Gesetz
zu dem Vertrag
zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen
und dem Landesverband
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein,
Körperschaft des öffentlichen Rechts,
dem Landesverband
der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen,
Körperschaft des öffentlichen Rechts,
und der Synagogen-Gemeinde Köln,
Körperschaft des öffentlichen Rechts

Vom 8. Juni 1993 (Fn 1)

Artikel 1

(1) Dem in Düsseldorf am 1. Dezember 1992 unterzeichneten Vertrag samt Protokollvermerk zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, K.d.ö.R., dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen, K.d.ö.R., und der Synagogen-Gemeinde Köln, K.d.ö.R., wird zugestimmt.

(2) Der Vertrag und der Protokollvermerk werden nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft (Fn 2). Der Tag, an dem der Vertrag und der Protokollvermerk nach Artikel 12 des Vertrages in Kraft treten, ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen bekannt zu machen.

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Der Kultusminister

Der Finanzminister

Vertrag

zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein - Körperschaft des öffentlichen Rechts -, dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen - Körperschaft des öffentlichen Rechts - und der Synagogen-Gemeinde Köln - Körperschaft des öffentlichen Rechts -

Präambel

Aufgrund der besonderen geschichtlichen Verantwortung des deutschen Volkes für das jüdische Leben in der Bundesrepublik Deutschland, die sich aus dem Geschehen der Jahre 1933 bis 1945 ergibt, ist es Anliegen des Landes, die jüdische Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, die ihnen nach der Tradition des Judentums obliegen.

In Anbetracht dessen und geleitet von dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Land und der jüdischen Gemeinschaft zu fördern und zu festigen, hat das Land mit Vertrag vom 1. Dezember 1992 (GV. NW. 1993 S. 314), zuletzt geändert durch Änderungsvertrag vom 31. Oktober 2006 (GV. NW. 2006 S. 617), seine Unterstützung für die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Einzelnen geregelt. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2009 (2 BvR 890/06) wurde eine erneute Anpassung des Vertrages erforderlich.

In Umsetzung dessen wird

zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft,

und

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein,
vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Oded Horowitz und
durch den Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Leonid Goldberg,

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe,
vertreten durch die Vorstandsvorsitzende Hanna Sperling und
durch das Vorstandsmitglied Sharon Fehr,

und der Synagogen-Gemeinde Köln,
vertreten durch das Vorstandsmitglied Isabella Farkas und
durch das Vorstandsmitglied Abraham Lehrer,

nachfolgend jüdische Vertragspartner genannt,

folgendes vereinbart:

Artikel 1 (Fn 4)

(1) Zur Erhaltung und Pflege des jüdischen Lebens in Nordrhein-Westfalen beteiligt sich das Land an den laufenden Ausgaben der Jüdischen Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen für deren religiöse und kulturelle Bedürfnisse und für ihre Verwaltung ab dem Haushaltsjahr 2006 mit jährlich 7 Mio. Euro.

(2) Diese Zahlungen treten an die Stelle der bisher vom Land Nordrhein-Westfalen an die Jüdischen Gemeinden und Verbände in Nordrhein-Westfalen aus dem Haushalt des Kultusministers erbrachten freiwilligen Leistungen.

(3) Der in Absatz 1 ab dem Haushaltsjahr 2006 genannte Betrag ist in seiner Höhe ab 2007 laufend den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Berechnungsgrundlage für die Anpassung der Landesleistung ist die Besoldung eines Landesbeamten in der Besoldungsstufe A 13 (verheiratet, 2 Kinder, Stufe 7).

(4) Die Landesleistung wird mit je einem Viertel des Jahresbeitrages jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November gezahlt.

Artikel 2 (Fn 6)

(1) Die Landesleistung wird nach Maßgabe von Artikel 3 auf die Landesverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie auf die Synagogen-Gemeinde Köln einerseits und auf nicht verbandsangehörige jüdische Gemeinden in Nordrhein-Westfalen andererseits als Leistungsempfänger verteilt. Die Vertragspartner bestimmen die Verteilung der ihnen zukommenden Landesleistung untereinander selbständig.

