Gesetz
zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-Westfalen
(Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen - SVVollzG NRW)
Vom 30. April 2013 (Fn 1)
Inhaltsübersicht (Fn 15)
Abschnitt 1
Grundsätze
§ 1 Ziele des Vollzuges
§ 2 Gestaltung des Vollzuges
§ 3 Mitwirkung und Motivierung
§ 4 Stellung der Untergebrachten
§ 5 Einbeziehung Dritter
§ 6 Hilfe während des Vollzuges
§ 7 Opferbezogene Gestaltung
Abschnitt 2
Aufnahme und Behandlung
§ 8 Aufnahmeverfahren
§ 9 Behandlungsuntersuchung
§ 10 Vollzugsplan
§ 11 Behandlung
§ 12 Sozialtherapeutische Maßnahmen
§ 13 Verlegung und Überstellung
Abschnitt 3
Unterbringung
§ 14 Unterbringung, Zimmer
§ 15 Ausstattung des Zimmers, persönlicher Bereich
§ 16 Kleidung
§ 17 Verpflegung
§ 18 Einkauf
§ 19 Tageseinteilung und Bewegungsfreiheit
Abschnitt 4
Außenkontakte
§ 20 Grundsatz
§ 21 Besuche
§ 22 Überwachung der Besuche
§ 23 Schriftwechsel
§ 24 Überwachung des Schriftwechsels
§ 25 Anhalten von Schreiben
§ 26 Telefongespräche
§ 27 Verbot von Besuchen, Schriftwechsel und Telefongesprächen
§ 28 Kontakt mit bestimmten Personen und Institutionen
§ 29 Andere Formen der Telekommunikation
§ 30 Pakete
Abschnitt 5
Beschäftigung, Vergütung
§ 31 Beschäftigung
§ 32 Vergütung
§ 33 Freistellung
§ 34 Ausfallentschädigung
Abschnitt 6
Gelder der Untergebrachten, Kostenbeteiligung
§ 35 Taschengeld
§ 36 Hausgeld
§ 37 Überbrückungsgeld
§ 38 Eigengeld
§ 39 Zweckbindung von Einzahlungen
§ 40 Kostenbeteiligung
Abschnitt 7
Religionsausübung
§ 41 Seelsorge
§ 42 Religiöse Veranstaltungen
§ 43 Weltanschauungsgemeinschaften
Abschnitt 8
Gesundheitsfürsorge
§ 44 Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien
§ 45 Medizinische Leistungen
§ 46 Überstellung und Verlegung aus medizinischen Gründen
§ 47 Krankenbehandlung während vollzugsöffnender Maßnahmen
§ 48 Medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung
§ 49 Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall
Abschnitt 9
Freizeit
§ 50 Freizeit
§ 51 Hörfunk und Fernsehen
§ 52 Gegenstände zur Freizeitgestaltung, Zeitungen und Zeitschriften
Abschnitt
10
Vollzugsöffnende Maßnahmen
§ 53 Vollzugsöffnende Maßnahmen
§ 54 Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass
§ 55 Langzeitausgang, Verlegung in den offenen Vollzug zur Vorbereitung der Entlassung
§ 56 Begutachtung vor vollzugsöffnenden Maßnahmen
§ 57 Weisungen
Abschnitt
11
Entlassung
§ 58 Vorbereitung der Entlassung
§ 59 Entlassung
§ 60 Nachgehende Betreuung
§ 61 Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
Abschnitt
12
Sicherheit und Ordnung
§ 62 Grundsatz
§ 63 Verhaltensvorschriften, Zusammenleben
§ 64 Durchsuchung
§ 65 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum
§ 66 (weggefallen)
§ 67 Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Telekommunikation
§ 68 (weggefallen)
§ 69 Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 70 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
§ 71 Medizinische und psychologische Überwachung
Abschnitt
13
Unmittelbarer Zwang
§ 72 Begriffsbestimmungen
§ 73 Allgemeine Voraussetzungen
§ 74 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§ 75 Androhung
§ 76 Allgemeine Vorschriften zum Schusswaffengebrauch
§ 77 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
§ 78 Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
Abschnitt
14
Disziplinarmaßnahmen
§ 79 Voraussetzungen, Konfliktregelung
§ 80 Disziplinarmaßnahmen
§ 81 Verfahren
§ 82 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen
Abschnitt
15
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht
§ 83 Widerruf, Rücknahme
§ 84 Beschwerderecht
Abschnitt
16
Organisation, Trennungsgrundsätze, Aufsicht
§ 85 Organisation der Einrichtungen
§ 86 Trennungsgrundsätze
§ 87 Bedienstete
§ 88 Leitung der Einrichtung
§ 89 Seelsorge
§ 90 Medizinische Versorgung
§ 91 Konferenzen
§ 92 Länderübergreifende Verlegungen
§ 93 Mitverantwortung
§ 94 Hausordnung
§ 95 Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan
Abschnitt
17
Beiräte
§ 96 Aufgaben der Beiräte
§ 97 Befugnisse
§ 98 Pflicht zur Verschwiegenheit
Abschnitt
18
Schlussbestimmungen
§ 99 Kriminologischer Dienst, Evaluation
§ 100 Einschränkung von Grundrechten
§ 101 Fortgeltung und Ersetzung von Bundesrecht
§ 102 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Berichtspflicht
Abschnitt
1
Grundsätze
§ 1
Ziele des Vollzuges
Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten. Die Gefahren, die von den Untergebrachten für die Allgemeinheit ausgehen, sind so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Die Untergebrachten sollen zugleich befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
§ 2
Gestaltung des Vollzuges
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist freiheitsorientiert und therapiegerichtet auszugestalten.
(2) Den Untergebrachten sind geeignete Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen anzubieten.
(3) Die Gestaltung des Vollzuges ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Der Bezug der Untergebrachten zum gesellschaftlichen Leben außerhalb der Einrichtung ist zu erhalten. Fähigkeiten der Untergebrachten, die sie für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und sozialer Verantwortung benötigen, sind zu stärken. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Herkunft, werden bei der Gestaltung des Vollzuges und bei allen Einzelmaßnahmen berücksichtigt.
§ 3
Mitwirkung und Motivierung
(1) Zur Erreichung der Vollzugsziele ist die Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung fortwährend zu wecken und zu fördern.
(2) Zur Motivierung können auch besondere Vergünstigungen gewährt oder bereits gewährte besondere Vergünstigungen wieder entzogen werden. Die Ansprüche der Untergebrachten nach diesem Gesetz bleiben unberührt.
(3) Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
§ 4
Stellung der Untergebrachten
Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung oder zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten unerlässlich sind.
§ 5
Einbeziehung Dritter
(1) Die Einrichtung arbeitet mit öffentlichen Stellen sowie freien Trägern und Personen zusammen, die der Eingliederung der Untergebrachten förderlich sein können.
(2) Die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer werden bei der Förderung der Untergebrachten unterstützt. Sie sind verpflichtet, außerhalb ihrer Tätigkeit über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Untergebrachten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit.
§ 6
Hilfe während des Vollzuges
(1) Die Untergebrachten werden dazu angehalten und dabei unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben und angebotene Hilfe anzunehmen. Die Hilfe soll die Untergebrachten in die Lage versetzen, ihre Angelegenheiten eigenständig zu ordnen und zu regeln. Möglichkeiten der Schuldenregulierung sollen aufgezeigt und vermittelt werden.
(2) Während des Vollzuges werden die Untergebrachten in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte wahrzunehmen und dazu angehalten, ihre Pflichten zu erfüllen, insbesondere ihr Wahlrecht auszuüben und für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.
§ 7 (Fn 15)
Opferbezogene Gestaltung
(1) Die berechtigten Belange der Opfer sind bei der Gestaltung der Unterbringung, insbesondere bei der Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen sowie bei der Entlassung der Untergebrachten, zu berücksichtigen. Dem Schutzinteresse gefährdeter Dritter ist Rechnung zu tragen.
(2) Die Einsicht der Untergebrachten in das Unrecht der Tat und deren Folgen für die Opfer soll geweckt und vertieft werden. Die Untergebrachten sollen durch geeignete Behandlungsmaßnahmen dazu angehalten werden, Verantwortung für ihre Tat zu übernehmen. Die Untergebrachten sind dabei zu unterstützen, den verursachten materiellen und immateriellen Schaden auszugleichen.
(3) Für Fragen des Opferschutzes und des Tatausgleichs soll eine Ansprechpartnerin oder ein Ansprechpartner in der Einrichtung zur Verfügung stehen.
(4) Opfer, die sich an die Einrichtung wenden, sind in geeigneter Form, auch durch die Ansprechpartnerin oder den Ansprechpartner, auf ihre Rechte nach diesem Gesetz hinzuweisen.
Abschnitt
2
Aufnahme und Behandlung
§ 8
Aufnahmeverfahren
(1) Die Untergebrachten sind bei der Aufnahme über ihre Rechte und Pflichten zu unterrichten. Mit den Untergebrachten ist unverzüglich ein Zugangsgespräch zu führen, in dem sie auch über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert werden. Ihnen sind die Hausordnung sowie ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen.
