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Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 15. November 2003

 

Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 15. November 2003

Berufsordnung
der Ärztekammer Westfalen-Lippe
vom 15. November 2003

Inhaltsübersicht

A. Präambel

B. Regeln zur Berufsausübung

I. Grundsätze

§ 1 Ärztliche Aufgaben

§ 2 Allgemeine ärztliche Berufspflichten

§ 3 Unvereinbarkeiten

§ 4 Fortbildung

§ 5 Qualitätssicherung

§ 6 Mitteilung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

II. Pflichten gegenüber Patientinnen und Patienten

§ 7 Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln

§ 8 Aufklärungspflicht

§ 9 Schweigepflicht

§ 10 Dokumentationspflichten

§ 11 Ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

§ 12 Honorar und Vergütungsabsprachen

III. Besondere medizinische Verfahren und Forschung

§ 13 Besondere medizinische Verfahren

§ 14 Erhaltung des ungeborenen Lebens und Schwangerschaftsabbruch

§ 15 Forschung

§ 16 Beistand für Sterbende

IV. Berufliches Verhalten

1. Berufsausübung

§ 17 Niederlassung und Ausübung der Praxis

§ 18 Berufliche Kooperationen

§ 18a Ankündigung von Berufsausübungsgemeinschaften und sonstigen Kooperationen

§ 19 Beschäftigung angestellter Praxisärztinnen und -ärzte

§ 20 Vertretung

§ 21 Haftpflichtversicherung

§ 22 (unbesetzt)

§ 23 Ärztinnen und Ärzte im Beschäftigungsverhältnis

§ 23a Ärztegesellschaften

§ 23b Medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Ärztinnen bzw. Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe

§ 23c Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten an sonstigen Partnerschaften

§ 23d Praxisverbund

§ 24 Verträge über ärztliche Tätigkeit

§ 25 Ärztliche Gutachten und Zeugnisse

§ 26 Ärztlicher Notfalldienst

2. Berufliche Kommunikation

§ 27 Erlaubte Information und berufswidrige Werbung

§ 28 (unbesetzt)

3. Berufliche Zusammenarbeit

§ 29 Kollegiale Zusammenarbeit

§ 29a Zusammenarbeit mit Dritten

4. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten

§ 30 Ärztliche Unabhängigkeit

§ 31 Unerlaubte Zuweisung

§ 32 Unerlaubte Zuwendungen

§ 33 Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit

C. Inkrafttreten

D. Anlage: Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion gem. § 13

Das ärztliche Gelöbnis

Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.

Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.

Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.

Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten.

Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren.

Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.

Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern.

Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen.

Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.

Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.

Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre.

A. Präambel

Die auf der Grundlage des Heilberufsgesetzes beschlossene Berufsordnung stellt die Überzeugung der westfälisch-lippischen Ärztinnen und Ärzte zum Verhalten gegenüber den Patientinnen und Patienten, den Kolleginnen und Kollegen, den anderen Partnern im Gesundheitswesen sowie zum Verhalten in der Öffentlichkeit dar. Dafür geben sich die westfälisch-lippischen Ärztinnen und Ärzte die nachstehende Berufsordnung. Mit der Festlegung von Berufspflichten dient die Berufsordnung zugleich dem Ziel,

- das Vertrauen im Arzt-Patienten-Verhältnis zu erhalten und zu fördern;

- die Qualität der ärztlichen Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen;

- die Freiheit und das Ansehen des Arztberufes zu wahren;

- berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.

B. Regeln zur Berufsausübung

I. Grundsätze

§ 1
Ärztliche Aufgaben

(1) Ärztinnen und Ärzte dienen der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.

(2) Ärztliche Aufgabe ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.

(3) Ärztliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die ganz oder teilweise wegen oder aufgrund ärztlicher Kenntnisse und Fertigkeiten ausgeübt wird und die unmittelbar oder mittelbar dem Menschen oder der Allgemeinheit dient.

§ 2

Allgemeine ärztliche Berufspflichten

(1) Ärztinnen und Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus. Sie dürfen keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können.

(2) Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei der Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patientinnen und Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patientinnen und Patienten stellen.

(3) Eine gewissenhafte Ausübung des Berufs erfordert insbesondere die notwendige Qualifikation und die Beachtung des anerkannten Standes der Medizin.

(4) Ärztinnen und Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen.

(5) Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu beachten.

(6) Unbeschadet der in den nachfolgenden Vorschriften geregelten besonderen Auskunfts- und Anzeigepflichten haben Ärztinnen und Ärzte auf Anfragen der Ärztekammer, welche diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben bei der Berufsaufsicht an sie richtet, in angemessener Frist zu antworten.

(7) Werden Ärztinnen und Ärzte, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassen sind oder dort ihre berufliche Tätigkeit entfalten, vorübergehend und gelegentlich im Geltungsbereich dieser Berufsordnung grenzüberschreitend ärztlich tätig, ohne eine Niederlassung zu begründen, so haben sie die Vorschriften dieser Berufsordnung zu beachten.

§ 3

Unvereinbarkeiten

(1) Ärztinnen und Ärzten ist neben der Ausübung des Berufs die Ausübung einer anderen Tätigkeit untersagt, welche mit den ethischen Grundsätzen des ärztlichen Berufs nicht vereinbar ist. Es ist auch verboten, den Namen in Verbindung mit einer ärztlichen Berufsbezeichnung in unlauterer Weise für gewerbliche Zwecke herzugeben. Ebenso wenig dürfen Ärztinnen und Ärzte zulassen, dass von ihrem Namen oder vom beruflichen Ansehen in solcher Weise Gebrauch gemacht wird.

(2)Ärztinnen und Ärzten ist untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind.

§ 4

Fortbildung

(1) Ärztinnen und Ärzte, die ihren Beruf ausüben, sind verpflichtet, sich in dem Umfange beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zu ihrer Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist.

(2) Auf Verlangen müssen Ärztinnen und Ärzte ihre Fortbildung nach Absatz 1 gegenüber der Ärztekammer durch ein Fortbildungszertifikat einer Ärztekammer nachweisen.

§ 5

Qualitätssicherung

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, an den von der Ärztekammer eingeführten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit teilzunehmen und der Ärztekammer die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

§ 6

Mitteilung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, die ihnen aus ihrer ärztlichen Behandlungstätigkeit bekannt werdenden unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und bei Medizinprodukten auftretende Vorkommnisse der zuständigen Behörde mitzuteilen.

