Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 13 vom 6.4.2005 Seite 201 bis 216

Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen
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Norm
Normfuß
 

Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen

203011

Verordnung
über die Ausbildung und Prüfung
für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Vom 14. März 2005

 

Aufgrund des § 16 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV. NRW. S. 234), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2004 (GV. NRW. S. 752), wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium verordnet:

 

Inhaltsübersicht

 

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

 

§ 1

Erwerb der Befähigung

§ 2

Voraussetzungen der Zulassung

§ 3

Zulassung sonstiger Bewerberinnen und Bewerber

§ 4

Bewerbung und Zulassung

§ 5

Vorbereitende Beschäftigung

§ 6

Amts- und Dienstbezeichnung; Besoldung

 

Zweiter Abschnitt
Eignungslehrgang

 

§ 7

Funktion des Eignungslehrgangs; Bewerbung; Zulassung; Status

§ 8

Dauer des Eignungslehrgangs; Leitung

§ 9

Gliederung des Eignungslehrgangs

§ 10

Erster Ausbildungsabschnitt

§ 11

Zweiter Ausbildungsabschnitt

§ 12

Dritter Ausbildungsabschnitt

§ 13

Eignungsentscheidung

 

Dritter Abschnitt
Einführungszeit

 

§ 14

Dauer der Einführungszeit

§ 15

Gliederung der Einführungszeit

§ 16

Ausbildungsstelle

§ 17

Leitung und Organisation der praktischen Ausbildung

§ 18

Erster Ausbildungsabschnitt

§ 19

Zweiter Ausbildungsabschnitt

§ 20

Fachtheoretische Ausbildung (Dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt)

§ 21

Vierter Ausbildungsabschnitt

§ 22

Fünfter Ausbildungsabschnitt

§ 23

Zeugnisse

§ 24

Widerruf

 

Vierter Abschnitt
Gerichtsvollzieherprüfung

 

§ 25

Prüfung

§ 26

Prüfungsausschuss

§ 27

Zulassung zur Prüfung

§ 28

Prüfungsverfahren

§ 29

Schriftliche Prüfung

§ 30

Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten

§ 31

Nichtbestehen vor der mündlichen Prüfung

§ 32

Mündliche Prüfung

§ 33

Abstimmungen; Vorbereitung der abschließenden Entscheidung

§ 34

Schlussberatung und -entscheidung

§ 35

Niederschrift über den Prüfungshergang; Erteilung der Zeugnisse

§ 36

Versäumung der Prüfungstermine; Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten

§ 37

Verstöße gegen Prüfungsbestimmungen

§ 38

Wiederholung der Prüfung

§ 39

Status und Tätigkeit nach bestandener Prüfung

 

Fünfter Abschnitt
Regelungen für behinderte Menschen

 

§ 40

Regelungen für behinderte Menschen

 

Sechster Abschnitt
Schlussvorschriften

 

§ 41

Ausnahmebestimmung

§ 42

In-Kraft-Treten, Übergangsvorschrift

§ 43

Berichtspflicht

 

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

 

§ 1
Erwerb der Befähigung

(1) Die Befähigung für den Gerichtsvollzieherdienst besitzt, wer eine Einführungszeit abgeleistet und die Prüfung für den Gerichtsvollzieherdienst bestanden hat.

(2) Zur Gerichtsvollzieherin oder zum Gerichtsvollzieher kann auch ernannt werden, wer die Prüfung für den gehobenen Justizdienst bestanden hat, die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 erfüllt und bereits mit Erfolg im Gerichtsvollzieherdienst verwendet worden ist.

 

§ 2
Voraussetzungen der Zulassung

(1) Zur Einführungszeit kann eine Beamtin oder ein Beamter zugelassen werden, die oder der

1. die Prüfung für den mittleren Justizdienst bestanden hat,

2. sich danach im mittleren Justizdienst mindestens zwei Jahre bewährt hat,

3. das 23. Lebensjahr vollendet und das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,

4. den besonderen Anforderungen des Gerichtsvollzieherdienstes körperlich gewachsen ist,

5. in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

 

(2) Zur Einführungszeit kann auch eine Beamtin oder ein Beamter zugelassen werden, die oder der die Prüfung für den Justizvollstreckungsdienst oder für den mittleren Verwaltungsdienst bei Justizvollzugsanstalten bestanden und sich in diesen Dienstzweigen mindestens zwei Jahre bewährt hat. Im Übrigen gilt Absatz 1 Nrn. 3, 4 und 5.

 

§ 3
Zulassung sonstiger
Bewerberinnen und Bewerber

(1) Soweit ein besonderes dienstliches Bedürfnis besteht, können zur Einführungszeit auch zugelassen werden (sonstige Bewerberinnen und Bewerber):

1. Justizfachangestellte,

2. Justizangestellte,

3. Beamtinnen und Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen, die die Befähigung für eine Laufbahn des mittleren nichttechnischen Dienstes besitzen,

4. Angestellte des Landes Nordrhein-Westfalen, die eine Ausbildung mit erfolgreich abgeschlossener Prüfung absolviert haben, die sie befähigt, dem mittleren nichttechnischen Dienst vergleichbare Aufgaben wahrzunehmen.

 

(2) Die sonstigen Bewerberinnen und Bewerber müssen

1. nach ihrer Persönlichkeit und ihren bisherigen Leistungen für die besonderen Anforderungen des Gerichtsvollzieherdienstes geeignet sein,

2. die Fachoberschulreife oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzen,

3. sich in ihrem bisherigen Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis seit mindestens zwei Jahren bewährt haben,

4. die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 erfüllen und

5. den Eignungslehrgang (§§ 7 bis 13) erfolgreich absolviert haben.

 

(3) Beamtinnen und Beamte müssen das 23. Lebensjahr vollendet und dürfen das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Angestellte müssen das 23. Lebensjahr vollendet und dürfen das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

 

§ 4
Bewerbung und Zulassung

(1) Das Gesuch um Zulassung zur Einführungszeit ist auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts des Bezirks zu richten, dem die Bewerberin oder der Bewerber angehört bzw. in dem der Eignungslehrgang (§§ 7 bis 13) absolviert wird.

 

(2) Der Bewerbung ist eine Erklärung beizufügen, ob und welche Schulden bestehen.

 

(3) Bei Bewerberinnen und Bewerbern gemäß § 2 hat sich die Leiterin oder der Leiter des Gerichts oder der Behörde, bei der die Bewerberin oder der Bewerber beschäftigt ist, in einer dienstlichen Beurteilung über die Befähigung und fachliche Leistung sowie über die Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers für die Zulassung zur Einführungszeit für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes, insbesondere über deren oder dessen Fähigkeit zur selbstständigen Arbeit und Organisationsfähigkeit zu äußern.

 

(4) Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann bei Bewerberinnen und Bewerbern gemäß § 2 die persönliche Vorstellung anordnen und weitere Feststellungen veranlassen. Vor der Entscheidung über das Gesuch veranlasst die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung und Begutachtung derjenigen Bewerberinnen und Bewerber, deren Zulassung zur Einführungszeit in Aussicht genommen ist, durch das Gesundheitsamt. Einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung bedarf es nicht, soweit eine solche bereits anlässlich der Zulassung zum Eignungslehrgang durchgeführt wurde und zu einer Wiederholung kein Anlass besteht.

