Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2008 Nr. 17 vom 30.5.2008 Seite 403 bis 456

Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz und Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (AufbewahrungsVO NRW)
Normkopf
Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage 1-Abschnitt I Nr. 1 bis Nr. 230
Anlage 2-Abschnitt I Nr. 301 bis Nr. 511
Anlage 3-Abschnitt I Nr. 601 bis Nr. 833
Anlage 4-Abschnitt II Nr. 1 bis Nr. 59
 

Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz und Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (AufbewahrungsVO NRW)

311

Verordnung
über die Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz und
Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen
(AufbewahrungsVO NRW)

Vom 6. Mai 2008

Aufgrund des § 78 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 24. April 1878 (PrGS. S. 230/PrGS. NRW. S. 78), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 (GV. NRW. S. 128), wird verordnet:

§ 1

(1) Mit Ausnahme des in Absatz 2 genannten Schriftgutes sind die in der Anlage aufgeführten Aufbewahrungsfristen anzuwenden.

(2) Die Aufbewahrung der Personalakten der Richterinnen und Richter, Beamtinnen und Beamten, der Unterlagen über Beihilfen, Heilfürsorge, Heilverfahren, Unterstützungen, Erholungsurlaub, Erkrankungen, Umzugs- und Reisekosten und der Versorgungsakten bestimmt sich nach § 102g des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV. NRW. S. 234), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 393).

(3) Die Aufbewahrung der Personalakten der Beschäftigten bestimmt sich nach den lfd. Nummern 224, 385, 507, 653, 753 und 813 des Abschnitts I und der lfd. Nummern 12, 27, 40, 51 und 57 des Abschnitts II der Anlage. Die Fristen beziehen sich nur auf die Personalakten als solche. Nebenakten können unmittelbar nach ihrer Schließung (§ 3 Abs. 3) ausgesondert werden.

§ 2

(1) Die Aufbewahrungsbestimmungen finden grundsätzlich auch Anwendung, wenn Schriftgut zur Ersetzung der Urschrift als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt wird. Im Übrigen sind die insoweit getroffenen besonderen Bestimmungen zu beachten.

(2) Gelten für Akten und Aktenteile (z.B. Urteile, Beschlüsse) unterschiedliche Aufbewahrungsfristen, so richtet sich die Dauer der Aufbewahrung des Bild- oder Datenträgers, der an die Stelle der Urschriften tritt, nach der jeweils längsten Aufbewahrungsfrist.

(3) Erscheint eine Aufbewahrungsfrist im Einzelfall aus besonderen Gründen zu kurz, so kann bei der Weglegung eine längere Aufbewahrungsfrist durch die Richterin bzw. den Richter oder die Beamtin bzw. den Beamten bestimmt werden. Dasselbe gilt, wenn Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, einen Antrag auf längere Aufbewahrung stellen.

(4) Soweit in Spalte 4 der Anlage eine Aufbewahrungsfrist nicht angeordnet ist („keine“), ist das Schriftgut unmittelbar nach seiner Weglegung nach den dazu erlassenen besonderen Vorschriften auszusondern.

§ 3

(1) Die Aufbewahrungsfrist für das Schriftgut in Straf- und Bußgeldsachen beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die verfahrensbeendende Entscheidung - bei mehreren Beschuldigten oder Betroffenen die letzte Entscheidung - rechtskräftig geworden ist. Ist das Verfahren ohne eine Entscheidung beendet worden, die nach § 7 Abs. 1 Aktenordnung der Rechtskraftbescheinigung bedarf, beginnt die Aufbewahrungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem die das Verfahren beendende Entscheidung getroffen worden ist.

(2) Wird nachträglich auf eine Gesamtstrafe erkannt, ist die Aufbewahrungsfrist für das Schriftgut über die in die Entscheidung einbezogenen Verurteilungen nach dem Tage der Rechtskraft der Gesamtstrafenentscheidung neu zu bestimmen.

(3) Ist zum Zeitpunkt des Weglegens der Akten die in der Anlage bestimmte - vom Tage der Rechtskraft an berechnete - Frist für die Aufbewahrung des Schriftgutes bereits abgelaufen, oder endet diese mit Ablauf des Jahres der Weglegung oder der beiden darauf folgenden Jahre, so ist das Schriftgut vom Beginn des auf die Weglegung folgenden Jahres für 3 weitere Jahre aufzubewahren. Dies gilt nicht in den Fällen der Nummern 46a) und 628a) der Anlage.

§ 4

(1) Die Aufbewahrungsfrist für das in § 3 nicht genannte Schriftgut beginnt mit dem auf das Jahr der Weglegung folgenden Jahr, für Personalakten beginnt sie mit deren Abschluss.

