203011

Verordnung über die Ausbildung für die Laufbahn
des Justizwachtmeisterdienstes des Landes
Nordrhein-Westfalen

Vom 24. April 1985 (Fn 1)

Aufgrund des § 16 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV. NW. S. 234) (Fn 2), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1984 (GV. NW. S. 800), wird im Einvernehmen mit dem Innenminister und dem Finanzminister verordnet:

§ 1
Erwerb der Befähigung

Die Befähigung für den Justizwachtmeisterdienst besitzt, wer einen Vorbereitungsdienst erfolgreich abgeleistet hat.

§ 2 (Fn 11)
Voraussetzungen der Einstellung

In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer

1. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten erfüllt,

2. im Zeitpunkt der Einstellung mindestens 18 Jahre und noch nicht 29 Jahre und 6 Monate, als Inhaber eines Eingliederungs- oder Zulassungsscheins noch nicht 40 Jahre, als Schwerbehinderter noch nicht 42 Jahre und 6 Monate alt ist,

3. eine Hauptschule mit Erfolg besucht hat oder einen entsprechenden Bildungsstand besitzt,

4. die für den Justizwachtmeisterdienst erforderliche gesundheitliche Eignung, als Schwerbehinderter das für den Justizwachtmeisterdienst erforderliche Mindestmaß körperlicher Rüstigkeit nachweist.

§ 3
Bewerbung und Einstellung

(1) Der Bewerber richtet sein Gesuch an den Präsidenten des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk er eingestellt zu werden wünscht.

(2) Dem Gesuch sind beizufügen:

1. ein selbstverfaßter und eigenhändig geschriebener Lebenslauf und ein Lichtbild,

2. eine Geburtsurkunde oder ein Geburtsschein,

3. Zeugnisse und Unterlagen, durch die die Voraussetzungen des § 2 Nr. 3 nachgewiesen werden,

4. Zeugnisse über Beschäftigungen seit der Schulentlassung.

(3) Ein Bewerber, der bereits im Justizdienst steht, reicht sein Gesuch auf dem Dienstweg ein. Soweit die erforderlichen Unterlagen in den Personalakten enthalten sind, kann auf sie Bezug genommen werden. Der Leiter der Beschäftigungsbehörde hat sich eingehend über den Bewerber zu äußern; etwaige Bedenken gegen die Einstellung in den Vorbereitungsdienst sind darzustellen.

(4) Vor der Entscheidung über das Gesuch des Bewerbers, dessen Einstellung in Aussicht genommen ist, fordert der Präsident des Oberlandesgerichts den Bewerber auf,

1. eine Erklärung abzugeben,

a) ob er vorbestraft ist und ob gegen ihn ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig ist,

b) ob er Schulden hat, ggf. welche,

2. bei der für ihn zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der Einstellungsbehörde zu beantragen.

Gleichzeitig veranlaßt der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung und Begutachtung des Bewerbers durch das Gesundheitsamt.

§ 4
Dienstverhältnis, Dienstbezeichnung, Anwärterbezüge

(1) Der Bewerber wird in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und leistet bei seinem Dienstantritt den vorgeschriebenen Diensteid.

(2) Der Beamte führt während des Vorbereitungsdienstes die Dienstbezeichnung ,,Justizoberwachtmeisteranwärter".

(3) Der Anwärter erhält Anwärterbezüge nach den geltenden Vorschriften.

§ 5 (Fn 3)
Dauer des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert sechs Monate.

Der Vorbereitungsdienst kann um höchstens sechs Monate verlängert werden, wenn der Anwärter den Anforderungen noch nicht genügt.

(2) Einem Bewerber, der sich vor der Einberufung mindestens ein Jahr im Justizwachtmeisterdienst als Angestellter oder Arbeiter bewährt hat, kann diese Zeit auf den Vorbereitungsdienst angerechnet werden.

(3) Krankheits- und Urlaubszeiten werden regelmäßig nur insoweit angerechnet, als sie zusammen 15 Arbeitstage nicht überschreiten.

(4) Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft der Präsident des Oberlandesgerichts.

§ 6 (Fn 4)
Leitung der praktischen Ausbildung

(1) Die Ausbildung der Anwärter leitet der Präsident des Oberlandesgerichts. Er bestimmt die Gerichte, bei denen der Anwärter ausgebildet wird.

(2) Für die Ausbildung ist der Leiter des Gerichts verantwortlich. Er beauftragt mit der Leitung der Ausbildung den Geschäftsleiter oder einen anderen Beamten des gehobenen Justizdienstes.

