2124 | Anlagen |
Berufsordnung
für Hebammen und Entbindungspfleger
(HebBO NRW)
Vom 4. Mai 2002 (Fn 1)
Aufgrund des § 1 Abs. 2 des Landeshebammengesetzes - LHebG NRW - vom 5. März 2002 (GV. NRW. S. 102) (Fn 2) wird verordnet:
§ 1 (Fn 5)
Geltungsbereich
Diese Berufsordnung gilt für Hebammen und Entbindungspfleger, die in Nordrhein-Westfalen ihren Beruf ausüben. Sie gilt auch für Hebammen und Entbindungspfleger, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind und die als Dienstleistungserbringer im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2005/36/EG vorübergehend in Nordrhein-Westfalen tätig sind.
§ 2
Aufgaben
(1) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem jeweiligen Stand der medizinischen, psychologischen, soziologischen und geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu unterrichten und sie zu beachten.
(2) Im Rahmen dieser Aufgaben führen Hebammen und Entbindungspfleger insbesondere folgende Tätigkeiten in eigener Verantwortung aus:
1. Feststellungen der Schwangerschaft und Beobachtung der normal verlaufenden Schwangerschaft, Durchführung der zur Beobachtung des Verlaufs einer normalen Schwangerschaft notwendigen Untersuchungen;
2. Veranlassung der Untersuchungen, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung einer Risikoschwangerschaft notwendig sind und Aufklärung über diese Untersuchungen;
3. Vorbereitung auf die Elternschaft, umfassende Vorbereitung auf die Geburt einschließlich Beratung in Fragen der Hygiene und Ernährung;
4. Betreuung der Gebärenden während der Geburt und Überwachung des Fötus in der Gebärmutter mit Hilfe geeigneter technischer Mittel;
5. Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage einschließlich Dammschnitt, Nähen eines unkomplizierten Dammschnittes oder Dammrisses sowie im Dringlichkeitsfall die Durchführung von Beckenendlagengeburten;
6. Erkennen der Anzeichen von Anomalien und Risikofaktoren bei der Mutter oder beim Kind, die ärztliches Eingreifen erforderlich machen, Hilfeleistung bei etwaigen ärztlichen Maßnahmen, notwendige eigene Maßnahmen in Abwesenheit eines Arztes oder einer Ärztin - beispielsweise manuelle Ablösung der Plazenta einschließlich ggf. manuelle Nachuntersuchung der Gebärmutter, Durchführung der sofortigen Wiederbelebung des Neugeborenen;
7. Untersuchung, Überwachung und Pflege des Neugeborenen regelmäßig in den ersten 10 Tagen nach der Geburt, erforderlichenfalls länger, einschließlich Prophylaxemaßnahmen sowie Blutentnahme für Screeninguntersuchungen;
8. Betreuung der Wöchnerin, Überwachung ihres Zustandes, Beratung in Pflege und Ernährung des Neugeborenen, insbesondere Stillberatung und Stillförderung sowie Hilfeleistung bei Beschwerden;
9. Durchführung der ärztlich verordneten Behandlung;
10. Dokumentation der Maßnahmen und Befunde;
11. Ausstellen von Bescheinigungen im Rahmen der Berufsausübung;
12. Aufklärung und Beratung in Familienplanung;
13. Qualitätssichernde Maßnahmen.
(3) Bei der Beratung sind neben medizinischen und geburtshilflichen auch soziale und seelische Faktoren zu berücksichtigen. Die Schwangere und Wöchnerin sind zur Mitarbeit zu gewinnen, ihre Selbstverantwortlichkeit ist zu fördern.
§ 3
Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit
(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben auf Maßnahmen zur Infektionsverhütung hinzuwirken, auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und ggf. für ärztlichen Beistand zu sorgen. Auf Wunsch der Gebärenden hat die Hebamme oder der Entbindungspfleger ärztliche Hilfe hinzuzuziehen.
(2) Das Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
§ 4
Arzneimittel
Hebammen und Entbindungspfleger dürfen ohne ärztliche Verordnung folgende Arzneimittel anwenden und verabreichen:
1. In der Eröffnungsperiode ein betäubungsfreies krampflösendes oder schmerzstillendes Arzneimittel, das zum Einsatz bei der Geburtshilfe angezeigt ist;
2. bei bedrohlichen Blutungen in der Nachgeburtsperiode, falls ärztlicher Beistand oder Einweisung in ein Krankenhaus nicht rechtzeitig möglich sind, Mittel zur Förderung der Blutstillung;
3. im Falle einer Dammnaht ein Lokalanästhetikum;
4. zur Überbrückung einer Notfallsituation wehenhemmende Mittel bis zur Einweisung in ein Krankenhaus.