 

§ 5
Vorbereitende Beschäftigung

Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Zulassung zur Einführungszeit kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts anordnen, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber gemäß § 2 vorübergehend in der Abteilung der Geschäftsstelle für Vollstreckungssachen verwendet, mit den Beitreibungsgeschäften der Gerichtskasse vertraut gemacht oder in sonst geeigneter Weise beschäftigt wird.

 

§ 6
Amts- und Dienstbezeichnung; Besoldung

Die zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber führen während der Einführungszeit ihre bisherige Amts- oder Dienstbezeichnung und behalten ihre Besoldung bzw. Bezüge.

 

Zweiter Abschnitt
Eignungslehrgang

 

§ 7
Funktion des Eignungslehrgangs;
Bewerbung; Zulassung; Status

(1) Der Eignungslehrgang dient der Feststellung der Eignung der sonstigen Bewerberinnen und Bewerber (§ 3) und der Vorbereitung der Einführungszeit für den Gerichtsvollzieherdienst. Zugelassen werden kann der in § 3 genannte Personenkreis unter den dort aufgeführten Voraussetzungen.

 

(2) Die Bewerbung um Zulassung zum Eignungslehrgang ist auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts des Bezirks zu richten, dem die Bewerberin oder der Bewerber angehört. Bewerberinnen und Bewerber, die nicht im Justizdienst stehen, richten die Bewerbung auf dem Dienstweg an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts, in deren oder dessen Bezirk sie als Gerichtsvollzieherin oder Gerichtsvollzieher tätig werden wollen. Der Bewerbung ist eine Erklärung beizufügen, ob und welche Schulden bestehen.

 

(3) Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts oder der Behörde, bei der die Bewerberin oder der Bewerber beschäftigt ist, hat sich in einer dienstlichen Beurteilung über deren oder dessen Befähigung, fachliche Leistung und grundsätzliche Eignung, insbesondere die Fähigkeit zu selbstständiger Arbeit und Organisationsfähigkeit zu äußern. Darin sind auch der bisherige berufliche Werdegang, insbesondere Tätigkeiten mit Bezug zur Mobiliarzwangsvollstreckung sowie etwaige Bedenken gegen die spätere Zulassung zur Einführungszeit für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes darzustellen.

 

(4) Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er kann die persönliche Vorstellung der Bewerberin oder des Bewerbers anordnen und weitere Feststellungen veranlassen. Vor der Entscheidung über das Gesuch veranlasst die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die amtsärztliche Untersuchung und Begutachtung derjenigen Bewerberinnen und Bewerber, deren Zulassung zum Eignungslehrgang in Aussicht genommen ist, durch das Gesundheitsamt.

 

(5) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Eignungslehrganges führen während dieser Ausbildung ihre bisherige Amts- oder Dienstbezeichnung und behalten ihre Besoldung bzw. Bezüge.

 

(6) Ihnen wird Urlaub nach den jeweils geltenden Bestimmungen gewährt. Er soll in der Regel im dritten Ausbildungsabschnitt genommen werden und wird auf den Eignungslehrgang angerechnet. Während der fachtheoretischen Ausbildung ist die Gewährung von Erholungsurlaub ausgeschlossen. Andere Unterbrechungen, die einen Monat überschreiten, werden nicht angerechnet. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann Ausnahmen von Satz 4 zulassen.

 

§ 8
Dauer des Eignungslehrganges; Leitung

(1) Der Eignungslehrgang dauert sechs Monate und umfasst regelmäßig die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni eines Jahres. Er gliedert sich in eine fachtheoretische und eine fachpraktische Ausbildung.

 

(2) Die fachtheoretische Ausbildung wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz des Landes Nordrhein Westfalen durchgeführt; die Leitung obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit der Leitung beauftragen.

 

(3) Die Leitung der fachpraktischen Abschnitte obliegt der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts. Sie oder er bestimmt das Amtsgericht oder die Amtsgerichte, an dem oder denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgebildet werden. Die Organisation der Ausbildung im Einzelnen kann auf die Leiterin oder den Leiter des Amtsgerichtes übertragen werden.

 

§ 9
Gliederung des Eignungslehrgangs

Der Eignungslehrgang soll Einblick in die verschiedenen Bereiche der Justiz geben, unter besonderer Berücksichtigung der späteren Tätigkeit im Gerichtsvollzieherdienst. Er gliedert sich wie folgt:

1. erster Abschnitt (1. bis 3. Monat):
fachtheoretische Ausbildung im Ausbildungszentrum
der Justiz NRW,

2. zweiter Abschnitt (4. bis 5. Monat):
fachpraktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,

3. dritter Abschnitt (6. Monat):
fachpraktische Ausbildung - Überblick über die Auf-
gaben einer Gerichtsvollzieherin oder eines Gerichts-
vollziehers mit den Schwerpunkten Außendienst und
Büroführung.

 

§ 10
Erster Ausbildungsabschnitt

(1) Die fachtheoretische Ausbildung soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Eignungslehrgangs in Lehrveranstaltungen die für die Zulassung zur Einführungszeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln, und zwar

 

1. Allgemeine rechtliche Zusammenhänge

6 Std.

- Gesetzes- und Verordnungskunde

 

- Rechtsdefinition

 

- materielles und formelles Recht

 

 

 

2. Grundlagen des Bürgerlichen Rechts

80 Std.

- natürliche und (quasi-) juristische Personen

 

- Rechts-, Prozess-, Deliktsfähigkeit

 

- Sachen, Tiere

 

- Rechtsgeschäftslehre

 

- Vollmacht

 

- Fristen, Termine, Verjährung

 

- Selbsthilfe

 

- Schuldverhältnisse (Begründung/Erlöschen)

 

- Eigentumserwerb, Belastung, Verlust

 

- Familienrecht (Güterrecht, Unterhaltsrecht,
Betreuungsrecht)

 

- Nachlassrecht

 

- FGG

 

 

 

3. Grundlagen des Handelsrechts

65 Std.

- Kaufleute, Prokura, Vollmacht

 

- Handelsgesellschaften

 

- BGB-Gesellschaft, stille Gesellschaft

 

- GmbH mit Sonderformen

 

 

 

4. Grundlagen des Zivilprozessrechts

97 Std.

- Zuständigkeiten

 

- Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit

 

- Mahnverfahren

 

- Erkenntnisverfahren

 

- Rechtsmittel

 

- Zustellungsrecht (Amtsverfahren)

 

- Zwangsvollstreckungsverfahren

 

- Eidesstattliche Versicherung

 

- Arrest und einstweilige Verfügung

 

- Schiedsverfahren

 

 

 

5. Grundlagen der Gerichtsorganisation
und der Geschäftsstellenführung mit
Praxisbeispielen

30 Std.

- Gerichtsverfassungsgesetz

 

- Generalaktenplan

 

- Aktenordnung

 

- Personalaktenrecht

 

- Hinterlegungssachen

 

- Kassenwesen

 

 

 

6. Grundlagen des Insolvenzrechts

5 Std.

 

 

7. Grundlagen des Register- und Grundbuch-
wesens

20 Std.

- HRA/HRB

 

