Anlage 3 zum RdErl. vom 26.5.2004
Erläuterungen
und Hinweise
1.
Grundsätze
Vermeidungs-
und Verminderungsmaßnahmen haben grundsätzlich Vorrang vor einer
Niederschlagswasserbehandlung. Es ist daher in jedem Fall vorab zu prüfen, ob durch
geeignete Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung belasteter
Niederschlagsabflüsse auf eine Behandlung verzichtet oder deren Aufwand
reduziert werden kann.
Im
Interesse der Grundwasseranreicherung, des natürlichen Gewässerabflusses und
des Hochwasserschutzes, aber auch zur hydraulischen Entlastung des
Kanalisationsnetzes und der Kläranlage sollten Gebiete mit nicht
behandlungsbedürftigem Niederschlagswasser gänzlich vom Anschluss an das
Regenwasser-Kanalisationsnetz ausgenommen werden. Fällt nur auf einzelnen
Flächen behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser an, so sollten möglichst nur
diese an das Regenwasser-Kanalisationsnetz angeschlossen, das
Niederschlagswasser der restlichen Flächen hingegen unmittelbar versickert
werden.
Fällt
in einem größeren Einzugsgebiet mit einer Vielzahl von Nutzern nur auf einigen
wenigen Flächen behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser an, so sollte dieses
vor Eintritt in die Kanalisation und Vermischung mit nicht
behandlungsbedürftigem Niederschlagswasser getrennt behandelt werden.
Eine
Vermeidung oder Verminderung belasteter Niederschlagsabflüsse kann durch eine
Überdachung belasteter Flächen, eine räumliche Konzentration solcher Vorgänge,
die eine Verschmutzung des Niederschlagsabflusses erwarten lassen und / oder
eine Verlagerung solcher Vorgänge in überdachte Bereiche erfolgen.
2.
Fehlanschlüsse
Zu
Fehlanschlüssen im Sinne dieses Erlasses zählen namentlich
- Schmutzwasser i.S. des § 51 (1) LWG,
- Mischwasser aus Entlastungen einer Mischkanalisation, die nicht den Regeln
der Technik oder den Anforderungen des wasserrechtlichen Bescheides entspricht,
- abfließendes Niederschlagswasser mit einem erhöhten Anteil an
Feinstsedimenten (z.B. von Ackerflächen, Erschließung von Neubaugebieten),
- abfließendes Niederschlagswasser von einzelnen Flächen, das einer über die
Regenwasserbehandlung gemäß Ziffer 3 hinausgehenden
Abwasserbehandlung bedarf. Hierunter fallen insbesondere Flächen mit
übermäßiger organischer Verschmutzung (z.B. Lagerflächen, Umschlagplätze) sowie
solche Flächen, von denen nicht nur unerhebliche Frachten von Stoffen i.S. der
Verordnung über die Genehmigungspflicht für die Einleitung von
wassergefährdenden Stoffen und Stoffgruppen in öffentliche Abwasseranlagen
(VGS) in der jeweils gültigen Fassung in die Kanalisation eingetragen werden.
3.
Behandlung des Niederschlagswassers
In
Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten kann die
Niederschlagswasserbehandlung dezentral, semizentral oder zentral erfolgen.
Auch eine Kombination dieser Behandlungsarten kommt in Betracht.
Bei
der dezentralen Behandlung erfolgt die Reinigung des
Niederschlagswassers direkt am Ort des Niederschlagsanfalls und der Abfluss von
verschmutztem Niederschlagswasser wird verhindert oder minimiert.
Bei
der semizentralen Behandlung erfolgt die Reinigung des verschmutzten
Niederschlagswassers innerhalb des Kanalnetzes vor der Vermischung mit
unbelastetem Niederschlagswasser.
Bei
der zentralen Behandlung erfolgt eine Reinigung des verschmutzten
gesammelt abgeleiteten Niederschlagswassers vor der Einleitung in ein Gewässer.
Grundsätzlich
sollte die dezentrale Behandlung Vorrang vor der semizentralen, diese wiederum
Vorrang vor der zentralen Behandlung haben.
Wird
nicht behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser zusammen mit behandlungsbedürftigem
Niederschlagswasser in einem Regenwasserkanalnetz abgeführt, sollen die
notwendigen Behandlungsanlagen vor der Zusammenführung der Abflussanteile
angeordnet werden.
Hierzu
kann es zweckmäßig sein, auf einzelnen Grundstücken dezentrale Behandlungsanlagen
vorzusehen. Ist dies nicht möglich oder nicht zweckmäßig, so sind bei der
Bemessung der Behandlungsanlagen die in Ziffer 3 des Erlasses genannten
Zuschläge zu berücksichtigen.
3.1
Nassgullies als Abscheideeinrichtungen
Nassgullies
haben gegenüber Trockengullies eine verbesserte Abscheideleistung für
partikuläre Stoffe und Schwimmstoffe. Durch ihren Einsatz kann bereits ein Teil
der Verschmutzung des Niederschlagswassers vor Eintritt in das
Kanalisationsnetz zurückgehalten werden.
