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Gesetz
über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG)
(Artikel 3 d. Gesetzes zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen)
Vom 25. November 1997 (Fn1)
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel
Ziele, Grundsätze, Aufgaben
§ 1 Stellung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Gesundheitswesen
§ 2 Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
§ 3 Zusammenarbeit und Koordination
§ 4 Allgemeine Grundsätze der Leistungserbringung
§ 5 Träger
§ 6 Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde
Zweites Kapitel
Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde im einzelnen
Erster Abschnitt
Gesundheitsförderung, Prävention, Gesundheitsschutz
§ 7 Grundsatz
§ 8 Mitwirkung an Planungen
§ 9 Gesundheitsschutz, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, Impfungen
§10 Umweltmedizin
§11 Schwangeren- und Mütterberatung
§12 Kinder- und Jugendgesundheit
§13 Kinder- und Jugendzahngesundheit
Zweiter Abschnitt
Gesundheitshilfe
§ 14 Grundsatz
§ 15 Besondere Beratungsangebote
§ 16 Behinderte, psychisch Kranke, Abhängigkeitskranke
Dritter Abschnitt
Dienste der Qualitätssicherung
§ 17 Hygieneüberwachung
§ 18 Erfassung und Überwachung der Berufe des Gesundheitswesens
§ 19 Amtliche Bescheinigungen, Zeugnisse, Gutachten
§ 20 Arzneimittelüberwachung und Sozialpharmazie
Vierter Abschnitt
Kommunale Gesundheitsberichterstattung
§ 21 Kommunaler Gesundheitsbericht
Fünfter Abschnitt
Leitung und Organisation
§ 22 Fachkräfte und medizinische Leitung
§ 23 Koordination
§ 24 Kommunale Gesundheitskonferenz
Drittes Kapitel
Landesgesundheitsberichterstattung, Landesgesundheitskonferenz,
Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
§ 25 Landesgesundheitsberichterstattung
§ 26 Landesgesundheitskonferenz
§ 27 Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
Viertes Kapitel
Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen von Rechten
§ 28 Befugnisse und Pflichten
§ 29 Ermächtigungen
§ 30 Überprüfung der Auswirkungen dieses Gesetzes
§ 31 Aufhebung von Vorschriften
Erstes Kapitel
Ziele Grundsätze, Aufgaben
§ 1
Stellung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
im Gesundheitswesen
Der Öffentliche Gesundheitsdienst nimmt eigenständige Aufgaben im arbeitsteiligen Gesundheitswesen wahr.
§ 2
Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
(1) Der öffentliche Gesundheitsdienst unterstützt im Rahmen seiner Zuständigkeit nach Maßgabe dieses Gesetzes eine bedarfsgerechte, wirtschaftliche, in der Wirksamkeit und Qualität dem allgemein anerkannten Stand der gesundheitswissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Bevölkerung. Zuständigkeiten anderer gesetzlich verpflichteter Handlungsträger im Gesundheitswesen bleiben unberührt.
(2) Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind hierbei insbesondere
1. die Beobachtung, Erfassung und Bewertung der gesundheitlichen Verhältnisse und der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung einschließlich der Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf die Gesundheit,
2. der Schutz und die Förderung der Gesundheit der Bevölkerung, die Mitwirkung bei der Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten und die Hinwirkung auf ihre angemessene gesundheitliche Versorgung; dies gilt insbesondere für sozial schwache und besonders schutzbedürftige Personen,
3. die Überwachung der Einhaltung der Anforderungen der Hygiene,
4. die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln, Blut, Blutprodukten, Medizinprodukten, Betäubungsmitteln und Gefahrstoffen und die Aufklärung der Bevölkerung über Nutzen und Risiken des Arzneimittelkonsums,
5. die Aufklärung der Bevölkerung und Beratung der Behörden in Fragen der Gesundheit und die Stellungnahmen zu Maßnahmen und Planungen anderer Verwaltungen hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung,
6. die Aufsicht über Berufe und Einrichtungen des Gesundheitswesens, soweit keine andere Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes nach anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen werden, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erfüllt.
(4) Neue Formen der Aufgabenwahrnehmung sowie neue Organisationsformen können in Modellen erprobt werden. Dabei sollen auch die Fragen einer verstärkten Beteiligung der Öffentlichkeit und der Interessenvertretungen von Patientinnen und Patienten sowie einer besseren Erreichbarkeit insbesondere nichtdeutscher Bevölkerungsgruppen einbezogen werden.