- Grundbuch

 

- Recht der Einsichtnahme in das Handelsregister
und das Grundbuch

 

- Erteilung von Auszügen

 

- Automatisierte Führung

 

 

 

8. Grundlagen des gerichtlichen Kosten-
wesens

30 Std.

- Kostenordnung

 

- Gerichtskostengesetz

 

- Justizverwaltungskostenordnung

 

- Gerichtsvollzieherkostenrecht inkl. JVEG (Kurz-
überblick)

 

 

 

9. Aufgaben/Funktionen in der Justiz-
verwaltung

6 Std.

- Aufbau der Justizverwaltung

 

- Weisungsrechte

 

- Überblick Reisekosten

 

- Überblick Haushaltsrecht

 

 

 

10. Disziplinar- und Regresswesen

6 Std.

- Dienstaufsichtsbeschwerde

 

- Disziplinarverfahren

 

- Regressrecht

 

 

 

11. Juristische Klausurtechnik

6 Std.

 

 

Zur Übung und als Leistungskontrollen sind zu fertigen:

 

3 Probeklausuren zu je 2 Std.

6 Std.

3 Leistungskontrollklausuren zu je 3 Std.

9 Std.

Insgesamt

366 Std.

 

Der Unterricht wird vor allem in Form von Vorträgen, Besprechungen und Übungen erteilt. Bei der Vermittlung der Kenntnisse ist stets der Bezug zur späteren Tätigkeit als Vollstreckungs- und Zustellungsorgan herzustellen.

 

(2) Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder die von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht.

 

(3) Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und ihr Wissen durch häusliches Studium zu erweitern und zu vertiefen.

 

(4) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während der Unterrichtseinheit „Grundlagen des Zivilprozessrechts“ einen 15-minütigen Vortrag zu einem von der Lehrkraft vorgegebenen Thema zu halten. Außerdem ist eine schriftliche Hausarbeit im Umfang von drei Stunden zu fertigen. Das Thema der Hausarbeit bestimmt die Lehrkraft.

 

(5) Die Leistungskontrollklausuren sollen zum Ende der fachtheoretischen Ausbildung gefertigt werden. Sie sollen mit weitgehenden Bezügen zu den für die angestrebte Laufbahn relevanten Lehrgebieten und den Schwerpunkten „Bürgerliches Recht“, „Handelsrecht“ und „Zivilprozessrecht“ geschrieben werden.

(6) Die Leistungskontrollklausuren sind unter Aufsicht zu fertigen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 23 Abs. 3 zu bewerten und zu besprechen. Über die Ergebnisse der Leistungskontrollklausuren sind Übersichten zu erstellen, die der Lehrgangsleitung unverzüglich vorzulegen sind. Die Leistungskontrollklausuren sind mit den Aufgabentexten bis zur Gerichtsvollzieherprüfung in einem Sonderheft bei den Personalakten aufzubewahren und sodann ggf. zu den Prüfungsakten zu nehmen.

 

(7) Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW erteilt über die fachtheoretische Ausbildung ein Zeugnis, welches sich über Befähigung, Kenntnisse und Leistungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie deren fachtheoretische Eignung für den angestrebten Beruf verhält. Das Zeugnis muss eine Empfehlung zur Eignung für die Zulassung zur Einführungszeit zum Gerichtsvollzieherdienst enthalten und schließt mit einer der in § 23 Abs. 3 genannten Noten mit Punktzahlen ab. § 23 Abs. 5 findet Anwendung.

 

§ 11
Zweiter Ausbildungsabschnitt

(1) Im zweiten Ausbildungsabschnitt sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Überblick über die Praxis des Zivilverfahrens aus der Sicht der Urkundsbeamtin oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) erhalten. Sie werden mit den gängigen formalen Problemstellungen des Erkenntnis-, Klausel- und Zwangsvollstreckungsverfahrens vertraut gemacht. Sie erhalten einen Einblick in den Ablauf des Amtszustellungsverfahrens ebenso wie in die Mobiliarvollstreckungs- und Insolvenzsachen. Die Ausbildung gliedert sich wie folgt:

1. 3 Wochen Abteilung der Geschäftsstelle für Zivilsachen, davon 1 Woche bei einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger,

2. 3 Wochen Geschäftsstelle für allgemeine Vollstreckungssachen, davon 1 Woche bei einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger,

3. 1 Woche Geschäftsstelle für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen, davon nach Möglichkeit 2 Tage bei einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger,

4. 1 Woche Geschäftsstelle für Insolvenzsachen.

 

(2) Über die Ausbildung sind Bescheinigungen zu erstellen. Einer Leistungsbeurteilung bedarf es nur, wenn die oder der Ausbildende die Teilnehmerin oder den Teilnehmer für ungeeignet für die Zulassung zur Einführungszeit für den Gerichtsvollzieherdienst hält. In diesem Fall findet § 23 Abs. 5 Anwendung.

 

§ 12
Dritter Ausbildungsabschnitt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen einen möglichst umfassenden Überblick über den Beruf einer Gerichtsvollzieherin oder eines Gerichtsvollziehers erhalten. Vor allem soll die Gelegenheit bestehen, die persönliche Eignung für den angestrebten Beruf insbesondere in Bezug auf besonders problematische Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie z. B. Räumungen oder Kindeswegnahmen einerseits und die erforderliche Selbstständigkeit bei der Planung dienstlicher Abläufe andererseits abschließend zu prüfen. Hierzu ist den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Monat lang ein Überblick über die Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes mit den Schwerpunkten Außendienst und Büroführung zu geben. Über die Ausbildung ist eine Bescheinigung zu erteilen.

 

§ 13
Eignungsentscheidung

(1) Die Entscheidung über die Eignung für die Zulassung zur Einführungszeit für die Gerichtsvollzieherlaufbahn trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Dabei sind die Beurteilungen gemäß § 10 Abs. 7 und ggf. § 11 Abs. 2 zu berücksichtigen. Die Entscheidung soll der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer spätestens drei Wochen vor Ende des Eignungslehrgangs schriftlich mitgeteilt werden, bevor sie – ggf. mit Gegenäußerung – zu den Personalakten genommen wird.

 

(2) Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nicht zur Einführungszeit zugelassen werden, übernehmen nach Beendigung des Eignungslehrgangs wieder ihre frühere Tätigkeit.

 

(3) Eine Verlängerung des Eignungslehrgangs ist ausgeschlossen.

 

Dritter Abschnitt
Einführungszeit

 

§ 14
Dauer der Einführungszeit

(1) Die Einführungszeit dauert 20 Monate. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann einzelne Ausbildungsabschnitte (§ 15) verlängern, wenn die Teilnehmerin oder der Teilnehmer den Anforderungen noch nicht genügt.

 

(2) Zeiten einer Tätigkeit als beauftragte Gerichtsvollzieherin oder beauftragter Gerichtsvollzieher vor der Einführungszeit können ganz oder teilweise auf den ersten und zweiten Ausbildungsabschnitt, in Ausnahmefällen bis zu einem Monat auch auf den vierten Ausbildungsabschnitt angerechnet werden; die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Auch während der Anrechnungszeiten nach Satz 1 besteht eine Verpflichtung, an dem Begleitunterricht im zweiten Ausbildungsabschnitt (§ 19 Abs. 3) teilzunehmen.