(2) Als Jahr der Weglegung gilt

a) bei Prüfungsarbeiten und sonstigen Prüfungsunterlagen das Jahr, in dem die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Prüfling erfolgt ist, im Falle der Wiederholungsprüfung das Jahr, in dem das Ergebnis der letzten Prüfung bekannt gegeben worden ist;

b) bei Hinterlegungen das Jahr, in dem die Hinterlegung beendet worden ist oder die Fristen der §§ 19 - 22 Hinterlegungsordnung abgelaufen sind;

c) bei Büchern über Urkundenverwahrungen (Nummer 225 des Abschnitts I der Anlage) das Jahr, in dem alle darin verzeichneten Fälle erledigt sind;

d) bei Gefangenenbüchern mit den dazugehörigen Gefangenenkarteien und bei den Listen über die den Gefangenen abgenommenen Gegenstände sowie bei Büchern und Nachweisen über die den Gefangenen abgenommenen Gelder das Jahr, in dem der Vollzug bezüglich aller darin aufgeführten Gefangenen beendet ist;

e) für (Sammel)Akten mit den Unterlagen über die Schöffenwahl, Schöffenauslosung und Schöffengeschäftsstelle (§ 1 Abs. 4 Aktenordnung) das Jahr des Ablaufs der jeweiligen Wahlperiode;

f) für Akten über sonstige Angelegenheiten, für die die Weglegung nicht durch besondere Vorschrift geregelt ist, das Jahr, in dem die letzte Verfügung zur Sache ergangen ist.

(3) Personalakten sind - soweit sich aus dem Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen nichts anderes ergibt - abgeschlossen,

a) wenn die bzw. der Beschäftigte

- aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist, mit Ablauf des Jahres der Vollendung des 65. Lebensjahres;

- im Falle der Weiterbeschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus gilt die Personalakte als abgeschlossen mit Ablauf des Jahres, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet;

- im Falle des vorherigen Todes gilt die Personalakte als abgeschlossen mit dem Ablauf des Todesjahres;

b) wenn die Notarin bzw. der Notar, die Notarassessorin bzw. der Notarassessor, der Rechtsbeistand oder sonstiger Inhaber einer Rechtsberatungserlaubnis bzw. Rechtsdienstleistungserlaubnis aus dem Amt bzw. dem Beruf ausgeschieden ist, mit Ablauf des Jahres der Vollendung des 70. Lebensjahres.

Im Falle

- der Tätigkeit über das 70. Lebensjahr hinaus mit Ablauf des Jahres, in dem das Amts- oder Berufsverhältnis endet,

- des vorherigen Todes mit Ablauf des Todesjahres,

- einer Notariatsverweserschaft (§ 56 Bundesnotarordnung) nach deren Abwicklung;

c) wenn es sich um eine juristische Person oder eine Personenvereinigung handelt, mit Ablauf des Jahres, in dem die Löschung im Handelsregister oder Partnerschaftsregister eingetragen oder die Auseinandersetzung abgeschlossen ist.

(4) Bei automationsunterstützter Schriftgutverwaltung kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Aufbewahrungsfrist auch von einem früheren Zeitpunkt (z. B. vom Datum der Weglegungsverfügung) an berechnet werden. Die Entscheidung hierüber trifft die Behördenleitung. Entsprechendes gilt auch bei der automationsunterstützten Schriftgutverwaltung in Straf- und Bußgeldsachen.

(5) Für Vormundschaften, Pflegschaften und Beistandschaften über Minderjährige sowie für die zur Zuständigkeit des Familiengerichts oder des Vormundschaftsgerichts gehörenden Angelegenheiten sonstiger Fürsorge für ein unter elterlicher Sorge stehendes Kind beginnt die Aufbewahrungsfrist abweichend von Absatz 1 Satz 1 mit dem Jahr, das auf das Jahr folgt, in dem das Kind - soweit mehrere Geschwister vorhanden sind, das jüngste an der Angelegenheit beteiligte Kind - volljährig geworden ist, auch wenn die Sache auf andere Weise vorher geendet hat.

(6) Wird ein Verfahren aufgenommen oder fortgesetzt, nachdem die Akten bereits weggelegt sind (z. B. durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens), so beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem sie erneut weggelegt worden sind, eine neue Aufbewahrungsfrist.

§ 5

Für die Ablieferung von Schriftgut an die Staatsarchive gelten die dafür erlassenen besonderen Vorschriften.

§ 6

Diese Verordnung tritt am 1. Juni 2008 in Kraft.

Das Justizministerium berichtet der Landesregierung zum 31. Dezember 2013 über die Notwendigkeit des Fortbestehens dieser Verordnung.

Düsseldorf, den 6. Mai 2008

Die Justizministerin
des Landes Nordrhein-Westfalen

Roswitha  M ü l l e r-P i e p e n k ö t t e r

GV. NRW. 2008 S. 404