Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2007 Nr. 15 vom 10.7.2007 Seite 241 bis 282

Verordnung über die Wirtschaftsführung der Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulwirtschaftsführungsverordnung – HWFVO)
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Verordnung über die Wirtschaftsführung der Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulwirtschaftsführungsverordnung – HWFVO)

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Verordnung über die Wirtschaftsführung
der Hochschulen
des Landes Nordrhein-Westfalen
(Hochschulwirtschaftsführungsverordnung – HWFVO)

 

Vom 11. Juni 2007

 

Aufgrund § 5 Abs. 9 Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG -; Artikel 1 Hochschulfreiheitsgesetz - HFG -) vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474) und § 4 Abs. 5 Gesetz über weitere dienstrechtliche und sonstige Regelungen im Hochschulbereich (Artikel 7 Hochschulfreiheitsgesetz - HFG -) vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474) wird im Einvernehmen mit dem Finanzministerium verordnet:

 

§ 1
Geltungsbereich

Die Verordnung gilt für die in § 1 Abs. 2 Hochschulgesetz genannten Universitäten und Fachhochschulen.

 

§ 2
Wirtschaftsplan

(1) Basis der Wirtschaftsführung der Hochschulen ist der jeweilige Wirtschaftsplan. Er wird erstmalig für das Wirtschaftsjahr 2008 erstellt und umfasst alle zu erwartenden Einnahmen und die zur Erfüllung der Hochschulaufgaben voraussichtlich erforderlichen Ausgaben einschließlich der Investitionen. Er muss in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Das Ministerium gibt die weitere Gliederung des Wirtschaftsplans und seiner Anlagen vor.

 

(2) Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. Stellt das Land einen Haushaltsplan für zwei Jahre auf, so kann hinsichtlich des Wirtschaftsplans entsprechend verfahren werden.

 

(3) Die Bewirtschaftung der Zuschüsse für den laufenden Betrieb und die Investitionen erfolgt auf der Grundlage des Wirtschaftsplans. Durch den Wirtschaftsplan werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben.

 

§ 3
Zahlungsunfähigkeit

(1) Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 5 Abs. 6 Hochschulgesetz ist eingetreten, wenn die Hochschule nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen innerhalb eines Monats zu erfüllen. Einer Hochschule droht Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 5 Abs. 6 Hochschulgesetz, wenn sie voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die innerhalb eines Wirtschaftsjahres bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

 

(2) Entwicklungen, die die Zahlungsfähigkeit der Hochschule gefährden könnten, sind dem Ministerium unverzüglich anzuzeigen. Für den Fall der drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit hat die Hochschule zeitgleich mit der Anzeige unter Darlegung der Gründe für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein geeignetes Konzept für die Abwendung der drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bzw. zur Sicherung der künftigen wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Hochschule dem Ministerium vorzulegen.

 

§ 4
Zuschüsse, Zentralmittel

(1) Die Zuschüsse nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Hochschulgesetz werden den Hochschulen entsprechend den haushaltsrechtlichen Vorschriften des Landes zugewiesen und überwiesen. Sie fallen nach § 5 Abs. 3 Hochschulgesetz in das Vermögen der Hochschule. Ihre haushaltsrechtliche Behandlung richtet sich ausschließlich nach dem Hochschulgesetz und dieser Verordnung. Auf andere vom Land zur Verfügung gestellte Mittel finden die §§ 23, 44 Landeshaushaltsordnung und die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften Anwendung.

 

(2) Falls vom Land zur Verfügung gestellte Mittel zum Zwecke der Förderung Dritten überlassen werden, sind die Vorschriften des Zuwendungsrechts entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für Mittel, die für Lehre und Forschung der Hochschulmedizin zur Verfügung gestellt werden.

 

§ 5
Kreditermächtigung

Hochschulen, die die in § 5 Abs. 5 Hochschulgesetz genannten Voraussetzungen erfüllen, dürfen insgesamt Kredite bis zur doppelten Höhe einer entsprechend den handelsrechtlichen Vorschriften über Gewinnrücklagen gebildeten Rücklage aufnehmen. Gleiches gilt auch für die Übernahme von Bürgschaften und Garantien. In Einzelfällen können im Einvernehmen mit dem Ministerium abweichende Regelungen getroffen werden.

 

§ 6
Personalausgaben, Versorgung, Beihilfen

(1) Zur Ermittlung der von den Hochschulen nach § 4 Abs. 4 Gesetz über weitere dienstrechtliche und sonstige Regelungen vom im Hochschulbereich zu tragenden Versorgungs- und Beihilfeleistungen übersenden die Hochschulen dem Ministerium jährlich bis Ende Oktober, erstmalig zum 31. Oktober 2007, eine Gegenüberstellung der besetzten Planstellen für das laufende Wirtschaftsjahr (Stichtag 1. Oktober) mit den im Haushalt ausgewiesenen Stellenübersichten für Beamtinnen und Beamte (Nominalstellen). Das Ministerium gibt die Gliederung vor.