(2) Soweit die jüdischen Vertragspartner dem Land nicht bis zum 31.Dezember des Vorjahres eine einvernehmliche Mitteilung über die Verteilung der Landesleistung machen, erfolgt die Verteilung der Landesleistung auf die Vertragspartner auf Grundlage der Mitgliederstatistik der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST) für das vorvergangene Jahr.

(3) Leistungsempfänger für die verbandsangehörigen Gemeinden sind die beiden Landesverbände und die Synagogen-Gemeinde. Sie tragen gegenüber dem Land die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Verwendung der Mittel.

Die Leistungsempfänger haben die zweckentsprechende Mittelverwendung durch Prüfung der Jahresrechnung seitens eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers zu bestätigen. Ausgenommen sind davon Körperschaften des öffentlichen Rechts, sofern sie über eine den staatlichen Standards im Wesentlichen vergleichbare unabhängige Rechnungsprüfung verfügen.

Artikel 3 (Fn 6)

(1) Grundlage für die Verteilung der Landesleistung zwischen den Vertragspartnern einerseits und weiteren, nicht verbandsangehörigen Gemeinden andererseits nach Abs. 2 ist die Gesamtzahl der Mitglieder aller Leistungsberechtigten. Die gemäß Art. 1 vom Land zur Verfügung zu stellende Gesamtsumme wird durch die Gesamtzahl der Mitglieder aller Leistungsberechtigten geteilt (Summe pro Mitglied). Die Summe pro Mitglied wird mit der Gesamtzahl der Mitglieder der Vertragspartner (Anteil der Vertragspartner) bzw. mit der Zahl der Mitglieder der einzelnen leistungsberechtigten nicht verbandsangehörigen Gemeinde multipliziert (jeweiliger Anteil der nicht verbandsangehörigen Gemeinde). Maßgeblich für den Mitgliederstand ist die Mitgliederstatistik der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST) für das vergangene Jahr vor Antragstellung.
Es werden nur Mitglieder berücksichtigt, die in Nordrhein-Westfalen ihren ersten Wohnsitz haben.

(2) Die Zahlung an nicht verbandsangehörige jüdische Gemeinden aus Nordrhein-Westfalen erfolgt durch das Land. Eine Gruppierung wird als jüdische Gemeinde unterstützt, wenn sie

a) mindestens fünf Jahre besteht,
b) über mindestens 70 jüdische Mitglieder mit erstem Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen verfügt,
c) ein lebendiges Gemeindeleben aufweist, insbesondere regelmäßige wöchentliche Gottesdienste durchführt,
d) eine ordnungsgemäße Satzung im Sinne der staatlichen Rechtsordnung hat,
e) ordnungsgemäß bestellte Vertretungsorgane hat,
f) im Rechtsverkehr durch privatrechtliche Organisationsform oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts voll rechtsfähig ist,
g) durch eine der Richtungen, für die eine mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland verbundene deutsche Rabbinerkonferenz besteht, oder auf anderweitige nachweisbare Weise Anerkennung im Judentum und seiner Tradition erfahren hat,
h) rechtstreu ist, insbesondere die grundlegenden Prinzipien des Grundgesetzes und der Landesverfassung achtet und
i) Kultussteuer erhebt oder eine andere Art von nicht unerheblicher Eigenfinanzierung durch ihre Mitglieder vorweist.

(3) Bei Mehrfachmitgliedschaft erfolgt eine anteilige Aufteilung der Gelder.

(4) Die von den leistungsberechtigten Gemeinden geltend gemachten Mitgliederzahlen sind glaubhaft zu machen.

Artikel 4

Das Land fördert weiterhin neben den Leistungen nach Artikel 1 eine der jüdischen Tradition entsprechende Erhaltung und Pflege der geschlossenen jüdischen Friedhöfe in Nordrhein-Westfalen.

Artikel 5 (Fn 6)

Das Land wird sich gegenüber den Gemeinden dafür einsetzen, daß den Jüdischen Kultusgemeinden der Bestand an Friedhöfen und das Anlegen von Friedhöfen im Gemeindegebiet ermöglicht werden. Das Land wird die Anlage von Friedhöfen nach den Möglichkeiten des Landeshaushalts fördern.

Artikel 6

Das Land fördert ungeachtet der übrigen Vereinbarungen dieses Vertrages nach den Möglichkeiten des Landeshaushalts die Errichtung und den Erhalt von Räumlichkeiten und Anlagen, die den Kultus-, Seelsorge- und Sozialaufgaben Jüdischer Gemeinden dienen, soweit die Gemeinden nicht genügend Eigenmittel zur Verfügung haben.

Artikel 7

Das Land gewährleistet den Fortbestand der im Gesetz über die Sonn- und Feiertage zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages geltenden Regelung über den Schutz jüdischer Feiertage und die Ansprüche der bekenntniszugehörigen Beamten und Arbeitnehmer der öffentlichen und privaten Betriebe und Verwaltungen auf Freistellung.

Artikel 8

Die Jüdische Gemeinschaft ist berechtigt, an der Erwachsenenbildung mit eigenen Einrichtungen teilzunehmen. Diese werden in die finanzielle Förderung der Erwachsenenbildung durch das Land einbezogen.

Artikel 9

Das Land wird sich bemühen, die jetzigen gesetzlichen Regelungen über angemessene Sendezeiten für jüdische religiöse Sendungen und über eine angemessene Repräsentanz von Mitgliedern in Rundfunkgremien, die aus den Jüdischen Kultusgemeinden entsandt worden sind, beizubehalten.

Artikel 10

Die Landesregierung und die Jüdische Gemeinschaft werden regelmäßige Begegnungen zur Pflege ihrer Beziehungen anstreben.

Artikel 11

(1) Die Vertragschließenden werden in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

(2) Die Vertragschließenden sind sich bewußt, daß der Vertrag auf der Grundlage der derzeitigen Verhältnisse geschlossen wird. Bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse werden sich die Vertragschließenden um eine angemessene Anpassung bemühen.

Artikel 12 (Fn 3)

Der Vertrag wird vorbehaltlich der Bestätigung durch ein Landesgesetz geschlossen.

Er tritt mit dem Tag in Kraft, an dem dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen und der Synagogen-Gemeinde Köln die Erklärung des Landes Nordrhein-Westfalen zugegangen ist, daß die Vereinbarung durch Landesgesetz bestätigt worden ist.

Zu Urkundenzwecken ist der Vertrag in vierfacher Unterschrift unterzeichnet worden.

Protokollvermerk

Über die Anwendung des Vertrages zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen und der Synagogen-Gemeinde Köln treffen die Vertragschließenden folgende Feststellungen:

Zu Artikel 3 (Fn 7)

Die Aufteilung zwischen den jüdischen Vertragspartnern und den nicht verbandsangehörigen jüdischen Gemeinden „Liberale Jüdische Gemeinde Ruhrgebiet Perusch“ in Oberhausen, „Jüdische Gemeinde „haKochaw“ e. V.“ in Unna und „Jüdische Liberale Gemeinde Köln Gescher LaMassoret e. V.“ erfolgt bis Ende 2017 derart, dass ein Prozent der nach Art. 1 Abs. 1 gezahlten Gesamtsumme einbehalten und vom Land an den Landesverband der liberalen jüdischen Gemeinden ausgezahlt wird. Art. 11 Abs. 2 ist jederzeit Grundlage dieser Regelung.

Zu Artikel 4 (Fn 5)

Es besteht Einvernehmen darüber, daß der gegenwärtige Umfang staatlicher Förderung für die geschlossenen jüdischen Friedhöfe erhalten bleibt (ohne Berücksichtigung besonderer Denkmalförderungsprogramme).

Zu Artikel 6 (Fn 5)

Es besteht Einvernehmen darüber, daß das Land weiterhin die Sicherheitsmaßnahmen an jüdischen Einrichtungen im notwendigen Umfang mitfinanziert. Zusätzlich zur Erstausstattung ersetzt das Land den jüdischen Vertragspartnern aufgewandte Mittel für Ersatzbeschaffung und Wartung im Bereich Sicherheit sowie Sachleistungen im Zusammenhang mit Wachdiensten bis zu einem Betrag von 2 Millionen Euro jährlich. Die Regelungen für die Erstattung werden im Benehmen mit den jüdischen Vertragspartnern festgesetzt.

Zu Artikel 8

Voraussetzung für die Förderung ist, daß die zu fördernden Einrichtungen die für das Land Nordrhein-Westfalen geltenden Bewilligungsbedingungen für die staatliche Förderung der Erwachsenenbildung erfüllen.

Zu Artikel 9

Das Land verpflichtet sich, bei einer Änderung der gegenwärtigen gesetzlichen und staatsvertraglichen Regelungen über Sendezeiten für religiöse Sendungen und über die Repräsentanz von Religionsgemeinschaften in Rundfunkgremien den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Maßstab für die Gleichbehandlung ist die gegenwärtige Rechtslage in Nordrhein-Westfalen.

 

Zusatz:

Bekanntmachung
des Inkrafttretens des Vertrages zwischen
dem Land Nordrhein-Westfalen und dem
Landesverband der Jüdischen Gemeinden
von Nordrhein, Körperschaft des
öffentlichen Rechts, dem Landesverband der
Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen,
Körperschaft des öffentlichen Rechts, und der
Synagogen-Gemeinde Köln,
Körperschaft des öffentlichen Rechts

Vom 17. August 1993 (Fn 1)

Aufgrund des Artikels 2 des Gesetzes zu dem Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, Körperschaft des öffentlichen Rechts, dem Landesverband der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, und der Synagogen-Gemeinde Köln, Körperschaft des öffentlichen Rechts, vom 8. Juni 1993 (GV. NW. S. 314) (Fn 2) wird hiermit bekanntgemacht, daß der Vertrag und der Protokollvermerk nach Artikel 12 des Vertrages am 3. August 1993 in Kraft getreten sind.

Düsseldorf, den 17. August 1993

Der Stellvertreter
des Ministerpräsidenten
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fn1

GV. NW. 1993 S. 589.

Fn2

SGV. NW. 222.

 

 

Fn 1

GV. NW. 1993 S. 314, geändert durch Gesetz v. 15. 4. 1997 (GV. NW. S. 74), 3.7.2001 (GV. NRW. S. 457); Gesetz z. 3. Änd.Vertrag v. 12.12.2006 (GV. NRW. S. 617), in Kraft getreten am 28. Dezember 2006; Gesetz zum Vierten Änderungsvertrag vom 5. November 2013 (GV. NRW. S. 627), in Kraft getreten am 23. November 2013.

Fn 2

GV. NW. ausgegeben am 1. Juli 1993.

Fn 3

siehe hierzu Bek. v. 17.8.1993 (GV. NW. S. 589).

Fn 4

Artikel 1 zuletzt geändert durch Gesetz v. 5. November 2013 (GV. NRW. S. 627), in Kraft getreten am 23. November 2013.

Fn 5

Protokollvermerk zu Artikel 4 und 6 zuletzt geändert durch Gesetz v. 5. November 2013 (GV. NRW. S. 627), in Kraft getreten am 23. November 2013.

Fn 6

Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 5 geändert durch Gesetz v. 5. November 2013 (GV. NRW. S. 627), in Kraft getreten am 23. November 2013.

Fn 7

Protokollerklärung zu Artikel 3 eingefügt durch Gesetz v. 5. November 2013 (GV. NRW. S. 627), in Kraft getreten am 23. November 2013.