Verordnung
zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen
besonderen öffentlichen Bedarfs des Landes Nordrhein-Westfalen
(Landarztverordnung - LAG-VO)

Vom 21. Februar 2019 (Fn 1)

 

Auf Grund des § 6 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 802) verordnet das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft und dem Ministerium der Finanzen:

 

§ 1
Anwendungsbereich

Diese Verordnung regelt die Anforderungen, das Verfahren und die Zuständigkeit für die Zulassung zum Studiengang Medizin an den Hochschulen in der Trägerschaft des Landes im Rahmen der Vorabquote gemäß § 1 Absatz 1 des Hochschulzulassungsstaatsvertragsgesetzes vom 31. Januar 2017 (GV. NRW. S. 239) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Staatsvertrags über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung vom 21. März 2016 (Anlage zu GV. NRW. S. 239), im Folgenden Staatsvertrag genannt, sowie in Verbindung mit § 2 Satz 1 Nummer 1 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 802) in der jeweils geltenden Fassung. Sie regelt weiter die Durchsetzung der damit verbundenen Verpflichtungen gemäß § 2 Satz 1 Nummer 2 und § 4 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen.

 

§ 2
Besonderer öffentlicher Bedarf

Das für Gesundheit zuständige Ministerium, im Folgenden Ministerium genannt, stellt unter Berücksichtigung der Prognoserechnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen den besonderen öffentlichen Bedarf gemäß § 3 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen fest, gibt ihn im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen bekannt und überprüft ihn in regelmäßigen Abständen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln dem Ministerium jährlich Prognoserechnungen auf Grundlage der voraussichtlichen Entwicklung der Einwohner- und Arztzahlen und der aktuellen hausärztlichen Altersstruktur.

 

§ 3
Zuständige Stelle

Zuständige Stelle im Sinne dieser Verordnung ist das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG).

 

§ 4
Vertragliche Verpflichtung und Vertragsstrafe

(1) Die Bewerberin oder der Bewerber verpflichtet sich vertraglich gegenüber dem Land,

1. nach Abschluss des Studiums eine Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen zu absolvieren, die nach § 73 Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394) geändert worden ist, zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung berechtigt,

2. nach Abschluss der Weiterbildung eine vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen und für eine Dauer von zehn Jahren in den Bereichen auszuüben, für die das Land im Zusammenwirken mit den Kassenärztlichen Vereinigungen einen besonderen öffentlichen Bedarf gemäß § 2 festgestellt hat und

3. eine Strafzahlung in Höhe von 250 000 Euro an das Land zu leisten, wenn sie oder er einer ihrer Verpflichtungen gemäß Nummer 1 oder 2 nicht oder nicht unverzüglich nachkommt.

Die Wirksamkeit der Verpflichtung nach Satz 1 steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Bewerberin oder der Bewerber im Auswahlverfahren nach §§ 6 bis 8 ausgewählt und zum Studium zugelassen wird.

 

(2) Die vertragsärztliche Tätigkeit gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 wird in Vollzeit erbracht. Die zuständige Stelle kann auf Antrag aufgrund von besonderen sozialen, gesundheitlichen oder familiären Gründen eine Tätigkeit in Teilzeit zulassen.

 

§ 5
Antragsverfahren

(1) Zulassungsanträge im Rahmen der Vorabquote gemäß § 1 sind an die zuständige Stelle zu richten.

 

(2) Der Zulassungsantrag für das Wintersemester muss im ersten Verfahrensjahr bis zum 30. April 2019, in den Folgejahren jeweils bis zum 31. März und für das Sommersemester jeweils bis zum 30. September bei der zuständigen Stelle eingegangen sein. Hierbei handelt es sich um Ausschlussfristen. Der Antrag kann bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres für das Wintersemester und bis zum 30. Dezember für das Sommersemester schriftlich zurückgenommen werden.

 

(3) Die zuständige Stelle bestimmt die Unterlagen, die dem Zulassungsantrag beizufügen sind, sowie deren Form. Bei Nachweisen, die nicht in deutscher Sprache vorliegen, kann eine amtliche deutsche Übersetzung verlangt werden, bei ausländischen Ausbildungsabschlüssen oder einer nicht nach deutschem Recht erworbenen Hochschulzugangsberechtigung kann die zuständige Stelle bestimmen, in welcher Form die Gleichwertigkeit nachzuweisen ist.

 

(4) Der Zulassungsantrag muss der zuständigen Stelle vor Ablauf der in Absatz 2 Satz 1 genannten Fristen als elektronisch ausgefülltes Antragsformular sowie als ausgedruckter und unterschriebener Zulassungsantrag mit den Nachweisen und der in zweifacher Ausfertigung ausgedruckten und unterschriebenen Verpflichtungserklärung zugegangen sein. Fällt das Ende einer in Absatz 2 genannten Frist auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Samstag, so endet die Frist mit dem Ablauf des entsprechenden Tages und verlängert sich nicht bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktags. 

 

(5) Die zuständige Stelle ist nicht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.

 

§ 6
Auswahlverfahren

(1) Bewerberinnen und Bewerber, die nach Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Staatsvertrags in Verbindung mit § 2 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen einen Studienplatz erhalten sollen, werden nach Maßgabe des § 5 Absatz 2 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen ausgewählt. Weitere Kriterien werden im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht berücksichtigt.

 

(2) Das für die Festsetzung von Zulassungszahlen für die Vergabe von Studienplätzen zuständige Ministerium teilt der zuständigen Stelle zum 15. April für das bevorstehende Wintersemester und zum 15. Oktober für das bevorstehende Sommersemester die Zahl der voraussichtlich zu vergebenden Studienplätze an den einzelnen Studienorten mit.

 

(3) Das Auswahlverfahren gemäß § 5 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen besteht aus einer Bewertung der Kriterien gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummern 1 bis 3 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen (Vorleistungen) und dem standardisierten und strukturierten Auswahlgespräch gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen (Auswahlgespräch).

 

(4) Als strukturierter fachspezifischer Studierfähigkeitstest gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 2 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen wird der von der ITB Consulting GmbH, Bonn, bereitgestellte Test für Medizinische Studiengänge (TMS) anerkannt.

 

(5) In dem Auswahlgespräch gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen werden die sozial-kommunikativen Kompetenzen und die fachspezifische persönliche Eignung der Bewerberinnen und Bewerber auf der Grundlage standardisierter Interviews und Simulationen bewertet.

 

§ 7
Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber

(1) Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber gemäß § 6 Absatz 1 richtet sich in aufsteigender Reihenfolge nach dem Mittelwert ihrer Rangplätze für die Vorleistungen und für das Auswahlgespräch (Listenplatz). Stimmen Bewerberinnen und Bewerber in dem Mittelwert gemäß Satz 1 überein, werden die für diese Ergebnisgruppe zu nutzenden Listenplätze durch Los zugewiesen.

 

(2) Zur Ermittlung des Rangplatzes für die Vorleistungen werden der Punktwert für die Abiturdurchschnittsnote mit 30 Prozent, der Punktwert für den Studierfähigkeitstest mit 30 Prozent und der Punktwert für Tätigkeitszeiten gemäß Absatz 5 mit 40 Prozent gewichtet. Die einzelnen Punktwerte berechnen sich nach den Absätzen 3 bis 5. Bei gleichem Gesamtpunktwert wird der mittlere Rangplatz der für diese Ergebnisgruppe zu nutzenden Rangplätze zugewiesen, Nachkommastellen bleiben dabei außer Acht.

 

(3) Der Punktwert für die Durchschnittsnote gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen wird ermittelt, indem diese von dem Wert 4,0 subtrahiert und das Ergebnis durch den Wert 3 dividiert wird. Für die Ermittlung der Durchschnittsnote gilt die Anlage 2 der Vergabeverordnung NRW vom 15. Mai 2008 (GV. NRW. S. 198) in der jeweils geltenden Fassung.

 

(4) Der Punktwert für den fachspezifischen Studierfähigkeitstest gemäß § 6 Absatz 4 wird berechnet, indem von dem im TMS erzielten Testwert (Standardwert) 70 abgezogen und das Ergebnis durch 60 geteilt wird. Testwerte, die den unteren Grenzwert von 70 unterschreiten oder den oberen Grenzwert von 130 überschreiten, werden durch den jeweils nächstliegenden Grenzwert ersetzt.

 

(5) Der Punktwert für Zeiten der einschlägigen Berufsausbildung, Berufstätigkeit oder praktischen Tätigkeit gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen wird ermittelt, indem die Zahl der in der Ausbildung oder im Beruf nachgewiesenen Monate durch 48 geteilt wird. Berücksichtigt werden maximal 48 Monate und nur human- und zahnmedizinische, therapeutische sowie pflegerische Berufe gemäß der Anlage zu dieser Verordnung. Kalendermonate, die nicht vollständig mit anerkannten Zeiten einer beruflichen Tätigkeit belegt sind, werden berücksichtigt.

 

(6) Zur Teilnahme am Auswahlgespräch gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Landarztgesetzes Nordrhein-Westfalen werden doppelt so viele Bewerberinnen und Bewerber zugelassen wie gemäß § 6 Absatz 2 auszuwählen sind. Die Zulassung richtet sich nach dem Rangplatz für die Vorleistungen. Nehmen mehr Bewerberinnen und Bewerber den letzten zu berücksichtigenden Rangplatz ein als für das Gespräch zugelassen werden können, so entscheidet unter ihnen das Los. Liegt der rechnerische Wert ihres Rangplatzes für die Vorleistungen über der Zahl der Zulassungen, so wird ihnen für das weitere Verfahren diese als Rangplatz für die Vorleistungen zugewiesen.

 

(7) Das Auswahlgespräch besteht aus kurzen Interviews und Szenarien (Stationen), die von Jurorinnen oder Juroren bewertet werden. Die Jurorinnen und Juroren sind für die standardisierte Bewertung der einzelnen Stationen zu schulen. Die Einzelheiten des Verfahrens und seiner Bewertung legt die zuständige Stelle vorab im Einvernehmen mit dem Ministerium für das jeweilige Auswahlverfahren auf Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Konzeption fest, die auch die Qualitätsstandards berufsbezogener Eignungsdiagnostik berücksichtigt, die Festlegungen sind zu veröffentlichen.

 

(8) Die zuständige Stelle beruft die Jurorinnen und Juroren im Einvernehmen mit dem Ministerium. Die Berufenen müssen über die erforderliche, in der Regel ärztliche oder psychologische Sachkunde für die Mitwirkung im Auswahlverfahren verfügen. Die Berufung ist vertraulich zu behandeln. Sie erfolgt für das jeweilige Auswahlverfahren und kann wiederholt ausgesprochen werden. Im Einvernehmen mit dem Ministerium kann die Berufung aus wichtigem Grund widerrufen oder eine berufene Person von einem Auswahlverfahren ganz oder teilweise ausgeschlossen werden. Für die Beteiligung am Auswahlverfahren wird eine angemessene Aufwandsentschädigung geleistet. Reisekosten werden nach Maßgabe des Landesreisekostengesetzes vom 16. Dezember 1998 (GV. NRW. S. 738) in der jeweils geltenden Fassung ersetzt. Die Auswahlgespräche sind nicht öffentlich. Die Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Stelle und des Ministeriums sind berechtigt, an den Prüfungen teilzunehmen.

 

(9) Die Bewertungen der Stationen des Auswahlgesprächs erfolgen auf einer für alle Stationen gleichen Punkteskala (Stationspunkte). Der Rangplatz einer Bewerberin oder eines Bewerbers für das Auswahlgespräch richtet sich nach der erzielten Summe der Stationspunkte. Stimmen Bewerberinnen und Bewerber in ihrem Gesamtpunktwert überein, wird ihnen der mittlere Rangplatz der für diese Ergebnisgruppe zu nutzenden Rangplätze zugewiesen, Nachkommastellen bleiben dabei außer Acht.

 

§ 8
Zuteilung der Studienplätze

(1) Die Zuordnung der nach § 7 Absatz 1 ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber zu den einzelnen Studienorten richtet sich nach den im Zulassungsantrag in einer Reihenfolge benannten Studienortwünschen. Beginnend mit den an erster Stelle genannten Studienorten werden in jeder Zuteilungsrunde nur die Wünsche mit demselben Platz in der Reihenfolge berücksichtigt. Stehen in einer Zuteilungsrunde an einem Studienort weniger Studienplätze zur Verfügung als für die Erfüllung der Studienortwünsche erforderlich wären, entscheidet die zuständige Stelle im Losverfahren. Ausgewählte Bewerberinnen und Bewerber, die keine oder keine noch zu erfüllenden Wünsche angegeben haben, werden in aufsteigender Folge ihrer Listenplätze den noch verfügbaren Studienorten zugelost.

 

(2) Die zuständige Stelle übermittelt die nach § 7 Absatz 1 geordnete Liste der Bewerberinnen und Bewerber mit den gemäß Absatz 1 zugeordneten Studienplätzen für das Wintersemester bis zum 15. Juli, für das Sommersemester bis zum 15. Januar an die Stiftung für Hochschulzulassung. Alle anderen Bewerberinnen und Bewerber erhalten von der zuständigen Stelle einen auf die Auswahl in ihrem Verfahren beschränkten Ablehnungsbescheid.

 

(3) Die Stiftung für Hochschulzulassung erteilt den gemäß Absatz 2 benannten Bewerberinnen und Bewerbern einen Zulassungsbescheid.

 

§ 9
Weitere Verpflichtungen

(1) Das Studium soll in der Regelstudienzeit absolviert werden.

 

(2) Die nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Verpflichteten informieren die zuständige Stelle unverzüglich über die Aufnahme des Studiums, der Weiterbildung gemäß § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sowie der Tätigkeit gemäß § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und weisen jeweils zum 1. November eines Jahres die unterbrechungsfreie Erfüllung der jeweiligen Verpflichtung für die vorangegangenen Monate Oktober bis September nach. Jede Änderung der Wohnanschrift und des Familiennamens sind der zuständigen Stelle unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

 

(3) Die zuständige Stelle bestimmt die Unterlagen, mit denen die Nachweise nach Absatz 2 zu führen sind, sowie deren Form.

 

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

 

Der Minister
für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Die Ministerin
für Kultur und Wissenschaft

 

Der Minister der Finanzen

 

 

Hinweis:

Vollzitat, starre Verweisung: „Landarztverordnung vom 21. Februar 2019 (GV. NRW. S. 122)“

 

Fn 1

In Kraft getreten am 1. März 2019 (GV. NRW. S. 122).