Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 13.11.2024


Gesetz über den Europäischen Berufsausweis


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Gesetz über den Europäischen Berufsausweis

Vom 26. April 2016 (Fn 1)

(Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung europarechtlicher Vorgaben über die Anerkennung von
ausländischen Berufsqualifikationen in Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2016 (GV. NRW. S. 230))

§ 1
Europäischer Berufsausweis

Der Europäische Berufsausweis ist eine elektronische Bescheinigung zum Nachweis der Voraussetzungen für die vorübergehende und gelegentliche Erbringung von Dienstleistungen oder zum Nachweis der Anerkennung erworbener Berufsqualifikationen für die Niederlassung in einem Aufnahmemitgliedstaat.  Er wird für Berufe ausgestellt, für die auf Grund von Durchführungsrechtsakten der Europäischen Kommission nach Artikel 4a Absatz 7 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Abl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22, L 271 vom 16.10.2007, S. 18, L 93 vom 4.4.2008, S. 28, L 33 vom 3.2.2009, S. 49, L 305 vom 24.10.2014, S. 115), die zuletzt durch Richtlinie 2013/55/EU (Abl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132) geändert worden ist, ein Europäischer Berufsausweis eingeführt ist.

§ 2
Antragsverfahren

(1) Der Europäische Berufsausweis wird auf Antrag ausgestellt. Antragsberechtigt sind Personen, die ihre Berufsqualifikation in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworben haben oder deren Berufsqualifikationsnachweise in einem dieser Staaten anerkannt wurden, soweit sie ihren Beruf im Land Nordrhein-Westfalen ausüben oder hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(2) Die antragstellende Person hat die Wahl, alternativ zur Beantragung eines Europäischen Berufsausweises die Dienstleistungserbringung nach den einschlägigen Rechtsvorschriften durchzuführen oder für die beabsichtigte Niederlassung die Berufsanerkennung zu beantragen. Sie kann für die Beantragung eines Europäischen Berufsausweises in einer eigenen Datei im Binnenmarktinformationssystem ein gesichertes persönliches Konto für die elektronische Einreichung eines Antrags auf einen Europäischen Berufsausweis einrichten.

(3) Die Beantragung eines Europäischen Berufsausweises erfolgt internetgestützt über das Binnenmarktinformationssystem. In begründeten Ausnahmefällen ist eine schriftliche Antragstellung möglich. Dem Antrag sind die in der Durchführungsverordnung (EU) 2015/983 der Kommission vom 24. Juni 2015 betreffend das Verfahren zur Ausstellung des Europäischen Berufsausweises und die Anwendung des Vorwarnmechanismus gemäß der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 159 vom 25.6.2015, S. 27) vorgegebenen Unterlagen beizufügen.

(4) Binnen einer Woche nach Eingang des Antrags bestätigt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der antragstellenden Person den Empfang der Unterlagen und teilt ihr mit, welche Unterlagen gegebenenfalls noch fehlen. Soweit erforderlich stellt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates alle unterstützenden Bescheinigungen aus, die nach dieser Richtlinie erforderlich sind. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates überprüft, ob die antragstellende Person rechtmäßig niedergelassen ist und ob alle notwendigen Dokumente, die ausgestellt wurden, gültig und echt sind. Bestehen begründete Zweifel über die eingereichten Unterlagen, kann die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates von der ausstellenden Stelle oder von der antragstellenden Person beglaubigte Kopien verlangen. Stellt die antragstellende Person erneut einen Antrag, ist die zuständige Behörde des Herkunfts- oder des Aufnahmemitgliedstaates verpflichtet, auf die bereits in der Datei des Binnenmarktinformationssystems enthaltenen Angaben zurückzugreifen, soweit sie noch gültig sind.

