Verordnung
über weitere polizeiliche Aufgaben des Landeskriminalamts
bei der Gefahrenabwehr sowie der Erforschung und Verfolgung von Straftaten
(Aufgabenverordnung LKA - LKAAufgVO)
Vom 26. November 2020 (Fn 1)
Auf Grund des § 13 Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 5 des Polizeiorganisationsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 2002 (GV. NRW. S. 308, ber. S. 629), der zuletzt durch Gesetz vom 8. Oktober 2020 (GV. NRW. S. 1008) geändert worden ist, verordnet das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz:
§ 1
Das Landeskriminalamt ist zuständige Landesbehörde der Polizei im Sinne von § 4 Absatz 2 Nummer 1 und § 17 Absatz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes vom 1. Juni 2017 (BGBl. I S. 1354; 2019 I S. 400), das durch Artikel 152 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist.
§ 2
(1) Das Landeskriminalamt hat alle für die vorbeugende Bekämpfung sowie für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten bedeutsamen Informationen und Unterlagen zu sammeln, auszuwerten und ergänzend zu erheben, insbesondere die Polizeibehörden laufend über den Stand der Kriminalität und über geeignete Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung sowie für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten zu unterrichten.
(2) Das Landeskriminalamt verfügt in Abstimmung mit dem für Inneres zuständigen Ministerium kriminalfachliche Standards.
§ 3
(1) Die Übernahme von Ermittlungen durch das Landeskriminalamt auf Grund von Ersuchen gemäß § 13 Absatz 4 Nummer 3 des Polizeiorganisationsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 2002 (GV. NRW. S. 308, ber. S. 629), der zuletzt durch Gesetz vom 8. Oktober 2020 (GV. NRW. S. 1008) geändert worden ist, kommt in Betracht, wenn bei Straftaten Anhaltspunkte für überregionale, länderübergreifende oder internationale Tatzusammenhänge erkennbar sind und eine zentrale Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist, insbesondere bei
1. Delikten der politisch motivierten Kriminalität, vornehmlich bei Straftaten gemäß den §§ 129, 129a und 129b des Strafgesetzbuches,
2. Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit gemäß den §§ 93 bis 101a des Strafgesetzbuches,
3. nationalsozialistischen Gewaltverbrechen gemäß § 211 des Strafgesetzbuches,
4. Delikten nach dem Völkerstrafgesetzbuch vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist,
5. Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 36 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, und der Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts (Proliferation),
6. Organisierter Kriminalität und schwerer Bandenkriminalität,
7. Wirtschafts-, Umwelt- und Korruptionskriminalität,
8. Cybercrime, soweit der Einsatz der besonderen Mittel oder Kompetenzen des Landeskriminalamts angezeigt sind, und
9. gewerbsmäßiger Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Schriften.
(2) Das Landeskriminalamt führt auf Ersuchen einer Staatsanwaltschaft oder einer Kreispolizeibehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft die Zielfahndung nach einer Person durch, wenn diese
1. zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt ist und sich der Strafvollstreckung durch Flucht entzieht,
2. einer schweren Straftat dringend verdächtig ist und sich verborgen hält oder
3. vorläufig gemäß § 126a der Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1648) geändert worden ist, oder nach rechtskräftigem Abschluss eines Sicherungsverfahrens gemäß § 63 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist oder untergebracht war und sich der Vollstreckung einer Maßregel durch Flucht entzieht
und eine Ausschreibung zur internationalen Fahndung oder im Schengener Informationssystem erfolgt ist.
(3) Das Landeskriminalamt verfolgt eine Straftat im Falle des § 36 des Bundeskriminalamtgesetzes, es sei denn, das für Inneres zuständige Ministerium überträgt die Zuständigkeit einer anderen Polizeibehörde.
§ 4
(1) Das Landeskriminalamt ist unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für
1. die Durchführung polizeilicher Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch die in Nordrhein-Westfalen bevorstehende Begehung von schweren Straftaten, wenn eine örtlich zuständige Kreispolizeibehörde noch nicht bestimmbar ist oder örtliche Maßnahmen einer Kreispolizeibehörde zur Abwehr von Gefahren nicht ausreichen und ergänzende einheitliche Maßnahmen durch eine zentrale Stelle erforderlich sind und
2. landeszentrale Maßnahmen zur Erforschung und Verfolgung von Straftaten der Cybercrime.
(2) Das Landeskriminalamt gibt in den Fällen des Absatzes 1 die Aufgabenwahrnehmung an eine Kreispolizeibehörde ab, wenn deren örtliche Zuständigkeit nicht nur vorübergehend vorliegt.
§ 5
Das Landeskriminalamt ist auf der Grundlage des § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für die Auswertung und Analyse von Kriminalitätsphänomenen und von Straftaten, die eine zentrale, länderübergreifende oder internationale Aufgabenwahrnehmung erfordern, in anderen Fällen für die Koordinierung dieser Aufgaben durch die Kreispolizeibehörden.
§ 6
(1) Das Landeskriminalamt ist als zentrale Stelle im Sinne des § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 des Polizeiorganisationsgesetzes zuständig für
1. die Koordinierung polizeilicher Finanzermittlungen,
2. die Entgegennahme und Bearbeitung von Anzeigen nach § 12 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. 2005 S. 8) in der jeweils geltenden Fassung und sonstigen Korruptionshinweisen, die unmittelbar beim Landeskriminalamt angezeigt werden, bis die Zuständigkeit einer Kreispolizeibehörde oder Staatsanwaltschaft bestimmt ist,
3. die Sammlung, Auswertung und Steuerung von Informationen
a) über Grundstoffe nach dem Grundstoffüberwachungsgesetz vom 11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Artikel 92 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, und über andere Produkte, die zur Herstellung und Verbreitung von Betäubungsmitteln missbraucht werden können sowie
b) über Grundstoffe zur Herstellung von Explosiv- und Sprengstoffen,
4. die Entgegennahme von Ersuchen, den Datenabgleich und die Auskunftserteilung im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen, insbesondere nach luftsicherheits- und atomrechtlichen Vorschriften, und
5. die Koordinierung polizeilicher Maßnahmen bei rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (Konzeption KURS).
(2) Das Landeskriminalamt ist im Rahmen der zentralen Informationsverarbeitung, -auswertung und -steuerung zuständig für die Koordinierung
1. des Einsatzes von Vertrauenspersonen und verdeckt ermittelnden Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten anderer Länder, des Bundes oder anderer Staaten durch Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen,
2. der Anforderung von Vertrauenspersonen oder verdeckt ermittelnder Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten durch Polizeidienststellen anderer Länder, des Bundes oder anderer Staaten,
3. von Maßnahmen des Zeugenschutzes der Polizeibehörden des Landes oder des Bundes oder anderer Länder in Nordrhein-Westfalen,
4. von polizeilichen Maßnahmen zur Unterstützung der Suche nach Vermissten oder der Identifizierung von unbekannten Toten bei größeren Schadenslagen auch in anderen Ländern und im Ausland und
5. von Rechercheanträgen der Polizeibehörden an die Fluggastdatenzentralstelle des Bundeskriminalamtes nach Maßgabe des § 4 des Fluggastdatengesetzes vom 10. Juni 2017 (BGBl. I S. 1484).
(3) Das Landeskriminalamt berät und unterstützt die Kreispolizeibehörden bei den Evaluationen und begleitet externe Evaluationen.
§ 7
(1) Das Landeskriminalamt ist Prüfungs- und Bewilligungsbehörde für ein- und ausgehende polizeiliche Rechtshilfeersuchen und koordiniert polizeiliche Belange bei der justiziellen Rechtshilfe.
(2) Das Landeskriminalamt ist zentrale Verbindungs- und Ansprechstelle für die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit sowie für die Zusammenarbeit mit EUROPOL.
§ 8
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2020 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten
1. die Aufgabenverordnung LKA vom 16. April 2015 (GV. NRW. S. 413) und
2. die Verordnung über die Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben durch das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei, das Landeskriminalamt und das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste vom 2. Juli 2007 (GV. NRW. S. 214), das durch Artikel 5 der Verordnung vom 22. Mai 2012 (GV. NRW. S. 206) geändert worden ist, außer Kraft.
Der Minister des
Innern
des Landes Nordrhein-Westfalen
In Kraft getreten am 1. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1117); geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 14. September 2021 (GV. NRW. S. 1072), tritt am 1. Juni 2022 in Kraft durch Bekanntmachung vom 7. März 2022 (GV. NRW. S. 286), siehe Norm ab 01.06.2022. |