Verordnung
zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten
der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Land Nordrhein-Westfalen
(eAkten-Verordnung ordentliche Gerichtsbarkeit - eAktOGVO)

Vom 16. Oktober 2018 (Fn 1)

 

 

Auf Grund des § 298a Absatz 1 Satz 2, 3 und 4 der Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), von denen Satz 4 durch Artikel 11 Nummer 4 des Gesetzes vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) geändert worden ist, und des § 14 Absatz 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), der zuletzt durch Artikel 13 Nummer 3 des Gesetzes vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30) verordnet das Ministerium der Justiz:

 

§ 1
Anordnung der elektronischen Aktenführung

(1) Bei den in der Anlage bezeichneten Gerichten werden die Akten in den durch Verwaltungsvorschrift bekannt zu machenden Verfahren elektronisch geführt. Die Bekanntmachung erfolgt durch Allgemeine Verfügung im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen. Akten, die ab dem in der Allgemeinen Verfügung angegebenen Datum neu angelegt werden, werden im Ganzen elektronisch geführt. Akten, die zum angegebenen Datum bereits in Papierform angelegt sind, werden im Ganzen in Papierform geführt.

 

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 4 werden in der Rechtsmittelinstanz die in der Vorinstanz in Papierform angelegten Akten elektronisch weitergeführt. Nach Rücksendung der Akten erfolgt die Aktenführung in der Vorinstanz unverändert nach Maßgabe des Absatzes 1. Sind aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift zwei Dokumente untrennbar miteinander zu verbinden, hat die Verbindung in Papierform zu erfolgen, wenn nicht beide Dokumente Teil der elektronischen Akte sind.

 

§ 2
Bildung elektronischer Akten

(1) Elektronische Dokumente sowie in Papierform beibehaltene Schriftstücke und sonstige Unterlagen gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2, die dieselbe Angelegenheit betreffen, sind zu Akten zu vereinigen.

 

(2) Enthält eine elektronisch geführte Akte sowohl elektronische als auch in Papierform beibehaltene Bestandteile, so muss beim Zugriff auf jeden der Teile ein Hinweis auf den jeweils anderen Teil enthalten sein.

 

(3) Elektronisch geführte Akten sind so zu strukturieren, dass sie die gerichtsinterne Bearbeitung sowie den Aktenaustausch unterstützen.

 

§ 3
Übertragung von Papierdokumenten

(1) Schriftstücke und sonstige Unterlagen, die zu einer elektronisch geführten Akte in Papierform eingereicht werden, sind in die elektronische Form zu übertragen. Ausgenommen sind Schriftstücke und sonstige Unterlagen, deren Übertragung wegen ihres Umfanges oder ihrer sonstigen Beschaffenheit unverhältnismäßig wäre, sowie in Papierform geführte Akten anderer Instanzen und Beiakten.

 

(2) Es ist sicherzustellen, dass das elektronische Dokument mit den vorliegenden Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Die Übertragung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn den Anforderungen der Technischen Richtlinie 03138 Ersetzendes Scannen (RESISCAN) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik genügt wird. Eingescannte Leerseiten werden nicht gespeichert.

 

(3) Die in Papierform vorliegenden, in die elektronische Form übertragenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen können sechs Monate nach der Übertragung vernichtet werden, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind.

 

§ 4
Führung und Aufbewahrung elektronischer Akten

Die elektronische Akte ist mit einem elektronischen Datenverarbeitungssystem nach dem Stand der Technik zu führen und aufzubewahren, das insbesondere gewährleistet, dass

 

1. die elektronische Akte benutzbar, lesbar und auffindbar ist (Verfügbarkeit),

2. die Funktionen der elektronischen Akte nur genutzt werden können, wenn sich der Benutzer dem System gegenüber identifiziert und authentisiert (Identifikation und Authentisierung),

3. die eingeräumten Benutzungsrechte im System verwaltet werden (Berechtigungsverwaltung),

4. die eingeräumten Benutzungsrechte vom System geprüft werden (Berechtigungsprüfung),

5. die Vornahme von Veränderungen und Ergänzungen der elektronischen Akte im System protokolliert wird (Beweissicherung),

6. eingesetzte Datensicherungs-Systeme ohne Sicherheitsrisiken wiederhergestellt werden können (Wiederaufbereitung),

7. etwaige Verfälschungen der gespeicherten Daten durch Fehlfunktionen des Systems durch geeignete technische Prüfmechanismen rechtzeitig bemerkt werden können (Unverfälschtheit),

8. die Funktionen des Systems fehlerfrei ablaufen und auftretende Fehlfunktionen unverzüglich gemeldet werden (Verlässlichkeit),

9. der Austausch von Daten im System und bei Einsatz öffentlicher Netze sicher erfolgen kann (Übertragungssicherheit).

 

§ 5
Ersatzmaßnahmen

Im Falle anhaltender technischer Störungen beim Betrieb der elektronischen Akte kann die Gerichtsleitung des von den Störungen betroffenen Gerichts anordnen, dass eine Ersatzakte in Papierform geführt wird. Diese ist in die elektronische Form zu übertragen, sobald die Störung behoben ist.

 

§ 6
Geltung der Aktenordnungen

Im Übrigen bleiben die Aktenordnungen unberührt.

 

§ 7
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. November 2018 in Kraft.

 

 

Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

 

Fn 1

In Kraft getreten am 1. November 2018 (GV. NRW. S. 578).