§ 3
Niederlassung und Dienstleistungserbringung

(1) Ist eine Dienstleistungserbringung in einem anderen Mitgliedstaat beabsichtigt, prüft die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates den Antrag und die in der Datei des Binnenmarktinformationssystems hinterlegten Unterlagen und stellt den Europäischen Berufsausweis für die vorübergehende und gelegentliche Erbringung von Dienstleistungen aus. Dies gilt nur für Berufe, die nicht die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren und nicht unter die automatische Anerkennung fallen. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates stellt den Europäischen Berufsausweis innerhalb von drei Wochen aus. Die Frist beginnt nach § 2 Absatz 3 mit dem Eingang der fehlenden Unterlagen oder, wenn keine Unterlagen fehlen, nach Ablauf einer Woche nach Eingang des Antrags. Anschließend informiert die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates, in deren Zuständigkeitsbereich die Dienstleistung erbracht werden soll, und die antragstellende Person. Die Inhaberin oder der Inhaber des Europäischen Berufsausweises ist verpflichtet, die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates über wesentliche Änderungen der in der Datei des Binnenmarktinformationssystems gespeicherten Daten zu informieren. Dazu gehört insbesondere, wenn die Inhaberin oder der Inhaber des Berufsausweises die Dienstleistung in einem anderen oder mehreren anderen Mitgliedstaaten erbringen will oder wenn die Dienstleistungen über einen Zeitraum von 18 Monaten hinaus erbracht werden sollen. In diesem Fall übermittelt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der oder den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten den aktualisierten Europäischen Berufsausweis. Soll die Dienstleistungserbringung im Geltungsbereich dieses Gesetzes erbracht werden, darf die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates während der folgenden 18 Monate keine weitere Meldung nach Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG verlangen.

(2) Bei einer beabsichtigten Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat oder bei einer Dienstleistungserbringung, die unter Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2005/36/EG fällt, prüft die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates innerhalb eines Monats die in der Datei des Binnenmarktinformationssystems gespeicherten Unterlagen. Diese Frist beginnt nach § 2 Absatz 3 mit dem Eingang der fehlenden Unterlagen oder, wenn keine Unterlagen fehlen, nach Ablauf einer Woche nach Eingang des Antrags. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates übermittelt den Antrag auf Ausstellung des Berufsausweises dann der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates und informiert die antragstellende Person über den Verfahrensstand. Anfragen von einer zuständigen Behörde des aufnehmenden Staates nach weiteren Informationen oder nach beglaubigten Kopien sind von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates innerhalb von zwei Wochen zu beantworten.

(3) Ist die Niederlassung oder die Dienstleistungserbringung im Geltungsbereich dieses Gesetzes beabsichtigt, entscheidet die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates bei Ausbildungen, die der automatischen Anerkennung nach Artikel 21 der Richtlinie 2005/36/EG unterliegen, bei Ausbildungen auf der Grundlage eines gemeinsamen Ausbildungsrahmens nach Artikel 49a der Richtlinie 2005/36/EG oder auf Grund gemeinsamer Ausbildungsprüfungen nach Artikel 49b der Richtlinie 2005/36/EG innerhalb eines Monats nach Eingang des von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates übermittelten Antrags über die Ausstellung eines Europäischen Berufsausweises. Bei begründeten Zweifeln kann sie über die Monatsfrist nach Satz 1 hinaus weitere Informationen oder beglaubigte Kopien von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates anfordern. Die Frist verlängert sich in diesem Fall um zwei Wochen und kann einmal erneut um zwei Wochen verlängert werden, sofern dies insbesondere aus Gründen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit oder der Sicherheit der Dienstleistungsempfängerinnen und Dienstleistungsempfänger unbedingt notwendig ist. Die zuständige Behörde informiert die antragstellende Person hierüber.

(4) Ist die Niederlassung oder die Dienstleistungserbringung im Geltungsbereich dieses Gesetzes beabsichtigt und unterliegt die Ausbildung nicht der automatischen Anerkennung nach der Richtlinie 2005/36/EG und kann ein Europäischer Berufsausweis nicht ausgestellt werden, weil die in einem anderen Mitgliedstaat absolvierte Ausbildung sich von der deutschen Ausbildung wesentlich unterscheidet, entscheidet die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates übermittelten Antrags über Ausgleichsmaßnahmen. Bei begründeten Zweifeln kann die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates weitere Informationen oder beglaubigte Kopien über Ausbildungsnachweise anfordern. Die Frist verlängert sich in diesem Fall um zwei Wochen und kann, einmal erneut um zwei Wochen verlängert werden, sofern dies insbesondere aus Gründen der öffentlichen Gesundheit oder der Sicherheit der Dienstleistungsempfängerinnen und Dienstleistungsempfänger notwendig ist. Die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates informiert die antragstellende Person hierüber.

