Verordnung
über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamten im Land Nordrhein-Westfalen
(Arbeitszeitverordnung Polizei - AZVOPol)
Vom 5. Mai 2017 (Fn 1)
Auf Grund des § 110 Absatz 3 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) verordnet das Ministerium für Inneres und Kommunales:
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Geltungsbereich
Diese Verordnung gilt für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen.
§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist
1. die Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende des Dienstes ohne die Ruhepausen,
2. die Mehrarbeit jeder im Einzelfall aus zwingenden dienstlichen Gründen angeordnete oder genehmigte Dienst, der über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet wird gemäß § 61 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642),
3. die Ruhepause eine Unterbrechung der Arbeitszeit, in der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte keinen Dienst leisten und sich auch nicht dafür bereithalten müssen,
4. die Ruhezeit jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit,
5. der Schichtdienst der Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit vorsieht,
6. der Wechselschichtdienst ein Schichtdienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in wechselnden Arbeitsschichten vorsieht, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird,
7. ein Schichtdienstmodell eine schematische Festlegung der Lage, der Dauer und der Verteilung der Dienstzeiten innerhalb fester Zeitabschnitte,
8. der Nachtdienst der zum überwiegenden Teil im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zu leistende Dienst zwischen 20 Uhr und 6 Uhr,
9. die Nachtschicht eine Schicht, die mindestens die Zeit von 0 Uhr bis 5 Uhr einschließt,
10. die Rufbereitschaft die Pflicht, sich im Interesse des Dienstes außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit jederzeit erreichbar bereitzuhalten, um auf Abruf den Dienst aufzunehmen,
11. der Bereitschaftsdienst die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer dienstlich festgelegten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen,
12. die flexible Arbeitszeit die Arbeitszeit, bei der die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen täglichen Arbeitszeit selbst entscheiden, und
13. die Dienstvereinbarung eine Vereinbarung nach § 70 des Landespersonalvertretungsgesetzes vom 3. Dezember 1974 (GV. NRW. S. 1514), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 410) geändert worden ist.
§ 3
Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten beträgt, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist, durchschnittlich 41 Stunden.
(2) Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf 48 Stunden einschließlich der Mehrarbeitsstunden durchschnittlich nicht überschreiten. Vorbehaltlich der Regelungen in § 65 und § 66 Absatz 2 des Landesbeamtengesetzes ist für die Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit grundsätzlich ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen. Zeiten des Erholungsurlaubs sowie der Dienstunfähigkeit bleiben bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt.
(3) Die tägliche Arbeitszeit soll zehn Stunden nicht überschreiten. Das für Inneres zuständige Ministerium kann für einzelne Dienstzweige, Dienststellen oder Teile von Dienststellen eine abweichende Regelung treffen oder zulassen, wenn die dienstlichen Verhältnisse sie zwingend erfordern und ein angemessener Schutz der Gesundheit gewährleistet wird.
§ 4
Abweichung von der regelmäßigen Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Absatz 1 beträgt mit Ablauf des Tages der Vollendung
1. des 55. Lebensjahres durchschnittlich 40 Stunden,
2. des 60. Lebensjahres durchschnittlich 39 Stunden.
(2) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Absatz 1 beträgt für schwerbehinderte Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte im Sinne des § 2 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, 1047), das zuletzt durch Artikel 165 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBL. I S. 626) geändert worden ist,
1. ab dem Grad der Behinderung von mindestens 50 durchschnittlich 39 Stunden und 50 Minuten,
2. ab dem Grad der Behinderung von mindestens 80 durchschnittlich 39 Stunden.
Satz 1 gilt ab dem Ersten des Monats, in dem der zuständigen Dienstbehörde der Nachweis über den Grad der Behinderung vorgelegt wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. § 116 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. Wird die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach § 69 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch rückwirkend festgestellt, so ist abweichend von Satz 2 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab diesem Zeitpunkt zu reduzieren, längstens jedoch fünf Wochen rückwirkend zu dem Tag, an dem der Dienststelle der Nachweis über den Grad der Behinderung vorgelegt wird. Die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten sind verpflichtet, jede Änderung unverzüglich anzuzeigen und auf Verlangen entsprechende Nachweise zu erbringen. Soweit es auf die regelmäßige tägliche Arbeitszeit ankommt, ist der durchschnittlich auf einen Arbeitstag entfallende Teil der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zugrunde zu legen. § 81 Absatz 4 Satz 1 Nummer 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.
(3) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Absatz 1 ermäßigt sich bei Teilzeitbeschäftigung im bewilligten Umfang. Sofern zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, kann die Arbeitsleistung dabei auch ungleichmäßig auf die Arbeitstage einer oder mehrerer Wochen verteilt werden. Sie muss jedoch innerhalb des in § 3 Absatz 2 Satz 2 genannten Bezugszeitraums erbracht werden.
(4) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Absatz 1 vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, um den durchschnittlich auf diesen Tag entfallenden Teil der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Ist die regelmäßige Arbeitsleistung ungleichmäßig auf die Arbeitstage einer oder mehrerer Wochen verteilt, vermindert sie sich um die Stundenzahl, die regelmäßig an diesem Wochentag geleistet wird oder geleistet worden wäre.
(5) Einer Polizeivollzugsbeamtin oder einem Polizeivollzugsbeamten kann im Anschluss an eine länger dauernde Erkrankung vorübergehend für die Dauer von bis zu sechs Monaten eine Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit unter Fortzahlung der Dienstbezüge bewilligt werden, wenn dies nach ärztlicher Feststellung aus gesundheitlichen Gründen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess geboten ist (Arbeitsversuch). In begründeten Ausnahmefällen kann der Arbeitsversuch nach Satz 1 für die Dauer von bis zu zwölf Monaten erfolgen, wenn dies nach polizeiärztlicher Feststellung aus gesundheitlichen Gründen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess geboten ist. § 115 des Landesbeamtengesetzes bleibt unberührt.
§ 5
Arbeitstag
(1) Arbeitstage sind grundsätzlich die Tage Montag bis Freitag.
(2) Arbeitstag kann jedoch auch ein Samstag, Sonntag oder Feiertag sein, soweit die dienstlichen Verhältnisse dies für einzelne Verwaltungszweige, Dienststellen, Teile von Dienststellen oder für bestimmte einzelne Tätigkeiten zwingend erfordern. In diesem Fall soll die als Ausgleich zu gewährende Freizeit zusammenhängend gewährt werden.
§ 6
Ruhepausen
(1) Der Dienst ist bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden durch Ruhepausen von insgesamt mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden durch Ruhepausen von insgesamt mindestens 45 Minuten zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. § 81 Absatz 4 Satz 1 Nummer 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.
(2) Die Pausenzeiten werden nicht auf die Arbeitszeit angerechnet.
(3) Das für Inneres zuständige Ministerium oder die von ihm hierzu bestimmte Behörde kann abweichende Regelungen zulassen, wenn zwingende dienstliche Belange es erfordern und ein angemessener Ausgleich oder Schutz der Gesundheit gewährleistet wird.
§ 7
Ruhezeit
(1) Den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ist nach Beendigung des täglichen Dienstes pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren.
(2) Pro Siebentageszeitraum ist eine kontinuierliche Mindestruhezeit von durchschnittlich 24 Stunden zuzüglich der täglich Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Für die durchschnittliche Berechnung der wöchentlichen Ruhezeit ist grundsätzlich ein Zeitraum von 14 Tagen zugrunde zu legen.
§ 8
Rufbereitschaft
(1) Rufbereitschaft ist von der dienstvorgesetzten Stelle anzuordnen und soll innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen eine Woche nicht überschreiten. Im Ausnahmefall kann Rufbereitschaft bis durchschnittlich vier Wochen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten angeordnet werden. Die Anordnungsbefugnis kann die dienstvorgesetzte Stelle auf Vorgesetzte übertragen.
(2) Zeiten einer Rufbereitschaft sind mit Ausnahme der Zeiten der Heranziehung zur Dienstleistung keine Arbeitszeit. Sie werden zu einem Achtel als geleisteter Dienst gewertet und sind durch Freizeitausgleich auszugleichen. Bei flexibler Arbeitszeit gemäß § 23 werden sie dem Stundenkonto gutgeschrieben.
(3) Zeiten der Heranziehung zur Dienstleistung werden einschließlich der Wegezeiten mit ihrer tatsächlichen Dauer als Arbeitszeit berücksichtigt.
§ 9
Arbeitszeit in Form der Bereitschaft
(1) Bereitschaftsdienst darf nur angeordnet werden, wenn zwingende dienstliche Gründe vorliegen. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäß § 3 Absatz 2 darf nicht überschritten werden.
(2) Die Entscheidung über die Anordnung von Bereitschaftsdienst obliegt der dienstvorgesetzten Stelle. Diese kann die Befugnis auf Vorgesetzte übertragen.
(3) Zeiten des Bereitschaftsdienstes werden als Arbeitszeit gewertet und mit Ausnahme der Ruhepausen gemäß § 6 und Ruhezeiten gemäß § 7 bei fester Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei flexibler Arbeitszeit gemäß § 23 dem Stundenkonto gutgeschrieben. § 10 bleibt unberührt.
§ 10
Mehrarbeit
(1) Die Anordnung und Genehmigung von Mehrarbeit gemäß § 61 des Landesbeamtengesetzes muss sich auf zwingende Ausnahmefälle beschränken. Vor der Anordnung von Mehrarbeit sind im Rahmen des § 23 die Instrumente der flexiblen Arbeitszeitgestaltung auszuschöpfen. Eine allgemeine Anweisung hinsichtlich künftiger oder bereits geleisteter Mehrarbeit allein genügt nicht. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäß § 3 Absatz 2 darf nicht überschritten werden.
(2) Die Entscheidung über die Anordnung von Mehrarbeit obliegt der dienstvorgesetzten Stelle. Die Befugnis kann bei den Landesoberbehörden auf die Ebene der Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter übertragen werden. Bei den Kreispolizeibehörden kann die Befugnis auf die Ebene der Direktionsleiterinnen und Direktionsleiter übertragen werden. § 72 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes bleibt unberührt.
§ 11
Dienstreisen und Dienstgänge
(1) Bei Dienstreisen, Dienstgängen, eintägigen Fortbildungen und An- und Abreisetagen von mehrtägigen Fortbildungen werden Zeiten der Erledigung des Dienstgeschäfts innerhalb des am jeweiligen Tag geltenden Arbeitszeitrahmens mit ihrer tatsächlichen Dauer berücksichtigt.
(2) Im Übrigen wird bei mehrtägigen Fortbildungen die regelmäßige tägliche Arbeitszeit für jeden Fortbildungstag berücksichtigt. Für teilzeitbeschäftigte Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte wird der auf diesen Tag entfallende Teil der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollbeschäftigung berücksichtigt. Sollte ausnahmsweise an diesen Tagen die Gesamtdauer der Fortbildung abzüglich der Pausenzeiten über die Summe der für diese Tage vorgesehenen regelmäßigen Arbeitszeit hinausgehen, wird die überschreitende Zeit ebenfalls berücksichtigt.
(3) Reisezeiten werden bei Dienstreisen, an der Dienststelle beginnenden oder endenden Dienstgängen, eintägigen Fortbildungen und An- und Abreisetagen von mehrtägigen Fortbildungen innerhalb des am jeweiligen Tag geltenden Arbeitszeitrahmens mit ihrer tatsächlichen Dauer berücksichtigt.
(4) Überschreiten Zeiten der Erledigung des Dienstgeschäfts den geltenden Arbeitszeitrahmen, so werden sie mit ihrer tatsächlichen Dauer als Arbeitszeit berücksichtigt. Die den geltenden Arbeitszeitrahmen überschreitenden Reisezeiten werden mit der Hälfte ihrer tatsächlichen Dauer als Arbeitszeit gewertet. Satz 2 gilt nicht für einsatzbedingte Reisezeiten.
(5) Die Reisezeiten werden durch Freizeitausgleich entschädigt. Bei flexibler Arbeitszeit gemäß § 23 sind sie dem Stundenkonto gutzuschreiben.
(6) Das Nähere kann durch das für Inneres zuständige Ministerium geregelt werden.
§ 12
Arztbesuche
(1) Zeiten eines Arztbesuchs einschließlich Wegezeiten können durch die dienstvorgesetzte Stelle ausnahmsweise als Anwesenheit berücksichtigt werden, wenn ansonsten die Einhaltung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit unzumutbar erschwert wird.
(2) Zeiten eines dienstlich angeordneten Arztbesuchs einschließlich Wegezeiten werden mit ihrer tatsächlichen Dauer als Arbeitszeit berücksichtigt.
(3) Das Nähere kann durch das für Inneres zuständige Ministerium geregelt werden.
§ 13
Ort und Zeit der Dienstleistung
Der Dienst ist grundsätzlich an der Dienststelle und innerhalb der Arbeitszeit zu leisten, soweit nicht eine andere Regelung erforderlich oder zweckmäßig ist. Bei Telearbeit kann von Satz 1 abgewichen werden, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Entscheidung hierüber obliegt der dienstvorgesetzten Stelle.
§ 14
Nachtdienst
(1) Der Nachtdienst soll acht Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum nicht überschreiten.
(2) Der besonderen Beanspruchung der Arbeitskraft durch Nachtdienst ist bei der Dienstgestaltung Rechnung zu tragen.
§ 15
Dienstfreie Zeit
(1) Am 24. Dezember und 31. Dezember entfällt der Dienst, soweit es die dienstlichen Verhältnisse zulassen. Kann der Dienst aus dienstlichen Gründen nicht entfallen, ist an einem anderen Tag Freizeitausgleich im Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit zu gewähren.
(2) Dienstfreie Zeit darf ausnahmsweise durch die dienstvorgesetzte Stelle angeordnet werden, wenn hierzu aufgrund örtlicher Gegebenheiten Anlass besteht. Für alle anderen Anlässe darf nur das für Inneres zuständige Ministerium dienstfreie Zeit anordnen.
Abschnitt 2
Besondere Bestimmungen für den Schichtdienst
§ 16
Anwendungsbereich
(1) Für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten im Schichtdienst gelten die Vorschriften dieser Verordnung mit Ausnahme des § 23, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist.
(2) Die dienstvorgesetzte Stelle legt fest, für welche Personengruppen, Funktionen, Organisationseinheiten oder Teilen von diesen der Dienst als Schichtdienst zu organisieren ist.
(3) Aus dienstlichen Gründen kann durch die dienstvorgesetzte Stelle angeordnet werden, dass einzelne Beamtinnen und Beamte oder Gruppen von diesen vorübergehend innerhalb der flexiblen Arbeitszeit im Sinne des § 23 Dienst zu leisten haben.
§ 17
Elektronisches Schichtdienstsystem
Die Behörden nutzen zur Organisation und Durchführung des Schichtdienstes ein landesweit einheitliches elektronisches System. Das Nähere regelt das für Inneres zuständige Ministerium. Es kann die Befugnis nach Satz 2 ganz oder in Teilen auf nachgeordnete Landesoberbehörden übertragen.
§ 18
Festlegung von Schichtdienstmodellen
(1) Die Einführung der auf die speziellen Anforderungen einer Behörde und der dortigen Beschäftigten ausgelegten Schichtdienstmodelle ist Aufgabe der dienstvorgesetzten Stelle.
(2) Die Behörden legen in Dienstvereinbarungen Schichtdienstmodelle fest. Eine Behörde kann mehrere Schichtdienstmodelle für unterschiedliche Organisationseinheiten oder Teile von diesen vorsehen. Der Einführung neuer Schichtdienstmodelle soll möglichst eine Erprobungszeit vorausgehen.
(3) Bei der Gestaltung der Schichtdienstmodelle sind auch zeitunterdeckende Schichtdienstplanungen möglich.
§ 19
Notwendige Anforderungen an Schichtdienstmodelle
(1) Zulässig ist ein Schichtdienstmodell nur, wenn der zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben erforderliche Dienstbetrieb gewährleistet ist und die in Absatz 2 aufgeführten Voraussetzungen eingehalten werden.
(2) Schichtdienstmodelle müssen zwingend nachfolgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Schichtdienste dürfen nur vorwärts rotieren (Schichtrichtung: Früh-Spät-Nacht).
2. Es sollen nicht mehr als fünf Schichten aufeinander folgen, mehr als sieben Schichten dürfen nicht aufeinander folgen.
3. Dienstfreie Zeiten sollen im Block gewährt werden und nicht als einzelne Tage.
4. Die Dienstplanungen werden mindestens sieben Tage im Voraus verbindlich.
5. Die Schichtlängen sollen mindestens sechs Stunden und nicht mehr als acht Stunden betragen.
6. Es sollen nicht mehr als drei Nachtschichten aufeinander folgen, mehr als vier Nachschichten dürfen nicht aufeinander folgen. § 14 ist zu beachten. Eine Frühschicht darf nicht in den Zeitraum einer Nachschicht gemäß § 2 Nummer 9 hineinragen.
7. Die Ruhezeiten gemäß § 7 sind zu gewährleisten.
(3) In die Organisation des Schichtdienstes sollen arbeitswissenschaftliche und arbeitsmedizinische Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit einbezogen werden.
(4) Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte haben in acht Wochen Anspruch auf wenigstens zwei dienstfreie Tage an einem Sonntag. Hiervon darf nur ausnahmsweise durch die dienstvorgesetzte Stelle aus zwingenden dienstlichen Gründen mit der Maßgabe abgewichen werden, dass der dienstfreie Sonntag später zu gewähren ist.
§ 20
Unterbrechung im Schichtdienst
Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte, die sich zur unmittelbaren Einsatzwahrnehmung bereithalten müssen, richten Erholungsphasen im Umfang des § 6 Absatz 1 während der Dienstzeit ein, soweit die Aufgabenerfüllung dies zulässt.
§ 21
Dienstbefreiung bei Schichtdienst
(1) Polizeivollzugbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte, die ständig Schichtdienst leisten und denen die Zulage nach § 20 Absatz 1 oder 2 der Erschwerniszulagenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3497), die zuletzt durch Artikel 67 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818) und durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 452) geändert worden ist, in Verbindung mit § 92 Absatz 1 Nummer 2 des Landesbesoldungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 7.April 2017 (GV. NRW. S. 414) geändert worden ist zusteht, erhalten
1. bei Wechselschichtdienst für je zwei zusammenhängende Monate oder
2. bei Schichtdienst für je vier zusammenhängende Monate
einen Arbeitstag Dienstbefreiung. Im Fall des Satz 1 Nummer 2 erhalten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte einen zusätzlichen Arbeitstag Dienstbefreiung, sofern sie innerhalb eines Jahres mindestens 450 Stunden in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr geleistet haben.
(2) Im Falle nicht ständigen Schichtdienstes (zum Beispiel ständige Vertreterinnen und Vertreter) erhalten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte einen Arbeitstag Dienstbefreiung für
1. je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtdienst geleistet haben, oder
2. je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtdienst geleistet haben.
(3) Es gelten die entsprechenden Bestimmungen zum Erholungsurlaub nach der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 10. Januar 2012 (GV. NRW. S. 2, ber. S. 92), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 452) geändert worden ist, mit Ausnahme von § 18 Absatz 3 der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW.
Hinweis: § 21 tritt am 1. Januar 2018 in Kraft (siehe § 28 Absatz 2).
§ 22
Ergänzende Bestimmungen
(1) Bei Wechselschichtdienst beträgt der Bezugszeitraum abweichend von § 3 Absatz 2 Satz 2 sechs Monate.
(2) Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, die mit Schichtbeginn die sofortige Einsatzbereitschaft im Wachdienst hergestellt und bis zum Ende dieser Schicht beibehalten haben müssen, wird für jede geleistete Schicht nachträglich pauschal ein zeitlicher Aufwandsausgleich in Höhe von 12 Minuten gewährt. Das für Inneres zuständige Ministerium konkretisiert den Begünstigtenkreis nach Satz 1 abschließend durch Erlass. Die Länge der einzelnen Schicht verlängert sich durch die Gewährung dieses zeitlichen Aufwandsausgleiches nicht.
(3) Das für Inneres zuständige Ministerium kann ergänzende und konkretisierende Bestimmungen zum Schichtdienst treffen.
Abschnitt 3
Besondere Arbeitszeitregelungen
§ 23
Flexible Arbeitszeit
Die Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit der Arbeitszeitverordnung vom 4. Juli 2006 (GV. NRW. S. 335), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 25. Oktober 2016 (GV. NRW.S. 861) geändert worden ist, gelten entsprechend.
§ 24
Einzelfallregelungen
Das für Inneres zuständige Ministerium kann für Personengruppen, Funktionen, Organisationseinheiten oder Teilen von diesen eine abweichende Regelung treffen oder zulassen, wenn die dienstlichen Verhältnisse sie zwingend erfordern. Es ist eine gleichwertige Ausgleichsruhezeit oder, soweit die Gewährung solcher Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, ein angemessener Schutz zu gewähren.
§ 25
Abweichung von Bezugszeiträumen durch Dienstvereinbarung
(1) Durch Dienstvereinbarung in den Behörden kann der Bezugszeitraum
1. in § 3 Absatz 2 Satz 2 auch für andere Schichtdienste als die in § 22 Absatz 1 genannten bis auf längstens sechs Monate, sowie
2. in § 7 Absatz 2 Satz 2 bis auf längstens 52 Wochen,
verlängert werden.
(2) Abweichungen nach Absatz 1 sind nur zulässig, wenn gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder, soweit die Gewährung solcher Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, ein angemessener Schutz gewährt werden. Die Dienstvereinbarungen sind dem für Inneres zuständigen Ministerium zur Information vorzulegen.
§ 26
Arbeitszeit bei besonderen Ereignissen und kollektiven Gefahren
(1) Bei plötzlich eintretenden, nicht konkret vorhersehbaren Ereignissen, die polizeiliche Maßnahmen erfordern, kann von §§ 6, 7 Absatz 1 und 2 sowie § 14 Absatz 1 abgewichen werden, soweit die Aufgabenbewältigung es zwingend erfordert.
(2) Abweichungen nach Absatz 1 sind auf das notwendige unaufschiebbare Maß zu begrenzen. Die dienstvorgesetzte Stelle hat dabei zu prüfen, ob für einzelne Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte oder Gruppen von diesen zur Aufgabenbewältigung zeitlich begrenzte besondere Arbeitszeitmodelle anzuordnen sind. Diese kann die Befugnis auf Vorgesetzte übertragen. Im Anschluss an die Abweichungen nach Absatz 1 sind gleichwertige Ausgleichsruhezeiten zu gewährleisten.
(3) Soweit im Ausnahmefall bestimmte spezifische Tätigkeiten, die dem Schutz der Bevölkerung oder des Allgemeinwohls zur Abwehr schwerwiegender kollektiver Gefahrensituationen dienen, der Anwendung von Regelungen dieser Verordnung zwingend entgegenstehen, kann von dieser Verordnung abgewichen werden. Ein angemessener Schutz der Gesundheit ist in diesen Ausnahmefällen sicherzustellen.
§ 27
Experimentierklausel
(1) Zur Erprobung weitergehender Arbeitszeitmodelle, insbesondere von Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten, kann das für Innere zuständige Ministerium von den Bestimmungen dieser Verordnung zeitlich begrenzte Ausnahmen zulassen.
(2) Führt die Erprobung zu einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, sind die Arbeitszeitmodelle umgehend anzupassen.
§ 28
Inkrafttreten, Übergangsregelung
(1) Diese Verordnung tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Juli 2017 Kraft
(2) § 21 tritt am 1. Januar 2018 in Kraft. Bis zum Inkrafttreten des § 21 ist § 8a der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 15. August 1975 (GV. NRW. S. 532), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. September 2013 (GV. NRW. S. 557), anzuwenden.
(3) Bestehende Schichtdienstmodelle sind auf ihre Vereinbarkeit mit den Rahmenbedingungen des § 19 Absatz 2 zu überprüfen und bei Unvereinbarkeit mit diesen bis zum 1. Januar 2018 anzupassen.
Der Minister
für Inneres und Kommunales
des Landes Nordrhein-Westfalen
In Kraft getreten am 1. Juli 2017 (GV. NRW. S. 576). |