II. Pflichten gegenüber Patientinnen und Patienten

§ 7
Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln

(1) Jede medizinische Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte ihrer Patientinnen und Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts, zu erfolgen. Das Recht der Patientinnen und Patienten, empfohlene Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen abzulehnen, ist zu respektieren.

(2) Ärztinnen und Ärzte achten das Recht ihrer Patientinnen und Patienten auf freie Arztwahl. Andererseits ist – von Notfällen oder besonderen rechtlichen Verpflichtungen abgesehen – auch die Ärztin bzw. der Arzt frei, eine Behandlung abzulehnen. Der begründete Patientenwunsch, eine weitere Ärztin bzw. einen weiteren Arzt zuzuziehen oder einer anderen Ärztin bzw. einem anderen Arzt überwiesen zu werden, soll in der Regel nicht abgelehnt werden.

(3) Ärztinnen und Ärzte haben im Interesse der Patientinnen und Patienten mit anderen Ärztinnen und Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe im Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten. Soweit dies für die Diagnostik und Therapie erforderlich ist, haben sie rechtzeitig andere Ärztinnen und Ärzte hinzuzuziehen oder ihnen die Patientin oder den Patienten zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen.

(4) Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über elektronische Kommunikationsmedien ist erlaubt, wenn dies im Einzelfall ärztlich vertretbar ist, insbesondere die erforderliche ärztliche Sorgfalt durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung oder Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über elektronische Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.

(5) Angehörige und andere Personen dürfen bei der Untersuchung und Behandlung anwesend sein, wenn die verantwortliche Ärztin bzw. der verantwortliche Arzt und die Patientin bzw. der Patient zustimmen.

(6) Ärztinnen und Ärzte haben Patientinnen und Patienten gebührende Aufmerksamkeit entgegen zu bringen und mit Patientenkritik und Meinungsverschiedenheiten sachlich und korrekt umzugehen.

(7) Bei der Überweisung von Patientinnen und Patienten an Kolleginnen oder Kollegen oder ärztlich geleitete Einrichtungen, haben Ärztinnen oder Ärzte rechtzeitig die erhobenen Befunde zu übermitteln und über die bisherige Behandlung zu informieren, soweit das Einverständnis der Patientinnen oder der Patienten vorliegt oder anzunehmen ist. Dies gilt insbesondere bei der Krankenhauseinweisung und -entlassung. Originalunterlagen sind zurückzugeben.

(8) Ärztinnen und Ärzte dürfen einer missbräuchlichen Verwendung ihrer Verschreibung keinen Vorschub leisten.

§ 8

Aufklärungspflicht

Die Behandlung bedarf der Einwilligung der Patientin oder des Patienten. Der Einwilligung hat grundsätzlich die erforderliche Aufklärung im persönlichen Gespräch vorauszugehen. Die Aufklärung hat der Patientin oder dem Patienten insbesondere vor operativen Eingriffen Wesen, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einschließlich Behandlungsalternativen und die mit ihr verbundenen Risiken in verständlicher und angemessener Weise zu verdeutlichen. Insbesondere vor diagnostischen oder operativen Eingriffen ist soweit möglich eine ausreichende Bedenkzeit vor der weiteren Behandlung zu gewährleisten. Je weniger eine Maßnahme medizinisch geboten oder je größer ihre Tragweite ist, umso ausführlicher und eindrücklicher sind Patientinnen oder Patienten über erreichbare Ergebnisse und Risiken aufzuklären.

§ 9

Schweigepflicht

(1) Ärztinnen und Ärzte haben über das, was ihnen in Ausübung ihres Berufs anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus – zu schweigen. Dazu gehören auch schriftliche Mitteilungen der Patientin oder des Patienten, ärztliche Aufzeichnungen, Röntgenaufnahmen und sonstige Untersuchungsbefunde.

(2) Ärztinnen und Ärzte sind zur Offenbarung befugt, soweit sie von der Schweigepflicht entbunden worden sind oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Gesetzliche Aussage- und Anzeigepflichten bleiben unberührt. Soweit gesetzliche Vorschriften die ärztliche Schweigepflicht einschränken, soll die Patientin oder der Patient darüber unterrichtet werden.

(3) Ärztinnen und Ärzte dürfen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, Informationen über Patientinnen und Patienten zugänglich machen. Über die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit haben sie diese zu belehren und dies schriftlich festzuhalten.

(4) Gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Dienstleistungsunternehmen sowie sonstigen Personen, die an der beruflichen Tätigkeit mitwirken, sind Ärztinnen und Ärzte zur Offenbarung befugt, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der mitwirkenden Personen erforderlich ist. Ärztinnen und Ärzte haben dafür zu sorgen, dass die mitwirkenden Personen schriftlich zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Diese Verpflichtung zur Geheimhaltung haben Ärztinnen und Ärzte vorzunehmen oder auf das von ihnen beauftragte Dienstleistungsunternehmen zu übertragen.

(5) Gleichzeitig oder nacheinander untersuchende oder behandelnde Ärztinnen und Ärzte sind untereinander von der Schweigepflicht insoweit befreit, als das Einverständnis der Patientin bzw. des Patienten vorliegt oder anzunehmen ist.
 

§ 10

Dokumentationspflicht

(1) Über die in Ausübung des Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen sind die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Ärztliche Aufzeichnungen sind nicht nur Gedächtnisstützen, sie dienen auch dem Interesse der Patientinnen und Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.

(2) Ärztinnen und Ärzte haben den Patientinnen und Patienten auf Verlangen in die sie betreffende Dokumentation Einsicht zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte der Ärztin, des Arztes oder Dritter entgegenstehen. Auf Verlangen sind der Patientin oder dem Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.

(3) Ärztliche Aufzeichnungen sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht.

(4) Nach Aufgabe der Praxis haben Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde gemäß Absatz 3 aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden. Werden bei einer Praxisaufgabe oder Praxisübergabe ärztliche Aufzeichnungen über Patientinnen und Patienten in Obhut gegeben, müssen diese Aufzeichnungen unter Verschluss gehalten werden. Sie dürfen nur mit Einwilligung der Betroffenen eingesehen oder weitergegeben werden.

(5) Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.

§ 11

Ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

(1) Mit Übernahme der Behandlung verpflichten sich die Ärztinnen und Ärzte den Patientinnen und Patienten gegenüber zur gewissenhaften Versorgung mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.

(2) Der ärztliche Berufsauftrag verbietet es, diagnostische oder therapeutische Methoden unter missbräuchlicher Ausnutzung des Vertrauens, der Unwissenheit, der Leichtgläubigkeit oder der Hilflosigkeit von Patientinnen und Patienten anzuwenden. Unzulässig ist es auch, Heilerfolge, insbesondere bei nicht heilbaren Krankheiten, als gewiss zuzusichern.

§ 12

Honorar und Vergütungsabsprachen

(1) Die Honorarforderung muss angemessen sein. Für die Bemessung ist die Amtliche Gebührenordnung (GOÄ) die Grundlage, soweit nicht andere gesetzliche Vergütungsregelungen gelten. Hierbei dürfen die Sätze nach der GOÄ nicht in unlauterer Weise unterschritten werden. Bei Abschluss einer Honorarvereinbarung hat die Ärztin bzw. der Arzt auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen Rücksicht zu nehmen.

(2) Die Übermittlung von Daten an Dritte zum Zweck der Abrechnung ist nur zulässig, wenn die Patientin oder der Patient in die Übermittlung der für die Abrechnung erforderlichen Daten nachweisbar eingewilligt hat.

(3) Verwandten, Kolleginnen und Kollegen, deren Angehörigen und mittellosen Patientinnen und Patienten kann das Honorar ganz oder teilweise erlassen werden.

(4) Auf Antrag eines Beteiligten gibt die Ärztekammer eine gutachterliche Äußerung über die Angemessenheit der Honorarforderung ab.

(5) Vor dem Erbringen von Leistungen, deren Kosten erkennbar nicht von einer Krankenversicherung oder von einem anderen Kostenträger erstattet werden, müssen Ärztinnen und Ärzte die Patientinnen und Patienten schriftlich über die Höhe des nach der GOÄ zu berechnenden voraussichtlichen Honorars sowie darüber informieren, dass ein Anspruch auf Übernahme der Kosten durch eine Krankenversicherung oder einen anderen Kostenträger nicht gegeben oder nicht sicher ist.

III. Besondere medizinische Verfahren und Forschung

§ 13

Besondere medizinische Verfahren

(1) Bei speziellen medizinischen Maßnahmen oder Verfahren, die ethische Probleme aufwerfen und zu denen die Ärztekammer Richtlinien zur Indikationsstellung und zur Ausführung als Bestandteil dieser Berufsordnung festgelegt hat, haben die Ärztinnen und Ärzte diese zu beachten. (Anlage)

(2) Soweit es die Ärztekammer verlangt, ist die Anwendung solcher Maßnahmen oder Verfahren der Ärztekammer anzuzeigen.

(3) Vor Aufnahme entsprechender Tätigkeiten ist auf Verlangen der Ärztekammer der Nachweis zu führen, dass die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen entsprechend den Empfehlungen erfüllt werden.

§ 14

Erhaltung des ungeborenen Lebens und Schwangerschaftsabbruch

(1) Ärztinnen und Ärzte sind grundsätzlich verpflichtet, das ungeborene Leben zu erhalten. Sie können nicht gezwungen werden, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen oder ihn zu unterlassen. Der Schwangerschaftsabbruch unterliegt den gesetzlichen Bestimmungen.

(2) Ärztinnen und Ärzte, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen oder eine Fehlgeburt betreuen, haben dafür Sorge zu tragen, dass die tote Leibesfrucht keiner missbräuchlichen Verwendung zugeführt wird.


§ 15
Forschung

(1) Ärztinnen und Ärzte müssen sich vor der Durchführung biomedizinischer Forschung am Menschen – ausgenommen bei ausschließlich epidemiologischen Forschungsvorhaben – durch eine bei der Ärztekammer oder bei einer Medizinischen Fakultät gebildeten Ethik-Kommission über die mit seinem Vorhaben verbundenen berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen beraten lassen. Dasselbe gilt vor der Durchführung gesetzlich zugelassener Forschung mit vitalen menschlichen Gameten und lebendem embryonalen Gewebe.

(2) In Publikationen von Forschungsergebnissen sind die Beziehungen zum Auftraggeber und dessen Interessen offen zu legen.

(3) Ärztinnen und Ärzte beachten bei der Forschung am Menschen die in der Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes in der Fassung der 64. Generalversammlung 2013 in Fortaleza niedergelegten ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen.

§ 16

Beistand für Sterbende

Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen oder Patienten auf deren Verlangen zu töten.

IV. Berufliches Verhalten

1. Berufsausübung

§ 17
Niederlassung und Ausübung der Praxis

(1) Die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern einschließlich konzessionierter Privatkliniken ist an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden, soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen.

(2) Ärztinnen und Ärzten ist es gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein. Ärztinnen und Ärzte haben Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten an jedem Ort ihrer Tätigkeiten zu treffen.

(3) Die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit im Umherziehen ist berufsrechtswidrig. Zum Zwecke der aufsuchenden medizinischen Gesundheitsversorgung kann die Ärztekammer auf Antrag von der Verpflichtung nach Absatz 1 Ausnahmen gestatten, wenn sichergestellt ist, dass die beruflichen Belange nicht beeinträchtigt werden und die Berufsordnung beachtet wird.

(4) Der Praxissitz ist durch ein Praxisschild kenntlich zu machen.

Ärztinnen und Ärzte haben auf ihrem Praxisschild

- den Namen,

- die (Fach-) Arztbezeichnung,

- die Sprechzeiten sowie

- ggf. die Zugehörigkeit zu einer Berufsausübungsgemeinschaft gem. § 18 a
anzugeben.

Ärztinnen und Ärzte, welche nicht unmittelbar patientenbezogen tätig werden, können von der Ankündigung ihres Praxissitzes durch ein Praxisschild absehen, wenn sie dies der Ärztekammer anzeigen.

(5) Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeiten am Praxissitz sowie die Aufnahme weiterer Tätigkeiten und jede Veränderung sind Ärztekammer unverzüglich mitzuteilen.

§ 18
Berufliche Kooperationen

(1) Ärztinnen und Ärzte dürfen sich zu Berufsausübungsgemeinschaften - auch beschränkt auf einzelne Leistungen -, zu Organisationsgemeinschaften, zu medizinischen Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbünden zusammenschließen. Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs kann zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen, sofern er nicht einer Umgehung des § 31 dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn oder der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keinen Leistungsanteil im Sinne des  Satzes 3 dar. Verträge über die Gründung von Teil-Berufsausübungsgemeinschaften sind der Ärztekammer vorzulegen.

(2) Ärztinnen und Ärzte dürfen ihren Beruf einzeln oder gemeinsam in allen für den Arztberuf zulässigen Gesellschaftsformen ausüben, wenn ihre eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung gewährleistet ist. Bei beruflicher Zusammenarbeit, gleich in welcher Form, ist zu gewährleisten, dass die ärztlichen Berufspflichten eingehalten werden.

(2a) Eine Berufsausübungsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Ärztinnen und Ärzten untereinander, mit Ärztegesellschaften oder mit ärztlich geleiteten Medizinischen Versorgungszentren, die den Vorgaben des § 23a Absatz 1, Buchstabe a, b und d entsprechen, oder dieser untereinander zur gemeinsamen Berufsausübung. Eine gemeinsame Berufsausübung setzt die auf Dauer angelegte berufliche Zusammenarbeit selbständiger, freiberuflich tätiger Gesellschafter voraus. Erforderlich ist, dass sich die Gesellschafter in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern und insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Erforderlich ist weiterhin regelmäßig eine Teilnahme aller Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft an deren unternehmerischem Risiko, an unternehmerischen Entscheidungen und an dem gemeinschaftlich erwirtschafteten Gewinn.

(3) Die Zugehörigkeit zu mehreren Berufsausübungsgemeinschaften ist zulässig. Die Berufsausübungsgemeinschaft erfordert einen gemeinsamen Praxissitz. Eine Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren Praxissitzen ist zulässig, wenn an dem jeweiligen Praxissitz verantwortlich ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft eine ausreichende Patientenversorgung sicherstellt.

(4) Bei allen Formen der ärztlichen Kooperation muss die freie Arztwahl gewährleistet bleiben.

(5) Soweit Vorschriften dieser Berufsordnung Regelungen des Partnerschaftsgesellschaftgesetzes (Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe [PartGG] vom 25.07.1994 – BGBl. I S. 1744) einschränken, sind sie vorrangig aufgrund von § 1 Abs. 3 PartGG.

(6) Alle Zusammenschlüsse nach Absatz 1 sowie deren Änderung und Beendigung sind der zuständigen Ärztekammer anzuzeigen. Sind für die beteiligten Ärztinnen und Ärzte mehrere Ärztekammern zuständig, so ist jeder von ihnen verpflichtet, die für ihn zuständige Kammer auf alle am Zusammenschluss beteiligten Ärztinnen und Ärzte hinzuweisen.


§ 18 a
Ankündigung von Berufsausübungsgemeinschaften
und sonstige Kooperationen

(1) Bei Berufsausübungsgemeinschaften von Ärztinnen und Ärzten sind – unbeschadet des Namens einer Partnerschaftsgesellschaft oder einer juristischen Person des Privatrechts – die Namen und Arztbezeichnungen aller in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Ärztinnen und Ärzte sowie die Rechtsform anzukündigen. Bei mehreren Praxissitzen ist jeder Praxissitz gesondert anzukündigen. § 19 Abs. 4  gilt entsprechend. Die Fortführung des Namens einer/eines nicht mehr berufstätigen, einer/eines ausgeschiedenen oder verstorbenen Partnerin/Partners ist unzulässig.

(2) Bei Kooperationen gemäß § 23 b muss sich die Ärztin oder der Arzt in ein gemeinsames Praxisschild mit den Kooperationspartnern aufnehmen lassen. Bei Partnerschaften gemäß § 23 c darf die Ärztin oder der Arzt, wenn die Angabe ihrer/seiner Berufsbezeichnung vorgesehen ist, nur gestatten, dass die Bezeichnung „Ärztin“ oder „Arzt“ oder eine andere führbare Bezeichnung angegeben wird.

(3) Zusammenschlüsse zu Organisationsgemeinschaften dürfen angekündigt werden. Die Zugehörigkeit zu einem Praxisverbund gemäß § 23 d kann durch Hinzufügen des Namens des Verbundes angekündigt werden.“

§ 19
Beschäftigung angestellter Praxisärztinnen und -ärzte

(1) Die ärztliche Praxis muss persönlich ausgeübt werden. Die Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Praxis setzt die Leitung der Praxis durch die niedergelassene Ärztin bzw. den niedergelassenen Arzt voraus.  Die Beschäftigung ist der Ärztekammer anzuzeigen.

(2) In Fällen, in denen der Behandlungsauftrag der Patientin oder des Patienten regelmäßig nur von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachgebiete gemeinschaftlich durchgeführt werden kann, darf eine Fachärztin oder ein Facharzt als Praxisinhaberin oder Praxisinhaber die für sie oder ihn fachgebietsfremde ärztliche Leistung auch durch eine angestellte Fachärztin oder einen angestellten Facharzt des anderen Fachgebiets erbringen.

(3) Ärztinnen und Ärzte dürfen nur zu angemessenen Bedingungen beschäftigt werden. Angemessen sind insbesondere Bedingungen, die der beschäftigten Ärztin oder dem beschäftigten Arzt eine angemessene Vergütung gewähren sowie angemessene Zeit zur Fortbildung einräumen und bei der Vereinbarung von Wettbewerbsverboten eine angemessene Ausgleichszahlung vorsehen.

(4) Über die in der Praxis tätigen angestellten Ärztinnen und Ärzte müssen die Patientinnen und Patienten in geeigneter Weise informiert werden.

§ 20
Vertretung

(1) Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollen grundsätzlich zur gegenseitigen Vertretung bereit sein; übernommene Patientinnen und Patienten sind nach Beendigung der Vertretung zurück zu überweisen. Vertretungen dürfen grundsätzlich nur durch eine Fachärztin bzw. einen Facharzt desselben Fachgebiets erfolgen.

(2) Die Praxis einer verstorbenen Ärztin oder eines verstorbenen Arztes kann zugunsten des hinterbliebenen Ehepartners oder der Ehepartnerin, ihrer Partnerin oder seines Partners nach dem Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft oder eines unterhaltsberechtigten Angehörigen in der Regel bis zur Dauer von zwölf Monaten durch eine andere Ärztin oder einen anderen Arzt fortgesetzt werden.

§ 21

Haftpflichtversicherung

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.

§ 22
(unbesetzt)


§ 22 a
(unbesetzt)

§ 23
Ärztinnen und Ärzte im Beschäftigungsverhältnis

(1) Die Regeln dieser Berufsordnung gelten auch für Ärztinnen und Ärzte, welche ihre ärztliche Tätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ausüben.

