Gesetz
über die Prüfung der Wahlen zum Landtag
des Landes Nordrhein-Westfalen
- Wahlprüfungsgesetz NW -

Vom 20. November 1951 (Fn 1)

§ 1

(1) Eine Prüfung der Gültigkeit der Wahlen zum Landtag findet durch diesen nur auf Einspruch statt.

(2) Auf Antrag kann auch festgestellt werden, daß ein Abgeordneter nach der Wahl die Mitgliedschaft im Landtag verloren hat.

§ 2 (Fn 2)

(1) Der Einspruch nach § 1 Abs. 1 ist innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses und der Namen der gewählten Bewerber (§ 36 LWG) einzulegen und zu begründen. Werden dem Präsidenten des Landtags nach Ablauf dieser Frist in amtlicher Eigenschaft Umstände bekannt, die einen Wahlmangel begründen könnten, kann er innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden dieser Umstände Einspruch einlegen.

(2) Der Antrag nach § 1 Abs. 2 kann jederzeit gestellt werden.

§ 3

Einspruchs- und antragsberechtigt ist jeder Wahlberechtigte, jede in einem Wahlkreis mit einem Wahlvorschlag aufgetretene Partei, der Präsident des Landtags sowie der Landeswahlleiter. Der einzelne Wahlberechtigte bedarf hierzu der vorherigen schriftlichen Zustimmung von mindestens 50 weiteren Wahlberechtigten.

§ 4

(1) Der Einspruch kann beim Präsidenten des Landtags, dem Landeswahlleiter oder dem Kreiswahlleiter eingelegt werden. Kreis- und Landeswahlleiter haben die bei ihnen eingehenden Einsprüche dem Präsidenten des Landtags unverzüglich zu übersenden.

(2) Gehen vor dem Zusammentritt des Landtags Einsprüche beim Kreis- oder Landeswahlleiter ein, so haben diese vor der Übersendung des Einspruchs an den Präsidenten des Landtags Ermittlungen anzustellen. Das Ergebnis der Ermittlungen ist mit dem Einspruch an den Präsidenten des Landtags weiterzuleiten.

(3) Der Antrag nach § 1 Abs. 2 ist bei dem Präsidenten des Landtags einzureichen.

§ 5

Der Einspruch kann nur darauf gestützt werden, daß

1. das Wahlergebnis rechnerisch unrichtig festgestellt worden ist,

2. zu Unrecht gültige Stimmen für ungültig oder ungültige Stimmen für gültig erklärt worden sind, deren Zahl die Verteilung der Sitze verändert,

3. Vorschriften des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, der Landesverfassung, des Landeswahlgesetzes oder der zu diesem ergangenen Durchführungsverordnungen bei der Vorbereitung oder der Durchführung der Wahl oder bei Ermittlung des Wahlergebnisses in einer Weise verletzt worden sind, die die Verteilung der Sitze beeinflußt,

4. Einschüchterung der Wähler oder Bewerber durch Gewalt oder durch Androhung eines den einzelnen oder eine Gruppe treffenden Übels, Mißbrauch ausgestellter Wahlscheine oder andere Ungesetzlichkeiten in einem solchen Ausmaß geschehen sind, daß hierdurch eine Auswirkung auf die Verteilung der Sitze angenommen werden kann,

5. im Falle einer nachträglichen Berufung gemäß § 38 Abs. 2 LWG der als gewählt erklärte Bewerber nicht wählbar war oder wesentliche Mängel bei der Berufung vorliegen.

§ 6

Der Abgeordnete, gegen dessen Wahl Einspruch eingelegt worden ist, oder dessen Mitgliedschaft nach § 1 Abs. 2 bestritten wird, hat bei der Wahlprüfung durch den Landtag kein Stimmrecht. Dies gilt nicht, wenn der Einspruch sich mit derselben Begründung auf mehr als fünf Abgeordnete einer Fraktion bezieht.

§ 7

(1) Die Entscheidung des Landtags kann nur lauten:

1. im Falle des § 5 Ziff. 1 auf Zurückweisung des Einspruchs oder auf rechnerische Richtigstellung. Im Falle der Richtigstellung ist gegebenenfalls das Wahlergebnis neu festzustellen;

2. im Falle des § 5 Ziff. 2 auf Gültigkeit oder Ungültigkeit einer bestimmten Anzahl von Stimmzetteln. Bei dieser Richtigstellung ist gegebenenfalls das Wahlergebnis neu festzustellen;

3. im Falle des § 5 Ziff. 3 und Ziff. 4 auf Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl;

4. im Falle des § 5 Ziff. 5 auf Zurückweisung des Einspruchs oder auf Feststellung, daß die Berufung unwirksam ist;

5. im Falle des § 1 Abs. 2 auf Zurückweisung des Antrags oder auf Feststellung, daß der Abgeordnete die Mitgliedschaft verloren hat.

(2) Entscheidet der Landtag nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten, dann gilt der Einspruch als abgelehnt. Das gleiche gilt für einen Antrag auf Grund des § 1 Abs. 2.

§ 8

Der Landtag hat zur Vorbereitung seiner Entscheidungen einen Ausschuß einzusetzen, der einen Vorschlag mit einem schriftlichen Bericht vorlegt.

§ 9

(1) Der Präsident des Landtags hat die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen seit der Beschlußfassung zuzustellen

a) denjenigen Personen, die Einspruch eingelegt haben, oder den Antragstellern,

b) denjenigen Abgeordneten, deren Mandat durch die Entscheidung berührt wird.

(2) Er hat den Bericht über die Landtagssitzung mit der Landtagsdrucksache über die Beratungen des Ausschusses sowie eine Rechtsmittelbelehrung beizufügen.

§ 10

(1) Die nach § 9 Abs. 1 Beteiligten können innerhalb eines Monats seit der Zustellung die Entscheidung durch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Die Beschwerde ist innerhalb eines weiteren Monats schriftlich zu begründen. Im Falle des § 7 Abs. 2 beginnt die Anfechtungsfrist 3 Monate nach der Einlegung des Einspruchs oder nach Antragstellung.

(2) Für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gilt § 7 entsprechend.

§ 11 (Fn 3)

(1) Stellt der Landtag in den Fällen, in denen über den Verlust der Mitgliedschaft im Wahlprüfungsverfahren zu entscheiden ist, den Verlust fest, so behält der Abgeordnete seine Rechte und Pflichten bis zur Rechtskraft der Entscheidung.

(2) Der Landtag kann jedoch mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschließen, daß der Abgeordnete bis zur Rechtskraft der Entscheidung nicht an der Arbeit des Landtages teilnehmen kann.

(3) Wird gegen die gemäß Absatz 1 ergangene Entscheidung des Landtages Beschwerde eingelegt, so kann der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers den gemäß Absatz 2 ergangenen Beschluß durch einstweilige Anordnung aufheben oder, falls ein solcher Beschluß nicht gefaßt worden ist, auf Antrag einer Minderheit des Landtages, die wenigstens ein Viertel seiner Mitglieder umfaßt, eine Anordnung gemäß Absatz 2 treffen.

§ 12

Die Gerichte und die Verwaltungsbehörden haben dem Landtag, dem von diesem mit der Vorbereitung der Entscheidung beauftragten Ausschuß sowie dem Landes- oder Kreiswahlleiter Rechts- und Amtshilfe zu leisten.

§ 13

Die erforderlichen Durchführungsverordnungen und Ausführungsbestimmungen erläßt der Innenminister.

§ 13a (Fn 5)

Die Landesregierung berichtet dem Landtag innerhalb von 30 Monaten nach Beginn der Wahlperiode des Landtags über die aufgrund dieses Gesetzes gemachten Erfahrungen.

§ 14

Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft (Fn 4).

Fn 1

GV. NW. 1951 S. 147/GS. NW. S. 58, geändert durch Art. II d. Wahlrechtsänderungsgesetzes v. 8. 6. 1993 (GV. NW. S. 300); Art. 4 des Gesetzes v. 18. Mai 2004 (GV. NRW. S. 248), in Kraft getreten am 4. Juni 2004.

Fn 2

§ 2 Abs. 1 geändert durch Art. II d. Gesetzes v. 8. 6. 1993 (GV. NW. S. 300); in Kraft getreten am 18. Juni 1993.

Fn 3

neuer § 11 eingefügt durch Art. II d. Gesetzes v. 8. 6. 1993 (GV. NW. S. 300); in Kraft getreten am 18. Juni 1993.

Fn 4

GV. NW. ausgegeben am 29. November 1951.

Fn 5

§ 13a angefügt durch Art. 4 des Gesetzes v. 18. Mai 2004 (GV. NRW. S. 248); in Kraft getreten am 4. Juni 2004.