(2) Die Untergebrachten sind nach der Aufnahme alsbald ärztlich zu untersuchen.
(3) Bei der Aufnahme, der ärztlichen Untersuchung und dem Zugangsgespräch dürfen andere Untergebrachte nicht zugegen sein.
§ 9
Behandlungsuntersuchung
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende Behandlungsuntersuchung an.
(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Beurteilung der Gefahren, die von den Untergebrachten ausgehen, maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risiko- und Ausgleichsfaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotivation der Untergebrachten festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten und Neigungen der Untergebrachten sowie sonstige Umstände, die zu einer Lebensführung ohne Straftaten beitragen, ermittelt und gestärkt werden. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.
(3) Die Behandlungsuntersuchung orientiert sich an dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse.
§ 10 (Fn 3)
Vollzugsplan
(1) Auf der Grundlage der in der Behandlungsuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse wird unverzüglich ein Vollzugsplan aufgestellt, der unter Berücksichtigung auch des Alters, der Persönlichkeit und des Entwicklungsstands die individuellen Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Er enthält insbesondere Angaben über
1. psychiatrische, psychotherapeutische oder sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen,
2. andere Einzel- oder Gruppenbehandlungsmaßnahmen,
3.Maßnahmen zur Förderung der Behandlungsmotivation,
4. die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung,
5. die Zuweisung zu Wohngruppen,
6. Art und Umfang der Beschäftigung,
7. Maßnahmen zur Gestaltung der Freizeit,
8. Maßnahmen zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse,
9. Maßnahmen zur Ordnung der familiären Verhältnisse,
10. Maßnahmen zur Förderung von Außenkontakten,
11. Maßnahmen zur Vorbereitung eines sozialen Empfangsraums,
12. vollzugsöffnende Maßnahmen,
13. ehrenamtliche Betreuung,
14. opferbezogene Behandlungsmaßnahmen und Maßnahmen zum Ausgleich von Tatfolgen,
15. Maßnahmen zur Sicherung berechtigter Schutzinteressen von Opfern oder gefährdeten Dritten,
16. Entlassungsvorbereitung und Nachsorge und
17. Fristen zur Fortschreibung des Vollzugsplans.
(2) Der Vollzugsplan ist fortlaufend der Entwicklung der Untergebrachten anzupassen und mit weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Zur Fortschreibung sind angemessene Fristen vorzusehen, die sechs Monate nicht übersteigen sollen.
(3) Zur Vorbereitung der Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzuges sollen in die Planung einbezogen werden; mit Einwilligung der Untergebrachten können sie auch an den Konferenzen beteiligt werden.
(4) Betroffenen Untergebrachten kann die Teilnahme an der Vollzugsplankonferenz ermöglicht werden. Die Vollzugsplanung wird mit den Untergebrachten erörtert. Der Vollzugsplan ist ihnen auszuhändigen.
§ 11
Behandlung
(1) Die anzubietenden Behandlungsmaßnahmen haben dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entsprechen. Soweit standardisierte Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuell zugeschnittene Behandlungsangebote zu unterbreiten.
(2) Bei der Behandlung wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Externe Fachkräfte sind einzubeziehen, soweit dies erforderlich ist.
(3) Den Untergebrachten sollen Bedienstete der Einrichtung als feste Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
§ 12
Sozialtherapeutische Maßnahmen
Den Untergebrachten sind sozialtherapeutische Maßnahmen anzubieten, wenn dies aus Gründen der Behandlung angezeigt ist. Diese Maßnahmen sollen in der Einrichtung durchgeführt werden.
§ 13
Verlegung und Überstellung
(1) Die Untergebrachten können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Einrichtung der Sicherungsverwahrung verlegt oder überstellt werden, wenn
1. die Erreichung der Vollzugsziele hierdurch gefördert wird,
2. Gründe der Vollzugsorganisation dies erfordern oder
3. andere wichtige Gründe vorliegen.
Ein anderer wichtiger Grund besteht insbesondere, wenn das Verhalten oder der Zustand der Untergebrachten eine Gefahr für die Sicherheit oder eine erhebliche Gefahr für die Ordnung der Einrichtung darstellen.
(2) Die Untergebrachten dürfen ausnahmsweise in eine Anstalt des Strafvollzuges verlegt oder überstellt werden, wenn es die Behandlung nach § 66c Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches erfordert. Dies gilt insbesondere für eine Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt oder die Unterbringung zur Entlassungsvorbereitung in einer Anstalt des offenen Vollzuges. Die Überstellung in eine andere Anstalt des Justizvollzuges kann auf Antrag der Untergebrachten erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, dies die Behandlung nicht beeinträchtigt und sie sich mit den dortigen Bedingungen einverstanden erklären.
Abschnitt
3
Unterbringung
§ 14 (Fn 3)
Unterbringung, Zimmer
(1) Die Unterbringung erfolgt in einer geschlossenen Einrichtung.
(2) Den Untergebrachten wird zu Wohn- und Schlafzwecken ein Zimmer in ausreichender Größe zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Die Zimmer sind wohnlich zu gestalten. Ein baulich abgetrennter Sanitärbereich ist vorzusehen.
(3) Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, wenn
1. eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht oder
2. Untergebrachte hilfsbedürftig sind
und in den Fällen der Nummer 1 die oder der nicht gefährdete Untergebrachte einwilligt. In den Fällen der Nummer 2 bedarf es der Einwilligung aller betroffenen Untergebrachten.
§ 15 (Fn 4)
Ausstattung des Zimmers, persönlicher Bereich
(1) Die Untergebrachten dürfen ihr Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten.
(2) Die Annahme, der Besitz und die Weitergabe von Gegenständen bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis darf versagt oder widerrufen werden, wenn die Gegenstände die Sicherheit beeinträchtigen oder die Ordnung in schwerwiegender Weise oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährden. Gegenstände von geringem Wert dürfen die Untergebrachten ohne Erlaubnis an andere Untergebrachte weitergeben und von ihnen annehmen. Die Weitergabe und Annahme auch solcher Gegenstände kann von einer Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(3) § 15 Absatz 3 und 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.
§ 16
Kleidung
Die Untergebrachten dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für Reinigung und Instandhaltung auf eigene Kosten sorgen und nicht ausnahmsweise Gründe der Sicherheit entgegenstehen. Bei Bedarf oder auf Antrag der Untergebrachten stellt die Einrichtung Kleidung und Bettwäsche zur Verfügung und ordnet diese persönlich zu.
§ 17 (Fn 3)
Verpflegung
(1) Die Untergebrachten nehmen an der Gemeinschaftsverpflegung der Einrichtung teil. Zusammensetzung und Nährwert der Gemeinschaftsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird ihnen eine besondere Verpflegung gewährt. Ihnen wird ermöglicht, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.
(2) Den Untergebrachten soll gestattet werden, sich selbst zu verpflegen, soweit nicht die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Einrichtung entgegenstehen. Die Untergebrachten sollen angeleitet werden, sich gesund zu ernähren.
(3) Verpflegen sich die Untergebrachten selbst, tragen sie die Kosten und werden von der Gemeinschaftsverpflegung ausgenommen. Die Einrichtung unterstützt die Untergebrachten durch einen zweckgebundenen Zuschuss mindestens in Höhe der ersparten Aufwendungen. Die Einrichtung kann stattdessen Lebensmittel zur Verfügung stellen.
§ 18
Einkauf
(1) Die Untergebrachten erhalten die Möglichkeit, mindestens einmal wöchentlich durch Vermittlung der Einrichtung in angemessenem Umfang einzukaufen. Das Angebot soll auf die Wünsche und Bedürfnisse der Untergebrachten Rücksicht nehmen.
(2) Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.
(3) Für den Einkauf können die Untergebrachten die ihnen frei zur Verfügung stehenden Gelder verwenden.
§ 19
Tageseinteilung und Bewegungsfreiheit
(1) Die Untergebrachten sollen durch die Tageseinteilung an eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung herangeführt werden. Die Tageseinteilung umfasst insbesondere Zeiten der Behandlung, Betreuung, Beschäftigung und Freizeit sowie der Nachtruhe.
(2) Außerhalb der Nachtruhe dürfen sich die Untergebrachten in den für die sie vorgesehenen Bereichen der Einrichtung einschließlich des Außenbereichs frei bewegen. Einschränkungen sind zulässig, wenn es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.
Abschnitt
4
Außenkontakte
§ 20
Grundsatz
(1) Außenkontakte sowie die Schaffung und Erhaltung des sozialen Empfangsraums sind zu fördern. Der Kontakt zu Angehörigen und anderen Personen, die einen günstigen Einfluss auf die Erreichung der Vollzugsziele haben, wird unterstützt.