(2) Auch in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis darf eine Vergütung für die ärztliche Tätigkeit nicht dahingehend vereinbart werden, dass die Vergütung die ärztliche Unabhängigkeit der medizinischen Entscheidungen beeinträchtigt.

§ 23 a
Ärztegesellschaften

(1) Ärztinnen und Ärzte können auch in der Form der juristischen Person des Privatrechts ärztlich tätig sein. Gesellschafter einer Ärztegesellschaft können nur Ärztinnen oder Ärzte und Angehörige der in § 23 b Absatz 1 Satz 1 genannten Berufe sein. Sie müssen in der Gesellschaft beruflich tätig sein. Gewährleistet sein muss zudem, dass

a) die Gesellschaft verantwortlich von einer Ärztin oder einem Arzt geführt wird; Geschäftsführer müssen mehrheitlich Ärztinnen bzw. Ärzte sein,

b) die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimmrechte Ärztinnen bzw. Ärzten zustehen,

c) Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind,

d) eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung für jede/jeden in der Gesellschaft tätige Ärztin/tätigen Arzt besteht.

(2) Der Name der Ärztegesellschaft des Privatrechts darf nur die Namen der in der Gesellschaft tätigen ärztlichen Gesellschafter enthalten. Unbeschadet des Namens der Gesellschaft können die Namen und Arztbezeichnungen aller ärztlichen Gesellschafter und der angestellten Ärztinnen und Ärzte angezeigt werden.

§ 23 b
Medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Ärztinnen bzw. Ärzten
und Angehörigen anderer Fachberufe

(1) Ärztinnen und Ärzte können sich auch mit selbstständig tätigen und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung befugten Berufsangehörigen anderer akademischer Heilberufe im Gesundheitswesen oder staatlicher Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen sowie anderen Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern und Angehörigen sozialpädagogischer Berufe - auch beschränkt auf einzelne Leistungen - zur kooperativen Berufsausübung zusammenschließen (medizinische Kooperationsgemeinschaft).

Die Kooperation ist in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft nach dem PartGG oder aufgrund eines schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Kooperationsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer juristischen Person des Privatrechts gem. § 23 a gestattet. Ärztinnen und Ärzten ist ein solcher Zusammenschluss im Einzelnen nur mit solchen anderen Berufsangehörigen und in der Weise erlaubt, dass diese in ihrer Verbindung mit der Ärztin oder dem Arzt einen gleichgerichteten oder integrierenden diagnostischen oder therapeutischen Zweck bei der Heilbehandlung, auch auf dem Gebiete der Prävention und Rehabilitation, durch räumlich nahes und koordiniertes Zusammenwirken aller beteiligten Berufsangehörigen erfüllen können.

Darüber hinaus muss der Kooperationsvertrag gewährleisten, dass

a) die eigenverantwortliche und selbstständige Berufsausübung der Ärztin oder des Arztes gewahrt ist;

b) die Verantwortungsbereiche der Partner gegenüber den Patientinnen und Patienten getrennt bleiben;

c) medizinische Entscheidungen, insbesondere über Diagnostik und Therapie, ausschließlich die Ärztin oder der Arzt trifft, sofern nicht die Ärztin oder der Arzt nach ihrem oder seinem Berufsrecht den in der Gemeinschaft selbständig tätigen Berufsangehörigen eines anderen Fachberufs solche Entscheidungen überlassen darf;

d) der Grundsatz der freien Arztwahl gewahrt bleibt;

e) die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt zur Unterstützung in seinen diagnostischen Maßnahmen oder zur Therapie auch andere als die in der Gemeinschaft kooperierenden Berufsangehörigen hinzuziehen kann;

f) die Einhaltung der berufsrechtlichen Bestimmungen der Ärztinnen und Ärzte, insbesondere die Pflicht zur Dokumentation, das Verbot der berufswidrigen Werbung und die Regeln zur Erstellung einer Honorarforderung, von den übrigen Partnerinnen und Partnern beachtet wird;

g) sich die medizinische Kooperationsgemeinschaft verpflichtet, im Rechtsverkehr die Namen aller Partnerinnen und Partner und ihre Berufsbezeichnungen anzugeben und – sofern es sich um eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft handelt – den Zusatz „Partnerschaft“ zu führen.

Die Voraussetzungen der Buchstaben a – f gelten bei der Bildung einer juristischen Person des Privatrechts gem. § 23 a entsprechend. Der Name der juristischen Person muss neben dem Namen einer ärztlichen Gesellschafterin oder eines ärztlichen Gesellschafters die Bezeichnung „Medizinische Kooperationsgemeinschaft“ enthalten. Unbeschadet des Namens sind die Berufsbezeichnungen aller in der Gesellschaft tätigen Berufe anzukündigen.

(2) Die für die Mitwirkung der Ärztin oder des Arztes zulässige berufliche Zusammensetzung der Kooperation im Einzelnen richtet sich nach dem Gebot des Absatzes 1 Satz 3; es ist erfüllt, wenn Angehörige aus den vorgenannten Berufsgruppen kooperieren, die mit der Ärztin oder dem Arzt entsprechend ihrem oder seinem Fachgebiet einen gemeinschaftlich erreichbaren medizinischen Zweck nach der Art ihrer beruflichen Kompetenz zielbezogen erfüllen können.

§ 23 c
Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten an sonstigen Partnerschaften

Ärztinnen und Ärzten ist es gestattet, mit Angehörigen anderer Berufe als den in § 23 b beschriebenen in allen Rechtsformen zusammen zu arbeiten, wenn sie nicht die Heilkunde am Menschen ausüben.

§ 23 d
Praxisverbund

(1) Ärztinnen und Ärzte dürfen, auch ohne sich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenzuschließen, eine Kooperation verabreden (Praxisverbund), welche auf die Erfüllung eines durch gemeinsame oder gleichgerichtete Maßnahmen bestimmten Versorgungsauftrags oder auf eine andere Form der Zusammenarbeit zur Patientenversorgung,  z. B. auf dem Felde der Qualitätssicherung oder Versorgungsbereitschaft, gerichtet ist. Die Teilnahme soll allen dazu bereiten Ärztinnen und Ärzten ermöglicht werden; soll die Möglichkeit zur Teilnahme beschränkt werden, z. B. durch räumliche oder qualitative Kriterien, müssen die dafür maßgeblichen Kriterien für den Versorgungsauftrag notwendig und nicht diskriminierend sein und der Ärztekammer gegenüber offengelegt werden. Ärztinnen und Ärzte in einer zulässigen Kooperation dürfen die medizinisch gebotene oder von der Patientin bzw. dem Patienten gewünschte Überweisung an nicht dem Verbund zugehörige Ärztinnen und Ärzte nicht behindern.