 

(3) Urlaubszeiten werden regelmäßig nur insoweit angerechnet, als sie zusammen während der ganzen Einführungszeit das Eineinhalbfache des den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zustehenden Jahres-Erholungsurlaubs nicht überschreiten. Krankheitszeiten werden angerechnet, soweit sie zusammen während der ganzen Einführungszeit vier Wochen nicht übersteigen. Durch die Anrechnungen darf der Erfolg der Ausbildung in den einzelnen Ausbildungsabschnitten nicht beeinträchtigt werden; soweit erforderlich, sind daher Urlaub und Krankheitszeiten auf mehrere Abschnitte anzurechnen.

 

§ 15
Gliederung der Einführungszeit

Die Einführungszeit gliedert sich wie folgt:

erster Abschnitt (1. Monat):
ein Monat praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht,

 

zweiter Abschnitt (2. bis 8. Monat):
sieben Monate praktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher,

 

dritter Abschnitt (9. bis 13. Monat):
fünf Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (I),

 

vierter Abschnitt (14. bis 18. Monat):
fünf Monate praktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher,

 

fünfter Abschnitt (19. - 20. Monat):
zwei Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (II).

 

§ 16
Ausbildungsstelle

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden während des ersten, zweiten und vierten Ausbildungsabschnitts nach Möglichkeit an ihren bisherigen dienstlichen Wohnsitzen oder Beschäftigungsorten ausgebildet.

 

§ 17
Leitung und Organisation der praktischen Ausbildung

(1) Die Ausbildung leitet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er bestimmt das Amtsgericht oder die Amtsgerichte, bei dem oder denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgebildet werden. In einen späteren Ausbildungsabschnitt dürfen diese erst überwiesen werden, wenn das Ziel des früheren Abschnitts erreicht ist.

 

(2) Die Organisation der Ausbildung im ersten, zweiten und vierten Ausbildungsabschnitt, insbesondere die Auswahl der Ausbilderinnen und Ausbilder, kann der Leiterin oder dem Leiter des Amtsgerichts übertragen werden. Mit der Ausbildung sollen nur solche Kräfte betraut werden, die über die notwendigen Kenntnisse verfügen und die nach ihrer Persönlichkeit hierzu geeignet sind. Die Ausbildenden sind verpflichtet, die ihnen überwiesenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit allen vorkommenden Arbeiten zu beschäftigen. Die Ausbildung im vierten Ausbildungsabschnitt ist möglichst einer anderen Gerichtsvollzieherin oder einem anderen Gerichtsvollzieher als im zweiten Ausbildungsabschnitt zu übertragen.

 

(3) Durch Zuteilung praktischer Arbeiten aus den Ausbildungsgebieten sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angehalten werden, sich mit den einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen vertraut zu machen, sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich frühzeitig an selbstständiges Arbeiten zu gewöhnen.

 

(4) Das Ziel der Ausbildung, nicht die Nutzbarmachung der Arbeitskraft, bestimmt Maß und Art der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu übertragenden Aufgaben. Zur Aushilfe im Gerichtsvollzieherdienst sollen sie nicht herangezogen werden. Lässt sich eine solche Heranziehung ausnahmsweise nicht umgehen, so ist sie auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.

 

(5) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind verpflichtet, durch Selbststudium an der Vervollkommnung ihres fachlichen Wissens zu arbeiten.

 

§ 18
Erster Ausbildungsabschnitt

Im ersten Ausbildungsabschnitt sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Geschäfte eingeführt werden, die mit den Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes in Zusammenhang stehen. Sie sollen deshalb möglichst in einer Abteilung der Geschäftsstelle für Vollstreckungssachen oder für Insolvenzverfahren praktisch ausgebildet und mit den gesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung bekannt gemacht werden. Außerdem sollen sie bei einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger die Prüfung der Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO kennen lernen.

 

§ 19
Zweiter Ausbildungsabschnitt

(1) Im zweiten Ausbildungsabschnitt sollen die Teilnehmenden mit den einschlägigen Gesetzen und Dienstvorschriften vertraut gemacht und in sämtliche Geschäfte des Gerichtsvollzieherdienstes eingeführt werden.

 

(2) Die mit der Ausbildung beauftragten Angehörigen des Gerichtsvollzieherdienstes haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum selbstständigen Studium der Gesetze und Dienstvorschriften anzuleiten und sie möglichst bald zur kontinuierlichen, fortschreitend selbstständiger werdenden Mitarbeit heranzuziehen. Dabei sind ihnen zunächst einfachere Büroarbeiten, die Führung der Geschäftsbücher, der Entwurf von Niederschriften, Urkunden, Mitteilungen an die Parteien und Kostenrechnungen zu übertragen. Mit dem Fortschreiten der Ausbildung sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer je nach Ausbildungsstand allmählich in sämtliche Geschäfte des Gerichtsvollzieherdienstes einzuführen und insbesondere zum Außendienst mitzunehmen. Die jeweils anzuwendenden Gesetze und Dienstvorschriften sind mit ihnen eingehend zu erörtern. Dabei sind sie vor allem zu einer geordneten Aktenführung und -verwaltung anzuhalten und in der Einrichtung und Führung eines Geschäftszimmers zu unterweisen.

 

(3) Neben der praktischen Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Begleitunterricht zu besuchen. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestimmt zur Durchführung dieses Begleitunterrichts hierfür geeignet erscheinende Gerichte, überträgt die Leitung einer geeigneten Kraft aus dem Richterdienst, dem höheren oder gehobenen Justizdienst oder dem Gerichtsvollzieherdienst und bestellt die Lehrkräfte. Der Unterricht soll ein Grundverständnis für den Gerichtsvollzieherdienst fördern, die Ausbildung in der Praxis ergänzen, die hierfür erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln und systematisieren und auf den dritten Ausbildungsabschnitt (Lehrgang) vorbereiten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen dabei anhand eines Stoffplanes in die Gesetze, Verordnungen und Vorschriften eingeführt werden, die für den Gerichtsvollzieherdienst besonders bedeutsam sind.

 

(4) Der Begleitunterricht umfasst insgesamt 120 Stunden. Davon entfallen 96 Stunden auf die Erteilung von Unterricht und 24 Stunden auf die Anfertigung und Besprechung von 6 Klausuren. Der Unterricht ist in 16 Wochen an je einem Arbeitstag mit je 6 Stunden zu erteilen. Die Klausuren sind in 6 Wochen an je einem Arbeitstag mit je 4 Stunden anzufertigen und zu besprechen. Regelmäßig soll auf die Anfertigung und die Besprechung der Klausuren je die Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit entfallen. Für die Klausuren sind vorzusehen:

2 Arbeiten mit juristischen Themen,

2 Arbeiten aus dem Kostenwesen,

1 Arbeit aus dem Buchführungswesen und

1 Arbeit aus dem Zustellungswesen.

Während des zweiten Ausbildungsabschnitts sind insgesamt drei häusliche Arbeiten aus den Rechtsgebieten anzufertigen, die für die Tätigkeit des Gerichtsvollzieherdienstes besonders von Bedeutung sind. Die Themen und die Bearbeitungszeit für die Hausarbeiten werden von den jeweiligen Lehrkräften bestimmt. Die Klausuren und die Hausarbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 23 Abs. 3 zu bewerten, mit der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer zu besprechen und nach Ende des Begleitunterrichts von dessen Leiterin oder Leiter der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts vorzulegen. Die Arbeiten sind bis zur Prüfung in einem Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen und nach der Prüfung bei den Prüfungsakten aufzubewahren.

Die Haupturlaubszeit im Sommer und die Weihnachtszeit bleiben unterrichtsfrei.

 

(5) Die Teilnehmerin oder der Teilnehmer kann mehreren Angehörigen des Gerichtsvollzieherdienstes oder anderen Beamtinnen oder Beamten zur Ausbildung in den Gerichtsvollziehergeschäften zugeteilt werden, wenn diese Geschäfte nach Sachgebieten erledigt werden oder wenn die Bezirkseinteilung, z. B. Stadt- oder Landbezirk, eine Ausbildung in mehreren Bezirken nacheinander ratsam erscheinen lässt.

 

(6) Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts soll die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Zeit zu Zeit zu Besprechungen heranziehen und sich dabei von dem Fortschritt der Ausbildung überzeugen. Hiermit kann auch eine Beamtin oder ein Beamter des höheren oder gehobenen Justizdienstes beauftragt werden.

 

(7) Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird für eine Tätigkeit im Außendienst keine Entschädigung gewährt. Deshalb ist darauf zu achten, dass ihnen keine Kosten entstehen.

 

§ 20
Fachtheoretische Ausbildung
(Dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt)

(1) Die fachtheoretische Ausbildung findet in einem Lehrgang statt, der zum Zwecke der Verzahnung mit der praktischen Ausbildung in zwei Abschnitte (dritter und fünfter Ausbildungsabschnitt) aufgeteilt ist.

 

(2) Der Lehrgang wird durch das Ausbildungszentrums der Justiz NRW durchgeführt; die Leitung obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen.

 

(3) Die Lehrkräfte sind insbesondere aus Kreisen der Richterinnen und Richter sowie der Beamtinnen und Beamten des höheren und gehobenen Justizdienstes und des Gerichtsvollzieherdienstes auszuwählen. Zur Unterrichtserteilung können auch Angehörige anderer Berufsgruppen herangezogen werden, die persönlich und fachlich geeignet erscheinen und die Gewähr für eine gründliche Ausbildung bieten. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht.

 

(4) Der Unterricht wird vor allem in Form von Vorträgen, Besprechungen und Übungen erteilt und ist durch Beispiele aus der Praxis wirklichkeitsnah zu gestalten. Er soll folgende Gebiete umfassen, soweit sie für den Gerichtsvollzieherdienst von Bedeutung sind:

 

Zwangsvollstreckungsrecht einschließlich der
sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, die für
den Gerichtsvollzieherdienst wesentlich sind
(Landwirtschaftsrecht, Devisenrecht usw.), und
der Bestimmungen der Justizverwaltung, die
das Verfahren betreffen

224 Std.

 

 

Grundzüge des bürgerlichen Rechts,
insbesondere des Sachenrechts

56 Std.

 

 

Grundzüge des Handels- und Gesellschafts-
rechts

56 Std.

 

 

Wechsel- und Scheckrecht einschließlich der
Grundzüge des Wertpapierrechts

56 Std.

 

 

Gerichtsverfassungs- und allgemeines
Verfahrensrecht

38 Std.

 

 

Zustellungsrecht

38 Std.

 

 

Verwaltungszwangsverfahren

21 Std.

 

 

Immobiliar- und Gesamtvollstreckungsrecht

8 Std.

 

 

Kostenwesen

110 Std.

 

 

Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung
(GVGA)

63 Std.

 

 

fachübergreifender Unterricht mit den
Schwerpunkten: Einführung in die Anfertigung
schriftlicher Arbeiten, Herstellung rechtlicher
Bezüge aus den verschiedenen Rechtsgebieten,
Waren- und Taxkunde

21 Std.

 

 

Gerichtsvollzieherordnung (GVO) einschließlich
der Anleitung zur Verwaltung des Schriftguts,
zur Buchführung und zur selbstständigen
Führung eines Geschäftszimmers

84 Std.

 

 

Grundzüge des Strafrechts mit Schwerpunkten
auf den für den Gerichtsvollzieherdienst
bedeutsamen materiellrechtlichen Vorschriften

10 Std.

 

 

Grundzüge des Staatsrechts mit Schwer-
punkten auf der Verknüpfung grundgesetzlicher
Vorschriften mit der Zwangsvollstreckung,
Beamtenhaftung und Disziplinarrecht

10 Std.

 

 

Grundzüge des Arbeitsrechts

8 Std.

 

 

Schwerpunkte des Steuerrechts

8 Std.

 

 

Gesprächsführung und Eigensicherung

10 Std.

 

821 Std.

 

(5) Der Stundenplan ist so aufzustellen, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und ihr Wissen durch häusliches Studium zu erweitern und zu vertiefen.

 

(6) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben während des Lehrgangs monatlich mindestens zwei schriftliche Arbeiten unter Aufsicht zu fertigen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 23 Abs. 3 zu bewerten und zu besprechen. Über die Ergebnisse der Arbeiten sind Übersichten zu fertigen, die der Lehrgangsleitung unverzüglich vorzulegen sind. Die Arbeiten sind bis zur Prüfung in einem Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen und nach der Prüfung bei den Prüfungsakten aufzubewahren.

 

§ 21
Vierter Ausbildungsabschnitt

(1) Die Ausbildung im vierten Ausbildungsabschnitt soll die Teilnehmerinnen und Teilnehmer so fördern, dass sie die für sie bedeutsamen Gesetze und Dienstvorschriften beherrschen und sicher anzuwenden wissen.

 

(2) Sie sind daher in sinngemäßer Anwendung der Richtlinien in § 19 Abs. 2 zur selbstständigen Entscheidung anzuleiten; sie sind soweit zu der Erledigung der Gerichtsvollziehergeschäfte heranzuziehen, dass ihnen nach Ableistung der Einführungszeit diese übertragen werden können.

 

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, deren Leistungsstand dies zulässt, im Rahmen des Ausbildungsziels Dienstleistungsaufträge bis zu 10 Wochen erteilen, sofern gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

 

§ 22
Fünfter Ausbildungsabschnitt

Im Lehrgangsabschnitt II werden vor allem die im vierten Ausbildungsabschnitt praktisch erworbenen Fähigkeiten fachtheoretisch erweitert und vertieft. Am Ende dieses Lehrgangsabschnitts findet die schriftliche Prüfung gemäß §§ 25 ff. statt.

 

§ 23
Zeugnisse

(1) Jede Ausbilderin und jeder Ausbilder hat sich in einem eingehenden Zeugnis zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Leistungen, zum praktischen Geschick, zum Stand der Ausbildung und zum Gesamtbild der Persönlichkeit der Teilnehmerin oder des Teilnehmers zu äußern. Das Zeugnis schließt mit einer der in Absatz 3 genannten Noten mit Punktzahlen ab.

 

(2) Am Ende des ersten, zweiten und vierten Ausbildungsabschnitts ist die Teilnehmerin oder der Teilnehmer durch die Leiterin oder den Leiter des Amtsgerichts, bei dem sie oder er ausgebildet worden ist, am Ende des Begleitunterrichts im zweiten Ausbildungsabschnitt durch dessen Leiterin oder Leiter und am Ende des dritten sowie des fünften Ausbildungsabschnitts durch die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft in einem den Erfordernissen des Absatzes 1 entsprechenden Abschlusszeugnis zu beurteilen. Die Abschlusszeugnisse sind der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten.

 

(3) Die Leistungen in der Einführungszeit sind wie folgt zu bewerten:

 

sehr gut
eine besonders hervorragende Leistung
= 16-18 Punkte

Gut
eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 13-15 Punkte

 

Vollbefriedigend
eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10-12 Punkte

 

Befriedigend
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht
= 7-9 Punkte

 

Ausreichend
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht
= 4-6 Punkte

 

Mangelhaft
eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung
= 1-3 Punkte

 

Ungenügend
eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.

 

(4) Soweit Einzelbewertungen rechnerisch zusammengefasst werden, entsprechen den ermittelten Punkten folgende Notenbezeichnungen:

14,00 - 18,00:
sehr gut

 

11,50 - 13,99:
gut

 

9,00 - 11,49:
vollbefriedigend

 

6,50 - 8,99:
befriedigend

 

4,00 - 6,49:
ausreichend

 

1,50 - 3,99:
mangelhaft

 

0 - 1,49:
ungenügend.

 

(5) Jedes Zeugnis ist der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer zur Kenntnisnahme vorzulegen; es ist Gelegenheit zur Besprechung zu geben. Die Zeugnisse sind - gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung - in einem Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen.

 

§ 24
Widerruf

(1) Erfüllt eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer die an sie oder ihn zu stellenden Anforderungen in körperlicher, geistiger oder charakterlicher Hinsicht nicht oder erbringt sie oder er fortgesetzt nur mangelhafte oder ungenügende Leistungen, so kann ihre oder seine Zulassung zur Einführungszeit widerrufen werden. Die Zulassung ist zu widerrufen, wenn der Abbruch der Einführungszeit durch die Teilnehmerin oder den Teilnehmer beantragt wird.

 

(2) Die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Wird die Zulassung zur Einführungszeit widerrufen, so übernimmt die Teilnehmerin oder der Teilnehmer wieder ihre oder seine frühere Tätigkeit.

 

Vierter Abschnitt
Gerichtsvollzieherprüfung

 

§ 25
Prüfung

(1) Die Prüfung dient der Feststellung, ob der Prüfling nach Fähigkeiten, Kenntnissen, Leistungen und Persönlichkeit für den Gerichtsvollzieherdienst geeignet ist.

 

(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil der Prüfung geht dem mündlichen voraus.

 

(3) Während der letzten Woche vor der mündlichen Prüfung ist der Prüfling vom Dienst befreit.

 

§ 26
Prüfungsausschuss

(1) Die Prüfung für den Gerichtsvollzieherdienst wird vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der bei dem Oberlandesgericht oder auf Anordnung des Justizministeriums für die Prüflinge mehrerer Oberlandesgerichtsbezirke bei einem Oberlandesgericht gebildet wird.

 

(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Die oder der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt besitzen; sie oder er soll mit den Verhältnissen des Gerichtsvollzieherdienstes besonders vertraut sein. Die beiden anderen Mitglieder sind je eine Beamtin oder ein Beamter des höheren oder des gehobenen Justizdienstes sowie des Gerichtsvollzieherdienstes; die Angehörigen des höheren oder des gehobenen Justizdienstes sollen aufgrund ihrer Tätigkeit über Erfahrungen im Aufgabenbereich des Gerichtsvollzieherdienstes verfügen.

 

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestellt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden, die übrigen Mitglieder des Prüfungsausschusses und die erforderlichen Stellvertreterinnen und Stellvertreter widerruflich für die Dauer von drei Jahren.

 

(4) Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Im Übrigen untersteht der Prüfungsausschuss der Dienstaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts.

 

(5) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses aus dem Kreis des Gerichtsvollzieherdienstes sind während ihrer Zugehörigkeit zum Ausschuss von sonstigen Ausbildungsaufgaben befreit.

 

§ 27
Zulassung zur Prüfung

(1) Gegen Ende der Einführungszeit lässt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Teilnehmerin oder den Teilnehmer zur Prüfung zu, falls sie oder er für die Prüfung hinreichend vorbereitet erscheint. Bei der Entscheidung über die Zulassung müssen die Personalakten und die Zeugnisse vorliegen.

 

(2) Ist eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer nicht hinreichend vorbereitet, so verweist die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts sie oder ihn in die Einführungszeit zurück und regelt deren Art und Dauer. Ordnet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die Teilnahme an einem weiteren Ausbildungslehrgang an, so scheidet die Teilnehmerin oder der Teilnehmer bis zum Beginn des nächsten regelmäßigen Lehrgangs aus der Einführungszeit aus und übernimmt ihre oder seine frühere Tätigkeit.

 

§ 28
Prüfungsverfahren

(1) Die schriftliche Prüfung soll am Ende des fachtheoretischen Lehrgangs II abgenommen werden. Der mündliche Prüfungsteil wird so bald wie möglich nach dem schriftlichen abgeschlossen.

 

(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts trifft die Entscheidung über den Einsatz der Prüferinnen und Prüfer sowie die Besetzung der Ausschüsse und die Verteilung der Prüflinge auf die Prüfungsausschüsse, soweit mehr als ein Ausschuss gebildet wird.

 

(3) Die Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse bestimmen die Termine der mündlichen Prüfung und veranlassen die Ladungen zu diesen Terminen.

 

(4) Sofern Termine für Aufsichtsarbeiten außerhalb der regelmäßigen Prüfungstermine aus Gründen anberaumt werden müssen, die in der Person des Prüflings liegen (z.B. Krankheit), werden diese Termine von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit dem Prüfungsausschuss festgesetzt.

 

§ 29
Schriftliche Prüfung

(1) Der schriftliche Teil dauert vier Tage. Er besteht aus fünf Aufsichtsarbeiten, die den Gebieten

- des Vollstreckungswesens,

- der Zustellungstätigkeit,

- der Protesterhebung und

- des Kostenrechts

zu entnehmen sind.

 

(2) Die schriftlichen Prüfungsaufgaben werden durch Lehrkräfte des Ausbildungszentrums der Justiz NRW erstellt und mit Musterlösungen versehen. In jeder Aufgabe sind die Zeit, in der sie zu lösen ist, und die Hilfsmittel, die benutzt werden dürfen, anzugeben. Die Beauftragung der Lehrkräfte zur Erstellung der Prüfungsaufgaben und der Musterlösungen erfolgt durch die Leiterin oder den Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW.

 

(3) Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft des Lehrgangs II.

 

(4) Die Prüflinge müssen die Prüfungsarbeiten spätestens bei Ablauf der Bearbeitungsfrist der Aufsicht abgeben. Die Dauer der Bearbeitung soll bei einer Aufgabe an einem Tag fünf Stunden, bei zwei Aufgaben an einem Tag je drei Stunden nicht übersteigen. Behinderten Prüflingen kann die Bearbeitungszeit auf Antrag verlängert werden; die Dauer des Verlängerungszeitraumes soll zwei Stunden nicht überschreiten. Die Entscheidung über den Antrag trifft die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft.