 

(2) Das Ministerium stellt die Veränderungen, die nicht nach § 4 Abs. 4 Gesetz über weitere dienstrechtliche und sonstige Regelungen im Hochschulbereich berücksichtigt werden, fest. Dies gilt auch für die im Haushalt ausgewiesenen Leerstellen für gemeinsame Berufungen mit außeruniversitären Einrichtungen und Stellen für abgeordnete Beamtinnen und Beamte.

 

(3) Veränderungen, die nicht nach § 4 Abs. 4 Gesetz über weitere dienstrechtliche und sonstige Regelungen im Hochschulbereich berücksichtigt werden, werden den Hochschulen

 

1. mit einem pauschalen Versorgungszuschlag von 30 vom Hundert auf der Basis der aktuellen vom Finanzministerium festgestellten Personalkostendurchschnittssätze und

2. mit einer durch das Finanzministerium festgestellten aktuellen Beihilfepauschale

 

in Rechnung gestellt.

 

(4) Bei der Ernennung oder Übernahme von Hochschullehrerinnen und -lehrern, die das 45. Lebensjahr überschritten haben, und von Laufbahnbewerberinnen und -bewerbern, die das nach der Laufbahnverordnung vorgesehene Höchstalter überschritten haben, leistet die Hochschule einen zusätzlichen einmaligen, nach Lebensalter gestaffelten Betrag an das Land. Der Betrag wird vom Ministerium festgesetzt. Grundlage für die Festsetzung ist der unter Zugrundelegung einer pauschalierten Bezugsdauer des Ruhegehalts ermittelte Barwert der Versorgung. Zur Abgeltung von Besonderheiten des Einzelfalls wird der Barwert um einen pauschalen Vomhundertsatz gekürzt. Diese Regelung findet keine Anwendung auf Beamtinnen und Beamte, für die das Land ohnehin die Versorgungsleistungen übernimmt. Dies gilt auch, soweit das Land Ausgleichszahlungen nach § 107 b Beamtenversorgungsgesetz erhält.

 

(5) Ausgleichszahlungen, die eine Hochschule im Falle der Übernahme einer Beamtin oder eines Beamten nach § 107 b Beamtenversorgungsgesetz oder aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung erhält, sind an das Land abzuführen.

 

(6) In Fällen von Beurlaubungen ohne Dienstbezüge für die Wahrnehmung einer Tätigkeit bei einem anderen Dienstherrn oder Arbeitgeber, deren Zeiten nach § 6 Abs.1 Satz 2 Nr. 5 Beamtenversorgungsgesetz als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden sowie in Fällen von Zuweisungen nach § 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz und bei gemeinsamen Berufungen sind Versorgungszuschläge zu erheben und an das Land abzuführen. Der Versorgungszuschlag beträgt 30 v. H. der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge einschließlich etwaiger Sonderzahlungen. Bei Beurlaubungen an einen Dienstherrn, für dessen Beamte das Land die Versorgungsleistungen übernimmt, entfällt ein Versorgungszuschlag.

 

(7) Die Berechnung und Zahlbarmachung der Besoldung, Versorgung und Entgelte, die Berechnung und Festsetzung des Versorgungszuschlags nach Absatz 6 sowie die Beihilfebearbeitung für die Versorgungsempfänger und deren Hinterbliebenen obliegen dem Landesamt für Besoldung und Versorgung. Die Inanspruchnahme durch die Hochschulen erfolgt insoweit unentgeltlich.

 

§ 7
Vergabe von Aufträgen

(1) Der Vergabe von Aufträgen muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.

 

(2) Für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der von der Europäischen Union vorgegebenen Schwellenwerte gelten die Richtlinien des Ministeriums.

 

(3) Soweit vom Land Rahmenvereinbarungen mit ressortübergreifender Wirkung ausgeschrieben werden, können auch die Hochschulen teilnehmen, sofern sie vorher entsprechende Teilnahmeerklärungen abgeben. Die Hochschulen werden über das Ministerium von dem für die Ausschreibung zuständigen Ministerium am Vergabeverfahren beteiligt. Derzeit bestehende Verträge bleiben unberührt.

 

§ 8
Zahlungsverkehr, Vollstreckung, Buchführung

(1) Die Hochschulen nehmen ihren Zahlungsverkehr, das privatrechtliche Mahn- und Vollstreckungswesen und die Buchführung selbst wahr. § 77 Abs. 2 und 3 Hochschulgesetz bleiben unberührt.

 

(2) Die Zahlungsabwicklung und die Buchführung dürfen nicht von denselben Beschäftigten wahrgenommen werden. Zahlungsaufträge sind von zwei Beschäftigten freizugeben. Jeder Zahlungsvorgang ist zu erfassen und zu dokumentieren.

 

(3) Die Konten sind am Schluss des Buchungstages oder vor Beginn des folgenden Buchungstages mit den Bankkonten abzugleichen. Am Ende des Wirtschaftsjahres sind sie für die Aufstellung des Jahresabschlusses abzuschließen und der Bestand an Finanzmitteln festzustellen.

 

(4) Die Zahlungsabwicklung ist mindestens einmal jährlich von der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung oder einem von ihnen Beauftragten unvermutet zu prüfen.

