Verordnung
über den Bildungsgang in der Grundschule
(Ausbildungsordnung Grundschule – AO-GS)

Vom 23. März 2005 (Fn 1)

Auf Grund der §§ 52 und 65 Abs. 4 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102) (Fn 2) wird mit Zustimmung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung des Landtags verordnet:

§ 1 (Fn 5)
Aufnahme in die Grundschule

(1) Kinder, deren Schulpflicht am 1. August eines Jahres beginnt, werden von ihren Eltern bis spätestens zum 15. November des Vorjahres bei der gewünschten Grundschule angemeldet.

(2) Jedes Kind hat einen Anspruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität (§ 46 Abs. 3 SchulG). Bei einem Anmeldeüberhang sind die Kriterien des Absatz 3 für die Aufnahmeentscheidung heranzuziehen.

(3) Im Rahmen freier Kapazitäten nimmt die Schule auch andere Kinder auf. Bei einem Anmeldeüberhang führt die Schule ein Aufnahmeverfahren unter diesen Kindern durch. Dabei werden Kinder mit Wohnsitz in der Gemeinde vorrangig berücksichtigt. Die Schulleiterin oder der Schulleiter berücksichtigt Härtefälle und zieht im Übrigen eines oder mehrere der folgenden Kriterien für die Aufnahmeentscheidung gemäß § 46 Abs. 2 SchulG heran:

1. Geschwisterkinder,

2. Schulwege,

3. Besuch eines Kindergartens in der Nähe der Schule,

4. ausgewogenes Verhältnis von Mädchen und Jungen,

5. ausgewogenes Verhältnis von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Muttersprache.

(4) Die schulärztliche Untersuchung zur Einschulung erstreckt sich auf den körperlichen Entwicklungsstand und die allgemeine, gesundheitlich bedingte Leistungsfähigkeit einschließlich der Sinnesorgane des Kindes.

(5) Die Schulleiterin oder der Schulleiter informiert und berät die Eltern

1. vor der vorzeitigen Aufnahme eines Kindes in die Grundschule,

2. vor der Verpflichtung eines Kindes zum Besuch eines vorschulischen Sprachförderkurses.

§ 2
Dauer des Besuchs der Grundschule

(1) Der Besuch der Grundschule dauert in der Regel vier Jahre. Diese Regeldauer soll um nicht mehr als ein Jahr überschritten werden.

(2) Der Besuch der Schuleingangsphase ist auf drei Jahre begrenzt. Der Besuch im dritten Jahr wird nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet.

§ 3
Unterricht, Stundentafel

(1) Für den Unterricht gelten die Stundentafel (Anlage) sowie die Unterrichtsvorgaben (§ 29 SchulG) des Ministeriums. Er ist fächerübergreifend auszurichten. Eine Unterrichtsstunde nach der Stundentafel wird mit 45 Minuten berechnet.

(2) Der Förderunterricht soll allen Schülerinnen und Schülern zugute kommen. Er trägt dazu bei, dass auch bei Lernschwierigkeiten die grundlegenden Ziele erreicht werden. Er unterstützt besondere Fähigkeiten und Interessen.

(3) Für den Gemeinsamen Unterricht gilt § 37 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (AO-SF).

(4) Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, wird muttersprachlicher Unterricht angeboten, sofern entsprechender Unterricht zugelassen ist und die personellen Voraussetzungen vorliegen.

§ 4 (Fn 4)
Individuelle Förderung, Lernstudio

(1) Schülerinnen und Schüler werden durch die Grundschule individuell gefördert. Dies gilt vor allem für Kinder, die besonderer Unterstützung bedürfen, um erfolgreich im Unterricht mitarbeiten zu können. Das schulische Förderkonzept kann Maßnahmen der äußeren wie der inneren Differenzierung sowie zusätzliche Förderangebote umfassen.

(2) Sofern die Förderung in äußerer Differenzierung (Lernstudio) an die Stelle des nach der Stundentafel vorgesehenen Unterrichts tritt, erstreckt sie sich auf höchstens die Hälfte der wöchentlichen Unterrichtszeit und bedarf des vorherigen Einverständnisses der Eltern. Während der übrigen Zeit nimmt die Schülerin oder der Schüler am Unterricht ihrer oder seiner Klasse teil.