§ 3
Zusammenarbeit und Koordination
Der Öffentliche Gesundheitsdienst arbeitet mit den anderen an der gesundheitlichen Versorgung Beteiligten, insbesondere mit den Trägern medizinisch-sozialer Einrichtungen, den Kostenträgern, den Selbsthilfegruppen sowie den Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge und des Patientenschutzes zusammen. Er wirkt auf eine bedarfsgerechte gegenseitige Information und Koordination ihrer gesundheitlichen Maßnahmen und Leistungen hin. Er regt Maßnahmen der vorrangig zur Leistung Verpflichteten an.
§ 4
Allgemeine Grundsätze der Leistungserbringung
(1) Soweit und solange die medizinisch-soziale Versorgung erforderlich, jedoch nicht oder nicht rechtzeitig gewährleistet ist, kann sie die untere Gesundheitsbehörde im Benehmen mit primär zuständigen Handlungsträgern im Rahmen eigener Dienste und Einrichtungen erbringen. Dies gilt insbesondere, wenn Personen wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes oder aufgrund sozialer Umstände besonderer gesundheitlicher Fürsorge bedürfen und diesem Bedarf nicht im Rahmen der üblichen Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung entsprochen wird.
(2) Werden Leistungen nach Absatz 1 erbracht, betreibt die untere Gesundheitsbehörde, auch im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen, die Erstattung der Kosten. Die oberste Gesundheitsbehörde ist verpflichtet, die untere Gesundheitsbehörde dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten insbesondere in den Fällen der §§ 10, 11, § 12 Abs. 2, §§ 13,14 sowie 15 Abs. 1.
§ 5
Behörden und Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
(1) Träger des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind die Kreise, die kreisfreien Städte und das Land.
(2) Behörden und Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind
1. die Kreise und kreisfreien Städte als untere Gesundheitsbehörden
2. die Bezirksregierungen als mittlere Landesgesundheitsbehörden
3. das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium als oberste Gesundheitsbehörde
4. das Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
(3) Die kommunalen Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes können die Durchführung ihnen obliegender Aufgaben einem anderen kommunalen Träger übertragen oder gemeinschaftlich wahrnehmen. Sie können auch Dritte mit der Wahrnehmung einer Aufgabe beauftragen. Ihre Verantwortung bleibt dadurch unberührt.
§ 6
Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde
(1) Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde sind
1. die Mitwirkung an der Gesundheitsförderung, der Prävention und dem Gesundheitsschutz,
2. die Mitwirkung an der Gesundheitshilfe,
3. die Dienste der Qualitätssicherung,
4. die Ausstellung amtsärztlicher Zeugnisse und Gutachtertätigkeit,
5. die Gesundheitsberichterstattung,
6. die ortsnahe Koordinierung der gesundheitlichen Versorgung.
Ist in Gesetzen und Rechtsverordnungen die Zuständigkeit der Amtsärztin oder des Amtsarztes begründet oder sind amtliche Zeugnisse, Bescheinigungen und Gutachten vorgeschrieben, so ist die untere Gesundheitsbehörde zuständig.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde führt die in §§ 9, 17,§ l8 Abs. 2, §20 Abs. 1 aufgeführten Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung durch. Die Aufsichtsbehörden können Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Ausführung dieser Aufgaben zu sichern. Zur zweckmäßigen Aufgabenerfüllung können sie allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern. Aufsichtsbehörden sind die Bezirksregierungen und oberste Aufsichtsbehörde das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium.
(3) Im Interesse der Erreichbarkeit und der Vernetzung von Gesundheitsvorsorge, medizinischer Behandlung, Beratung, Betreuung und Nachsorge ist auf eine enge räumliche und funktionale Abstimmung gesundheitlicher Leistungen und Einrichtungen hinzuwirken.
Zweites Kapitel
Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde im einzelnen
Erster Abschnitt:
Gesundheitsförderung, Prävention, Gesundheitsschutz
§ 7
Grundsatz
(1) Die untere Gesundheitsbehörde wirkt an der Gestaltung gesundheitsförderlicher Umwelt-, Arbeits- und Lebensverhältnisse und an der Förderung gesundheitsdienlicher Lebensweisen durch Gesundheitsaufklärung und Gesundheitsbildung, an der Verhütung von Gesundheitsgefahren und Krankheiten und an einer möglichst frühzeitigen Erkennung von Gesundheitsschäden mit.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde hat unter Beachtung der Vielfalt der Methoden und Träger auf der Grundlage der Gesundheitsberichte nach § 21 vorrangig die Planung und Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention zu koordinieren und gegebenenfalls auf zusätzliche Aktivitäten der in der Gesundheitsförderung und Prävention tätigen Institutionen, Organisationen und Gruppen hinzuwirken.
