Gesetz über die Transparenz der Finanzierung kommunaler Wählergruppen
(Wählergruppentransparenzgesetz – WählGTranspG)

 

Vom 25. März 2022 (Fn 1)

 

(Artikel 1 des Gesetzes vom 25. März 2022 (GV. NRW. S. 412))

 

§ 1
Anwendungsbereich

 

Dieses Gesetz gilt für Wählergruppen im Sinne von § 15 Absatz 1 Satz 2 Kommunalwahlgesetz, die nicht dem Parteiengesetz unterliegen.

 

§ 2
Pflicht zur Rechenschaftslegung

 

(1) Der Vorstand einer Wählergruppe, die in einer nach § 1 Absatz 1 Kommunalwahlgesetz gewählten Vertretung eine Fraktion oder Gruppe stellt, hat über die Herkunft und Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Wählergruppe zum Ende des Kalenderjahres (Rechnungsjahr) in einem Rechenschaftsbericht wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen öffentlich Rechenschaft zu geben.

 

(2) Der Rechenschaftsbericht besteht aus einer den Anforderungen des § 259 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch entsprechenden Rechnung, die eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und der Ausgaben enthält. Er gibt entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen Auskunft über die Herkunft und Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Wählergruppe. Der Präsident des Landtags kann Festlegungen über die Art und Weise treffen, wie die Einnahmen und Ausgaben im Rechenschaftsbericht darzustellen sind. Die Regelungen des § 25 Absatz 3 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) zur Veröffentlichung von Zuwendungen gelten entsprechend.

 

(3) Hat die Wählergruppe ein Vermögen von mehr als 50.000 Euro oder im Rechnungsjahr Einnahmen von mehr als 25.000 Euro, enthält der nach Absatz 2 zu erstellende Rechenschaftsbericht zusätzlich eine Vermögensbilanz sowie einen Erläuterungsteil. Die für Kaufleute geltenden handelsrechtlichen Vorschriften über die Rechnungslegung, insbesondere zu Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen, sind entsprechend anzuwenden.

 

(4) Der Rechenschaftsbericht soll im Vorstand der Wählergruppe beraten werden. Der Rechenschaftsbericht wird vom Vorsitzenden und einem für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied unterzeichnet. Diese für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieder versichern mit ihrer Unterschrift, dass die Angaben in ihrem Rechenschaftsbericht nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäß gemacht worden sind.

 

(5) Rechnungsunterlagen, Bücher, Bilanzen und Rechenschaftsberichte sind sechs Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des Rechnungsjahres.

 

§ 3
Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer
oder vereidigten Buchprüfer

 

(1) Der Rechenschaftsbericht muss von einem Wirtschaftsprüfer, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem vereidigten Buchprüfer oder einer Buchprüfungsgesellschaft, einem Steuerberater oder einer Steuerberatungsgesellschaft vor der Einreichung beim Präsidenten des Landtags entsprechend den handelsrechtlichen Vorschriften geprüft werden. Verfügt eine Wählergruppe im Rechnungsjahr weder über Einnahmen noch über ein Vermögen von mehr als 10.000 Euro, kann sie einen ungeprüften Rechenschaftsbericht einreichen.

 

(2) Sind nach dem Ergebnis der Prüfung keine Einwendungen zu erheben, so hat der Prüfer durch einen Vermerk zu bestätigen, dass nach pflichtgemäßer Prüfung der Rechenschaftsbericht in dem geprüften Umfang den Vorschriften dieses Gesetzes entspricht. Sind Einwendungen zu erheben, so hat der Prüfer in seinem Prüfungsvermerk die Bestätigung zu versagen oder einzuschränken.

 

§ 4
Einreichung beim Präsidenten
des Landtags

 

(1) Der Rechenschaftsbericht ist bis zum 30. September des auf das Rechnungsjahr folgenden Jahres beim Präsidenten des Landtags einzureichen.

 

(2) Der Präsident des Landtags erteilt der Wählergruppe unverzüglich eine Bestätigung darüber, dass der Rechenschaftsbericht fristgerecht eingereicht worden ist, sofern der Rechenschaftsbericht nicht an einem offensichtlichen Mangel leidet. Ein offensichtlicher Mangel liegt insbesondere vor, wenn der Rechenschaftsbericht ein Vermögen oder Einnahmen im Rechnungsjahr von mehr als 10.000 Euro deklariert, aber keinen Prüfvermerk nach § 3 Absatz 2 enthält.

 

(3) Der Präsident des Landtags prüft die Rechenschaftsberichte, insbesondere die nach § 3 Absatz 1 Satz 2 ohne Prüfvermerk eingereichten Rechenschaftsberichte, stichprobenartig auf Unrichtigkeiten. Festgestellte Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht sind von der Wählergruppe unverzüglich zu korrigieren.

 

(4) Der Präsident des Landtags erstellt jährlich eine vergleichende Kurzübersicht über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögensverhältnisse der Wählergruppen. Die Kurzübersicht wird als Landtagsdrucksache verteilt.

 

§ 5
Anzeigepflicht bei Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht

 

(1) Erlangt die Wählergruppe Kenntnis von Unrichtigkeiten in ihrem Rechenschaftsbericht, hat sie dies unverzüglich dem Präsidenten des Landtags schriftlich anzuzeigen.

 

(2) Bei einer von der Wählergruppe angezeigten Unrichtigkeit unterliegt die Wählergruppe nicht den Rechtsfolgen des § 6, wenn im Zeitpunkt des Eingangs der Anzeige konkrete Anhaltspunkte für diese unrichtigen Angaben öffentlich nicht bekannt waren oder weder dem Präsidenten des Landtags vorgelegen haben noch in einem amtlichen Verfahren entdeckt waren und die Wählergruppe den Sachverhalt umfassend offenlegt und korrigiert.

 

§ 6
Rechtsfolgen der Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts

 

(1) Stellt der Präsident des Landtags Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht fest, entsteht gegen die Wählergruppe ein Anspruch in Höhe des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrages. Betreffen Unrichtigkeiten das Haus- und Grundvermögen oder Beteiligungen an Unternehmen, beträgt der Anspruch fünf vom Hundert der nicht aufgeführten oder der unrichtig angegebenen Vermögenswerte.

 

(2) Beruht die Unrichtigkeit auf grober Fahrlässigkeit oder auf Vorsatz, beträgt der Anspruch das Zweifache des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrags, bei Haus- und Grundvermögen oder Beteiligungen an Unternehmen zehn vom Hundert der nicht aufgeführten oder unrichtig angegebenen Vermögenswerte.

 

(3) Der Präsident des Landtags stellt die Verpflichtung der Wählergruppe zur Zahlung des Betrages durch Verwaltungsakt fest. Der Verwaltungsakt darf nur innerhalb von sechs Jahren nach Einreichung des Rechenschaftsberichts erlassen werden.

 

§ 7
Strafvorschrift

 

(1) Wer in der Absicht, die Herkunft oder die Verwendung der Mittel der Wählergruppe oder ihres Vermögens zu verschleiern oder die öffentliche Rechenschaftslegung zu umgehen, unrichtige Angaben über die Einnahmen oder über das Vermögen der Wählergruppe in einem beim Präsidenten des Landtags eingereichten Rechenschaftsbericht bewirkt oder einen unrichtigen Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Landtags einreicht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

 

(2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer unter den Voraussetzungen des § 5 Absatz 2 für die Wählergruppe eine Selbstanzeige nach § 5 Absatz 1 abgibt oder an der Abgabe mitwirkt.

 

 

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

 

Der Ministerpräsident

 

Für den Minister der Finanzen
Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie

 

Der Minister des Innern

 

Für die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

 

 

 

 

Fn 1

In Kraft getreten am 15. April 2022 (GV. NRW. S. 412).