§ 5 (Fn 5)
Leistungsbewertung

(1) Zur Feststellung des individuellen Lernfortschritts sind nach Maßgabe der Lehrpläne kurze schriftliche Übungen zulässig. Schriftliche Arbeiten werden in den Klassen 3 und 4 in den Fächern Mathematik und Deutsch, ab dem Schuljahr 2010/2011 in der Klasse 3 und ab dem Schuljahr 2011/2012 in der Klasse 4 auch im Fach Englisch geschrieben.

(2) In der Schuleingangsphase werden die Leistungen der Schülerinnen und Schüler ohne Noten bewertet, in den Klassen 3 und 4 mit Noten. Im Übrigen soll die Lehrerin oder der Lehrer eine Schülerin oder einen Schüler vor der Versetzung in die Klasse 3 an die Leistungsbewertung mit Noten heranführen.

§ 6 (Fn 3)
Zeugnisse

(1) In der Schuleingangsphase erhalten die Schülerinnen und Schüler Zeugnisse jeweils zum Ende des Schuljahres, in den Klassen 3 und 4 zum Schulhalbjahr und zum Ende des Schuljahres.

(2) Die Zeugnisse beschreiben in der Schuleingangsphase die Lernentwicklung und den Leistungsstand in den Fächern sowie das Arbeitsverhalten und das Sozialverhalten.

(3) Das Versetzungszeugnis in die Klasse 3 und das Halbjahreszeugnis der Klasse 3 enthalten eine Beschreibung gemäß Absatz 2 sowie Noten für die Fächer.

(4) Das Versetzungszeugnis in die Klasse 4 und die Zeugnisse der Klasse 4 enthalten Noten für die Fächer sowie gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 SchulG Noten für das Arbeitsverhalten in den Bereichen Leistungsbereitschaft sowie Zuverlässigkeit/Sorgfalt und eine Note für das Sozialverhalten. Das Versetzungszeugnis in die Klasse 4 enthält darüber hinaus eine Beschreibung der Lernentwicklung und des Leistungsstandes in den Fächern. Den Noten gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 SchulG werden folgende Notenstufen zu Grunde gelegt, die in die Zeugnisse aufgenommen werden:

1. Die Note „sehr gut“ soll erteilt werden, wenn das Verhalten in dem zu bewertenden Bereich den Anforderungen in besonderem Maße entspricht,

2. die Note „gut“ soll erteilt werden, wenn das Verhalten in dem zu bewertenden Bereich den Anforderungen in vollem Maße entspricht,

3. die Note „befriedigend“ soll erteilt werden, wenn das Verhalten in dem zu bewertenden Bereich den Anforderungen im Allgemeinen entspricht und

4. die Note „unbefriedigend“ soll erteilt werden, wenn das Verhalten in dem zu bewertenden Bereich den Anforderungen noch nicht entspricht.

Die Schulkonferenz kann beschließen, dass die Note „unbefriedigend“ zu begründen ist. Die Noten für die Bereiche Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit/Sorgfalt und Sozialverhalten können nach Entscheidung der Versetzungskonferenz im Rahmen der von der Schulkonferenz aufgestellten Grundsätze (§ 49 Abs. 2 Nr. 2 SchulG) durch eine Beschreibung ergänzt werden.

(5) Alle Zeugnisse enthalten außerdem die Angaben gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SchulG.

§ 7 (Fn 5)
Versetzung

(1) Die Schülerinnen und Schüler gehen ohne Versetzung vom ersten Schulbesuchsjahr in das zweite Schulbesuchsjahr über. Der Übergang in die Klassen 3, 4 und 5 beruht auf einer Versetzung. Im Schuljahr 2006/2007 sind die Leistungen im Fach Englisch nicht versetzungswirksam.

(2) Die Grundschule hat ihren Unterricht so zu gestalten, dass die Versetzung der Regelfall ist. Schülerinnen und Schüler, deren Versetzung gefährdet ist, erhalten zum Ende des Schulhalbjahres eine individuelle Lern- und Förderempfehlung. Erkannte Lern- und Leistungsdefizite sollen durch entsprechende Förderung bis zur Versetzungsentscheidung unter Einbeziehung der Eltern behoben werden.