(2) Untergebrachte dürfen
1. regelmäßig Besuch empfangen,
2. unbeschränkt Schreiben absenden und empfangen,
3. Einrichtungen der Telekommunikation nutzen und
4. Pakete versenden und empfangen.
§ 21 (Fn 5)
Besuche
(1) Die Gesamtdauer für Besuche beträgt mindestens zehn Stunden im Monat. Das Nähere regelt die Einrichtung.
(2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erreichung der Vollzugsziele fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Untergebrachten nicht schriftlich oder durch Dritte wahrgenommen oder nicht bis zur Entlassung der Untergebrachten aufgeschoben werden können.
(3) Den Untergebrachten sollen zudem mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung familiärer, partnerschaftlicher oder ihnen gleichzusetzender Kontakte der Untergebrachten geboten erscheint und dies verantwortet werden kann.
(4) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 21 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555) abhängig gemacht werden.
(5) Die Einrichtung kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.
§ 22 (Fn 15)
Überwachung der Besuche
(1) Besuche werden aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Erreichung der Vollzugsziele optisch überwacht, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die optische Überwachung mit technischen Hilfsmitteln ist zulässig; § 24 Absatz 5 und 6 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.
(2) Die Leitung der Einrichtung kann eine offene akustische Überwachung anordnen, wenn dies zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlich ist oder konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung vorliegen. Die Leitung der Einrichtung kann im Einzelfall auch die Verwendung von Trennvorrichtungen anordnen, soweit dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist. Der Besuch kann nach Abmahnung abgebrochen werden, wenn auf Grund des Verhaltens der Besucherinnen und Besucher oder der Untergebrachten die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet wird. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
(3) § 15 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.
§ 23
Schriftwechsel
(1) Die Einrichtung vermittelt die Absendung und den Empfang von Schreiben der Untergebrachten. Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(2) Untergebrachte haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, soweit nichts anderes angeordnet ist. Sie können die Schreiben auch verschlossen zu ihrer Habe geben.
§ 24
Überwachung des Schriftwechsels
(1) Ein- und ausgehende Schreiben werden auf verbotene Gegenstände kontrolliert.
(2) Der Schriftwechsel der Untergebrachten darf inhaltlich überwacht werden, soweit dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlich ist.
§ 25
Anhalten von Schreiben
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn
1. durch die Weitergabe die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet würde,
2. die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
3. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Verhältnissen der Einrichtung enthalten,
4. sie grobe Beleidigungen enthalten,
5. sie die Erreichung der Vollzugsziele anderer Untergebrachter gefährden oder
6. sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.
(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Untergebrachten auf der Absendung bestehen.
(3) Schreiben, die ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind, können auf Kosten der Untergebrachten übersetzt werden, wenn sie auf der Absendung oder Aushändigung bestehen.
(4) Werden Schreiben angehalten, wird dies den Untergebrachten mitgeteilt. Hiervon kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung vorübergehend abgesehen werden. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder an den Absender zurückgegeben oder, soweit dies unmöglich ist oder Gründe der Sicherheit oder Ordnung einer Rückgabe entgegenstehen, behördlich verwahrt.
(5) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 26 (Fn 3)
Telefongespräche
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Telefongespräche durch Vermittlung der Einrichtung zu führen. Beschränkungen zu Zeiten der Nachtruhe sind zulässig.
(2) Die Leitung der Einrichtung kann eine Überwachung der Telefongespräche aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Erreichung der Vollzugsziele anordnen. Eine beabsichtigte Überwachung wird den Untergebrachten rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs und den Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern der Untergebrachten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitgeteilt.
(3) Ist ein Telekommunikationssystem eingerichtet, kann Untergebrachten die Teilnahme daran gestattet werden, soweit diese und ihre Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in eine unregelmäßige Überwachung der Telekommunikation einwilligen. Ihnen ist die beabsichtigte Überwachung unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen.
(4) Für den Abbruch der Telefongespräche gilt § 22 Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.
§ 27 (Fn 3)
Verbot von Besuchen, Schriftwechsel und Telefongesprächen
Besuche sowie Schriftwechsel und Telefongespräche können untersagt oder beschränkt werden, wenn im Einzelfall
1. die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet würde,
2. zu befürchten ist, dass der Kontakt mit Personen, die nicht Angehörige der Untergebrachten im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches sind, einen schädlichen Einfluss auf die Untergebrachten hat oder die Erreichung der Vollzugsziele behindert,
3. die Untergebrachten mit Opfern von Straftaten der Untergebrachten in Verbindung treten wollen und durch den Kontakt nachteilige Auswirkungen auf die Opfer zu befürchten sind oder diese einer Kontaktaufnahme widersprochen haben oder
4. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.
§ 28 (Fn 3)
Kontakt mit bestimmten Personen und Institutionen
(1) Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern sowie von Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in Rechtssachen der Untergebrachten sind zu gestatten. Die Zulassung dieser Personen zum Besuch kann von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit der Einrichtung erforderlich ist. Zur Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen, die unmittelbar der Verteidigung dienen, bedürfen Verteidigerinnen und Verteidiger keiner Erlaubnis. Die Übergabe von Schriftstücken oder sonstigen Unterlagen durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung von einer Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(2) Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern werden nicht überwacht. Die Leitung der Einrichtung kann die Verwendung von Trennvorrichtungen anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen erforderlich ist oder konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr der Sicherheit der Einrichtung vorliegen. Eine Kenntnisnahme des gedanklichen Inhalts der von den Verteidigerinnen und Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. Absatz 3 Satz 3 bleibt unberührt.
(3) Der Schriftwechsel der Untergebrachten mit ihren Verteidigerinnen und Verteidigern wird nicht überwacht. Die verschlossenen Schreiben dürfen auf verbotene Gegenstände untersucht werden. Liegt der Anordnung der Sicherungsverwahrung eine Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches, zugrunde, gelten § 148 Absatz 2 und § 148a der Strafprozessordnung entsprechend; dies gilt nicht, wenn Untergebrachte sich im offenen Vollzug befinden, ihnen über den Begleitausgang (§ 53 Absatz 1 Nummer 1), die Außenbeschäftigung (§ 53 Absatz 1 Nummer 3) oder die Ausführung (§ 53 Absatz 3) hinaus vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt worden sind und ein Grund zum Widerruf oder zur Rücknahme von vollzugsöffnenden Maßnahmen nicht vorliegt.
(4) Absatz 3 gilt entsprechend für den Schriftwechsel der Untergebrachten mit
1. dem ambulanten Sozialen Dienst der Justiz,
2. den Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie ihren Mitgliedern,
3. dem Bundesverfassungsgericht und dem für sie zuständigen Landesverfassungsgericht,
4. der oder dem für sie zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
5. den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder,
6. dem Europäischen Parlament sowie seinen Mitgliedern,
7. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
8. dem Europäischen Gerichtshof,
9. der oder dem Europäischen Datenschutzbeauftragen,
10. der oder dem Europäischen Bürgerbeauftragen,
11. dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
12. der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
13. dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
14. den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau sowie der Abteilung der Vereinten Nationen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Frau,
15. dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem dazugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen und
16. der oder dem Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen,
wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Schreiben der in Satz 1 genannten Stellen, die an Untergebrachte gerichtet sind, dürfen nicht überwacht werden, wenn die Identität des Absenders feststeht.
(5) Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 3 und Absatz 4 gelten für Telefongespräche entsprechend.
§ 29
Andere Formen der Telekommunikation
Den Untergebrachten soll gestattet werden, andere von der Aufsichtsbehörde zugelassene Formen der Telekommunikation durch Vermittlung der Einrichtung zu nutzen, wenn hierdurch die Sicherheit und Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird. Im Übrigen finden in Abhängigkeit von der Art der Telekommunikation die Vorschriften über den Schriftwechsel, den Besuch und über Telefongespräche entsprechende Anwendung.
§ 30
Pakete
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu empfangen. Die Einrichtung kann Gewicht und Größe von Sendungen festsetzen und einzelne Gegenstände vom Paketempfang ausnehmen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet werden.
(2) Pakete sind in Gegenwart der Untergebrachten zu öffnen, an die sie adressiert sind. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe der Untergebrachten genommen, der absendenden Person zurückgesandt oder, falls der Aufbewahrung oder Rücksendung besondere Gründe entgegenstehen, vernichtet werden. Über die getroffenen Maßnahmen werden die Untergebrachten unterrichtet.
(3) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu versenden. Der Inhalt der Pakete kann überprüft werden. § 27 gilt entsprechend.
Abschnitt
5
Beschäftigung, Vergütung
§ 31
Beschäftigung
(1) Die Untergebrachten sind zur Arbeit nicht verpflichtet. Den Untergebrachten sollen Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahmen sowie schulische und berufliche Bildung (Beschäftigung) angeboten werden, die ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen. Nehmen die Untergebrachten eine Beschäftigung an, darf sie nicht zur Unzeit niedergelegt werden.
(2) Beschäftigung soll insbesondere dazu dienen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung zu vermitteln, zu fördern und zu erhalten.