§ 5
Schweigepflicht
(1) Hebammen und Entbindungspfleger unterliegen der Schweigepflicht (§ 203 des Strafgesetzbuches); diese umfasst auch schriftliche Mitteilungen der betreuten Frauen sowie Untersuchungsbefunde. Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber Ärztinnen und Ärzten, die nicht bei der Behandlung oder Betreuung mitwirken, soweit die betreuten Frauen die Hebammen und die Entbindungspfleger nicht ausdrücklich von der Schweigepflicht entbunden haben.
(2) Den betreuten Frauen ist auf Verlangen unentgeltlich Auskunft oder Einsicht in alle sie betreffenden Unterlagen zu gewähren.
§ 6
Dokumentation und Qualitätssicherung
(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben über die in Ausübung ihres Berufes getroffenen Feststellungen und Maßnahmen bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen, über verabreichte Arzneimittel und, soweit sie außerhalb von Krankenhäusern tätig sind, über die Schwangerenvorsorge, den Geburtsverlauf, die Versorgung des Neugeborenen und den Wochenbettverlauf eine Dokumentation nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 LHebG NRW zu führen. Die Dokumentation ist so abzufassen, dass die gesamte Tätigkeit während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes sowie die Versorgung des Neugeborenen nachvollziehbar ist. Näheres ergibt sich aus der Anlage.
(2) Die Dokumentation ist mindestens 10 Jahre aufzubewahren.
(3) Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.
(4) Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, den unteren Gesundheitsbehörden nach Aufforderung anhand der Dokumentation gemäß Absatz 1 für medizinal-statistische Zwecke Auskünfte zu erteilen. Dies darf nur in anonymisierter Form erfolgen.
(5) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, an qualitätssichernden Maßnahmen (Kriterien der Berufsverbände) teilzunehmen.
§ 7 (Fn 5)
Fortbildungspflicht
Hebammen und Entbindungspfleger haben sich beruflich fortzubilden. Innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren müssen der zuständigen Behörde mindestens 60 Unterrichtsstunden nachgewiesen werden. Geeignete Maßnahmen zur Fortbildung sind insbesondere Fortbildungsveranstaltungen von Hebammenlehranstalten und Hebammenverbänden. *)
*) Satz 1 beruht auf der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG.
§ 8 (Fn 5)
Besondere Pflichten bei freiberuflicher Tätigkeit
Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet,
1. sich an Perinatalerhebungen im Rahmen von landes- und bundesweiten Qualitätssicherungsmaßnahmen zu beteiligen,
2. sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu versichern und die unteren Gesundheitsbehörden über Einzelheiten ihrer Berufshaftpflicht zu informieren,
3. ihre Praxis durch ein Schild zu kennzeichnen, das Namen, Berufsbezeichnung und Sprechstunden angibt,
4. nicht in berufsunwürdiger Weise zu werben,
5. jederzeit erreichbar zu sein, ggf. sich gegenseitig zu vertreten,
6. sicherzustellen, dass die Dokumentation nach § 6 Abs. 1 bei endgültiger Aufgabe ihrer Berufstätigkeit oder im Falle ihres Todes verschlossen der zuständigen Behörde übergeben wird.
§ 9
Aufsicht
Hebammen und Entbindungspfleger unterliegen der Aufsicht der Kreise und kreisfreien Städte als untere Gesundheitsbehörden.
§ 10 (Fn 4)
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft (Fn 3). Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft.
Die Ministerin
für Frauen, Jugend,
Familie und Gesundheit des
Landes Nordrhein-Westfalen
Hinweis
Wiederherstellung
des Verordnungsranges
(Artikel 121 des Fünften Befristungsgesetzes vom 5.4.2005 (GV. NRW. S.
351))
Die in diesem Gesetz erlassenen oder geänderten Rechtsverordnungen können aufgrund der jeweils einschlägigen Verordnungsermächtigungen durch Rechtsverordnung geändert werden.
GV. NRW. S. 165; geändert durch Artikel 40 des Fünften Befristungsgesetzes vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 351), in Kraft getreten am 30. April 2005; Artikel 11 des Gesetzes vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 572), in Kraft getreten am 7. Dezember 2007. |
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SGV. NRW. 2124 |
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GV. NRW. ausgegeben am 29. Mai 2002 |
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§ 11 neu gefasst durch Artikel 40 des Fünften Befristungsgesetzes vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 351); in Kraft getreten am 30. April 2005; umbenannt in § 10 und § 10 (alt) aufgehoben durch Artikel 11 des Gesetzes vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 572), in Kraft getreten am 7. Dezember 2007. |
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§ 1, § 7 und § 8 geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 572), in Kraft getreten am 7. Dezember 2007. |