Der
Einsatz von Nassgullies ist im Regelfall eine ergänzende Maßnahme. Als
ausschließliche Maßnahme zur Niederschlagswasserbehandlung kommen sie nur in
Betracht, wenn der Anteil der verschmutzten Fläche am gesamten kanalisierten
Einzugsgebiet gering ist und das Verschmutzungspotential überwiegend aus gut
sedimentierbaren partikulären Stoffen besteht.
3.2
Nicht ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken ohne Dauerstau RKBoD
)
Nicht
ständig gefüllte Regenklärbecken können als
- Fangbecken,
- Durchlaufbecken,
- Stauraumkanäle mit unten liegender Entlastung.
- Stauraumkanäle mit oben liegender Entlastung
im Haupt- oder Nebenschluss angeordnet werden.
Stauraumkanäle
mit oben liegender Entlastung wirken wie Fangbecken, Stauraumkanäle mit unten
liegender Entlastung wie Durchlaufbecken.
Für
die Wahl des Beckentyps und seine Anordnung im Netz gelten grundsätzlich die
Kriterien des ATV-Arbeitsblattes A128 sinngemäß. Fangbecken oder Stauraumkanäle
mit oben liegender Entlastung sollten zur Regenwasserbehandlung nur dann
eingesetzt werden, wenn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ein ausgeprägter
Spülstoß der gelösten Stoffe zu erwarten ist.
Bei
der Gestaltung der Bauwerke ist das ATV-Arbeitsblatt A 166 zu berücksichtigen.
In
Abhängigkeit von der Verschmutzung des Niederschlagsabflusses können nicht
ständig gefüllte Regenklärbecken gemäß Anlage 2
- mit ständigem Drosselabfluss zur Abwasserbehandlung,
- mit zeitweiligem Drosselabfluss zur Entleerung des Beckeninhalts während belastungsschwacher
Zeiten zur Abwasserbehandlung,
- mit Drosselschluss bei Überschreitung des Füllstands oder eines
Maximalzuflusses
betrieben werden.
Aus
konstruktiven und betrieblichen Gründen sollte die abzuleitende
Drosselwassermenge nicht zu klein gewählt werden. Entsprechende Hinweise
enthält das ATV-Arbeitsblatt A 111.
Hydromechanische
Abscheider können anstelle von Durchlaufbecken zur
Niederschlagswasserbehandlung im Trennsystem eingesetzt werden, wenn die partikulären
Bestandteile der Verschmutzung des Niederschlagsabflusses gut sedimentierbar
sind.
Für
hydromechanische Abscheider liegen bisher keine allgemein gültigen
Bemessungsansätze vor. Sollen hydromechanische Abscheider mit einem Volumen
errichtet werden, welches unter dem Volumen eines konventionellen nicht ständig
gefüllten Regenklärbeckens liegt, ist die Gleichwertigkeit im Zulassungsverfahren
nachzuweisen.
3.3
Ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken mit Dauerstau RKBmD)
Ständig
gefüllte Regenklärbecken wirken wie Durchlaufbecken bei Vollfüllung. Die
Konstruktionsgrundsätze für Durchlaufbecken sind zu beachten. Hinweise enthält
das ATV-Arbeitsblatt A 166.
Werden
vor der Einleitung von Niederschlagswasser Retentionsmaßnahmen zur Vergleichmäßigung des Gewässerabflusses
erforderlich, so kann das Regenrückhaltebecken konstruktiv und hydraulisch so
ausgebildet werden, dass es auch die Funktion einer mechanischen
Regenwasserbehandlung übernimmt. Der Dauerstaubereich muss hierbei den
Anforderungen für ständig gefüllte Regenklärbecken gemäß Ziffer 3.2 des
Erlasses genügen. Die horizontale Fließgeschwindigkeit im Dauerstaubereich darf
bei Maximalzufluss 0,05 m/s nicht überschreiten. Kurzschlussströmungen sind
durch geeignete konstruktive Maßnahmen auszuschließen.
3.4
Bodenfilter
Bodenfilter
sind äußerst wirksame Einrichtungen zur Abscheidung organisch belasteter,
hygienisch relevanter Stoffe. Bei entsprechender Substratwahl ist in
Bodenfiltern auch ein weitgehender biologischer Abbau gelöster
Abwasserinhaltsstoffe möglich. Sie sind daher je nach Ausbildung sowohl zur
Behandlung von gering verschmutzten als auch zur Behandlung von stark
verschmutztem Niederschlagswasser geeignet.
Geeignete
Einrichtungen zur Begrenzung der jährlichen Feststoffstapelhöhe und damit zur
Vermeidung der Kolmation sind
- nicht ständig gefüllte Regenklärbecken als Durchlaufbecken,
- ständig gefüllte Regenklärbecken oder
- Regenüberläufe im Trennsystem.
3.5
Regenüberläufe im Trennverfahren
Aus
konstruktiven und betrieblichen Gründen sollte bei Regenüberläufen mit mechanisch
geregelten Drosselorganen die abzuleitende Wassermenge nicht zu klein gewählt
werden. Entsprechende Hinweise enthält das ATV-Arbeitsblatt A 111. Die
Ableitung kann auch über Pumpen erfolgen.
Regenüberläufe
im Trennverfahren sind auch geeignet, befürchtete Fehleinschüttungen über
Straßengullys in das Regenwassernetz der biologischen Abwasserbehandlung
zuzuführen.