Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2009 Nr. 26 vom 8.10.2009 Seite 445 bis 452
Bekanntmachung ZWEITES DEUTSCHES FERNSEHEN Anstalt des öffentlichen Rechts
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Bekanntmachung
ZWEITES DEUTSCHES FERNSEHEN
Anstalt des öffentlichen Rechts
Vom 26. Juni 2009
Der Fernsehrat des Zweiten Deutschen Fernsehens hat in seiner Sitzung vom 26. Juni 2009 die nachfolgende Richtlinie gemäß § 11 e Abs. 1 Satz 1 und 2 Rundfunkstaatsvertrag beschlossen.
Mainz, den 11. August 2009
DER INTENDANT
Markus S c h ä c h t e r
Richtlinie für die Genehmigung von
Telemedienangeboten
(Telemedienkonzept, neue oder veränderte Angebote)
I. Drei-Stufen-Test-Verfahren
Der Drei-Stufen-Test liegt in der Verantwortung des Fernsehrates und wird im Rahmen der vorhandenen pluralen Gremienstrukturen gesteuert. Dabei sieht sich der Fernsehrat einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren in besonderer Weise verpflichtet. Die Unabhängigkeit des Fernsehrates im Drei-Stufen-Test wird durch geeignete Maßnahmen sichergestellt.
1.1. Gegenstand des Verfahrens sind die
Telemedienangebote des ZDF, soweit sie als neue oder veränderte Angebote dem
Verfahren nach § 11f Rundfunkstaatsvertrag (RStV) –
Fassung: 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – unterliegen. Dazu zählen auch die
Telemedienangebote der gemeinsam mit der ARD veranstalteten Programme PHOENIX,
KI.KA und 3sat, wegen seines besonderen deutsch-französischen Status nicht aber
die Onlineangebote von ARTE. Der Drei-Stufen-Test ist Ausdruck der
Richtlinienkompetenz des Fernsehrates. Das Verfahren lässt die
staatsvertraglich bestimmte Programmverantwortung des Intendanten unberührt.
Mit den zuständigen Gremien der ARD ist Einvernehmen darüber hergestellt worden, dass für die Telemedienangebote der Partnerkanäle das Federführungsprinzip Anwendung findet. Der ZDF-Fernsehrat ist deshalb für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests für Telemedienangebote von PHOENIX und 3sat nach Maßgabe der Regelungen in Ziffer II. zuständig.
2.2. Für die Frage, ob ein neues oder
geändertes Angebot vorliegt, ist das gemäß § 11 f Abs. 1 RStV
vom Intendanten zu erstellende Angebotskonzept maßgeblich. In dem Konzept muss
für den Bereich der Telemedien der rundfunkstaatsvertraglich allgemein
gehaltene öffentliche Auftrag so konkretisiert werden, dass eine Kontrolle der
Angebote auf Übereinstimmung mit der Ermächtigungsnorm möglich ist. Die Frage,
ob ein neues oder geändertes Angebot vorliegt, ist daher auf Grundlage des bis
dahin vom Fernsehrat genehmigten Telemedienkonzepts zu entscheiden. Solange in
der Übergangszeit keine Angebotskonzepte vorliegen, kann für die Frage, ob der
Drei-Stufen-Test anzuwenden ist, auf die das jeweilige Angebot betreffenden
Berichts- bzw. Beschlussvorlagen des Intendanten an den Fernsehrat
zurückgegriffen werden.
Der Fernsehrat legt fest, wann ein neues oder geändertes Angebot vorliegt, für das der Drei-Stufen-Test durchzuführen ist und überwacht die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen. Der Intendant wird in Ausübung seiner Programmverantwortung alle wichtigen Programmvorhaben des Hauses, der bisherigen Übung entsprechend, dem Fernsehrat und/oder seinen Ausschüssen vorlegen. Der Drei-Stufen-Test soll auf gesamtheitlich zusammengestellte Angebote Anwendung finden. Bei den Telemedienangeboten handelt es sich hierbei um eine Gesamtkomposition in der Regel von Texten, Bildern, Bewegtbildern und interaktiven Anwendungen. Für einzelne Sendungen oder Einzelelemente findet der Drei-Stufen-Test keine Anwendung.
3.3. Ob ein neues oder geändertes Angebot
vorliegt, kann nicht anhand eines einzelnen Kriteriums entschieden werden. Es
kommt vielmehr – in einem Abgleich mit dem Angebotskonzept der vorbestehenden Angebote (siehe Ziff.