(3) Den Untergebrachten kann insbesondere zur Entlassungsvorbereitung gestattet werden, einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Einrichtung nachzugehen. § 53 Absatz 2 gilt entsprechend.
(4) Den Untergebrachten ist zu gestatten, sich selbst zu beschäftigen, soweit nicht die Sicherheit und Ordnung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet werden.
§ 32 (Fn 3)
Vergütung
(1) Untergebrachte, die eine angebotene Arbeit ausüben oder arbeitstherapeutisch beschäftigt werden, erhalten ein Arbeitsentgelt, welches mit 16 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Eckvergütung) bemessen wird. Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung.
(2) Für die Teilnahme an schulischer und beruflicher Bildung wird den Untergebrachten Ausbildungsbeihilfe gewährt, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die Personen, deren Freiheit nicht entzogen ist, aus solchem Anlass gewährt werden. Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Arbeitsentgelt und Ausbildungsbeihilfe können je nach Leistung der Untergebrachten und der Art der Tätigkeit gestuft werden. 75 Prozent der Eckvergütung dürfen nicht unterschritten werden. Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen.
(4) Soweit Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, kann von der Vergütung ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Untergebrachten an dem Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Vergütung als Arbeitnehmer erhielten.
(5) Die Höhe der Vergütung ist den Untergebrachten schriftlich bekannt zu geben.
§ 33 (Fn 3)
Freistellung
(1) Haben die Untergebrachten ein halbes Jahr lang gearbeitet, so können sie beanspruchen, zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden. Freistellungstage für Tätigkeiten aus dem vorangegangenen Vollzug der Freiheitsstrafe werden übertragen. Bei Anwartschaften erfolgt eine anteilige Übertragung. Bei der Festsetzung des Zeitpunktes der Freistellung sind die betrieblichen Belange zu berücksichtigen. Ansprüche auf Freistellung verfallen innerhalb eines Jahres.
(2) Zeiten, in denen die Untergebrachten infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu 15 Arbeitstagen angerechnet. Auf die Zeit der Freistellung wird Langzeitausgang (§ 53 Absatz 1 Nummer 2) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder anlässlich des Todes von nahen Angehörigen der Untergebrachten oder ihnen besonders nahestehenden Personen erteilt worden ist.
(3) Die Untergebrachten erhalten für die Zeit der Freistellung ihr Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnitts der in den letzten drei Monaten vor der Freistellung gutgeschriebenen Bezüge.
(4) Für arbeitstherapeutische Maßnahmen sowie schulische und berufliche Bildung gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
(5) Urlaubsregelungen aus Beschäftigungsverhältnissen außerhalb der Einrichtung bleiben unberührt.
§ 34
Ausfallentschädigung
Nehmen Untergebrachte während der Zeit der Beschäftigung an psychiatrischen, psychotherapeutischen oder sozialtherapeutischen Behandlungsmaßnahmen oder anderen Einzel- oder Gruppenbehandlungsmaßnahmen nach § 10 Nummer 1 und 2 teil, erhalten sie für die Dauer des Ausfalls der Beschäftigung eine Entschädigung in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts oder der ihnen dadurch entgehenden Ausbildungsbeihilfe. Dabei ist die durchschnittliche Vergütung der letzten drei Monate zugrunde zu legen.
Abschnitt
6
Gelder der Untergebrachten, Kostenbeteiligung
§ 35
Taschengeld
(1) Untergebrachten wird auf Antrag Taschengeld gewährt, soweit sie bedürftig sind. Die Höhe wird mit 24 Prozent der Eckvergütung nach § 32 Absatz 1 bemessen.
(2) Bedürftig sind Untergebrachte, soweit ihnen für den Antragszeitraum aus Hausgeld (§ 36) und Eigengeld (§ 38) monatlich ein Betrag in Höhe des Taschengeldes voraussichtlich nicht zur Verfügung steht. Zuschüsse zur Verpflegung nach § 17 Absatz 3 Satz 2 bleiben unberücksichtigt.
§ 36
Hausgeld
(1) Die Untergebrachten dürfen monatlich über drei Siebtel ihrer in diesem Gesetz geregelten Bezüge (Hausgeld) und das Taschengeld frei verfügen.
(2) Aus den Bezügen eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder einer Selbstbeschäftigung wird ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
§ 37 (Fn 6)
Überbrückungsgeld
(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Untergebrachten, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Untergebrachten und ihrer Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll. Die Höhe richtet sich nach den in § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023) in der jeweils geltenden Fassung festgeschriebenen Regelsätzen und soll für die Untergebrachten den vierfachen und für ihre Unterhaltsberechtigten den zweifachen monatlichen Mindestbetrag nicht unterschreiten.
(2) Das Überbrückungsgeld ist in angemessenen, auf den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt abgestimmten Teilbeträgen anzusparen, die die Einrichtung festsetzt. Die Höhe der Teilbeträge ist regelmäßig zu überprüfen und bei grundlegenden Veränderungen anzupassen.
(3) Das Überbrückungsgeld wird den Untergebrachten bei der Entlassung zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung kann es ganz oder teilweise dem ambulanten Sozialen Dienst der Justiz oder mit Einwilligung der Untergebrachten an eine andere mit der Entlassung befasste Stelle zur Verwaltung in den ersten vier Wochen nach der Entlassung überlassen, wenn diese das Geld von ihrem sonstigen Vermögen gesondert halten. Mit Einwilligung der Untergebrachten kann das Überbrückungsgeld auch an Unterhaltsberechtigte überwiesen werden.
(4) Die Leitung der Einrichtung kann den Untergebrachten gestatten, Überbrückungsgeld schon vor der Entlassung für Ausgaben in Anspruch zu nehmen, die der Eingliederung der Untergebrachten dienen, wenn zu erwarten ist, dass bei der Entlassung in Freiheit ein Überbrückungsgeld in angemessener Höhe zur Verfügung steht.
(5) Bei Verlegungen von Untergebrachten aus Bundesländern, die die Bildung eines Überbrückungsgeldes nicht vorsehen, werden Gelder, die die Untergebrachten vor der Verlegung für die Sicherung des Lebensunterhaltes nach der Entlassung angespart haben, mit der Gutschrift in der Aufnahmeeinrichtung Überbrückungsgeld nach diesem Gesetz.
§ 38 (Fn 3)
Eigengeld
Den Untergebrachten sind eingebrachte, für sie eingezahlte oder überwiesene Geldbeträge sowie Bezüge, die nicht als Hausgeld oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, als Eigengeld gutzuschreiben. Untergebrachte dürfen über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist. § 37 Absatz 4 bleibt unberührt.
§ 39
Zweckbindung von Einzahlungen
Zweckbindungen bei der Einzahlung sind nur zulässig für medizinische Leistungen oder andere Zwecke der Eingliederung der Untergebrachten.
§ 40 (Fn 7)
Kostenbeteiligung
(1) An den Kosten für Unterbringung und Verpflegung werden die Untergebrachten nicht beteiligt.
(2) Die Kosten des Schrift- und des Paketverkehrs sowie der Telekommunikation tragen die Untergebrachten. Bei bedürftigen Untergebrachten können die Kosten in begründeten Ausnahmefällen in angemessenem Umfang übernommen werden.
(3) An den Kosten medizinischer Behandlungen zur sozialen Eingliederung nach § 48 sind die Untergebrachten zu beteiligen, wenn dies nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gerechtfertigt ist und der Zweck der Behandlung dadurch nicht in Frage gestellt wird.
(4) Die Reisekosten, die Kosten für ihren Lebensunterhalt und andere Aufwendungen während ihres Aufenthalts außerhalb der Einrichtung und die Kosten von Ausführungen können den Untergebrachten in angemessenem Umfang auferlegt werden, soweit dies die Behandlung oder die Eingliederung nicht behindert.
(5) An den sonstigen Kosten des Landes für Leistungen können die Untergebrachten durch Erhebung von Kostenbeiträgen in angemessener Höhe beteiligt werden. Die Erhebung ist insbesondere möglich für
1. Leistungen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge,
2. Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum,
3. die Aufbewahrung, Entfernung, Verwertung oder Vernichtung eingebrachter Sachen und
4. die Überlassung, die Überprüfung und den Betrieb von Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik einschließlich des Hörfunk- und Fernsehempfangs und für den Betrieb von Mediensystemen in den Zimmern der Untergebrachten.
Von der Erhebung der Kosten nach Nummer 2 ist abzusehen, wenn Suchtmittelkonsum nicht nachgewiesen werden kann. Bei bedürftigen Untergebrachten soll von der Erhebung von Kostenbeiträgen auch im Übrigen abgesehen werden.
Abschnitt
7
Religionsausübung
§ 41
Seelsorge
(1) Den Untergebrachten ist religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Auf Wunsch der Untergebrachten ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Die Untergebrachten dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Den Untergebrachten sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 42
Religiöse Veranstaltungen
(1) Die Untergebrachten dürfen am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses in der Einrichtung teilnehmen.
(2) Untergebrachte werden zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Untergebrachte können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Die Seelsorgerin oder der Seelsorger ist zu hören.
§ 43
Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 41 und 42 entsprechend.
Abschnitt
8
Gesundheitsfürsorge
§ 44
Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien
(1) Für das körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlergehen der Untergebrachten ist zu sorgen. Die Bedeutung einer gesunden Ernährung und Lebensführung ist den Untergebrachten in geeigneter Form zu vermitteln. Die Untergebrachten haben die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.
(2) Den Untergebrachten sind täglich mindestens zwei Stunden Aufenthalt im Freien zu ermöglichen, wenn die Witterung dies zur festgesetzten Zeit zulässt. Dies gilt auch bei Einschränkungen der Bewegungsfreiheit nach § 19 Absatz 2 Satz 2.
(3) Für suchtkranke Untergebrachte sollen Möglichkeiten der suchtmedizinischen Betreuung sowie ergänzende Motivations- und Beratungsangebote vorgehalten werden.
§ 45
Medizinische Leistungen
(1) Die Untergebrachten haben Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung. Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Für Art und Umfang der Versorgung gelten die für gesetzlich Versicherte maßgeblichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches und die auf Grund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen entsprechend, soweit Besonderheiten des Vollzuges nicht entgegenstehen.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ruht, solange Untergebrachte auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
§ 46
Überstellung und Verlegung aus medizinischen Gründen
(1) Erkrankte Untergebrachte können in ein Krankenhaus des Justizvollzuges überstellt oder in eine für die Behandlung ihrer Krankheit besser geeignete Einrichtung verlegt werden, wenn dies aus medizinischen Gründen notwendig ist.
(2) Können Krankheiten von Untergebrachten in der Einrichtung oder einem Krankenhaus des Justizvollzuges nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, Untergebrachte rechtzeitig in ein Krankenhaus des Justizvollzuges zu überstellen, sind sie in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges zu bringen.
§ 47
Krankenbehandlung während vollzugsöffnender Maßnahmen
Während vollzugsöffnender Maßnahmen haben die Untergebrachten Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Einrichtung. Ist ihnen eine Rückkehr in die zuständige Einrichtung nicht zumutbar, kann die Krankenbehandlung in der nächstgelegenen Einrichtung oder Justizvollzugsanstalt vorgenommen werden. Ist eine medizinische Notfallbehandlung in einem Krankenhaus erforderlich, trägt die zuständige Einrichtung die Kosten im Umfang des § 45 Absatz 1, wenn die Untergebrachten Ansprüche gegen eine Krankenversicherung nicht geltend machen können.
§ 48 (Fn 3)
Medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung
Mit Einwilligung der Untergebrachten sollen medizinische Behandlungen durchgeführt werden, die eine soziale Eingliederung fördern.
§ 49
Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall
(1) Erkranken Untergebrachte schwer oder versterben sie, sind Angehörige oder gesetzliche Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen. Im Fall schwerer Erkrankung kann von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn dies dem ausdrücklich erklärten Willen der Untergebrachten entspricht.
(2) Dem Wunsch der Untergebrachten, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll entsprochen werden.
Abschnitt
9
Freizeit
§ 50
Freizeit
(1) Die Untergebrachten werden dazu angeregt, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Es sind insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung sowie Bildungsangebote vorzuhalten. Die Benutzung einer bedarfsgerecht ausgestatteten Bücherei ist zu ermöglichen. Untergebrachten sind Sportmöglichkeiten in angemessenem Umfang anzubieten, auch an Wochenenden und Feiertagen.
(2) Die Untergebrachten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Maßnahmen der Freizeitgestaltung können auch zur Vorbereitung und Ergänzung der Behandlung angeboten werden.
§ 51 (Fn 3)
Hörfunk und Fernsehen
(1) Die Untergebrachten erhalten Zugang zum Hörfunk- und Fernsehempfang. Die Einrichtung entscheidet über die Einspeisung einzelner Hörfunk- und Fernsehprogramme, soweit eine Empfangsanlage vorhanden ist. Die Wünsche und Bedürfnisse der Untergebrachten sind angemessen zu berücksichtigen.
(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte der Untergebrachten können unter den Voraussetzungen des § 15 Absatz 2 zugelassen werden. Untergebrachte können auf ein in ihren Zimmern installiertes Mediensystem verwiesen werden. Der Betrieb von Empfangsanlagen und Mediensystemen in den Zimmern der Untergebrachten sowie die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten kann auf Dritte übertragen werden. In diesem Fall ist Untergebrachten der Besitz eigener Geräte in der Regel nicht gestattet.
§ 52 (Fn 3)
Gegenstände zur Freizeitgestaltung, Zeitungen und Zeitschriften
(1) Die Untergebrachten dürfen nach Maßgabe der Einrichtung in angemessenem Umfang sonstige Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik, Bücher sowie andere Gegenstände zur Fortbildung und Freizeitgestaltung besitzen. § 15 Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Untergebrachten dürfen Zeitungen und Zeitschriften durch Vermittlung der Einrichtung in angemessenem Umfang auf eigene Kosten beziehen.
(3) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Untergebrachten können einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften vorenthalten werden, wenn diese die Sicherheit oder in erheblicher Weise die Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährden würden.
(4) Für Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik gilt § 51 Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechend.
Abschnitt
10
Vollzugsöffnende Maßnahmen
§ 53 (Fn 8)
Vollzugsöffnende Maßnahmen
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen sind insbesondere
1. das Verlassen der Einrichtung für eine bestimmte Tageszeit unter der ständigen und unmittelbaren Aufsicht von Bediensteten (Ausführung),
2. das Verlassen der Einrichtung für eine bestimmte Tageszeit in Begleitung einer von der Einrichtung zugelassenen Person (Begleitausgang) oder ohne Begleitung (Ausgang),
3. das Verlassen der Einrichtung für mehr als einen Tag (Langzeitausgang) bis zu zwei Wochen und
4. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Einrichtung unter Aufsicht Vollzugsbediensteter (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang).
(2) Vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 1 werden zur Erreichung der Vollzugsziele und mit Zustimmung der Untergebrachten gewährt, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen werden.
(3) Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 nicht gewährt, sind den Untergebrachten mindestens vier Mal im Vollstreckungsjahr Ausführungen nach Absatz 1 Nummer 1 zu gewähren. Sie dienen der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der Förderung der Mitwirkung an der Behandlung oder der Vorbereitung weiterer vollzugsöffnender Maßnahmen und dürfen nur versagt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich trotz Sicherungsvorkehrungen dem Vollzug entziehen oder die Ausführung zu erheblichen Straftaten missbrauchen werden. Die Ausführungen unterbleiben auch dann, wenn die zur Sicherung erforderlichen Maßnahmen den Zweck der Ausführung gefährden.
(4) Bei Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit kann den Untergebrachten, um Entweichungen entgegenzuwirken, nach Maßgabe des § 27 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen aufgegeben werden, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
(5) Kommen vollzugsöffnende Maßnahmen nicht in Betracht, sind die tragenden Gründe zu dokumentieren und den Untergebrachten die noch zu erfüllenden Voraussetzungen in verständlicher Form zu vermitteln.
(6) Bei der Ausgestaltung vollzugsöffnender Maßnahmen ist den berechtigten Schutzinteressen der Opfer und gefährdeter Dritter Rechnung zu tragen.
(7) Vollzugsöffnende Maßnahmen werden nur zum Aufenthalt im Inland gewährt.
§ 54 (Fn 9)
Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung der Untergebrachten sowie der Tod oder die lebensgefährliche Erkrankung naher Angehöriger der Untergebrachten oder ihnen besonders nahestehender Personen.
(2) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass gilt § 53 Absatz 2, Absatz 3 Satz 2 sowie Absatz 4 entsprechend.
(3) Ausführungen aus wichtigem Anlass sind auch ohne Zustimmung der Untergebrachten zulässig, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.
§ 55
Langzeitausgang, Verlegung in den offenen Vollzug zur Vorbereitung der
Entlassung
(1) Untergebrachten kann nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde zur Vorbereitung der Entlassung Langzeitausgang bis zu sechs Monaten gewährt werden. § 53 Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Den Untergebrachten sollen für den Langzeitausgang nach Absatz 1 Weisungen (§ 57) erteilt werden. Sie können insbesondere angewiesen werden, sich einer bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen, sich in Einrichtungen außerhalb des Vollzuges aufzuhalten oder für bestimmte Zeiten in die Einrichtung zurückzukehren.
(3) Zur Entlassungsvorbereitung kann unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 2 die Unterbringung in Anstalten oder Abteilungen des offenen Strafvollzuges erfolgen, wenn die Untergebrachten dessen besonderen Anforderungen genügen, namentlich nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu erheblichen Straftaten missbrauchen werden.
§ 56
Begutachtung vor vollzugsöffnenden Maßnahmen
Untergebrachte sind sachverständig zu begutachten oder körperlich zu untersuchen, wenn dies zur Feststellung der Voraussetzungen von vollzugsöffnenden Maßnahmen nach §§ 53 und 55 erforderlich ist.