(3) Die untere Gesundheitsbehörde soll die Arbeit der im Gesundheitsbereich tätigen, in ihrer Zielsetzung und Aufgabendurchführung freien Selbsthilfegruppen fördern und mit ihren Vereinigungen und Zusammenschlüssen zusammenarbeiten. Sie kann unter Berücksichtigung des Angebotes freier Träger Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen einrichten.
(4) Die untere Gesundheitsbehörde arbeitet im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsschutz mit den anderen zuständigen Behörden, insbesondere mit denen für Arbeits- und Umweltschutz, zusammen.
§ 8
Mitwirkung an Planungen
Die vom Kreis oder von der kreisfreien Stadt abzugebenden Stellungnahmen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren werden unter Beteiligung der unteren Gesundheitsbehörde erstellt, wenn gesundheitliche Belange der Bevölkerung berührt werden, um Feststellungen zur gesundheitlichen Verträglichkeit des Vorhabens zu treffen.
§ 9
Gesundheitsschutz, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, Impfungen
(1) Die untere Gesundheitsbehörde trägt zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei. Insbesondere durch Aufklärung und Beratung sowie durch die Aufdeckung von Infektionsketten mit dem Ziel ihrer Unterbrechung wirkt sie darauf hin, daß die Verbreitung übertragbarer Krankheiten verhindert wird.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde wirkt auf die Sicherstellung des notwendigen Impfangebotes und einer ausreichenden Impfberatung hin. Sie kann beides auch selbst durchführen. Sie beobachtet, dokumentiert und bewertet den Durchimpfungsgrad der Bevölkerung.
(3) Soweit die oberste Gesundheitsbehörde den unteren Gesundheitsbehörden ein kostenloses Impfangebot vorschreibt, hat sie die Kosten zu erstatten.
§ 10
Umweltmedizin
Die untere Gesundheitsbehörde fördert den Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsgefährdenden und gesundheitsschädigenden Einflüssen aus der Umwelt. Sie klärt insbesondere die Bevölkerung hierüber und über sonstige umweltmedizinische Fragen auf. Sie bewertet die Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf die Bevölkerung unter gesundheitlichen Gesichtspunkten und regt Maßnahmen zur Abwehr von gesundheitlichen Schäden oder Langzeitwirkungen an.
§ 11
Schwangeren- und Mütterberatung
Die untere Gesundheitsbehörde wirkt auf ein ausreichendes Angebot an Schwangeren- und Mütterberatung hin. Für Personen in sozialen und gesundheitlichen Problemlagen, insbesondere für diejenigen, die aufsuchende Hilfe benötigen, hält die untere Gesundheitsbehörde einen Beratungsdienst vor.
§ 12
Kinder- und Jugendgesundheit
(1) Die untere Gesundheitsbehörde hat die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gesundheitsgefahren zu schützen und ihre Gesundheit zu fördern. Sie arbeitet hierzu mit anderen Behörden, Trägern, Einrichtungen und Personen, die Verantwortung für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen tragen, zusammen.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde nimmt für Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere in Tageseinrichtungen für Kinder und Schulen, betriebsmedizinische Aufgaben wahr. Sie berät die Träger der Gemeinschaftseinrichtung, die Sorgeberechtigten, Erzieher und Lehrer in Fragen der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsschutzes. Sie führt die schulischen Eingangsuntersuchungen und, soweit erforderlich, weitere Regeluntersuchungen durch und kann Gesundheitsförderungsprogramme anbieten.
(3) Zur Früherkennung von Krankheiten, Behinderungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen kann die untere Gesundheitsbehörde zur Ergänzung von Vorsorgeangeboten ärztliche Untersuchungen durchführen. Soweit dies erforderlich ist, soll sie auch Impfungen durchführen. Wird im Rahmen dieser Untersuchungen die Gefährdung oder Störung der körperlichen, seelischen oder geistigen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen festgestellt, vermittelt die untere Gesundheitsbehörde in Zusammenarbeit mit den für Jugendhilfe und Sozialhilfe zuständigen Stellen die notwendigen Behandlungs- und Betreuungsangebote.
§ 13
Kinder- und Jugendzahngesundheit
(1) Im Rahmen eines Kinder- und Jugendzahngesundheitsdienstes berät die untere Gesundheitsbehörde Kinder, Jugendliche und ihre Sorgeberechtigten, Erzieher und Lehrer in Fragen der Gesunderhaltung des Zahn-, Mund- und Kieferbereiches. Die untere Gesundheitsbehörde führt, soweit erforderlich, dazu regelmäßig zahnärztliche Untersuchungen durch, um Krankheiten und Fehlentwicklungen zu verhüten und zu mildern.
(2) Maßnahmen der Gruppenprophylaxe, insbesondere der Ernährungsberatung, Zahnschmelzhärtung und Mundhygiene, können durch Maßnahmen der lndividualprophylaxe vor allem bei Klein- und Schulkindern sowie behinderten Kindern ergänzt werden, soweit sie sonst nicht gewährleistet sind.
Zweiter Abschnitt
Gesundheitshilfe
§ 14
Grundsatz
Die untere Gesundheitsbehörde berät und unterstützt Personen, die wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes und aufgrund sozialer Umstände besonderer gesundheitlicher Fürsorge bedürfen (Gesundheitshilfe). Diese Gesundheitshilfe ist darauf gerichtet, gesundheitliche Beeinträchtigungen und Schäden zu vermeiden, zu überwinden, zu bessern und zu lindern sowie Verschlimmerungen zu verhüten. Sie soll die betroffenen Personen befähigen, entsprechend ihren Möglichkeiten möglichst selbständig in der Gesellschaft zu leben. Bei Bedarf ist auch aufsuchende Beratung und Hilfe zu leisten.
§ 15
Besondere Beratungsangebote
(1) Die untere Gesundheitsbehörde wirkt bei besonders häufigen und schwerwiegenden Krankheiten und bei Behinderungen auf ein Beratungsangebot für die Betroffenen und deren Angehörige hin.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde wirkt mit an der AIDS-Aufklärung der Bevölkerung, insbesondere gefährdeter Bevölkerungsgruppen, und an der Beratung infizierter und erkrankter Personen sowie deren Angehörigen. Ratsuchenden werden anonyme HIV Untersuchungen angeboten.
§ 16
Abhängigkeitskranke
(1) Die untere Gesundheitsbehörde berät Körper- und Sinnesbehinderte, geistig und seelisch Behinderte, psychisch Kranke, Abhängigkeitskranke und ihre Angehörigen.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde hält für die Hilfen an geistig und seelisch Behinderten, psychisch Kranken, Abhängigkeitskranken und ihren Angehörigen einen Sozial psychiatrischen Dienst vor.
(3) Für den Anwendungsbereich des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) in der jeweils geltenden Fassung geht das PsychKG diesem Gesetz vor.
Dritter Abschnitt
Dienste der Qualitätssicherung
§ 17
Hygieneüberwachung
(1) Die untere Gesundheitsbehörde überwacht die Einhaltung der Hygienevorschriften, insbesondere bei
1. Anlagen zur Versorgung mit Trinkwasser und Brauchwasser,
2. Anlagen zur Entsorgung von Abwasser und Abfällen,
3. Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen nach § 107 SGB V sowie Einrichtungen des Kur- und Bäderwesens,
4. Einrichtungen des Rettungsdienstes sowie der Notfallrettung und des Krankentransports, von Unternehmen des Blutspendedienstes, des Zivil- und Katastrophenschutzes,
5. ambulanten Pflege- und Behandlungseinrichtungen,
6. Schulen und Schulheimen,
7. Kinder- und Jugendeinrichtungen, insbesondere Tageseinrichtungen für Kinder, Spielplätzen, Jugendfreizeit- und Bildungsstätten, Dauer- und Sonderheimen, Kinder- und Jugenderholungseinrichtungen,
8. Pflegeheimen, Einrichtungen für alte Menschen,
9. Tageseinrichtungen, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen für Behinderte,
10. Sport- und Freizeitanlagen, Campingplätzen, Schwimm- und Badeanstalten, Badegewässern,
11. Gemeinschaftsunterkünften,
12. Justizvollzugs- und Jugendarrestanstalten,
13. Häfen, Flughäfen und Bahnhöfen,
14. Einrichtungen des Leichen- und Bestattungswesens.
(2) Einrichtungen nach Absatz 1 müssen regelmäßig und wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Anforderungen der Hygiene nicht eingehalten werden, überprüft werden.