(2) Die Bedingungen der Kooperation nach Absatz 1 müssen in einem schriftlichen Vertrag niedergelegt werden, der der Ärztekammer vorgelegt werden muss.

(3) In eine Kooperation nach Absatz 1 können auch Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehakliniken und Angehörige anderer Gesundheitsberufe nach § 23 b einbezogen werden, wenn die Grundsätze nach § 23 b gewahrt sind.

§ 24

Verträge über ärztliche Tätigkeit

Ärztinnen und Ärzte sollen alle Verträge über ihre ärztliche Tätigkeit vor ihrem Abschluss der Ärztekammer vorlegen, damit geprüft werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind.

§ 25

Ärztliche Gutachten und Zeugnisse

Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse ist mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren. Die ärztliche Überzeugung ist nach bestem Wissen auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung eine Verpflichtung besteht oder deren Ausstellung übernommen wurde, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Zeugnisse über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung müssen grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung, bei Ausscheiden unverzüglich, ausgestellt werden.

§ 26

Ärztlicher Notfalldienst

(1) Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, am Notfalldienst teilzunehmen. Auf Antrag kann aus schwerwiegenden Gründen eine Befreiung vom Notfalldienst ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden. Dies gilt insbesondere:

- bei körperlicher Behinderung,

- bei besonders belastenden familiären Pflichten, die die Teilnahme unzumutbar machen,

- bei Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung,

- für Ärztinnen ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft und bis zu 12 Monate nach der Entbindung,

- für Ärztinnen ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft und bis zu 12 Monate nach der Entbindung sowie für weitere 24 Monate, soweit nicht der andere Elternteil die Versorgung des Kindes gewährleistet,

- für Ärzte ab dem Tag der Geburt des Kindes für einen Zeitraum von 36 Monaten, soweit nicht der andere Elternteil die Versorgung des Kindes gewährleistet,

- für Ärztinnen und Ärzte über 65 Jahre.

(2) Für die Einrichtung und Durchführung eines Notfalldienstes im einzelnen sind die von der Ärztekammer erlassenen Richtlinien  maßgebend. Die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst gilt für den festgelegten Notfalldienstbereich.

(3) Die Einrichtung eines Notfalldienstes entbindet die behandelnden Ärztinnen und Ärzte nicht von ihrer Verpflichtung, für die Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten in dem Umfange Sorge zu tragen, wie es deren Krankheitszustand erfordert.

(4) Ärztinnen und Ärzte haben sich auch für den Notfalldienst fortzubilden, wenn sie gemäß Absatz 1 nicht auf Dauer von der Teilnahme am Notfalldienst befreit sind.

2. Berufliche Kommunikation

§ 27

Erlaubte Information und berufswidrige Werbung

(1) Zweck der nachstehenden Vorschriften der Berufsordnung ist die Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information und die Vermeidung einer dem ärztlichen Selbstverständnis zuwiderlaufenden Kommerzialisierung des Arztberufes.

(2) Auf dieser Grundlage sind Ärztinnen und Ärzten sachliche berufsbezogene Informationen gestattet.

(3) Berufswidrige Werbung ist untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Eine Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte in Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit ist unzulässig. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Werbeverbote aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen bleiben unberührt.

(4) Ärztinnen und Ärzte können

1. nach der Weiterbildungsordnung erworbene Bezeichnungen,

2. nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene   Qualifikationen,

3. bis zu drei als solche gekennzeichnete Tätigkeitsschwerpunkte und

4. organisatorische Hinweise

ankündigen.

Die nach Nr. 1erworbenen Bezeichnungen dürfen nur in der nach der Weiterbildungsordnung zulässigen Form geführt werden. Ein Hinweis auf die verleihende Ärztekammer ist zulässig. Andere Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte dürfen nur angekündigt werden, wenn diese Angaben nicht mit solchen nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können. Die Angaben nach Nrn. 1 und 2 sind nur zulässig, wenn  die umfassten Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausgeübt werden.

(5) Besondere Leistungen können angekündigt und müssen mit dem Zusatz „Tätigkeitsschwerpunkt“ gekennzeichnet werden. Zur Ankündigung dieser Angaben ist berechtigt, wer diese Leistung/en seit mindestens 2 Jahren in erheblichem Umfang erbringt und dies auf Verlangen der Ärztekammer nachweisen kann.   

(6) Ärztinnen und Ärzte haben der Ärztekammer auf deren Verlangen die zur Prüfung der Voraussetzungen der Ankündigung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Ärztekammer ist befugt, ergänzende Auskünfte zu verlangen.

§ 28
(unbesetzt)

3. Berufliche Zusammenarbeit

§ 29

Kollegiale Zusammenarbeit

(1) Ärztinnen und Ärzte haben sich untereinander kollegial zu verhalten. Die Verpflichtung, in einem Gutachten, auch soweit es die Behandlungsweise einer anderen Ärztin oder eines anderen Arztes betrifft, nach bestem Wissen die ärztliche Überzeugung auszusprechen, bleibt unberührt. Unsachliche Kritik an der Behandlungsweise oder dem beruflichen Wissen einer Ärztin oder eines Arztes sowie herabsetzende personenbezogene Äußerungen sind berufswidrig.

(2) Es ist berufswidrig, eine Kollegin oder einen Kollegen aus der Behandlungstätigkeit oder aus dem Wettbewerb um eine berufliche Tätigkeit durch unlautere Handlungen zu verdrängen. Es ist insbesondere berufswidrig, wenn eine Ärztin oder ein Arzt sich innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr ohne Zustimmung der Praxisinhaberin oder des Praxisinhabers im Einzugsbereich derjenigen Praxis niederlässt, in welcher sie oder er in der Aus- oder Weiterbildung mindestens drei Monate tätig war. Ebenso ist es berufswidrig, unter Verstoß gegen die einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften oder in unlauterer Weise eine Kollegin oder einen Kollegen ohne angemessene Vergütung oder unentgeltlich zu beschäftigen oder eine solche Beschäftigung zu bewirken, oder zu dulden.

(3) Ärztinnen und Ärzte mit aus einem Liquidationsrecht resultierenden oder anderweitigen Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit (z. B. Beteiligungsvergütung) sind verpflichtet, den von ihnen dazu herangezogenen Kolleginnen und Kollegen eine angemessene Vergütung zu gewähren bzw. sich dafür einzusetzen, dass die Mitarbeit angemessen vergütet wird.

(4) In Gegenwart von Patientinnen und Patienten oder anderen Personen sind Beanstandungen der ärztlichen Tätigkeit und zurechtweisende Belehrungen zu unterlassen. Das gilt auch im Verhältnis von Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern und für den Dienst in den Krankenhäusern.

(5) Die zur Weiterbildung befugten Ärztinnen und Ärzte haben ihre nach der Weiterbildungsordnung gegenüber Weiterzubildenden bestehenden Pflichten zu erfüllen.

(6) Ärztinnen und Ärzte haben die Bestimmungen des Arbeits- und Berufsbildungsrechts zu beachten.

§ 29 a
Zusammenarbeit mit Dritten

(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, zusammen mit Personen, die weder Ärztinnen oder Ärzte sind, noch zu ihren berufsmäßig tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören, zu untersuchen oder zu behandeln. Dies gilt nicht für Personen, welche sich in der Ausbildung zum ärztlichen Beruf oder zu einem Fachberuf im Gesundheitswesen befinden.

(2) Die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Fachberufe im Gesundheitswesen ist zulässig, wenn die Verantwortungsbereiche der Ärztin oder des Arztes und des Angehörigen des Fachberufs klar erkennbar voneinander getrennt bleiben.

4. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten

§ 30

Ärztliche Unabhängigkeit

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren.

§ 31

Unerlaubte Zuweisung

(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.

(2) Sie dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringerinnen oder -erbringer oder sonstige Anbieterinnen oder Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen.

§ 32

Unerlaubte Zuwendungen

(1) Es ist nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung ist dann nicht berufswidrig, wenn sie einer wirtschaftlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage dient und der Ärztin oder dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen.

(2) Die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Der für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil ist unangemessen, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht.

(3) Die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring) ist ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring, dessen Bedingungen und Umfang sind bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offen zu legen.

§ 33

Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit

Soweit Ärztinnen und Ärzte Leistungen für die Herstellerinnen oder Hersteller von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder die Erbringerinnen oder Erbringer von Heilmittelversorgung erbringen (z. B. bei Anwendungsbeobachtungen), muss die hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen. Die Verträge über die Zusammenarbeit sind schriftlich abzuschließen und sollen der Ärztekammer vorgelegt werden.

C. Inkrafttreten

Diese Berufsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

D. Anlage:

Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion gemäß § 13

Als assistierte Reproduktion wird die ärztliche Hilfe zur Erfüllung des Kinderwunsches durch medizinische Behandlungen und Methoden bezeichnet, die die Handhabung menschlicher Keimzellen (Ei- und Samenzellen) oder Embryonen zum Zwecke der Herbeiführung einer Schwangerschaft umfassen. Inseminationsbehandlungen ohne Stimulation sowie hormonelle Stimulation ohne Insemination und ohne Risiko der polifollikulären Entwicklung werden von dieser Richtlinie nicht erfasst.

Bei der assistierten Reproduktion handelt es sich um besondere medizinische Verfahren gemäß § 13 in Verbindung mit § 5 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO).

Die Ärztin/der Arzt hat bei der Anwendung dieser Verfahren die geltenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere das Embryonenschutzgesetz, das Samenspenderregistergesetz und das Gendiagnostikgesetz einzuhalten.

Für den Umgang mit menschlichem Gewebe sind darüber hinaus die Vorschriften des Transplantationsgesetzes (TPG), des Arzneimittelgesetzes (AMG) und die auf Grundlage dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen zu beachten.

Die Bundesärztekammer stellt im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut in der Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion gemäß § 16b TPG den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft fest. Diese Richtlinie ist zu beachten.

Soweit die Behandlung als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht wird, sind neben den vorstehenden Regelungen die Bestimmungen des Sozialgesetzbuches V (SGB V), die in Nordrhein-Westfalen geltende Künstliche-Befruchtungs-Genehmigungsrichtlinie Vom 21. Juni 2019 (MBl. NRW. S. 246) sowie die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 SGB V zu beachten.

1. Rechtliche Voraussetzungen

1.1. Berufsrechtliche Voraussetzungen

Jede Ärztin/jeder Arzt, die/der solche Maßnahmen durchführen will, hat die Aufnahme der Tätigkeit bei der Ärztekammer anzuzeigen und nachzuweisen, dass die fachlichen, personellen und technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie/er hat zu bestätigen, dass der sich aus der o. a. Richtlinie der Bundesärztekammer ergebende Stand der medizinischen Wissenschaft gewährleistet wird. Außerdem hat sie/er an den Maßnahmen der Qualitätssicherung teilzunehmen. Änderungen sind der Ärztekammer unverzüglich anzuzeigen.

Eine Ärztin/ein Arzt kann nicht dazu verpflichtet werden, entgegen ihrer/seiner Gewissensüberzeugung Verfahren der assistierten Reproduktion durchzuführen.

1.2. Fachliche, personelle und technische Voraussetzungen

Die Durchführung der Methoden der assistierten Reproduktion als Verfahren setzt die Erfüllung der in der Richtlinie der Bundesärztekammer festgelegten fachlichen, personellen und technischen Mindestanforderungen voraus.

Die Anzeige nach Ziffer 1.1 umfasst den Nachweis, dass die sachgerechte Durchführung der erforderlichen Leistungen sowohl fachlich (Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Qualifikationsnachweis) als auch personell und sachlich (räumliche und apparative Ausstattung) gewährleistet ist.

Sofern Verfahren zur Anwendung kommen, mit denen menschliche Keimzellen gewonnen, be- oder verarbeitet, konserviert, geprüft, gelagert oder in den Verkehr gebracht werden, gilt insbesondere Folgendes:

Für die Anwendung dieser Verfahren ist das Zusammenwirken in einer ständig einsatzbereiten interdisziplinären Arbeitsgruppe Voraussetzung.

Die Leitung bzw. die stellvertretende Leitung der Arbeitsgruppe obliegt Fachärztinnen/Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt bzw. mit der fakultativen Weiterbildung „Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“. Sie sind verantwortlich für die Überwachung der in der Richtlinie der Bundesärztekammer festgeschriebenen Maßnahmen.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe müssen über folgende Kenntnisse und Erfahrungen verfügen:

- Endokrinologie der Reproduktion

- Gynäkologische Sonographie

- Operative Gynäkologie

- Reproduktionsbiologie mit dem Schwerpunkt der In vitro-Kultur

- Andrologie

- Psychosomatische Grundversorgung

Von diesen sechs Bereichen können nur zwei gleichzeitig von einer Ärztin oder Wissenschaftler-in/einem Arzt oder Wissenschaftler der Arbeitsgruppe neben der Qualifikation der Psychosomatischen Grundversorgung verantwortlich geführt werden.

Grundsätzlich müssen Ärztinnen/Ärzte mit der Zusatzweiterbildung „Andrologie“ in Diagnostik und Therapie im Rahmen der assistierten Reproduktion integriert sein (z. B. durch eine Kooperation).

Folgende Einrichtungen müssen entsprechend dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik ständig verfügbar bzw. einsatzbereit sein:

- Hormonlabor

- Ultraschalldiagnostik

- Operationsbereitschaft mit Anästhesie-Team

- Labor für Spermiendiagnostik und –präparation

- Labor für In-vitro-Fertilisation, In-vitro-Kultur und ggf. Mikroinjektion

- EDV-gestützte Datenerfassung

- Möglichkeit der Kryokonservierung

Falls eine Polkörperdiagnostik (PKD) durchgeführt werden soll, muss die untersuchende Institution über diagnostische Erfahrung mittels molekulargenetischer und molekular-zytogenetischer Methoden an Einzelzellen verfügen.

Wird in Laborbereichen Spermadiagnostik und –aufbereitung, IVF-Kultur, bei der Kryokonservierung und anderen an Eizellen und Embryonen vorgenommenen Behandlungsmethoden weiteres Personal eingesetzt, muss dieses fachkundig sein.

1.3. Humangenetische Beratung

Eine humangenetische Beratung soll die betreffenden Personen in die Lage versetzen, auf der Grundlage ihrer persönlichen Wertmaßstäbe eine Entscheidung in gemeinsamer Verantwortung über die Vornahme einer genetischen Untersuchung im Rahmen der assistierten Reproduktion und über die aus der Untersuchung zu ziehenden Handlungsoptionen zu treffen. Sie ist insbesondere anzubieten bei:

- Anwendung der ICSI-Methode im Zusammenhang mit einer schweren Oligoastheno-teratozoospermie oder nicht entzündlich bedingter Azoospermie

- genetisch bedingten Erkrankungen in den Familien

- einer Polkörperdiagnostik (PKD)

- habituellen Fehl- und Totgeburten

- Fertilitätsstörungen in der Familienanamnese

- Präimplantationsdiagnostik (PID).

Eine genetische Untersuchung darf erst vorgenommen werden, nachdem die betreffende Person schriftlich bestätigt hat, dass sie gemäß dem oben genannten Verfahren über die Untersuchung aufgeklärt wurde und in diese eingewilligt hat. Hierbei ist das Gendiagnostikgesetz zu beachten.

1.4. Qualitätssicherung

Bei Verfahren und Maßnahmen der assistierten Reproduktion haben Ärztinnen und Ärzte an den von der Ärztekammer Westfalen-Lippe eingeführten Qualitätssicherungsverfahren teilzunehmen und die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Nachweise zu erbringen, insbesondere jährlich eine EDV-gestützte Dokumentation an die von der Ärztekammer für die Datenannahme bestimmte zuständige Stelle zu übermitteln. Die Datenerfassung hat den Anforderungen an Prospektivität zu entsprechen, die dadurch zu gewährleisten ist, dass die Angaben zum Behandlungszyklus innerhalb von fünf Tagen nach Beginn der hormonellen Stimulation eingegeben werden.

Die Datenübermittlung erfolgt auf Grundlage von § 30 Nr. 6 Heilberufsgesetz NW.

Die Ergebnisse der Datenauswertung dienen der zuständigen Ärztekammer als Grundlage für Maßnahmen der Qualitätssicherung.

1.5. Dokumentation

Im Einzelnen müssen mindestens dokumentiert werden:

- homologe Insemination nach hormoneller Stimulation

- IVF

- GIFT

- ICSI

- heterologe Insemination nach hormoneller Stimulation

- heterologe IVF/ICSI

- PKD

- PID

bezüglich mindestens:

- Zahl der Behandlungszyklen

- Alter der Patientin

- Indikation der Methoden

- Verlauf der Stimulation

- Anzahl und Befruchtungsrate der inseminierten Eizellen bei IVF/ ICSI

- Anzahl der transferierten Eizellen bei GIFT

- Anzahl der transferierten Embryonen bei IVF/ICSI

- Schwangerschaftsrate

- Geburtenrate

- Fehlgeburten

- Eileiterschwangerschaften

- Schwangerschaftsabbrüche

- Mehrlingsrate

- Fehlbildungen.

2. Ständige Kommission der Ärztekammer

Die Ärztekammer bildet eine „Ständige Kommission In-vitro-Fertilisation/Embryotransfer“, die die Einhaltung der in dieser Richtlinie definierten fachlichen, personellen und technischen Voraussetzungen prüft. Die Kommission prüft ferner die Qualität der Arbeitsgruppen verfahrens- und ergebnisbezogen und berät sie. Ihr gehört neben geeigneten Ärztinnen/Ärzten mindestens eine Juristin/ein Jurist an. Mindestens eine Ärztin/ein Arzt muss Erfahrungen in der Reproduktionsmedizin haben. Die Kommission kann sich in speziellen Fragen durch Vertreter anderer Gebiete ergänzen.

3. Meldung von Verstößen

Verdacht auf Verstöße gegen die Richtlinie, auch auffälliges Ausbleiben der Dokumentationen, sind der zuständigen Ärztekammer zu melden.



Dokument im Rahmen der Erlassbereinigung von der Ärztekammer Westfalen-Lippe übernommen, geändert am 27.11.2004 (MBl. NRW. 2005 S. 544), 25.11.2006 (MBl. NRW. 2007 S. 93), 24.03.2007 (MBl. NRW. 2007 S. 365), 26.11.2011 (MBl. NRW. 2012 S. 150), 15.11.2014 (MBl. NRW. 2015 S. 277), 28.11.2015 (MBl. NRW. 2016 S. 180), 30.06.2018 (MBl. NRW. 2018 S. 716), 16.03.2019 (MBl. NRW. 2019 S. 604), 20.06.2020 (MBl. NRW. 2020 S. 511), 31.01.2022 (MBl. NRW. 2022 S. 92).