§ 57
Weisungen
(1) Untergebrachten können im Rahmen von vollzugsöffnenden Maßnahmen Weisungen erteilt werden.
(2) Bei der Ausgestaltung der vollzugsöffnenden Maßnahmen ist den berechtigten Schutzinteressen der Opfer und gefährdeter Dritter Rechnung zu tragen.
Abschnitt
11
Entlassung
§ 58
Vorbereitung der Entlassung
Im Rahmen der Vorbereitung der Entlassung wird rechtzeitig darauf hingewirkt, dass die Untergebrachten nach ihrer Entlassung insbesondere über eine geeignete Unterkunft und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen sowie bei Bedarf in therapeutische oder andere nachsorgende Maßnahmen vermittelt werden. Die Zusammenarbeit nach § 5 Absatz 1 ist auf die Perspektiven der Untergebrachten nach der Entlassung auszurichten.
§ 59
Entlassung
(1) Die Untergebrachten sollen am Tag ihrer Entlassung möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden. Bei Bedarf soll der Transport zur Unterkunft sichergestellt werden. Die Entlassung erfolgt in diesem Fall am Ort der Unterkunft.
(2) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn die Untergebrachten zu ihrer Eingliederung hierauf angewiesen sind.
(3) Bedürftige Untergebrachte erhalten bei ihrer Entlassung einen Reisekostenzuschuss sowie eine Überbrückungsbeihilfe und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. Bei der Bemessung der Überbrückungsbeihilfe ist der Zeitraum zu berücksichtigen, den Untergebrachte benötigen, um vorrangige Hilfe in Anspruch zu nehmen.
§ 60
Nachgehende Betreuung
Die Einrichtung kann früheren Untergebrachten auf Antrag Hilfe auch bis zu einem Jahr nach der Entlassung gewähren, soweit das Ziel der vorangegangenen Behandlung gefährdet ist und die Hilfe nicht anderweitig sichergestellt werden kann.
§ 61
Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
(1) Frühere Untergebrachte können auf ihren Antrag vorübergehend in einer dem Vollzug der Sicherungsverwahrung dienenden Einrichtung oder einer anderen Anstalt des Justizvollzuges aufgenommen werden, wenn das Ziel der vorangegangenen Behandlung ansonsten gefährdet ist. Die Aufnahme ist jederzeit widerruflich.
(2) Gegen aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzuges nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.
(3) Auf ihren Antrag sind die aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.
(4) An den Kosten ihrer Unterbringung können die aufgenommenen Personen beteiligt werden. Die Kosten werden in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Absatz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. § 40 Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.
Abschnitt
12
Sicherheit und Ordnung
§ 62 (Fn 10)
Grundsatz
(1) Es sind die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ein Entweichen der Untergebrachten zu verhindern und zugleich die Sicherheit der Bevölkerung, der Bediensteten und der Untergebrachten zu gewährleisten. Hierzu sind die geeigneten baulichen und technischen Maßnahmen vorzusehen. Es sind organisatorische Regelungen zu erstellen, fortzuentwickeln und umzusetzen sowie soziale und behandlungsfördernde Strukturen zu schaffen, um ein Miteinander der Betroffenen in gegenseitigem Respekt zu ermöglichen.
(2) Die Einrichtung ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Identität aller Personen, die Zugang begehren, festzustellen.
§ 63
Verhaltensvorschriften, Zusammenleben
(1) Die Untergebrachten dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, anderen Untergebrachten und Dritten das geordnete Zusammenleben in der Einrichtung nicht stören. Ihre Fähigkeit zu gewalt- und konfliktfreiem Zusammenleben sowie zu einvernehmlicher Streitbeilegung ist zu entwickeln und zu stärken.
(2) Die Untergebrachten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Die Untergebrachten sind verpflichtet, ihre Zimmer und die ihnen von der Einrichtung überlassenen Gegenstände in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Untergebrachten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 64 (Fn 3)
Durchsuchung
(1) Die Untergebrachten, ihre Sachen und die Zimmer dürfen durchsucht werden.
(2) Die Leitung der Einrichtung kann allgemein anordnen, dass bei der Aufnahme, vor und nach Kontakten mit Besucherinnen und Besuchern sowie vor und nach jeder Abwesenheit eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Untergebrachter durchzuführen ist, die Entkleidung im Einzelfall jedoch unterbleibt, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird. Ansonsten ist eine solche Durchsuchung nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Leitung der Einrichtung im Einzelfall zulässig.
(3) Die Durchsuchung von männlichen Untergebrachten darf nur von Männern, von weiblichen Untergebrachten nur von Frauen durchgeführt werden. Entkleidungen erfolgen einzeln in einem geschlossenen Raum. Bei männlichen Untergebrachten dürfen nur männliche Bedienstete und bei weiblichen Untergebrachten nur weibliche Bedienstete zugegen sein. Die Untersuchung von Körperöffnungen darf nur durch den ärztlichen Dienst vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.
§ 65 (Fn 3)
Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum
Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung können allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Missbrauch von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen mit einem geringfügigen körperlichen Eingriff, namentlich einer Punktion der Fingerbeere zur Abnahme einer geringen Menge von Kapillarblut, verbunden sein, wenn die Untergebrachten einwilligen.
§ 66 (Fn 11)
(weggefallen)
§ 67
Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Telekommunikation
Auf dem Gelände der Einrichtung dürfen technische Geräte zur Feststellung und Verhinderung unerlaubter Telekommunikation eingerichtet und betrieben werden. Die Telekommunikation außerhalb des Geländes der Einrichtung darf nicht beeinträchtigt werden.
§ 68 (Fn 15)
(weggefallen)
§ 69 (Fn 12)
Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) Gegen Untergebrachte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbstverletzung oder Selbsttötung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
2. die Trennung von anderen Untergebrachten (Absonderung),
3. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
4. die unregelmäßige oder ununterbrochene Beobachtung von Untergebrachten, auch mit technischen Hilfsmitteln,
5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände und
6. die Fesselung oder Fixierung.
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Ordnung der Einrichtung anders nicht abgewendet werden kann.
(4) Bei der Beobachtung nach Absatz 2 Nummer 4 ist das Schamgefühl der Untergebrachten zu schonen. Nur im Ausnahmefall darf zusätzlich eine akustische Überwachung angeordnet werden.
(5) Für die Dauer der seelsorglichen Betreuung sind die Beobachtung und die akustische Überwachung auf Verlangen der Seelsorgerinnen oder Seelsorger auszusetzen.
(6) Eine Absonderung von mehr als 24 Stunden Dauer ist nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer in der Person der Untergebrachten liegenden Gefahr unerlässlich ist.
(7) Fesseln dürfen in der Regel nur an Händen oder Füßen angelegt werden. Bei Art und Umfang der Fesselung und Fixierung sind die Untergebrachten zu schonen. Die Fesselung oder Fixierung ist unverzüglich zu lockern oder zu entfernen, sobald die Gefahr nicht mehr fortbesteht oder durch mildere Mittel abgewendet werden kann.
(8) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn die Beaufsichtigung nicht ausreicht, eine Entweichung zu verhindern.
§ 70 (Fn 3)
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Leitung der Einrichtung ist unverzüglich nachzuholen.
(2) Die an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen sind alsbald über die Anordnung zu unterrichten.
(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrecht erhalten werden, als es ihr Zweck erfordert.
(4) Den Untergebrachten sollen besondere Sicherungsmaßnahmen zusammen mit der Anordnung erläutert werden. Bei einer Gefährdung der Sicherheit kann dies auch nachgeholt werden. Die Anordnung, Entscheidungen zur Fortdauer und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind zu dokumentieren.
(5) Eine ununterbrochene Beobachtung von Untergebrachten mit technischen Hilfsmitteln in Zimmern, die dem Aufenthalt bei Tag und bei Nacht dienen, nach § 69 Absatz 2 Nummer 4 sowie besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 69 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Sind Untergebrachte in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände untergebracht und fixiert, erfolgt die Mitteilung an die Aufsichtsbehörde nach Ablauf von 24 Stunden. Eine Absonderung von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Auf Antrag der Untergebrachten ist unverzüglich deren Verteidigerin oder Verteidiger zu benachrichtigen.
(6) Während der Absonderung oder der Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Untergebrachten darüber hinaus fixiert, sind sie ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten.
§ 71
Medizinische und psychologische Überwachung
(1) Werden die Untergebrachten ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, ist vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.
(2) Der medizinische und erforderlichenfalls der psychologische Dienst der Einrichtung suchen Untergebrachte, die in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände untergebracht, gefesselt oder fixiert sind, alsbald und in der Folgezeit möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports. Solange Untergebrachten der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird oder sie länger als 24 Stunden abgesondert sind, ist der ärztliche Dienst regelmäßig zu hören.
Abschnitt
13
Unmittelbarer Zwang
§ 72
Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) Waffen sind dienstlich zugelassene Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 73
Allgemeine Voraussetzungen
(1) Zur rechtmäßigen Durchführung von Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, soweit der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Untergebrachte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte zu befreien oder in den Bereich der Einrichtung widerrechtlich einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 74
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 75
Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um die Begehung einer rechtswidrigen Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 76
Allgemeine Vorschriften zum Schusswaffengebrauch
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Bediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 77
Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Gegen Untergebrachte dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
1. wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
2. wenn sie eine Meuterei (§ 121 des Strafgesetzbuches) unternehmen oder
3. um ihre Flucht zu vereiteln oder sie wieder zu ergreifen.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in die Einrichtung einzudringen.
§ 78 (Fn 13)
Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind gegen den natürlichen Willen der Untergebrachten nur bei gegenwärtiger Lebensgefahr sowie gegenwärtiger schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Untergebrachten oder anderer Personen zulässig, wenn die oder der Untergebrachte zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
1. erfolglos versucht worden ist, die Zustimmung der Untergebrachten zu der Maßnahme zu erwirken,
2. die Anordnung der Maßnahme den Untergebrachten angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme informiert wurden,
3. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr geeignet und in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,
4. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen deutlich überwiegt und
5. die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der Untergebrachten verbunden ist.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 werden ärztlich angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung erfolgt im Einvernehmen mit der Leitung der Einrichtung. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.
(3) Erfordert die Beurteilung der Gefahrenlage und die Abschätzung der Notwendigkeit einer Behandlung psychischer Erkrankungen eine angemessene Zeit der Beobachtung der Untergebrachten oder droht der oder dem Untergebrachten aufgrund einer anderen Erkrankung eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, darf die Behandlung zwangsweise unter den weiteren Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 nur begonnen werden, wenn
1. die Maßnahme der oder dem Untergebrachten mindestens eine Woche vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer dem Gesundheitszustand entsprechenden Weise angekündigt worden ist,
2. die oder der Untergebrachte über die Möglichkeit belehrt worden ist, eine gerichtliche Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes herbeizuführen,
3. vor dem Eingriff durch ein von der behandelnden Einrichtung unabhängiges fachpsychiatrisches oder fachärztliches Votum bestätigt wird, dass
a) die oder der zu behandelnde Untergebrachte einsichtsunfähig ist,
b) die Vorteile des medizinischen Eingriffs gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken deutlich überwiegen,
c) die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der oder des Untergebrachten verbunden ist,
d) eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der oder des Untergebrachten droht, und
4. die Fachaufsichtsbehörde oder eine von ihr beauftragte Anstaltsärztin oder ein von ihr beauftragter Anstaltsarzt, die oder der an der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht beteiligt ist, in die Maßnahme einwilligt.
Die Anordnung gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen.
(4) Über Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 sind Personensorgeberechtigte der Untergebrachten unverzüglich zu unterrichten.
(5) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untergebrachten über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.
Abschnitt
14
Disziplinarmaßnahmen
§ 79
Voraussetzungen, Konfliktregelung
(1) Verstoßen Untergebrachte schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, können gegen sie Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden. Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Untergebrachten zu verwarnen.
(3) Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, die insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft zum Inhalt haben können.
(4) Unabhängig von einer disziplinarischen Ahndung sollen Pflichtverstöße nach Absatz 1 im Rahmen der Behandlung aufgearbeitet werden.
§ 80
Disziplinarmaßnahmen
(1) Als Disziplinarmaßnahmen sind zulässig:
1. Verweis,
2. Ausschluss von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu vier Wochen,
3. Beschränkung oder Entzug der Bewegungsfreiheit außerhalb des Zimmers bis zu vier Wochen,
4. Beschränkung oder Entzug von Gegenständen der Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme des Lesestoffes bis zu vier Wochen,
5. Beschränkung oder Entzug des Fernsehempfangs bis zu vier Wochen und
6. Arrest bis zu drei Wochen.
(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
§ 81 (Fn 3)
Verfahren
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Hierbei sind sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln. Die Untergebrachten werden gehört. Sie werden darüber unterrichtet, welche Verfehlungen ihnen zur Last gelegt werden. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Die Äußerungen der Untergebrachten und die Ergebnisse der Ermittlungen sind zu dokumentieren.
(2) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an. Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung der Untergebrachten gegen die Leiterin oder den Leiter der Einrichtung richtet. Bei einer Verfehlung der Untergebrachten auf dem Weg in eine andere Einrichtung ist die Leitung der Einrichtung am Bestimmungsort zuständig.
(3) Die nach Absatz 2 Satz 1 Befugten sollen sich vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die maßgeblich an der Behandlung der Untergebrachten mitwirken. § 71 Absatz 1 gilt entsprechend.
(4) Mehrere Verfehlungen, die gleichzeitig zu beurteilen sind, werden durch eine Entscheidung geahndet.
(5) Die Entscheidung wird mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst und den Untergebrachten mündlich eröffnet.
§ 82
Vollzug der Disziplinarmaßnahmen
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt. Die Vollstreckung ist auszusetzen, soweit es zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist.
(2) Disziplinarmaßnahmen können ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung kann ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn die Untergebrachten erneut gegen Pflichten verstoßen.
(3) Der Vollzug unterbleibt, wird verschoben oder unterbrochen, wenn ansonsten der Erfolg der Behandlung nachhaltig gefährdet wäre.
(4) Bevor Arrest vollzogen wird, ist der ärztliche Dienst zu hören. Während des Arrestes stehen Untergebrachte unter ärztlicher Aufsicht. Der Arrest unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn ansonsten die Gesundheit der Untergebrachten gefährdet würde.
(5) Für die Dauer des Arrests werden die Untergebrachten abgesondert. Sie können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an ein zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmtes Zimmer gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet ist, ruhen die Befugnisse der Untergebrachten zur Teilnahme an Maßnahmen außerhalb des Raumes, in dem der Arrest vollstreckt wird, sowie die Befugnisse zur Ausstattung des Zimmers mit eigenen Gegenständen, zum Fernsehempfang, zum Einkauf und zur Selbstverpflegung. Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme des Lesestoffs sind nicht zugelassen. Die Rechte zur Teilnahme an unaufschiebbaren Behandlungsmaßnahmen, zur Teilnahme am Gottesdienst und zum Aufenthalt im Freien nach § 44 Absatz 2 bleiben unberührt.
(6) Disziplinarmaßnahmen, die gegen Untergebrachte in einer anderen Einrichtung oder während des vorangegangenen Strafvollzuges angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt.
Abschnitt
15
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht
§ 83
Widerruf, Rücknahme
(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzuges der Sicherungsverwahrung richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.
(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn
1. auf Grund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände die Maßnahmen hätten unterbleiben können,
2. die Maßnahmen missbraucht werden oder
3. Weisungen nicht befolgt werden.
(4) Begünstigende Maßnahmen nach den Absätzen 2 oder 3 dürfen nur aufgehoben werden, wenn das Interesse an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegt.
§ 84
Beschwerderecht
Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Leitung der Einrichtung oder an die von ihr beauftragten Personen zu wenden.
Abschnitt
16
Organisation, Trennungsgrundsätze, Aufsicht
§ 85
Organisation der Einrichtungen
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen der Landesjustizverwaltung.
(2) Die Einrichtungen werden mit den für die Erreichung der Vollzugsziele und die Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet. Die Gestaltung der Einrichtungen muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen.
(3) Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen, insbesondere für therapeutische Maßnahmen, für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport und Seelsorge, vorzusehen.
(4) Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten.
(5) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit fest.
§ 86
Trennungsgrundsätze
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die vom Strafvollzug getrennt sind. Die Unterbringung kann in gesonderten Gebäuden oder Abteilungen einer Justizvollzugsanstalt vollzogen werden.
(2) Bei einer Unterbringung nach Absatz 1 Satz 2 ist neben den in der Einrichtung vorhandenen Maßnahmen eine Nutzung von Angeboten der Justizvollzugsanstalt, insbesondere im Bereich der Beschäftigung, der Freizeit und der Religionsausübung, auch gemeinsam mit Strafgefangenen zulässig.
(3) Von einer vom Strafvollzug getrennten Unterbringung nach Absatz 1 darf ausnahmsweise abgewichen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Verlegung oder Überstellung nach § 13 Absatz 2 vorliegen. Die Unterbringungsbedingungen müssen sich im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden. Im Übrigen bleiben die Rechte der Untergebrachten nach diesem Gesetz unberührt.
(4) Weibliche und männliche Untergebrachte sind getrennt voneinander unterzubringen.
§ 87
Bedienstete
(1) Für die Einrichtung ist die erforderliche Anzahl von geeigneten und fachlich qualifizierten Bediensteten, insbesondere des medizinischen, psychologischen und sozialen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes, vorzusehen, um eine Betreuung nach § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches zu gewährleisten. Das Personal wird fortgebildet und erhält Gelegenheit zur Supervision.
(2) Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und sozialen Dienstes sollen Wohngruppen zugeordnet werden. Eine Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der beschäftigungsfreien Zeit der Untergebrachten, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten.
§ 88 (Fn 2)
Leitung der Einrichtung
(1) Für jede Einrichtung ist eine Beamtin oder ein Beamter zur hauptamtlichen Leiterin oder zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen, die oder der die Voraussetzungen der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, erfüllt.
(2) Die Leitung der Einrichtung vertritt die Einrichtung nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug. Im Innenverhältnis kann sie die Verantwortung für bestimmte Aufgabenbereiche auf andere Vollzugsbedienstete übertragen.
(3) Ist die Einrichtung organisatorisch einer Justizvollzugsanstalt angegliedert (§ 86 Absatz 1 Satz 2), obliegt der Anstaltsleitung auch die Leitung der Einrichtung.
§ 89
Seelsorge
(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgliche Betreuung auf andere Weise zu ermöglichen.
(3) Mit Zustimmung der Leitung der Einrichtung dürfen sich die Seelsorgerinnen und Seelsorger freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen und Seelsorger von außen hinzuziehen.
§ 90
Medizinische Versorgung
(1) Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Ärztinnen oder Ärzte sicherzustellen. Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärztinnen oder Ärzten übertragen werden.
(2) Die Pflege erkrankter Untergebrachter soll von Krankenpflegekräften im Sinne des Krankenpflegegesetzes ausgeübt werden. Stehen solche Kräfte nicht zur Verfügung, können Bedienstete des Vollzuges oder sonstige Kräfte eingesetzt werden, soweit sie eine entsprechende Qualifikation besitzen.
§ 91
Konferenzen
Zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzug führt die Leitung der Einrichtung Konferenzen mit den an der Behandlung maßgeblich Beteiligten durch.
§ 92
Länderübergreifende Verlegungen
Untergebrachte können in ein anderes Land verlegt werden, wenn die Voraussetzungen des § 13 vorliegen und das Justizministerium sowie die zuständige Behörde des aufnehmenden Landes zustimmen.
§ 93
Mitverantwortung
(1) Den Untergebrachten ist zu ermöglichen, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Einrichtung nach für eine Mitwirkung eignen, der Leitung der Einrichtung Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden.
(2) Wird die Sicherungsverwahrung in gesonderten Gebäuden oder Abteilungen auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, gilt Absatz 1 auch für die Teilnahme an der dort bestehenden Gefangenenmitverantwortung.
§ 94
Hausordnung
Die Leitung der Einrichtung erlässt nach Anhörung der Vertretung der Untergebrachten eine Hausordnung. Diese informiert namentlich über die Rechte und Pflichten der Untergebrachten und enthält Erläuterungen zur Organisation des Besuchs, zur Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie Hinweise zu den Möglichkeiten, Anträge und Beschwerden anzubringen.
§ 95
Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan
(1) Das Justizministerium führt die Aufsicht über die Einrichtungen und sichert gemeinsam mit den Einrichtungen die Qualität des Vollzuges.
(2) Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Einrichtungen wird durch die Aufsichtsbehörde in einem Vollstreckungsplan nach allgemeinen Merkmalen geregelt.
Abschnitt
17
Beiräte
§ 96
Aufgaben der Beiräte
(1) Bei den Einrichtungen sind Beiräte zu bilden. Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder der Beiräte sein. Bestellung, Amtszeit und Abberufung der Mitglieder regelt die Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mitglieder der Beiräte wirken bei der Gestaltung des Vollzuges und bei der Betreuung der Untergebrachten mit. Sie unterstützen die Leitung der Einrichtung durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Untergebrachten nach der Entlassung.
(3) Wird die Sicherungsverwahrung in gesonderten Gebäuden oder Abteilungen auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, kann von der Bildung eines eigenständigen Beirates abgesehen werden.
§ 97
Befugnisse
(1) Die Mitglieder der Beiräte können namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen von Untergebrachten und Bediensteten entgegennehmen. Sie können die Einrichtung besichtigen sowie sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, medizinische Versorgung und Behandlung unterrichten.
(2) Die Mitglieder der Beiräte können Untergebrachte in ihren Zimmern aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel mit ihnen werden nicht überwacht.
§ 98
Pflicht zur Verschwiegenheit
Die Mitglieder der Beiräte sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, insbesondere über Namen und Persönlichkeit der Untergebrachten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.
Abschnitt
18 (Fn 15)
Schlussbestimmungen
(Fn 14)
§ 99 (Fn 14, 15)
Kriminologischer Dienst, Evaluation
(1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Forschung den Vollzug, insbesondere die eingesetzten Maßnahmen, angewandten Therapien und Methoden zur Förderung der Untergebrachten, auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Konzepte für den Einsatz vollzuglicher Maßnahmen zu entwickeln und fortzuschreiben.
(2) § 19 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.
§ 100 (Fn 14, 15)
Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person) und Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.
§ 101 (Fn 14, 15)
Fortgeltung und Ersetzung von Bundesrecht
Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich das Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) mit Ausnahme der Vorschriften über
1. den Pfändungsschutz (§ 43 Absatz 11 Satz 2, § 50 Absatz 2 Satz 5, § 51 Absatz 4 und 5, § 75 Absatz 3),
2. das Festnahmerecht (§ 87),
3. den Ersatz von Aufwendungen (§ 93),
4. das Handeln auf Anordnung (§ 97) und
5. das gerichtliche Verfahren (§§ 109 bis 121),
jeweils in Verbindung mit § 130 des Strafvollzugsgesetzes.
§ 102 (Fn 14, 15)
Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Berichtspflicht
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Juni 2013 in Kraft. Das Gesetz über die vorübergehende Aufnahme ehemaliger Sicherungsverwahrter in Einrichtungen des Justizvollzuges des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2011 (GV. NRW. S. 358) tritt gleichzeitig außer Kraft.
(2) Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. Dezember 2018 und danach alle fünf Jahre über die mit diesem Gesetz gemachten Erfahrungen.
Die
Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Die Ministerpräsidentin
Die
Ministerin
für Schule und Weiterbildung
Der Finanzminister
Der
Minister
für Inneres und Kommunales
Der
Minister
für Arbeit, Integration und Soziales
Der Justizminister
Die
Ministerin
für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport
Die
Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter
In Kraft getreten am 1. Juni 2013 (GV. NRW. S. 212); geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310), in Kraft getreten am 1. Juli 2016; Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 88 Absatz 1 neu gefasst durch Artikel 7 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310), in Kraft getreten am 1. Juli 2016. |
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§ 10 Absatz 3, § 14 Absatz 3, § 17 Absatz 1, § 26 Absatz 3, § 27, § 28 Absatz 4, § 32 Absatz 3, § 33 Absatz 2, § 38, § 48, § 51 Absatz 2, § 52 Absatz 4, § 64 Absatz 2 und 3, § 65; § 81 Absatz 2 geändert sowie § 68, § 70 Absatz 5 und § 99 neu gefasst durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§ 15: Überschrift neu gefasst und Absatz 3 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Überschrift neu gefasst und Absatz 3 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 21: Absatz 4 neu gefasst und Absatz 5 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 4 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 37: Absatz 1 geändert, Absatz 2 eingefügt, Absatz 2 (alt) umbenannt in Absatz 3 und geändert, Absatz 3 (alt) umbenannt in Absatz 4 und Absatz 5 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§ 40: Absatz 4 eingefügt und Absatz 4 (alt) umbenannt in Absatz 5 und geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§ 53: Absatz 1 und Absatz 3 geändert und Absätze 4 bis 7 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 4 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 54: Absatz 1 geändert und Absatz 2 neu gefasst durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§ 62: Wortlaut wird zu Absatz 1 und Absatz 2 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§ 66: Absätze 2, 3, 4 und 6 (alt) aufgehoben, Absatz 5 (alt) umbenannt in Absatz 2, Absatz 7 (alt) umbenannt in Absatz 3 und geändert und Absatz 4 angefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; aufgehoben durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 69: Absatz 1 geändert, Absätze 2 und 3 neu gefasst, Absätze 4 und 5 eingefügt, Absätze 4 und 5 (alt) umbenannt in Absätze 6 und 7 und Absatz 6 (alt) umbenannt in Absatz 8 und geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 8 geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |
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§ 78: Absatz 2 geändert, Absätze 3 und 4 eingefügt und Absatz 3 (alt) umbenannt in Absatz 5 durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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§§ 100 bis 109 (alt) aufgehoben, § 110 (alt) umbenannt in § 100 und Überschrift und Absatz 2 neu gefasst sowie §§ 111 bis 133 (alt) umbenannt in §§ 101 bis 103 durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017. |
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Inhaltsübersicht, § 7, § 22 zuletzt geändert, § 68 und Abschnitt 18 aufgehoben, Abschnitt 19 umbenannt in Abschnitt 18, § 100 umbenannt in § 99 und Absatz 2 neu gefasst, §§ 101 bis 103 umbenannt in §§ 100 bis 102 durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), in Kraft getreten am 25. Oktober 2018. |