(3) Wer eine Einrichtung nach Absatz 1 betreiben will, muß die Aufnahme und die Schließung des Betriebes der unteren Gesundheitsbehörde anzeigen, in deren Bezirk sich die Einrichtung befindet.
§ 18
Erfassung und Überwachung der Berufe des Gesundheitswesens
(1) Wer einen Beruf des Gesundheitswesens selbständig ausüben möchte oder Angehörige der Berufe des Gesundheitswesens beschäftigen will, hat die Aufnahme und die Beendigung dieser Tätigkeit der unteren Gesundheitsbehörde anzuzeigen, in deren Bezirk die Tätigkeit ausgeübt wird.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde hat die Berechtigung zur Ausübung eines Berufes des Gesundheitswesens und zur Führung von Berufsbezeichnungen zu überwachen, soweit nicht andere Stellen zuständig sind.
§ 19
Amtliche Bescheinigungen, Zeugnisse, Gutachten
Die unteren Gesundheitsbehörden stellen amtliche Bescheinigungen und Zeugnisse aus und erstatten Gutachten, soweit dies durch bundes- oder landesrechtliche Regelungen vorgeschrieben ist. Die Ärztinnen und Ärzte der unteren Gesundheitsbehörde sind Gerichtsärzte im Sinne des § 87 Absatz 2 der Strafprozeßordnung für den Bezirk des Gesundheitsamtes.
§ 20
Arzneimittelüberwachung und Sozialpharmazie
(1) Der Arzneimittelverkehr auf örtlicher Ebene wird von der unteren Gesundheitsbehörde (Amtsapotheker) überwacht.
(2) Die untere Gesundheitsbehörde (Amtsapotheker) soll mit Unterstützung des Landesinstituts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst anhand der ihr zur Verfügung stehenden Daten den Arzneimittelkonsum der Bevölkerung beobachten, dokumentieren, analysieren und bewerten. Sie kann dazu Erhebungen durchführen. Auf dieser Grundlage soll sie die Bevölkerung über einen verantwortlichen Arzneimittelkonsum aufklären, informieren und beraten sowie an der Bekämpfung des Drogen- und Arzneimittelmissbrauchs mitwirken.
Vierter Abschnitt
Kommunale Gesundheitsberichterstattung
§ 21
Kommunaler Gesundheitsbericht
Die untere Gesundheitsbehörde erstellt zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 6 regelmäßig Gesundheitsberichte auf der Grundlage eigener und der in der Gesundheitskonferenz beratenen Erkenntnisse und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich.
Fünfter Abschnitt
Leitung und Organisation
§ 22
Fachkräfte und medizinische Leitung
(1) Die untere Gesundheitsbehörde ist zur Durchführung ihrer Aufgaben ausreichend mit geeigneten Fachkräften, insbesondere mit Fachärztinnen und Fachärzten für das Öffentliche Gesundheitswesen und anderen Fachärztinnen und Fachärzten sowie Apothekerinnen und Apothekern und Angehörigen sonstiger im Gesundheitswesen tätiger Berufe zu besetzen, die die erforderlichen Kenntnisse des öffentlichen Gesundheitsrechts und des Gesundheitswesens haben und entsprechend fortgebildet werden.
(2) Die Leitung der medizinischen Dienste der unteren Gesundheitsbehörde obliegt einer Ärztin oder einem Arzt nach Absatz 1.
(3) Amtsarzt und Amtsärztin im Sinne sonstiger bundes- und landesrechtlicher Regelungen sind Ärztinnen und Ärzte nach Absatz 1.
§ 23
Koordination
Die Koordination insbesondere der
- kommunalen Gesundheitsberichterstattung,
- Gesundheitsförderung,
- Umweltmedizin,
- psychiatrischen und Suchtkrankenversorgung,
- medizinisch-sozialen Versorgung älterer Menschen,
- AIDS-Aufklärung, -Beratung und -Versorgung,
ist als eigenständige Aufgabe wahrzunehmen. Hierzu gehört auch die Geschäftsführung der Gesundheitskonferenz und ihrer Arbeitsgruppen.
§ 24
Kommunale Gesundheitskonferenz
(1)Der Rat oder der Kreistag beruft die Kommunale Gesundheitskonferenz von Vertretern und Vertreterinnen der an der Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung der Bevölkerung Beteiligten, der Selbsthilfegruppen und der Einrichtungen für Gesundheitsvorsorge und Patientenschutz ein. Mitglieder des für Gesundheit zuständigen Ausschusses des Rates oder des Kreistages gehören der Kommunalen Gesundheitskonferenz an.
(2)Die Kommunale Gesundheitskonferenz berät gemeinsam interessierende Fragen der gesundheitlichen Versorgung auf örtlicher Ebene mit dem Ziel der Koordinierung und gibt bei Bedarf Empfehlungen. Die Umsetzung erfolgt unter Selbstverpflichtung der Beteiligten.
(3)Die Kommunale Gesundheitskonferenz wirkt an der Gesundheitsberichterstattung mit. Der Gesundheitsbericht wird mit den Empfehlungen und Stellungnahmen der Kommunalen Gesundheitskonferenz dem Rat oder dem Kreistag zugeleitet.
Drittes Kapitel
Landesgesundheitsberichterstattung, Landesgesundheitskonferenz,
Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
§ 25
Landesgesundheitsberichterstattung
(1)Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium legt regelmäßig Gesundheitsberichte als Grundlage gesundheitspolitischer Planungen vor (Landesgesundheitsberichterstattung).
(2) Die Landesgesundheitsberichte werden dem Landtag zugeleitet.
§ 26
Landesgesundheitskonferenz
(1)Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium beruft die Landesgesundheitskonferenz ein. Dieser gehören insbesondere Vertreterinnen und Vertreter der Sozialversicherungsträger, der verfassten Ärzte- und Zahnärzteschaft, der Apotheker, der Krankenhausgesellschaft, der freien Wohlfahrtsverbände, der Landschaftsverbände, der gesundheitlichen Selbsthilfe und der Einrichtungen für Gesundheitsvorsorge und Patientenschutz, der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und der kommunalen Spitzenverbände des Landes an.
(2)Die Landesgesundheitskonferenz berät gesundheitspolitische Fragen von grundsätzlicher Bedeutung mit dem Ziel der Koordinierung und gibt bei Bedarf Empfehlungen. Die Umsetzung erfolgt unter Selbstverpflichtung der Beteiligten.
(3)Die Sitzungen der Landesgesundheitskonferenz finden mindestens einmal jährlich statt. Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium führt den Vorsitz.
(4) Die Landesgesundheitskonferenz kann Arbeitsgruppen bilden.
§ 27 (Fn 5)
Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
(1) Das Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein -Westfalen ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des für das Gesundheitswesen zuständigen Ministeriums. Es hat die Aufgabe, als fachliche Leitstelle für den Öffentlichen Gesundheitsdienst, insbesondere auf den Gebieten der Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, der europäischen und internationalen Gesundheitspolitik, der Gesundheitsförderung, der Umweltmedizin, der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, der Hygiene und der Arzneimittelsicherheit, die Landesregierung und die unteren Gesundheitsbehörden zu beraten und zu unterstützen.
(2) Im Rahmen dieser Aufgaben obliegen dem Landesinstitut
- die Sammlung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen,
- die Entwicklung fachlicher Konzepte und Strategien,
- die Durchführung von fachbezogenen Untersuchungen und Forschungsprojekten sowie die Auswertung von Untersuchungs- und Forschungsprogrammen,
- die Entwicklung von Methoden und Verfahren der Qualitätssicherung und -kontrolle für den Öffentlichen Gesundheitsdienst,
- die Qualifizierung im Öffentlichen Gesundheitsdienst, soweit dafür nicht andere Einrichtungen zuständig sind,
- die Vorbereitung des Landesgesundheitsberichtes nach § 25.
Viertes Kapitel
Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen von Rechten
§ 28
Befugnisse und Pflichten
(1) Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind zur Durchführung der Überwachungsaufgaben nach §§ 17 und 18 berechtigt,
1. während der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten die zu überwachenden Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen zu betreten und dort Besichtigungen, Prüfungen und Untersuchungen vorzunehmen,
2. zur Verhütung und Abwehr drohender Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung die in Nummer 1 genannten Grundstücke und Räume, Anlagen und Einrichtungen sowie die damit verbundenen Wohnräume auch außerhalb der dort genannten Zeiten zu betreten und einschließlich der dort befindlichen Gegenstände zu untersuchen,
3. Proben zum Zwecke der Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen und, soweit erforderlich, die entsprechenden Bücher oder sonstige Unterlagen einzusehen und daraus Ablichtungen zu fertigen.