 

(5) Die Prüfungsarbeiten sind anstelle des Namens mit einer Kennziffer zu versehen. Die Kennziffern werden vor Beginn der schriftlichen Prüfung vom Ausbildungszentrum der Justiz NRW zugeteilt. Die zu den Kennziffern gehörenden Namen dürfen den Prüferinnen und Prüfern vor der Begutachtung der Aufsichtsarbeiten nicht bekannt gegeben werden.

 

(6) Die Aufsicht fertigt eine Niederschrift und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit. Sie verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt des Beginns und der Ablieferung.

 

(7) Nach Abschluss der schriftlichen Prüfung sind die Prüfungsaufgaben, die dazu erstellten Musterlösungen, die Arbeiten der Prüflinge und die Prüfungsniederschriften von der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft in getrennten, versiegelten Umschlägen der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zu übersenden. Im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts können die Prüfungsaufgaben und Lösungsvorschläge einem Mitglied des Prüfungsausschusses unmittelbar zugeleitet werden, bei Bedarf auch vor Abschluss der schriftlichen Prüfung.

 

§ 30
Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten

(1) Die schriftlichen Prüfungsarbeiten werden von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbstständig begutachtet.

 

(2) Nachdem alle Prüfenden die schriftlichen Arbeiten begutachtet haben, werden die einzelnen Arbeiten vom Prüfungsausschuss nach mündlicher Beratung bewertet; für die Bewertung gilt § 23 Abs. 3. Die Bewertung findet vor der mündlichen Prüfung statt und ist für das weitere Prüfungsverfahren bindend.

 

(3) Den Prüflingen wird die Bewertung der schriftlichen Arbeiten mindestens zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung schriftlich mitgeteilt. Auf Antrag unterbleibt die Mitteilung. Der Antrag ist spätestens innerhalb einer Woche nach dem Tag, an dem der Prüfling die letzte schriftliche Arbeit abgeliefert hat, bei der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses schriftlich zu stellen. Die Frist für den Antrag und für die Mitteilung der Bewertung wird durch Aufgabe zur Post gewahrt; maßgebend ist das Datum des Poststempels.

 

§ 31
Nichtbestehen vor der mündlichen Prüfung

Sind drei oder mehr schriftliche Arbeiten eines Prüflings mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden, so ist er von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.

 

§ 32
Mündliche Prüfung

(1) In der mündlichen Prüfung sollen in der Regel nicht mehr als fünf Prüflinge gleichzeitig geprüft werden.

 

(2) Vor der Prüfung soll die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jedem Prüfling ein Gespräch führen, um ein Bild von dessen Persönlichkeit zu gewinnen. Sie oder er kann die beiden anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses zu dem Gespräch zuziehen.

 

(3) Die Dauer der Prüfung soll so bemessen sein, dass auf jeden Prüfling etwa 45 Minuten entfallen; sie ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.

 

(4) Die Prüfung erstreckt sich auf das gesamte Ausbildungsgebiet. Sie ist vor allem eine Verständnisprüfung.

 

(5) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Justizangehörigen, die ein dienstliches Interesse nachweisen, sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Einführungszeit, die zur Prüfung anstehen, die Anwesenheit in der Prüfung gestatten. Die Verkündung der Ergebnisse findet in Abwesenheit der Zuhörerinnen und Zuhörer statt, wenn mindestens ein Prüfling dies beantragt.

 

§ 33
Abstimmungen; Vorbereitung der abschließenden
Entscheidung

(1) Alle Entscheidungen über Prüfungsleistungen fällt der Prüfungsausschuss mit Stimmenmehrheit. Eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden.

 

(2) Vor Beginn der mündlichen Prüfung findet eine Vorberatung des Ausschusses statt, in der die Persönlichkeit und die Prüfungsleistungen der Prüflinge erörtert werden.

 

§ 34
Schlussberatung und -entscheidung

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung berät der Ausschuss über das Ergebnis der Prüfung. Grundlage der Beratung bilden die schriftlichen Prüfungsleistungen und die Leistungen in der mündlichen Prüfung.

 

(2) Der Prüfungsausschuss bewertet die in der mündlichen Prüfung erbrachte Leistung und setzt eine Note mit Punktzahl gem. § 23 Abs. 3 fest. Anschließend entscheidet er unter Ermittlung des Punktwerts für die Gesamtnote über das Ergebnis der Prüfung. Für die Festsetzung der Gesamtnote gilt § 23 Abs. 4.

 

(3) Entsprechen die Leistungen insgesamt den Anforderungen, so wird die Prüfung für bestanden erklärt, und zwar als „ausreichend“, „befriedigend“, „vollbefriedigend“, „gut“ oder „sehr gut“. Entsprechen die Leistungen nicht den Anforderungen, so ist die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.

 

(4) Die Leistungen des Prüflings entsprechen in der Gesamtnote den Anforderungen, wenn der Punktwert 4,00 Punkte nicht unterschreitet.

 

(5) Die Punktwerte für die Gesamtnote und für die einzelnen Prüfungsabschnitte sind rechnerisch zu ermitteln. Es sind die Aufsichtsarbeiten mit einem Anteil von insgesamt 70 vom Hundert und die Leistung in der mündlichen Prüfung mit einem Anteil von insgesamt 30 vom Hundert zu berücksichtigen. Der Punktwert für die Gesamtnote wird errechnet, indem die Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 14 und die der Leistung in der mündlichen Prüfung mit 30 vervielfältigt und sodann die Summe durch 100 geteilt wird. Alle Punktwerte sind bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- oder Abrundung rechnerisch zu ermitteln.

 

(6) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote um bis zu einen Punkt abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind die Leistungen in der Einführungszeit zu berücksichtigen.

 

(7) Fehler bei der Notenbezeichnung für die Gesamtnote und bei der Errechnung des Punktwertes können von Amts wegen durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichtes berichtigt werden. Die Berichtigung der Punktwerte und eine durch sie bewirkte Änderung in der Notenbezeichnung sind auf der Prüfungsniederschrift zu vermerken. Das unrichtige Zeugnis ist einzuziehen und durch ein richtiges zu ersetzen.

 

(8) Die Schlussentscheidung gibt die oder der Vorsitzende dem Prüfling mündlich bekannt.

 

§ 35
Niederschrift über den Prüfungshergang;
Erteilung der Zeugnisse

(1) Über den Prüfungshergang ist eine Niederschrift anzufertigen, in die aufgenommen werden

1. Ort und Tag der Prüfung,

2. Zusammensetzung des Prüfungsausschusses,

3. die Namen und die Anwesenheit der Prüflinge,

4. die Bewertung der schriftlichen Arbeiten,

5. die Gegenstände und das Ergebnis der mündlichen Prüfung,

6. die errechneten Punkte für die Gesamtnote,

7. eine Änderung des Punktwertes für die Gesamtnote und die dafür maßgeblichen Gründe,

8. die Schlussentscheidungen des Prüfungsausschusses,

9. die sonstigen Entscheidungen des Prüfungsausschusses,

10. die Verkündung der Entscheidung des Prüfungsausschusses.

