Anlage
Richtlinien
zur Gewährung von Leistungen des Integrationsamtes an Arbeitgeber
zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen
Richtlinien zu § 27 SchwbAV
1
Rechtsgrundlage
1.1
Arbeitgeber können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel aus der
Ausgleichsabgabe Zuschüsse zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen nach §
102 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom
19.06.2001 (BGB1. I S. 1046) in Verbindung mit § 27 der Schwerbehinderten-
Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) vom 28. März 1988 (BGB1. I S. 484) zuletzt
geändert durch Artikel 57, 66 Nr. 9 des SGB IX vom 19.06.2001 erhalten.
1.2
Im Übrigen gelten die Rechtsgrundsätze in der begleitenden Hilfe im
Arbeitsleben insbesondere § 102 Abs. 4 bis 6 SGB IX sowie § 18 Abs. l und 3
SchwbAV.
2
Nachrang der Leistungen
Die Leistungen sind gegenüber den zweckgleichen Leistungen der Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. l bis 5 SGB IX sowie gegenüber Leistungen, die von anderer Seite für denselben Zweck erbracht werden, grundsätzlich nachrangig. Deshalb kommt vor allem ein Minderleistungsausgleich nach dieser Richtlinie in der Regel nicht in Betracht, sofern ein Eingliederungszuschuss im Sinne von § 34 Abs. l Nr. 2 SGB IX durch das Arbeitsamt oder einen anderen Träger erbracht wird.
3
Allgemeine Voraussetzungen
Leistungen nach diesen Richtlinien kommen in Betracht,
- wenn ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis (Mindestdauer: in der Regel drei Monate) auf einem Arbeitsplatz nach §§73 Abs. l, 102 Abs. 2 Satz 3 SGB IX besteht und zumindest das tarifliche oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, für die Beschäftigung ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt wird;
- wenn ein vertretbares Austauschverhältnis von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt im Sinne der Erwerbsfähigkeit besteht, d. h. die erbrachte Arbeitsleistung mindestens 50 v. H. der dem Arbeitsentgelt zugrunde liegenden Arbeitsleistung entspricht, oder wenn dieses Austauschverhältnis in einem überschaubaren Zeitraum durch geeignete Maßnahmen erreicht werden kann.
4
Außergewöhnliche Belastungen
4.1
Belastungen im Sinne des § 27 Abs. 2 SchwbAV sind einmalige oder laufende
finanzielle Aufwendungen sowie sonstige Belastungen des Arbeitgebers, die
hervorgerufen werden insbesondere
4.1.1
durch eine gegenüber der betrieblichen Normalleistung auf einem vergleichbaren
Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend wesentlich verminderte Arbeitsleistung des
schwerbehinderten Menschen (Minderleistung),
4.1.2
durch eine erforderliche personelle Unterstützung durch andere Beschäftigte des
Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Arbeitsausführung des schwerbehinderten
Menschen (personelle Unterstützung). Eine solche personelle Unterstützung ist
insbesondere gegeben bei
- längerer oder regelmäßig wiederkehrender fachlicher bzw. arbeitspädagogischer Unterweisung und Anleitung (insbesondere bei lern-/geistig behinderten Menschen),
- regelmäßiger arbeitsbegleitender Betreuung und Motivation zur Arbeitsausführung (insbesondere bei seelisch behinderten Menschen),
- regelmäßig erforderlichen tätigkeitsbezogenen Handreichungen und Hilfestellungen (z. B. Wege im Betrieb) bei der Arbeitsausführung sowie der Sicherstellung der Kommunikation am Arbeitsplatz (insbesondere für erheblich körperbehinderte und/oder sinnesbehinderten Menschen).
4.1.3
Zeiten der Arbeitsunfähigkeit allein, d. h. ohne zusätzliche über die
Lohnkostenzahlung hinausgehende Aufwendungen, stellen keine außergewöhnlichen
Belastungen dar.
4.2
Die unter Ziffer 4.1 beschriebenen Aufwendungen sowie sonstige Belastungen
müssen im Zusammenhang mit behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen und
deren Auswirkungen bei den konkreten Arbeitsplatzanforderungen stehen.
4.3
Überdurchschnittlich im Sinne von § 27 Abs. 2 SchwbAV sind die Anwendungen
sowie die sonstigen Belastungen des Arbeitgebers dann, wenn sie die im Betrieb
oder Dienststelle üblicherweise für Beschäftigte mit vergleichbaren
Arbeitsaufgaben anfallenden Kosten deutlich überschreiten.
Dies ist in der Regel der Fall
a) bei einer Minderleistung im Sinne der Ziffer 4.1.1, wenn die Arbeitsleistung des schwerbehinderten Menschen um 30 v. H. geringer ist als diejenige eines anderen Beschäftigten, der eine vergleichbare Tätigkeit/Funktion im Betrieb/der Dienststelle ausübt bzw.
b) bei innerbetrieblicher personeller Unterstützung im Sinne der Ziffer 4. l .2, wenn diese arbeitstäglich durchschnittlich mehr als 0,5 Stunden erforderlich ist.