(2) Personen, die zur Durchführung der Überwachung Auskünfte geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
(3) Der Betriebsinhaber, sein Vertreter, sein Beauftragter oder der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind verpflichtet, die Amtshandlungen nach Absatz 1 zu dulden sowie die in Absatz 1 Nummern 1 und 2 genannten Grundstücke und Räume, Anlagen und Einrichtungen zugänglich zu machen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.
(4) Werden bei der Überwachung nach §§ 17 und 18 Tatsachen festgestellt, die ein Eingreifen erforderlich machen, veranlaßt die untere Gesundheitsbehörde die notwendigen Maßnahmen, sofern nicht andere Verwaltungsbehörden zuständig sind. Bei Gefahr ist die untere Gesundheitsbehörde verpflichtet, selbst die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
(5) Überwachungsmaßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten nach dem Bundes-Seuchengesetz bleiben unberührt.
(6) Die Kreise und kreisfreien Städte können für Kontroll- und Überwachungstätigkeiten nach diesem Gesetz in einer Satzung kostendeckende Gebühren bestimmen. §§ 3 bis 6 des Gebührengesetzes vom 23. November 1971 (GV.NW. S. 354) (Fn2), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. März 1985 (GV.NW. S. 256), finden Anwendung.
§ 29 (Fn 6)
Ermächtigungen
(1) Das für Gesundheitswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Justizministerium und dem Innenministerium der unteren Gesundheitsbehörde weitere gerichtsärztliche Tätigkeiten zu übertragen.
(2) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium erläßt im Einvernehmen mit dem Innenministerium Vorschriften über die Befähigung der Berufe nach § 22 durch Rechtsverordnung. Dabei sind insbesondere zu regeln:
1. die Voraussetzungen für die Zulassung zur und die Anrechnung von förderlichen Zeiten auf die Qualifikation,
2. das Ziel, der Inhalt, die Dauer und die Ausgestaltung der Qualifikation sowie die Beurteilung der Leistungen während der Qualifikation,
3. die Art und die Zahl der Prüfungsleistungen, das Prüfungsverfahren einschließlich der Festlegung des Prüfungsergebnisses unter Berücksichtigung der Leistungen während der Qualifikation und der Bildung des Prüfungsausschusses,
4. die Wiederholung von Prüfungsleistungen.
(3) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Rechtsverordnung das Nähere zum Inhalt und Verfahren Gesundheitsberichterstattung nach § 21 regeln.
(4) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem Innenministerium ab 1. Januar 1999 durch Rechtsverordnung das Nähere zur Zusammensetzung, zum Verfahren bei Verabschiedung und Umsetzung von Empfehlungen der Kommunalen Gesundheitskonferenz nach § 24 regeln.
§ 30
Überprüfung der Auswirkungen dieses Gesetzes
Die Auswirkungen dieses Gesetzes werden nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der Spitzenverbände der Kommunen überprüft. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag danach über das Ergebnis der Überprüfung, insbesondere über die Handlungsmöglichkeiten der Behörden und Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes auf die Kreise und kreisfreien Städte als Träger des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
§ 31 (Fn3, 4)
Aufhebung von Vorschriften
Die Kreise und kreisfreien Städte können für die untere Gesundheitsbehörde die Bezeichnung "Gesundheitsamt" weiterhin führen.
Fn 1 | GV. NW. 1997 S. 430, geändert durch Artikel 18 d. EuroAnpG NRW v. 25.9.2001 (GV. NRW. S. 708), durch das Landeshebammengesetz (LHebG NRW) v. 5.3.2002 (GV. NRW. S. 102) |
SGV. NW. 2011. |
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Fn 3 |
§ 31 Abs. 1 entfallen; Aufhebungsvorschriften. |
Inkrafttretung: 1. Januar 1998 (siehe Artikel 15 d. Gesetzes). |
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§ 27 Abs. 1 geändert durch Artikel 18 d. Gesetzes v. 25.9.2001 (GV. NRW. S. 708); in Kraft getreten am 1. Januar 2002. |
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§ 29 geändert durch LHebG NRW v. 5.3.2002 (GV. NRW. S. 102) ausgegeben am 26.3.2002 |