(2) Ist die Prüfung nicht bestanden, so wird in der Niederschrift vermerkt, welche weitere Einführungszeit der Prüfungsausschuss für erforderlich hält.

 

(3) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen. Die oder der Vorsitzende übersendet sie mit den sonstigen Prüfungsvorgängen und den Personalakten der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts.

 

(4) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts erteilt dem Prüfling, der die Prüfung bestanden hat, ein Zeugnis über das Ergebnis der Prüfung.

 

§ 36
Versäumung der Prüfungstermine;
Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten

(1) Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn der Prüfling ohne genügende Entschuldigung

a) der Ladung zur schriftlichen oder mündlichen Prüfung keine Folge leistet oder ohne Genehmigung der oder des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt,

b) zur Anfertigung auch nur einer Arbeit nicht erscheint.

 

(2) Gibt der Prüfling ohne genügende Entschuldigung eine Arbeit nicht ab, so wird sie mit „ungenügend“ bewertet.

 

(3) Sieht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses das Ausbleiben bei der schriftlichen Prüfung oder die Nichtabgabe der Arbeit als entschuldigt an, so hat der Prüfling in einem neuen Prüfungstermin alle schriftlichen Arbeiten zu wiederholen.

 

(4) Bleibt der Prüfling der mündlichen Prüfung fern und sieht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses das Ausbleiben als entschuldigt an, so hat er den mündlichen Teil der Prüfung in einem neuen Termin abzulegen. Entschuldigungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unverzüglich geltend gemacht werden.

 

§ 37
Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen

(1) Versucht ein Prüfling, das Ergebnis einer Prüfungsleistung durch Täuschung, insbesondere durch Besitz oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, zu fremdem oder eigenem Vorteil zu beeinflussen, kann die Prüfungsleistung, auf die sich die Täuschung bezieht, mit „ungenügend“ bewertet oder ihre Wiederholung aufgegeben werden. Auf die in Satz 1 vorgesehenen Folgen kann auch erkannt werden, wenn in sonstiger Weise gegen die bei der Prüfung einzuhaltende Ordnung verstoßen wird.

 

(2) In schweren Fällen kann der Prüfling von der weiteren Prüfung ausgeschlossen und diese für nicht bestanden erklärt werden. In besonders schweren Fällen kann er auch von der Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.

 

(3) Die Entscheidungen trifft der Prüfungsausschuss. Sie sind dem Prüfling mit einer Rechtsmittelbelehrung zuzustellen.

 

(4) Über eine erst nach der Schlussentscheidung entdeckte Täuschung hat der Prüfungsausschuss zu befinden, wenn die Prüfung nicht bestanden war. War sie bestanden, so ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu berichten. Sie oder er kann die Prüfung nachträglich für nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tage der mündlichen Prüfung.

 

§ 38
Wiederholung der Prüfung

(1) Hat der Prüfling die Prüfung nicht bestanden, so darf er sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen; einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden. § 31 findet Anwendung.

 

(2) Die weitere Einführungszeit beträgt mindestens vier und höchstens zwölf Monate. Art und Dauer bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er soll dabei die Vorschläge des Prüfungsausschusses (§ 35 Abs. 2) berücksichtigen. Ordnet sie oder er die Teilnahme an einem Ausbildungslehrgang an, so scheidet der Prüfling bis zum Beginn dieses Lehrgangs aus der Einführungszeit aus; die zwischenzeitliche Verwendung regelt der Dienstherr.

 

(3) Hat der Prüfling die Prüfung endgültig nicht bestanden, so übernimmt er wieder seine frühere Tätigkeit.

 

§ 39
Status und Tätigkeit nach bestandener Prüfung

(1) Die mit Erfolg geprüften Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Einführungszeit sind möglichst im Gerichtsvollzieherdienst zu verwenden.

 

(2) Beamtinnen und Beamte führen während der Zeit, in der sie im Gerichtsvollzieherdienst verwendet werden, die Dienstbezeichnung „beauftragte Gerichtsvollzieherin“ oder „beauftragter Gerichtsvollzieher“, abgekürzt „Gerichtsvollzieherin (b)“ oder „Gerichtsvollzieher (b)“, sonst die bisherige Amts- oder Dienstbezeichnung. Die Ernennung zur Gerichtsvollzieherin oder zum Gerichtsvollzieher soll regelmäßig erst nach einer selbstständigen Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin (b) oder Gerichtsvollzieher (b) von mindestens einem Jahr nach der Einführungszeit erfolgen.

 

(3) Mit Erfolg geprüfte Angestellte sind in das Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen und zur Gerichtsvollzieherin zur Anstellung oder zum Gerichtsvollzieher zur Anstellung, abgekürzt Gerichtsvollzieherin z.A. oder Gerichtsvollzieher z.A., zu ernennen. Die Probezeit dauert zwei Jahre.

 

Fünfter Abschnitt
Regelungen für behinderte Menschen

 

§ 40
Regelung für behinderte Menschen

Behinderten Menschen sind - unabhängig von der Zuerkennung einer Schwerbehinderung im Sinne des Sozialgesetzbuches IX - bei der Erbringung der Leistungen im Eignungslehrgang und in der Einführungszeit sowie für die Teilnahme an der Gerichtsvollzieherprüfung die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren. Art und Umfang der Erleichterungen sind mit den behinderten Menschen zu erörtern. Die Erleichterungen dürfen nicht zu einer qualitativen Herabsetzung der Anforderungen führen. Bei schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von Teil 2 des Sozialgesetzbuchs IX ist durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts sicher zu stellen, dass die zuständige Schwerbehindertenvertretung, die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW und die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses rechtzeitig von der Ausbildung und Prüfung informiert wird. § 29 Abs. 4 Satz 3 bleibt unberührt.

 

Sechster Abschnitt
Schlussvorschriften

 

§ 41
Ausnahmebestimmung

Von den Einstellungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 und des § 3 Satz 3 und 4 können Ausnahmen zugelassen werden. Soweit erforderlich führt das Justizministerium Ausnahmegenehmigungen des Innen- und Finanzministeriums gem. § 84 LVO herbei.

 

§ 42
In-Kraft-Treten, Übergangsvorschrift

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2005 in Kraft.

 

(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Gerichtsvollzieherdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 1985 (GV. NRW. S. 482), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. September 2003 (GV. NRW. S. 600), außer Kraft.

 

(2) Beamtinnen und Beamte, deren Einführungszeit vor dem 1.7.2005 begonnen hat, setzen die Ausbildung nach den bisher geltenden Vorschriften fort und legen die Gerichtsvollzieherprüfung nach den bisher geltenden Vorschriften ab. § 29 Abs. 4 Sätze 3 und 4 gelten mit In-Kraft-Treten dieser Verordnung für alle Prüfungsverfahren.

 

§ 43
Berichtspflicht

Das Justizministerium berichtet der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2009 zu der Frage, ob Teile dieser Verordnung aufgehoben oder geändert werden sollen.

 

Düsseldorf, den 14. März 2005

 

 

Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Wolfgang  G e r h a r d s

 

GV. NRW. 2005 S. 203