Anlage

Dienstanweisung für das
„Vereinfachte Verfahren
zur Bearbeitung ausgewählter Delikte“

1
Deliktskatalog
Folgende Straftaten sind Gegenstand des Vereinfachten Verfahrens:
1.1
Privatklagedelikte
Beleidigung (§ 185 StGB)
Hausfriedensbruch (§ 123 StGB)
Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 StGB)
Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
Bedrohung (§ 241 StGB)
1.2
Offizialdelikte
Einfacher Diebstahl (§§ 242, 248a StGB)
Unterschlagung (§ 246 StGB)
Betrug (§ 263 StGB)
Beförderungserschleichung (§ 265a StGB) - nicht jedoch Automatenmissbrauch u.ä. -
Missbrauch von Notrufen (§ 145 StGB)
2
Deliktskategorien
2.1
Entsprechend der Gewichtung des Straftatbestandes oder der Höhe des Objektwertes/Schadensumfangs sind die Delikte in die Fallgruppen A und B unterteilt und im Vordruck „Strafanzeige - V -” ausgewiesen. Diese Unterteilung bestimmt grundsätzlich Art und Umfang der polizeilichen Ermittlungstätigkeit.
2.2
Fallgruppe A
Hierbei handelt es sich um nachfolgend bezeichnete Fälle, in denen regelmäßig keine öffentliche Klage erhoben wird (Verweisung auf den Privatklageweg oder Einstellung nach §§ 153/153a StPO):
- Privatklagedelikte
- Offizialdelikte mit einem Objektwert/Schadensbetrag bis zu 25 Euro (bei Sachbeschädigung
  bis zu 100 Euro)
soweit nicht die unter 2.3 genannten Gründe einer Bearbeitung nach Kategorie A entgegenstehen.

In den o.a. Fällen genügt es, wenn Beschuldigte nach Belehrung gemäß § 163a i.V. m. § 136 StPO durch Ankreuzen und Unterschreiben auf den Vordruck „Beschuldigtenanhörung - V -” die Tat einräumen. Beschuldigte sind auch darauf hinzuweisen, dass sie durch Ankreuzen ihr Einverständnis mit der Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße erklären können (§ 153a StPO).

2.3
Fallgruppe B
Hierbei handelt es sich um nachfolgend bezeichnete Fälle, in denen im öffentlichen Interesse grundsätzlich eine Strafverfolgung von Amts wegen und die Erhebung der öffentlichen Klage in Betracht kommen:

- gravierende Formen der Privatklagedelikte
- Offizialdelikte mit einem Objektwert/Schadensbetrag zwischen 25 und250 Euro bei
  Sachbeschädigung zwischen 100 und 250 Euro)
- Straftaten der Fallgruppe A, bei denen sich Anhaltspunkte ergeben für

- Ermittlungsverfahren aus den letzten drei Jahren
- Serienstraftaten oder
- sexuelle Motive.

In diesen Fällen ist über die Vernehmung eine gestraffte Niederschrift anzufertigen oder eine stichwortartige Inhaltsangabe in der Sachverhaltsschilderung vorzunehmen. Das Einverständnis mit der Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße kann auch in diesen Fällen erklärt werden (Nr. 2.2 letzter Satz).

3
Bearbeitungsgrundsätze
3.1
Strafanzeigen über Delikte, die zum Katalog des Vereinfachten Bearbeitungsverfahrens gehören, werden mit dem Vordruck „Strafanzeige - V -“ aufgenommen. Dabei ist grundsätzlich von den Voraussetzungen für die Anwendung des Vereinfachten Verfahrens auszugehen, wenn sich der Tatverdacht nicht gegen Personen unter 21 Jahren richtet. Für die Aufnahme von Fahrzeugdelikten wird auch beim Vereinfachten Bearbeitungsverfahren der Vordruck NW Pol 3 benutzt.
3.2
Die angestrebte Straffung des Verfahrens wird gewährleistet, indem am Tatort die erforderlichen Feststellungen weitestgehend getroffen, anwesende Zeugen und Beschuldigte angehört werden und dies auf den entsprechenden Vordrucken („Strafanzeige - V -, Zeugen-/Beschuldigtenanhörung - V -“) dokumentiert wird. Soweit Lesbarkeit gewährleistet werden kann, können die Vordrucke am Tatort handschriftlich ausgefüllt werden.

Sind Beschuldigte oder Zeugen erkennbar nicht in der Lage, ihre Rechte im Verfahren und die Bedeutung ihrer Aussagen und Erklärungen zu verstehen, unterbleibt eine Anhörung; die Vernehmung ist dann zu einem späteren Zeitpunkt unter geeigneten Umständen (z.B. im Beisein eines Dolmetschers) vorzunehmen.
3.3
Der Sachbearbeiter/die Sachbearbeiterin des für die Bearbeitung zuständigen Kriminalkommissariats prüft, ob gegen den Beschuldigten/die Beschuldigte in den zurückliegenden drei Jahren ein Ermittlungsverfahren anhängig war oder ob es sich bei der angezeigten Straftat um eine Serienstraftat handeln könnte. Das Ergebnis ist auf dem Vordruck „Strafanzeige - V -“ durch Ankreuzen zu dokumentieren. Danach entscheidet der Sachbearbeiter/die Sachbearbeiterin über die weitere Bearbeitung gem. Fallgruppe A oder B oder führt die Ermittlungen in herkömmlicher Weise.
3.4
Nach Abschluss der Ermittlungen wird der Vorgang der Staatsanwaltschaft unverzüglich vorgelegt.
Bei Antragsdelikten oder bei Verwendung des Formulars „Beschuldigtenanhörung - V -“ geschieht dies erst nach Eingang des Strafantrages/der Stellungnahme des Beschuldigten/der Beschuldigten, spätestens jedoch nach vier Wochen.

4
Geschäftsmäßige Behandlung
4.1
Nach Anzeigenaufnahme werden die Strafanzeigen dem für die Bearbeitung zuständigen Kriminalkommissariat zugeleitet, wo gem. Nummer 3.3 über die Art der Bearbeitung entschieden wird.
4.2
Jede Anzeige ist in dem Vorgangsverwaltungssystem zu erfassen.
4.3
Die kriminalstatistische Auswertung der PKS-Erfassungsbelege erfolgt im Dezernat GS 2.
4.4
Zur Vereinfachung des Verfahrens können der Vordruck „Strafanzeige - V -” und die „Beschuldigtenanhörung - V - “ anstatt eines Merkblattes (NW Pol 23) zur Kriminalakte genommen werden, soweit darauf die erforderlichen Daten vorhanden bzw. nachgetragen sind.
4.5
Durchschriften der Strafanzeigen mit unbekannten/nicht ermittelten Tätern sind zur Gewährleistung späterer Ermittlungen aufzubewahren.