(3) Die Versetzungskonferenz beschließt nach Anhörung der Eltern oder auf deren Antrag,

1. eine Schülerin oder einen Schüler vom ersten Schulbesuchsjahr in die Klasse 3 zu versetzen, wenn sie oder er dafür geeignet ist,

2. dass eine Schülerin oder ein Schüler ein drittes Jahr in der Schuleingangsphase verbleibt, wenn sie oder er noch nicht für die Klasse 3 geeignet ist.

(4) Eine Schülerin oder ein Schüler wird in die Klassen 3, 4 und 5 versetzt, wenn in allen Fächern mindestens ausreichende Leistungen erbracht wurden. Sie oder er wird auch dann versetzt, wenn auf Grund der Gesamtentwicklung zu erwarten ist, dass in der nächst höheren Klasse eine hinreichende Förderung und eine erfolgreiche Mitarbeit möglich sind. Schülerinnen und Schüler, die nicht versetzt worden sind, erhalten zum Ende des Schuljahres ebenfalls eine individuelle Lern- und Förderempfehlung.

(5) Eine Schülerin oder ein Schüler kann auf Antrag der Eltern im Verlauf des Schuljahres von der Klasse 3 in die Schuleingangsphase, von der Klasse 4 in die Klasse 3 zurücktreten, wenn sie oder er in der bisherigen Klasse nicht mehr erfolgreich mitarbeiten kann. Darüber entscheidet die Versetzungskonferenz. Zum nächsten Versetzungstermin wird eine Versetzung nicht erneut ausgesprochen.

§ 8 (Fn 5)
Übergang

(1) Im ersten Schulhalbjahr der Klasse 4 informiert die Grundschule über die Bildungsgänge in den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I und das örtliche Schulangebot.

(2) Anschließend berät die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer mit den Eltern in einem persönlichen Gespräch über die weitere schulische Förderung des Kindes.

(3) Die Empfehlung für die Schulform gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 SchulG ist Teil des Halbjahreszeugnisses der Klasse 4. Darin wird die Schulform Hauptschule, Realschule oder Gymnasium benannt, für die das Kind nach Auffassung der Grundschule geeignet ist, daneben auch die Gesamtschule. Ist ein Kind nach Auffassung der Grundschule für eine weitere Schulform mit Einschränkungen geeignet, wird auch diese mit dem genannten Zusatz benannt. Die Empfehlung ist zu begründen. Über die Empfehlung und deren Begründung entscheidet die Klassenkonferenz als Versetzungskonferenz.

(4) Die Eltern melden die Schülerin oder den Schüler unter Vorlage des Halbjahreszeugnisses der Klasse 4 an einer Schule der von ihnen gewählten Schulform an. Diese Schule unterrichtet die Grundschule über die Anmeldung.

(5) Wollen die Eltern ihr Kind an einer Schule einer Schulform anmelden, für die es nach der Empfehlung der Grundschule mit Einschränkungen geeignet ist, müssen sie an einem Beratungsgespräch der weiterführenden Schule teilnehmen. Dabei werden insbesondere die Möglichkeiten dieser weiterführenden Schule zur individuellen Förderung des Kindes in den Bereichen, die zur einschränkenden Empfehlung geführt haben, erörtert. Danach entscheiden die Eltern - wie auch bei einer uneingeschränkten Empfehlung - über die Schulform für ihr Kind.

(6) Wollen Eltern ihr Kind an einer Schulform anmelden, für die es nach der Empfehlung der Grundschule nicht und auch nicht mit Einschränkungen geeignet ist, entscheidet ein dreitägiger Prognoseunterricht, ob es zum Besuch der gewählten Schulform zugelassen wird. Vorher bietet die gewünschte weiterführende Schule den Eltern eine Beratung an. Das Schulamt informiert die Eltern mit der Einladung des Kindes zum Prognoseunterricht über dessen Ablauf.

(7) Der Prognoseunterricht wird in der Verantwortung des Schulamtes durch eine Schulaufsichtsbeamtin oder einen Schulaufsichtsbeamten des Schulamtes geleitet. Den Unterricht erteilen jeweils eine Lehrerin oder ein Lehrer einer Grundschule und einer weiterführenden Schule; dabei legen sie die in den Lehrplänen der Grundschule bestimmten verbindlichen Anforderungen der Klasse 4 zu Grunde. Das Ministerium kann Teile des Prognoseunterrichts vorgeben.