 

§ 9
Sicherheitsstandards und interne Aufsicht

(1) Die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben des Zahlungsverkehrs und der Buchführung unter besonderer Berücksichtigung des Umgangs mit Zahlungsmitteln sowie der Verwahrung und Verwaltung von Wertgegenständen ist sicherzustellen. Das Nähere regelt die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des von der Hochschule selbst wahrgenommenen Aufgabenumfangs. Die Regelung ist dem Ministerium zur Kenntnis zu geben.

 

(2) Die Regelung nach Absatz 1 bestimmt mindestens

 

1. die Aufbau- und Ablauforganisation der Buchführung,

2. den Einsatz von automatisierter Datenverarbeitung in der Buchhaltung,

3. die Verwaltung von Zahlungsmitteln,

4. die Sicherheit und Überwachung der Buchführung und

5. die sichere Verwahrung und die Verwaltung von Wertgegenständen.

 

§ 10
Anwendung kaufmännischer Grundsätze

(1) Die Hochschulen können ihre Wirtschaftsführung und Rechnungslegung nach kaufmännischen Grundsätzen einrichten. Insoweit gelten sinngemäß die Regelungen des Handelsgesetzbuches. Bei der Anwendung ist die besondere Aufgabenstellung der Hochschulen nach § 3 Hochschulgesetz zu berücksichtigen. Die Buchführung muss Auswertungen nach der Gliederung des Wirtschaftsplans, in sachlicher und zeitlicher Ordnung sowie Soll - Ist - Vergleiche zulassen.

 

(2) Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Ergebnisse erstellt das Ministerium Vorgaben für die Verwendung des bundeseinheitlichen Verwaltungskontenrahmens in der für das Land Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung sowie Bewertungs-, Inventur- und Buchungsrichtlinien.

 

§ 11
Jahresabschluss

(1) Der Jahresabschluss kameralistisch wirtschaftender Hochschulen besteht aus dem zahlenmäßigen Abschluss, der das Endergebnis der Buchführung den Ansätzen des Wirtschaftsplans gegenüberstellt. Der Jahresabschluss wird um eine Gliederung der Ausgaben nach den Unterteilen des Hochschulkapitels, einen Lagebericht, eine Übersicht über die Beteiligungen und die Angabe der zum 31. Dezember des Jahres vorhandenen Geldbestände ergänzt. Er ist innerhalb der ersten drei Monate nach Ende des Wirtschaftsjahres vom Präsidium zu erstellen und dem Hochschulrat zur Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Behandlung eines Jahresfehlbetrags und die Entlastung des Präsidiums vorzulegen.

 

(2) Der Jahresabschluss nach kaufmännischen Grundsätzen wirtschaftender Hochschulen besteht aus der Bilanz, der Ergebnisrechnung, dem Anhang sowie dem Lagebericht und einer Überleitungsrechnung auf Einnahmen und Ausgaben nach der Gliederung des Wirtschaftsplans. Unbeschadet der Prüfung durch den Landesrechnungshof lassen die Hochschulen den Jahresabschluss und die Wirtschaftsführung durch eine Wirtschaftsprüferin oder einen Wirtschaftsprüfer prüfen. Die Prüfung erfolgt in Anlehnung an die für die Beteiligung der Gebietskörperschaften an privatrechtlichen Unternehmen geltenden besonderen Prüfungsbestimmungen des § 53 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz. Der Jahresabschluss ist innerhalb der ersten drei Monate nach Ende des Wirtschaftsjahres vom Präsidium aufzustellen, zu prüfen und dem Hochschulrat zur Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Behandlung eines Jahresfehlbetrags und die Entlastung des Präsidiums vorzulegen.

 

(3) Der Jahresabschluss dient gleichzeitig als Nachweis der sachgerechten Verwendung der den Hochschulen gewährten staatlichen Zuschüsse. Er ist dem Ministerium bis zum 30. Juni des auf das Wirtschaftsjahr folgenden Jahres vorzulegen.

 

§ 12
Berichtswesen

(1) Die Berichtspflichten der Hochschulen zum Stelleninformationssystem, zur Kosten- und Leistungsrechnung und aus den Ziel- und Leistungsvereinbarungen bleiben unberührt.

 

(2) Die Hochschulen übersenden dem Ministerium die mit dem jährlichen Zuweisungsschreiben angeforderten Unterlagen.

 

(3) Das Ministerium kann für die Haushaltsaufstellung des Landes weitere Unterlagen anfordern, insbesondere solche, die dem Finanzministerium zur Aufstellung des Entwurfs des Haushaltsplans vorzulegen sind.

 

§ 13
Prüfung durch den Landesrechnungshof

Die Hochschulen sind verpflichtet, dem Landesrechnungshof und den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern die Unterlagen, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben für erforderlich halten, auf Verlangen innerhalb einer bestimmten Frist zur Verfügung zu stellen und die von ihnen erbetenen Auskünfte zu erteilen.

 

§ 14
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft.

 

Düsseldorf, den 11. Juni 2007

 

 

Der Minister
für Innovation, Wissenschaft,
Forschung und Technologie
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Professor Dr. Andreas  P i n k w a r t

 

GV. NRW. 2007 S. 246