4.4
Die Möglichkeiten, den schwerbehinderten Menschen zu einer von fremder
Unterstützung unabhängigen und ihrem Arbeitsentgelt entsprechenden
Arbeitsleistung zu befähigen, müssen ausgeschöpft sein.
Dazu gehören insbesondere
- die dem Fähigkeitsprofil des schwerbehinderten Menschen entsprechende Auswahl des Arbeitsplatzes,
- gegebenenfalls die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz,
- die behinderungsgerechte Einrichtung und Ausstattung des Arbeitsplatzes einschl. Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsorganisation,
- die auf die Fähigkeiten abgestimmte berufliche Bildung und Einarbeitung einschl. innerbetrieblicher Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung.
4.5
Die Übernahme der Kosten der behinderungsbedingten außergewöhnlichen
finanziellen Aufwendungen sowie sonstiger Belastungen im Sinne der Ziffern 4.1
bis 4.4 muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein.
4.5.1
Das Maß der Unzumutbarkeit orientiert sich insbesondere an der Erfüllung der
Beschäftigungspflicht gemäß § 77 Abs. 2 SGB IX. Ferner ist die Möglichkeit des
Arbeitgebers zur Mehrfachanrechnung gemäß § 76 SGB IX zu berücksichtigen.
4.5.2
Im Übrigen sind an den Arbeitgeber bezüglich des ihm finanziell Zumutbaren
besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn eine ordentliche (Änderungs-)
Kündigung arbeitsvertraglich bzw. tarifvertraglich ausgeschlossen ist, Anspruch
auf Verdienstsicherung besteht sowie bei Beamten auf Lebenszeit. Dies gilt
nicht, wenn Leistungen nach § 27 SchwbAV bereits vor Eintritt der in Satz l
genannten Bedingungen gewährt worden sind.
5
Berechnung und Höhe der Abgeltung der außergewöhnlichen Belastungen.
5.1
Die Ermittlung der Leistungen erfolgt
a) für den Umfang der Minderleistung (4.1.1) in drei Bedarfsstufen
b) für den personellen Unterstützungsbedarf (4.l.2) in vier Bedarfsstufen.
5.1.1
Die Bedarfsstufen sind
a) bei Minderleistung
Stufe l um 30 %
Stufe 2 um 40%
Stufe 3 um 50%
b) bei personeller Unterstützung
Stufe l: mehr als 0,5 Stunden
Stufe 2: mehr als l Stunde
Stufe 3: mehr als 2 Stunden
Stufe 4: mehr als 3 Stunden
5.1.2
Den Bedarfsstufen werden Beträge zugeordnet, die eine branchen-, regional- bzw.
länderspezifische Entlohnung des schwerbehinderten Menschen bzw. der
Unterstützungsperson sowie die Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch den
Arbeitgeber berücksichtigen. Die Beträge innerhalb einer Bedarfsstufe
orientieren sich an den jeweiligen Löhnen oder Gehältern.
5.1.3
Die Zahlbeträge sind
a) bei Minderleistung
Stufe l: 180 bis 360 €
Stufe 2: 230 bis 480 €
Stufe 3: 280 bis 650 €
Hinweis: Die vorgenannten Zahlbeträge entsprechen einer Vollzeitbeschäftigung und sind bei Teilzeitbeschäftigung anteilmäßig zu kürzen.
b) bei personeller Unterstützung
Stufe l: 120 bis 180 €
Stufe 2: 180 bis 360 €
Stufe 3: 250 bis 600 €
Stufe 4: 320 bis 850 €.
5.2
Bei der abschließenden Gesamtbetrachtung soll die Höhe der jährlichen Leistung zur
Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen des Arbeitgebers (Minderleistung,
personelle Unterstützung und auch Kombination von beiden Leistungstatbeständen)
50 % des Bruttojahreseinkommens einschließlich Arbeitgeberanteil zum
Gesamtsozialversicherungsbeitrag und der gezahlten vermögenswirksamen
Leistungen des schwerbehinderten Menschen nicht überschreiten.
6
Antragstellung und Dauer der Leistung
Die Leistungen werden in der Regel für einen Zeitraum von zwei Jahren, beginnend mit dem Monat der Antragstellung, bewilligt. Leistungen können auf Antrag wiederholt erbracht werden.
Leistungen werden auch bei Abwesenheit des schwerbehinderten Menschen (insbesondere Urlaub, Arbeitsunfähigkeit) erbracht, solange der Arbeitgeber tatsächlich Lohn- oder Gehaltsleistungen erbringt, bei Entgelt- oder Gehaltsfortzahlung längstens jedoch 6 Wochen.
Sollen Arbeitsverhältnisse beendet werden, entfallen die Leistungsvoraussetzungen in der Regel
- mit Erteilung der Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt,
- bei Aufhebungsverträgen vom Monat nach Unterzeichnung des Vertrages an.
7
Örtliche Zuständigkeit
Zuständig für Leistungen nach diesen Richtlinien ist das Integrationsamt, in dessen Bereich der Arbeitsplatz liegt.
Bei Telearbeitsverhältnissen ist der Betriebssitz maßgebend.