(8) Nach Abschluss des Prognoseunterrichts wird eine Schülerin oder ein Schüler nur dann durch abschließenden Bescheid des Schulamtes nicht zum Besuch der Schule der gewählten Schulform zugelassen, wenn die in Absatz 7 genannten Personen einstimmig davon überzeugt sind, dass die Eignung für die gewählte Schulform offensichtlich ausgeschlossen ist, die Schülerin oder der Schüler also auch nicht mit Einschränkungen für die gewählte Schulform geeignet ist. Andernfalls wird die Empfehlung der Grundschule durch die Zulassungsentscheidung des Schulamtes auf Grund des Prognoseunterrichts ersetzt.

(9) Wollen Eltern ein Kind trotz uneingeschränkter Empfehlung der Grundschule für das Gymnasium an der Hauptschule oder der Realschule oder trotz uneingeschränkter Empfehlung für die Realschule an der Hauptschule anmelden, hat die von den Eltern gewünschte weiterführende Schule sie dahingehend zu beraten, dass sie möglichst der Empfehlung folgen. Wollen die Eltern auch danach der Empfehlung der Grundschule nicht folgen, fordert die weiterführende Schule sie auf, ihr Kind zum Prognoseunterricht nach Absatz 6 anzumelden, um ihnen eine weitere Entscheidungshilfe für die Wahl der Schulform zu geben und sie damit zu ermutigen, der Empfehlung zu folgen.

§ 9 (Fn 5)
In-Kraft-Treten, Berichtspflicht

(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 2005 in Kraft.

(2) Mit dem In-Kraft-Treten tritt die Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. November 1996 (GV. NRW. S. 478), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2003 (GV. NRW. S. 413), außer Kraft.

(3) Das Ministerium überprüft die Auswirkungen dieser Verordnung und unterrichtet den Ausschuss für Schule und Weiterbildung des Landtags bis spätestens 31. Dezember 2011 über das Ergebnis der Überprüfung.

Die Ministerin
für Schule, Jugend und Kinder
des Landes Nordrhein-Westfalen

Hinweis
(Artikel 3 der Verordnung zur Änderung von Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 SchulG
v. 5. Juli 2006 (GV. NRW. S. 341))

In-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 2006 in Kraft.

(2) Abweichend von Absatz 1 tritt die Änderung des § 1 Ausbildungsordnung Grundschule am 1. August 2008 in Kraft, wenn nicht der Schulträger gemäß Artikel 5 Abs. 3 des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 27. Juni 2006 (GV. NRW. S. 278) entschieden hat, die Schulbezirke für Grundschulen bereits zum Schuljahr 2007/2008 aufzulösen.

(3) Abweichend von Absatz 1 treten die Änderungen der Anlage zur Ausbildungsordnung Grundschule am 1. Februar 2009 beginnend mit dem ersten Jahr der Schuleingangsphase in Kraft.

(4) Soweit die Änderungen der Ausbildungsordnung Grundschule und der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke bestimmen, dass die Zeugnisse über die bisherigen Regelungen hinaus Aussagen zum Arbeitsverhalten und zum Sozialverhalten enthalten, treten sie abweichend von Absatz 1 am 1. August 2007 in Kraft.

 

 

Fn 1

GV. NRW. S. 269, in Kraft getreten am 1. August 2005; geändert durch Art. 1 der VO v. 13.7.2005 (GV. NRW. S. 676), in Kraft getreten am 1. August 2005; Art. 1 der VO v. 5.7.2006 (GV. NRW. S. 341), in Kraft getreten am 1. August 2006; Art. 1 der VO v. 5. November 2008 (GV. NRW. S. 674); in Kraft getreten am 15. November 2008.

Fn 2

SGV. NRW. 223.

Fn 3

§ 5 (jetzt 6) zuletzt geändert durch Art. 1 der VO v. 5. November 2008 (GV. NRW. S. 674); in Kraft getreten am 15. November 2008.

Fn 4

§ 4 neu eingefügt durch Art. 1 der VO v. 5.7.2006 (GV. NRW. S. 341); in Kraft getreten am 1. August 2006.

Fn 5

§§ 1, 5, 7, 8 und 9 geändert durch Art. 1 der VO v. 5.7.2006 (GV. NRW. S. 341); in Kraft getreten am 1. August 2006.