§ 7 (Fn 4)
Gestaltung der praktischen Ausbildung

(1) Während des Vorbereitungsdienstes sind dem Anwärter die notwendigen Kenntnisse über die Einrichtung und die Organisation der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu vermitteln. Er ist mit den im Justizwachtmeisterdienst anzuwendenden Vorschriften, insbesondere über das Zustellungswesen, den Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst sowie über den Waffengebrauch vertraut zu machen. Der Anwärter ist in den Dienstgeschäften des Justizwachtmeisterdienstes nach der Dienstordnung für den Justizwachtmeisterdienst praktisch auszubilden und bis zur Dauer eines Monats in einer Justizvollzugsanstalt in den Aufgaben des allgemeinen Vollzugsdienstes zu unterweisen. Soweit möglich soll dem Anwärter auch Gelegenheit gegeben werden, den Dienst bei einer Staatsanwaltschaft kennenzulernen. Der Anwärter ist in der waffenlosen Kampfesweise systematisch zu üben. Das Nähere, insbesondere Zeit, Häufigkeit und Dauer, regelt der Präsident des Oberlandesgerichts nach den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten.

(2) Während des Vorbereitungsdienstes können Anwärter zum Zwecke der gemeinsamen Ausbildung bei einem dafür geeigneten Gericht bis zu drei Monaten zusammengefaßt werden, wenn und soweit dies im Interesse einer sachgemäßen Ausbildung zweckmäßig ist.

(3) Die praktische Ausbildung des Anwärters erfolgt unter der Anleitung und Aufsicht eines geeigneten Beamten des Justizwachtmeisterdienstes.

§ 8 (Fn 5, 12)
Lehrgang

(1) Die praktische Ausbildung wird durch einen Lehrgang ergänzt, der dem Anwärter die erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln soll. Der Lehrgang wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die Leitung der Lehrgänge obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht.

(2) Der Unterricht erstreckt sich auf alle für die Tätigkeit im Justizwachtmeisterdienst wichtigen Gebiete. Insbesondere sind folgende Themen zu behandeln:

Überblick über Verfassungs- und Beamtenrecht,

Überblick über die Gerichtsorganisation und die Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften,

Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst,

sonstige Aufgaben nach der Dienstordnung für den Justizwachtmeisterdienst,

Bestimmungen über das Zustellungswesen (ZPO, ZRHO, RiVAST) und die Behandlung der Postsendungen,

Aktenordnung - Allgemeiner Teil -,

Ausübung und Grenzen des unmittelbaren Zwanges,

Bestimmungen über die Ausstattung der Beamten des Justizwachtmeisterdienstes mit Schußwaffen und Gummiknüppeln,

Grundkenntnisse in Erste Hilfe,

Grundzüge der Psychologie mit besonderem Bezug auf den Umgang mit dem rechtsuchenden Publikum und den Verfahrensbeteiligten.

(3) Der Unterricht ist von Richtern, Staatsanwälten, Beamten des höheren Dienstes, des gehobenen und des mittleren Justizdienstes sowie des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes zu erteilen.

(4) Der Lehrgang findet in zwei Einheiten von jeweils 4-wöchiger Dauer statt. Der Unterricht wird durch Vorträge, Besprechungen und Übungen erteilt. Während jeder Lehrgangseinheit sind insgesamt 120 Stunden Unterricht von je 45 Minuten zu erteilen.

§ 9 (Fn 6) (Fn 13)
Schriftliche Arbeiten

(1) Der Anwärter hat in der letzten Woche des nach § 8 vorgeschriebenen Lehrgangs innerhalb der Unterrichtsstunden drei schriftliche Arbeiten zu fertigen; die Themen sind den Aufgabengebieten des Justizwachtmeisterdienstes zu entnehmen.

(2) Die Arbeiten werden von den Lehrkräften des Lehrgangs (§ 8) in Abstimmung mit der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft gestellt, bewertet und alsdann mit dem Anwärter besprochen.

(3) Die schriftlichen Arbeiten sind zu einem besonderen Aufgabenheft zu den Personalakten zu nehmen.

§ 10 (Fn 7)
Zeugnisse

(1) Der Ausbildungsleiter (§ 6 Abs. 2 Satz 2), der ausbildende Beamte des Justizwachtmeisterdienstes (§ 7 Abs. 3) und die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft (§ 8 Abs. 1 Sätze 3 und 4) haben sich in einem eingehenden Zeugnis über Persönlichkeit, Eignung, Fähigkeiten, Kenntnisse, Leistungen, Stand der Ausbildung und Führung des Anwärters zu äußern.

(2) Die Leistungen im Vorbereitungsdienst sind wie folgt zu bewerten:

sehr gut

eine besonders hervorragende Leistung

gut

eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung

vollbefriedigend

eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung

befriedigend

eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht

ausreichend

eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht

mangelhaft

eine an erheblichen Mängeln leidende, im ganzen nicht mehr brauchbare Leistung

ungenügend

eine völlig unbrauchbare Leistung.

(3) Jedes Zeugnis ist dem Anwärter zur Kenntnisnahme vorzulegen. Enthält das Zeugnis Bemängelungen, so ist es mit dem Anwärter zu besprechen. Die Zeugnisse sind - gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung des Anwärters - in einem besonderen Heft zu den Personalakten zu nehmen.

§ 11 (Fn 8)
Befähigungsbericht

(1) Vor Beendigung des Vorbereitungsdienstes berichtet der Leiter des ausbildenden Gerichts dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, ob der Vorbereitungsdienst als erfolgreich abgeleistet angesehen werden kann.

(2) Der Präsident des Oberlandesgerichts entscheidet, ob und mit welcher Note der Anwärter die Befähigung für die Laufbahn des Justizwachtmeisterdienstes erworben hat. Die Entscheidung ist dem Anwärter mitzuteilen.

(3) Hält der Präsident des Oberlandesgerichts den Anwärter noch nicht ausreichend für die Wahrnehmung der Aufgaben des Justizwachtmeisterdienstes vorbereitet, so verlängert er den Vorbereitungsdienst und regelt dessen Art und Dauer (§ 5 Abs. 1 Satz 2).

(4) Ein Bewerber, der nach § 5 Abs. 2 unmittelbar in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden soll, muß vor seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an dem Lehrgang nach § 8 erfolgreich teilgenommen haben; die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 9, 10 finden, entsprechende Anwendung. Der Bewerber soll nach Möglichkeit bis zur Dauer eines Monats in einer Justizvollzugsanstalt in den Aufgaben des allgemeinen Vollzugsdienstes, im Waffengebrauch und in der waffenlosen Kampfesweise unterwiesen worden sein.

§ 12
Entlassung

(1) Erfüllt ein Anwärter die an ihn zu stellenden Anforderungen in körperlicher, geistiger oder charakterlicher Hinsicht nicht oder erbringt er fortgesetzt nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen, so kann er nach Maßgabe des § 35 LBG aus dem Vorbereitungsdienst entlassen werden.

(2) Die Entscheidung trifft der Präsident des Oberlandesgerichts; er ist auch zuständig für die Erteilung eines Dienstzeugnisses nach § 104 Abs. 2 LBG.

§ 13 (Fn 9)
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft (Fn 10).

Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fn 1

GV. NW. 1985 S. 436, geändert durch VO v. 24. 9. 1987 (GV. NW. S. 350), 19. 9. 1989 (GV. NW. S. 473), 25.9.1998 (GV. NW. S. 574), 23.4.2001 (GV. NRW. S. 195); Art. 4 der VO v. 12. 9. 2003 (GV. NRW. S. 600), in Kraft getreten am 1. Dezember 2003.

Fn 2

SGV. NW. 2030.

Fn 3

§ 5 Abs. 2 geändert durch VO v. 19. 9. 1989 (GV. NW. S. 473); in Kraft getreten am 4. Oktober 1989.

Fn 4

§§ 6 und 7 geändert durch VO v. 19. 9. 1989 (GV. NW. S. 473); in Kraft getreten am 4. Oktober 1989.

Fn 5

§ 8 Abs. 1 neu gefaßt durch Art. 4 der VO v. 12. 9. 2003 (GV. NRW. S. 600), in Kraft getreten am 1. Dezember 2003.

Fn 6

§ 9 Abs. 1 geändert durch VO v. 24. 9. 1987 (GV. NW. S. 350); in Kraft getreten am 16. Oktober 1987, 19. 9. 1989 (GV. NW. S. 473); in Kraft getreten am 4. Oktober 1989.

Fn 7

§ 10 Abs. 1 geändert durch Art. 4 der VO v. 12. 9. 2003 (GV. NRW. S. 600), in Kraft getreten am 1. Dezember 2003.

Fn 8

§ 11 Abs. 4 geändert durch VO v. 24. 9. 1987 (GV. NW. S. 350); in Kraft getreten am 16. Oktober 1987, 19. 9. 1989 (GV. NW. S. 473); in Kraft getreten am 4. Oktober 1989.

Fn 9

§ 13 2. Halbsatz gegenstandslos; Aufhebungsvorschrift.

Fn 10

GV. NW. ausgegeben am 18. Juni 1985.

Fn 11

§ 2 geändert durch VO v. 25.9.1998 (GV. NW. S. 574), in Kraft getreten am 31. Oktober 1998.

Fn 12

§ 8 Abs. 4 neu gefasst durch VO v. 23.4.2001 (GV. NRW. S. 195); in Kraft getreten am 22. Mai 2001.

Fn 13

§ 9 Abs. 2 zuletzt geändert durch Art. 4 der VO v. 12. 9. 2003 (GV. NRW. S. 600), in Kraft getreten am 1. Dezember 2003.