§ 4
Verwaltungsverfahren; zuständige Behörde

(1) Bei Berufen, welche die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren und bei denen, die unter die automatische Anerkennung fallen, trifft die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates die Entscheidung über die Ausstellung des Europäischen Berufsausweises. Erhält die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates die erforderlichen Informationen für die Ausstellung des Europäischen Berufsausweises nicht, ist der Antrag abzulehnen. Trifft die zuständige Behörde des aufnehmenden Staates keine Entscheidung innerhalb der Fristen nach § 3 Absatz 2 und 3 oder erfolgt für die beantragte Dienstleistungserbringung keine Überprüfung der Berufsqualifikation, gilt der Europäische Berufsausweis als ausgestellt. Er wird in diesem Fall automatisch über das Binnenmarktinformationssystem der antragstellenden Person übermittelt.

(2) Der Europäische Berufsausweis ist so lange gültig, wie dessen Inhaberin oder Inhaber das Recht behält, auf der Grundlage der in der Datei des Binnenmarktinformationssystems enthaltenen Dokumente und Informationen tätig zu sein.

(3) Die zuständigen Behörden der Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaaten speichern Entscheidungen über den Entzug einer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung in der entsprechenden Datei des Binnenmarktinformationssystems. Zu den Angaben gehören

1. die Staatsangehörigkeit,

2. der betroffene Beruf,

3. Informationen über die zuständige Behörde oder das Gericht, das eine Beschränkung oder Untersagung der Berufsausübung getroffen hat,

4. den Umfang der Beschränkung oder Untersagung und

5. den Zeitraum, für den die Beschränkung oder Untersagung gilt.

Über die Eintragungen sind die betroffene Inhaberin oder der betroffene Inhaber des Europäischen Berufsausweises und die Behörden, die Zugang zur Datei des Binnenmarktinformationssystems haben, zu informieren. Informationen, die nicht mehr benötigt werden, sind zu löschen. Die Verpflichtung, Vorwarnungen nach Artikel 56a der Richtlinie 2005/36/EG auszusprechen, wird hiervon nicht berührt.

(4) Auf Antrag informiert die zuständige Behörde des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaates die Inhaberin oder den Inhaber eines Europäischen Berufsausweises über den Inhalt der Datei des Binnenmarktinformationssystems. Die Inhaberin oder der Inhaber eines Europäischen Berufsausweises sind jederzeit berechtigt, von der zuständigen Behörde des Herkunfts- oder des Aufnahmemitgliedstaates die Berichtigung unrichtiger oder unvollständiger Daten oder die Löschung und Sperrung der entsprechenden Datei des Binnenmarktinformationssystems zu verlangen, ohne dass der Inhaberin oder dem Inhaber hierdurch Kosten entstehen. Die zuständige Behörde informiert die Inhaberin oder den Inhaber über dieses Recht zum Zeitpunkt der Ausstellung des Ausweises und danach alle zwei Jahre. Wurde der Antrag nach § 2 Absatz 2 internetgestützt über das Binnenmarktinformationssystems gestellt, erfolgt die Information alle zwei Jahre automatisch über das Binnenmarktinformationssystems.
Artikel 4e Absatz 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2005/36/EG ist zu beachten.

(5) Das jeweils fachlich zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zuständige Behörde zu bestimmen.

§ 5
Inkrafttreten, Berichtspflicht

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. Dezember 2020 über die Auswirkungen dieses Gesetzes.

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Die Ministerpräsidentin

Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung
zugleich für den Minister
für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz

Der Finanzminister

Der Minister
für Wirtschaft, Energie, Industrie,
Mittelstand und Handwerk

Der Minister
für Inneres und Kommunales

Der Minister
für Arbeit, Integration und Soziales

Der Justizminister

Der Minister
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr

Die Ministerin
für Innovation, Wissenschaft und Forschung

Die Ministerin
für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport

Die Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Der Minister
für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien
und Chef der Staatskanzlei

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 14. Mai 2016 (GV. NRW. S. 230).



Normverlauf ab 2000: