bereich des gewalttätigen Extremismus oder des Terrorismus im Sinne des Bundesverfassungsschutzgesetzes betreffen.

(3)
In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 bleibt § 5 Abs. 1 unberührt.

(4)
In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2 kann der Bundesminister des Innern die ersatzlose Herausgabe von Unterlagen anordnen, wenn das Verbleiben der Unterlagen beim Bundesbeauftragten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Die Anordnung bedarf der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums nach dem Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes.

(5)
Außerdem dürfen durch oder für Nachrichtendienste im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben die in § 26 genannten Unterlagen verwendet werden.


§ 26
Verwendung von Dienstauweisungen
und Organisationsplänen

 

Richtlinien, Dienstanweisungen, Organisationspläne und Stellenpläne des Staatssicherheitsdienstes, soweit sie keine personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, dürfen auch für andere Zwecke verwendet werden. Das Gleiche gilt für Pläne und Verzeichnisse von Objekten und anderen Gegenständen des Staatssicherheitsdienstes, insbesondere Grundrisspläne, Pläne über Versorgungsleitungen und Telefonleitungen.


§ 27
Mitteilungen ohne Ersuchen
an öffentliche Stellen

 

(1)
Stellt der Bundesbeauftragte gelegentlich der Erfüllung seiner Aufgaben nach § 37 eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst fest von

1.
Personen, die ein Amt oder eine Funktion nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a bis c innehaben oder ausüben,

2.
einem Beamten, der jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, oder einem Angestellten in entsprechender Funktion,

3.
einem Beamten oder Angestellten, der eine Behörde leitet,

4.
einem Wahlbeamten oder Ehrenbeamten,

5.
einem Richter oder Staatsanwalt,

6.
einem Rechtsanwalt oder Notar,

7.
einer Person, die im kirchlichen Dienst beschäftigt ist,

8
Personen, wegen deren Tätigkeit die Verwendung von Unterlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 oder § 21 Abs. 1 Nr. 4 zulässig ist,

so hat er dies von sich aus der zuständigen Stelle mitzuteilen.

(2)
Stellt der Bundesbeauftragte gelegentlich der Erfüllung seiner Aufgaben nach § 37 fest, dass sich aus den Unterlagen Anhaltspunkte ergeben für

1.
eine Straftat im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes,

2.
eine der in § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b genannten Straftaten,

3.
eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

4.
das Vorhandensein von Vermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 5 und § 21 Abs. 1 Nr. 5,

so hat er dies von sich aus der zuständigen Stelle mitzuteilen.

(3)
Stellt der Bundesbeauftragte gelegentlich der Erfüllung seiner Aufgaben nach § 37 fest, dass sich in den Unterlagen Informationen über Spionage, Spionageabwehr, gewalttätigen Extremismus oder Terrorismus im Sinne des Bundesverfassungsschutzgesetzes befinden, so hat er dies von sich aus dem Bundesminister des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde mitzuteilen.

(4)
Mitteilungen nach den Absätzen 1 bis 3 sind nur zulässig, soweit sie auch auf Ersuchen erfolgen dürfen.


§ 28
Mitteilungen ohne Ersuchen
an nicht-öffentliche Stellen

 

(1)
Stellt der Bundesbeauftragte gelegentlich der Erfüllung seiner Aufgaben nach § 37 fest, dass

1.
Vorstände von politischen Parteien bis hinunter zur Kreisebene,

2.
Personen, die in Verbänden auf Bundes- oder Landesebene leitende Funktionen wahrnehmen,

3.
in Betrieben einer juristischen Person ein Vorstandsmitglied, ein Geschäftsführer, ein Betriebsleiter oder ein leitender Angestellter,

4.
in Betrieben einer Personenmehrheit eine durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personenmehrheit berufene Person, ein Geschäftsführer, ein Betriebsleiter oder ein leitender Angestellter,
hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen ist, so hat er dies von sich aus den zuständigen Stellen mitzuteilen.

(2)
Mitteilungen nach Absatz 1 sind nur zulässig, soweit sie auch auf Ersuchen erfolgen dürfen.


§ 29
Zweckbindung


(1)
Nach den §§ 19 bis 23 und 25 sowie den §§ 27 und 28 übermittelte personenbezogene Informationen dürfen nur für die Zwecke verarbeitet und genutzt werden, für die sie übermittelt worden sind. Für andere Zwecke dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit die Voraussetzungen der §§ 20 bis 23 und 25 vorliegen.

(2)
Sollen personenbezogene Informationen über Betroffene oder Dritte nach Absatz 1 Satz 2 für einen anderen Zweck verarbeitet oder genutzt werden, ist die Zustimmung des Bundesbeauftragten erforderlich.

(3)
Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für personenbezogene Informationen in den Unterlagen, die nach § 8 Abs. 2 bei öffentlichen Stellen verbleiben.


§ 30
Benachrichtigung
von der Übermittlung


(1)
Werden vom Bundesbeauftragten personenbezogene Informationen über einen Betroffenen nach den §§ 21, 27 Abs. 1 und § 28 übermittelt, ist dem Betroffenen die Art der übermittelten Informationen und deren Empfänger mitzuteilen.

(2)
Eine Pflicht zur Benachrichtigung besteht nicht, wenn der Betroffene auf andere Weise Kenntnis von der Übermittlung erlangt hat oder die Benachrichtigung nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre.

(3)
Eine Benachrichtigung unterbleibt während des Zeitraums, für den die zuständige oberste Bundes- oder Landesbehörde gegenüber dem Bundesbeauftragten festgestellt hat, dass das Bekannt werden der Übermittlung die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde.

§ 31
Gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen
des Bundesbeauftragten
auf Antrag von Behörden

(1)
Lehnt der Bundesbeauftragte ein Ersuchen einer Behörde um Mitteilung, Einsichtnahme oder Herausgabe ab, entscheidet über die Rechtmäßigkeit dieser Ablehnung auf Antrag der betroffenen Behörde das Oberverwaltungsgericht nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Zuständig ist das Oberverwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Bundesbeauftragte seinen Sitz hat.

(2)
Der Vorsitzende kann aus besonderen Gründen die Einsicht in die Akten oder in Aktenteile sowie die Fertigung oder Erteilung von Auszügen und Abschriften versagen oder beschränken. Dieser Beschluss und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden nach § 99 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anfechtbar. Im übrigen sind die Beteiligten zur Geheimhaltung von Tatsachen verpflichtet, die ihnen durch Akteneinsicht zur Kenntnis gelangt sind.

§ 43
Vorrang dieses Gesetzes


Die Regelungen dieses Gesetzes gehen Vorschriften über die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Informationen in anderen Gesetzen vor. Das Bundesdatenschutzgesetz findet mit Ausnahme der Vorschriften über die Datenschutzkontrolle keine Anwendung, soweit nicht in § 6 Abs. 9 und § 41 Abs. 1 Satz 3 dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist.