Verordnung
über die Ausbildung für die Laufbahn des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen
und Justizwachtmeister des Landes Nordrhein-Westfalen
(Ausbildungsordnung Justizwachtmeister NRW – AOJW NRW)
Vom 16. November 2017 (Fn 1)
(Artikel 1 der Verordnung vom 16. November 2017 (GV. NRW. S. 859))
Auf Grund des § 7 Absatz 2 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) verordnet das Ministerium der Justiz im Einvernehmen mit den Ministerien des Innern und der Finanzen:
Inhaltsübersicht
§ 1 Erwerb der Befähigung
§ 2 Voraussetzungen der Einstellung
§ 3 Bewerbung und Einstellung
§ 4 Dienstverhältnis, Dienstbezeichnung, Bezüge
§ 5 Dauer des Vorbereitungsdienstes
§ 6 Leitung der praktischen Ausbildung
§ 7 Gestaltung der praktischen Ausbildung
§ 8 Lehrgang
§ 9 Leistungsnachweise
§ 10 Zeugnisse
§ 11 Befähigungsbericht
§ 12 Entlassung
§ 13 Inkrafttreten
§ 1
Erwerb der Befähigung
Die Befähigung für den Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister besitzt, wer einen Vorbereitungsdienst erfolgreich abgeleistet hat.
§ 2
Voraussetzungen der Einstellung
In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer
1. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zur Beamtin oder zum Beamten erfüllt,
2. über einen erfolgreichen Besuch einer Hauptschule oder einen gesetzlich als gleichwertig anerkannten Bildungsstand verfügt und
3. die für den Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister erforderliche gesundheitliche Eignung, als Schwerbehinderte oder als Schwerbehinderter das für den Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister erforderliche Mindestmaß körperlicher Rüstigkeit nachweist.
§ 3
Bewerbung und Einstellung
(1) Die Bewerberinnen und Bewerber richten ihr Gesuch an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts, in deren oder in dessen Bezirk sie eingestellt zu werden wünschen.
(2) Dem Gesuch sind beizufügen:
1. ein Lebenslauf,
2. eine Geburtsurkunde,
3. Zeugnisse und Unterlagen, durch die die Voraussetzungen des § 2 Nummer 2 nachgewiesen werden und
4. Zeugnisse über Beschäftigungen seit der Schulentlassung.
(3) Bewerberinnen und Bewerber, die bereits im Justizdienst stehen, reichen ihr Gesuch auf dem Dienstweg ein. Soweit die erforderlichen Unterlagen in den Personalakten enthalten sind, kann auf sie Bezug genommen werden. Die Leiterin oder der Leiter der Beschäftigungsbehörde hat sich eingehend über die Bewerberinnen und Bewerber zu äußern; etwaige Bedenken gegen die Einstellung in den Vorbereitungsdienst sind darzustellen.
(4) Vor der Entscheidung über ein aussichtsreiches Einstellungsgesuch fordert die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Bewerberin oder den Bewerber auf,
1. eine Erklärung abzugeben, ob sie oder er
a) vorbestraft ist und ob gegen sie oder ihn ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig ist,
b) Schulden hat, gegebenenfalls welche und
2. bei der zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der Einstellungsbehörde zu beantragen.
Gleichzeitig veranlasst die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung und Begutachtung der Bewerberin oder des Bewerbers durch das Gesundheitsamt.
§ 4
Dienstverhältnis, Dienstbezeichnung, Bezüge
(1) Die Bewerberinnen und Bewerber werden in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und leisten bei ihrem Dienstantritt den gesetzlich vorgeschriebenen Diensteid.
(2) Die Beamtinnen und Beamten führen während des Vorbereitungsdienstes die Dienstbezeichnung „Justizoberwachtmeisteranwärterin“ oder „Justizoberwachtmeisteranwärter“.
(3) Die Anwärterinnen und Anwärter erhalten Bezüge nach den geltenden Vorschriften.
§ 5
Dauer des Vorbereitungsdienstes
(1) Der Vorbereitungsdienst dauert neun Monate. Der Vorbereitungsdienst kann um höchstens sechs Monate verlängert werden, wenn die Anwärterin oder der Anwärter den Anforderungen noch nicht genügt.
(2) Bewerberinnen oder Bewerbern, die sich vor der Einberufung mindestens 18 Monate im Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister als Beschäftigte oder Beschäftigter bewährt haben, kann diese Zeit auf den Vorbereitungsdienst angerechnet werden.
(3) Krankheits- und Urlaubszeiten werden regelmäßig nur insoweit angerechnet, als sie zusammen 15 Arbeitstage nicht überschreiten.
(4) Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.
§ 6
Leitung der praktischen Ausbildung
Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts leitet die Ausbildung, bestimmt die Gerichte, bei denen die Anwärterin oder der Anwärter ausgebildet wird und überträgt die Verantwortung für die Ausbildung der Leiterin oder dem Leiter dieses Gerichts.
§ 7
Gestaltung der praktischen Ausbildung
(1) Während des Vorbereitungsdienstes sind den Anwärterinnen und Anwärtern die notwendigen Kenntnisse über die Einrichtung und die Organisation der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu vermitteln. Sie sind mit den im Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister anzuwendenden Vorschriften, insbesondere über das Zustellungswesen, den Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst, das Waffenrecht sowie über den Waffengebrauch vertraut zu machen. Die Anwärterinnen und Anwärter sind in den Dienstgeschäften des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister auf der Grundlage der hierfür erlassenen Dienstordnung praktisch auszubilden. Bis zur Dauer eines Monats sind sie in einer Justizvollzugsanstalt in den Aufgaben der Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes beim Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalens zu unterweisen. Während der Ausbildung soll Gelegenheit gegeben werden, den Dienst bei einer Staatsanwaltschaft kennenzulernen. Außerdem sollen Sicherungstechniken systematisch geübt werden. Das Nähere, insbesondere Zeit, Häufigkeit und Dauer, regelt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts nach den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten.
(2) Während des Vorbereitungsdienstes können Anwärterinnen und Anwärter zum Zwecke der gemeinsamen Ausbildung bei einem dafür geeigneten Gericht bis zu drei Monate zusammengefasst werden, wenn und soweit dies im Interesse einer sachgemäßen Ausbildung zweckmäßig ist.
(3) Die praktische Ausbildung der Anwärterinnen und Anwärter erfolgt unter der Anleitung und Aufsicht einer geeigneten Beamtin oder eines geeigneten Beamten des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister.
§ 8
Lehrgang
(1) Die praktische Ausbildung wird durch einen Lehrgang ergänzt, der die erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln soll. Der Lehrgang wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die Leitung der Lehrgänge obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht.
(2) Der Unterricht erstreckt sich auf alle für die Tätigkeit im Dienst der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister wichtigen Gebiete. Insbesondere sind folgende Themen zu behandeln:
1. Überblick über das Verfassungs- und Beamtenrecht,
2. Überblick über die Gerichtsorganisation und die Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften,
3. Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Eingangskontrolle,
4. Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst,
5. Eigen- und Fremdsicherung,
6. Waffenrecht und Waffenkunde,
7. sonstige Aufgaben nach der entsprechenden Dienstordnung,
8.Bestimmungen über das Zustellungswesen (Zivilprozessordnung, Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO), Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt)) und die Behandlung der Postsendungen,
9. Aktenordnung - Allgemeiner Teil -,
10. Ausübung und Grenzen des unmittelbaren Zwangs,
11. Bestimmungen über die Ausstattung mit Schusswaffen und Schlagstöcken,
12. Umgang mit digitalen Funkgeräten,
13. Grundkenntnisse in Erste Hilfe,
14. Erlangung der Befähigung zur Beauftragten oder zum Beauftragten des Strahlenschutzes,
15. deeskalierende Kommunikation und
16. Grundzüge der Psychologie mit besonderem Bezug auf den Umgang mit dem Publikum und den Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch in Konfliktsituationen.
Weitere Lehrgangsthemen können in Absprache zwischen dem Ministerium der Justiz und dem Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen ergänzt werden.
(3) Den Unterricht erteilen:
1. Richterinnen und Richter,
2.Staatsanwältinnen und Staatsanwälte,
3. Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 2 des Justizdienstes,
4. Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, des Justizdienstes oder
5. Beamtinnen und Beamte des Vollzugs- und Verwaltungsdienstes in der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen.
(4) Der Lehrgang dauert mindestens acht Wochen und kann bei Bedarf in mehreren Einheiten angeboten werden. Der Unterricht wird durch Vorträge, Besprechungen und Übungen erteilt. Insgesamt sind mindestens 240 Stunden Unterricht von je 45 Minuten zu erteilen.
§ 9
Leistungsnachweise
(1) Die Anwärterinnen und Anwärter haben in dem nach § 8 vorgeschriebenen Lehrgang innerhalb der Unterrichtsstunden mindestens elf schriftliche Arbeiten zu fertigen. Die Themen sind den Aufgabengebieten des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister zu entnehmen.
(2) Die Arbeiten werden von den Lehrkräften des Lehrgangs in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft gestellt, bewertet und nach Möglichkeit anschließend mit der Anwärterin oder dem Anwärter besprochen.
(3) Die schriftlichen Arbeiten sind zu einem besonderen Aufgabenheft zu den Personalakten zu nehmen.
(4) Neben den schriftlichen Arbeiten können den Anwärterinnen und Anwärtern praktische Aufgaben gestellt werden. Ihre Bewertung ist Bestandteil der mündlichen Noten.
§ 10
Zeugnisse
(1) Die Ausbildungsleiterin oder der Ausbildungsleiter (§ 6), die ausbildende Beamtin oder der ausbildende Beamte des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister (§ 7 Absatz 3) und die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft (§ 8 Absatz 1 Satz 3 und 4) haben sich in einem eingehenden Zeugnis über Persönlichkeit, Eignung, Fähigkeiten, Kenntnisse, Leistungen, Stand der Ausbildung und Führung der Anwärterin oder des Anwärters zu äußern.
(2) Die Leistungen im Vorbereitungsdienst sind wie folgt zu bewerten:
sehr gut |
eine besonders hervorragende Leistung, |
gut |
eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung, |
vollbefriedigend |
eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung, |
befriedigend |
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht, |
ausreichend |
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht, |
mangelhaft |
eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung, |
ungenügend |
eine völlig unbrauchbare Leistung. |
(3) Jedes Zeugnis ist der Anwärterin oder dem Anwärter zur Kenntnisnahme vorzulegen. Enthält das Zeugnis Bemängelungen, ist es mit der Anwärterin oder dem Anwärter zu besprechen. Die Zeugnisse sind, gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung der Anwärterin oder des Anwärters, in einem besonderen Heft zu den Personalakten zu nehmen.
§ 11
Befähigungsbericht
(1) Vor Beendigung des Vorbereitungsdienstes berichtet die Leiterin oder der Leiter des ausbildenden Gerichts der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, ob der Vorbereitungsdienst als erfolgreich abgeleistet angesehen werden kann.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts entscheidet, ob und mit welcher Note die Anwärterin oder der Anwärter die Befähigung für die Laufbahn des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister erworben hat. Die Entscheidung ist der Anwärterin oder dem Anwärter mitzuteilen.
(3) Hält die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Anwärterin oder den Anwärter noch nicht ausreichend für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister vorbereitet, verlängert sie oder er den Vorbereitungsdienst und regelt dessen Art und Dauer nach § 5 Absatz 1 Satz 2.
(4) Eine Bewerberin oder ein Bewerber, die oder der nach § 5 Absatz 2 unmittelbar in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden soll, muss vor der Übernahme an dem Lehrgang nach § 8 erfolgreich teilgenommen haben. Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 9 und 10 finden entsprechende Anwendung. Die Bewerberin oder der Bewerber soll nach Möglichkeit bis zur Dauer eines Monats in einer Justizvollzugsanstalt in den Aufgaben der Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen, in Sicherungstechniken und in der Waffenkunde unterwiesen worden sein.
§ 12
Entlassung
(1) Erfüllt eine Anwärterin oder ein Anwärter die an sie oder ihn zu stellenden Anforderungen in körperlicher, geistiger oder charakterlicher Hinsicht nicht oder erbringt sie oder er fortgesetzt nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen, kann sie oder er nach Maßgabe des § 23 Absatz 4 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) in der jeweils geltenden Fassung aus dem Vorbereitungsdienst entlassen werden.
(2) Die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er ist auch zuständig für die Erteilung eines Dienstzeugnisses nach § 92 Absatz 3 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642).
§ 13
Inkrafttreten
Die Verordnung tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.
Der Minister der
Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen
In Kraft getreten am 1. Januar 2018 (GV. NRW. 2017 S. 859). |