Gesetz
über Unschädlichkeitszeugnisse
Vom 29. März 1966 (Fn 1)
§ 1
(1) Das Eigentum an einem Teil eines Grundstücks (Trennstück) kann frei von Belastungen übertragen werden, wenn durch ein behördliches Zeugnis festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist (Unschädlichkeitszeugnis).
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen kann ein dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zustehendes Recht ohne Zustimmung derjenigen, zu deren Gunsten das andere Grundstück belastet ist, aufgehoben werden.
§ 2
(1) Ein Unschädlichkeitszeugnis wird erteilt:
1. im Falle des § 1 Abs. 1, wenn das Trennstück im Verhältnis zum verbleibenden Teil des Grundstücks von geringem Wert und Umfang ist und für die Berechtigten ein Nachteil nicht zu besorgen ist;
2. im Falle des § 1 Abs. 2, wenn für diejenigen, zu deren Gunsten das andere Grundstück belastet ist, ein Nachteil nicht zu besorgen ist, weil ihre Rechte nur geringfügig betroffen werden.
(2) Das Unschädlichkeitszeugnis kann auf einzelne Belastungen beschränkt werden.
§ 3
Besteht ein Recht an mehreren Grundstücken desselben Eigentümers (Gesamtbelastung), so gelten sie im Sinne der §§ 1 und 2 als ein Grundstück.
§ 4
Auf das Wohnungseigentum sind die §§ 1 und 2 sinngemäß anzuwenden.
§ 5
Auf öffentliche Lasten finden die §§ 1 bis 4 keine Anwendung.
§ 6
(1) Die Feststellung der Unschädlichkeit ersetzt die Bewilligung des Berechtigten.
(2) Auf eine Eintragung, die auf Grund des Unschädlichkeitszeugnisses bei einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld zu bewirken ist, sind die Vorschriften der §§ 41 bis 43 der Grundbuchordnung nicht anzuwenden. Wird der Hypotheken-, Grund- oder Rentenschuldbrief nachträglich vorgelegt, so hat das Grundbuchamt die Eintragung auf dem Brief zu vermerken.
§ 7
Unschädlichkeitszeugnisse werden nur auf Antrag erteilt. Den Antrag kann jeder stellen, der an der Feststellung der Unschädlichkeit ein rechtliches Interesse hat.
§ 8 (Fn 2)
Für die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses sind die Kreise und kreisfreien Städte als Katasterbehörden zuständig. Findet jedoch die Rechtsänderung (§ 1) im Rahmen eines Flurbereinigungs- oder Siedlungsverfahrens statt, so ist die Flurbereinigungsbehörde zuständig.
§ 9 (Fn 3)
Die Verfügung, durch die ein Unschädlichkeitszeugnis erteilt wird, ist sämtlichen Beteiligten zuzustellen. Die den Antrag ablehnende Verfügung ist dem Antragsteller zuzustellen und den Beteiligten, die gehört worden sind, mitzuteilen. Die Verfügungen sollen einen Hinweis auf den zulässigen Rechtsbehelf sowie auf die Form und Frist seiner Einlegung enthalten.
§ 10
(1) Gegen die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses steht sämtlichen Beteiligten, gegen die ablehnende Verfügung nur dem Antragsteller der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Zustellung bei dem für die Führung des Grundbuchs zuständigen Amtsgericht zu stellen. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts gestellt werden.
(2) Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist die sofortige Beschwerde an das Landgericht zulässig. Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.
§ 11
(1) Einem Beteiligten, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt oder die sofortige Beschwerde einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung der Frist, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, ist nicht unverschuldet.
(2) Die Wiedereinsetzung kann nicht mehr beantragt werden
a) nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, oder
b) wenn auf Grund des Unschädlichkeitszeugnisses eine Eintragung im Grundbuch vorgenommen worden ist.
(3) Unverzüglich nach Eingang des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Gericht, das darüber entscheidet, das zuständige Grundbuchamt zu benachrichtigen. Das Grundbuchamt darf eine Eintragung auf Grund des Unschädlichkeitszeugnisses im Grundbuch erst vornehmen, nachdem die Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung unanfechtbar geworden ist.
§ 12
(1) Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann auch gestellt werden, wenn über einen Antrag auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entschieden ist. Das Gericht kann vor Ablauf dieser Frist angerufen werden, wenn dies wegen besonderer Umstände des Falles geboten ist.
(2) Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Antrag auf Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses noch nicht entschieden ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird über den Antrag innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist entschieden, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(3) Der Antrag nach Absatz 1 ist nur bis zum Ablauf eines Jahres seit der Stellung des Antrags auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses zulässig, außer wenn die Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder unter den besonderen Umständen des Einzelfalls unterblieben ist.
(4) Soweit die Unterlassung einer Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde (§ 8) aus, das beantragte Unschädlichkeitszeugnis zu erteilen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
§ 13
(1) Im übrigen gelten für das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(2) Die Feststellung der Unschädlichkeit wird erst wirksam, wenn sie unanfechtbar geworden ist.
(3) Die nach § 8 zuständige Verwaltungsbehörde hat die Unanfechtbarkeit zu bescheinigen.
§ 14
Die Gerichtskosten bestimmen sich nach der Kostenordnung.
§ 15 (Fn 4)
(1) Alle mit diesem Gesetz in Widerspruch stehenden Vorschriften werden, vorbehaltlich des § 16 Abs. 2, aufgehoben. Insbesondere werden aufgehoben:
7. §§ 25 bis 28 des lippischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 17. November 1899 (L. V. O. Bd. 22 S. 498).
(2) Soweit in gesetzlichen Bestimmungen auf Vorschriften verwiesen ist, die durch dieses Gesetz aufgehoben sind, treten an ihre Stelle die ihnen entsprechenden neuen Vorschriften.
§ 15a (Fn 5)
Die Landesregierung hat dem Landtag bis zum 31. Dezember 2011 über die Zweckmäßigkeit der vorstehenden Vorschriften zu berichten.
§ 16
(1) Das Gesetz tritt am 1. April 1966 in Kraft.
(2) Auf ein zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes anhängiges Verfahren sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.
Die Landesregierung
des Landes Nordrhein-Westfalen
GV. NW. 1966 S. 136, geändert durch Art. III des Gesetzes zur Errichtung eines Landesamtes für Agrarordnung v. 7. 4. 1970 (GV. NW. S. 251), Art. 11 Verwaltungsverfahrensrechts-Anpassungsgesetz v. 18. 5. 1982 (GV. NW. S. 248); Art. 83 des Gesetzes v. 18.5.2004 (GV. NRW. S. 248), in Kraft getreten am 4. Juni 2004; Artikel 18 des Gesetzes v. 11.12.2007 (GV. NRW. S. 662), in Kraft getreten am 1. Januar 2008. |
|
§ 8 zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes v. 11.12.2007 (GV. NRW. S. 662), in Kraft getreten am 1. Januar 2008. |
|
§ 9 geändert durch Art. 11 Verwaltungsverfahrensrechts-Anpassungsgesetz v. 18. 5. 1982 (GV. NW. S. 248); in Kraft getreten am 1. Juli 1982. |
|
§ 15 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 entfallen; Aufhebungsvorschriften. |
|
§ 15a eingefügt durch Art. 83 des Gesetzes v. 18.5.2004 (GV. NRW. S. 248); in Kraft getreten am 4. Juni 2004; geändert durch Artikel 18 des Gesetzes v. 11.12.2007 (GV. NRW. S. 662), in Kraft getreten am 1. Januar 2008. |