2) – maßgeblich auf eine Abwägung in der Gesamtschau an. Die Änderung muss sich
danach auf die Positionierung eines Angebots im publizistischen Wettbewerb und
dafür auf die nachstehend aufgeführten konstitutiven Elemente des Angebots
beziehen:
a.a. Grundlegende Änderung der inhaltlichen
Ausrichtung des Angebots. Es ist eine Änderung des Angebotsprofils, d. h. eine
Änderung der thematisch-inhaltlichen Ausrichtung des Gesamtangebots
erforderlich, z. B. der Wechsel von einem Unterhaltungs- zu einem allgemeinen
Wissensangebot.
b.b. Grundlegende Änderung der intendierten
Zielgruppe, soweit diese mit einer thematisch-inhaltlichen Änderung des
Angebots einhergeht, z. B. durch einen Wechsel von einem Kinder- zu einem
Seniorenprogramm.
c.c. Substantielle Änderung der
Angebotsmischung/-bestandteile. Hiervon können erhebliche Änderungen
beispielsweise im Verhältnis von Information, Kultur, Bildung, Unterhaltung
sowie ihre Platzierung, also eine erhebliche Modifikation der Angebotsstruktur,
erfasst werden.
d.d. Wesentliche Steigerung der Kosten der
Angebotserstellung, wenn diese im Zusammenhang mit inhaltlichen Änderungen des
Gesamtangebots steht.
4.4. Folgende Kriterien indizieren, dass
der Drei-Stufen-Test nicht durchgeführt werden muss:
a)a) Veränderung oder Neueinführung
einzelner Elemente, Weiterentwicklung einzelner Formate, ohne Auswirkung auf
die Grundausrichtung des Angebots,
b)b) Veränderungen des Designs ohne direkte
Auswirkungen auf die Inhalte des betroffenen Angebots,
c)c) technische Weiterentwicklungen bereits
bestehender (Verbreitungs-) Plattformen oder die Verbreitung bestehender
Angebote auf neuen technischen Verbreitungsplattformen gemäß § 11a RStV (Technikneutralität),
d)d) Weiterentwicklung oder Änderung
aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen
(z. B. Barrierefreiheit),
e)e) Änderungen im Bereich der programmbegleitenden Telemedienangebote, die auf Änderungen
des zu begleitenden Fernsehprogramms beruhen,
f)f) Vorliegen einer zeitlichen
Beschränkung (z. B. gesetzliche Verweildauer von 7 Tagen bzw. 24 Stunden gemäß
§ 11d Abs. 3 Nr. 1 und 2 RStV),
g)g) Vorliegen eines Testbetriebs (d. h.
Angebot an einen beschränkten Benutzerkreis mit räumlicher Begrenzung für einen
Zeitraum von maximal 12 Monaten).
5.5. Der Intendant erstellt für ein neues
oder geändertes Angebot für den Fernsehrat eine Vorlage, die eine
Projektbeschreibung enthält, die sich in ihrem Aufbau an den Kriterien des
Drei-Stufen-Tests orientiert. Es wird dargelegt, ob das geplante Angebot zum
öffentlichen Auftrag gehört und damit den demokratischen sozialen und
kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht sowie in welchem Umfang
durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb
beigetragen wird. Dabei sind Umfang und Qualität der vorhandenen, frei
zugänglichen Angebote einzubeziehen. Die Projektbeschreibung enthält die Kosten
des Angebots sowie eine Einschätzung der marktlichen
Bedeutung aus Sicht des ZDF.
6.6. Nachdem der Intendant den Fernsehrat
über die Eckpunkte des neuen/geänderten Angebots informiert hat, wird die
Projektbeschreibung im Internetangebot des ZDF (Unternehmensseite)
veröffentlicht. Der Fernsehratsvorsitzende weist ergänzend mit einer
Pressemeldung auf diesen Umstand hin.
7.7. Mit Veröffentlichung der
Projektbeschreibung gewährt der Fernsehrat Dritten Gelegenheit zur
Stellungnahme. Die Frist zur Stellungnahme wird durch den Fernsehrat bestimmt.
Sie muss mindestens sechs Wochen betragen.
Die Stellungnahmen sollen per E-Mail übermittelt werden, Dritte haben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse in ihrer Stellungnahme als solche zu kennzeichnen. Adressat ist der Vorsitzende des Fernsehrates. Außerdem werden die eingegangenen Stellungnahmen Dritter den Mitgliedern des Fernsehrats zugänglich gemacht. Soweit Mitglieder im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit Geschäftsgeheimnissen Dritter in Berührung kommen, haben sie zuvor eine darauf bezogene schriftliche Vertraulichkeitsverpflichtung abzugeben.
8.8. Der Fernsehrat kann für alle entscheidungserheblichen
Fragen gutachterliche Beratung durch externe
sachverständige Dritte auf Kosten des ZDF in Auftrag geben. Zu den marktlichen Auswirkungen des neuen oder geänderten Angebots
hat der Fernsehrat gutachterliche Beratung
hinzuzuziehen. Er wählt den/die Gutachter aus und gibt dessen/deren Namen im
Internetangebot des ZDF (Unternehmensseite) bekannt. Der/Die Gutachter
kann/können weitere Auskünfte und Stellungnahmen einholen. Dem/Den Gutachter(n)
sind die Stellungnahmen Dritter vom Fernsehrat zu übermitteln. Dritte können
Stellungnahmen auch unmittelbar an den/die Gutachter übersenden. In diesem Fall
leitet(n) der/die Gutachter die Stellungnahmen an den Vorsitzenden des
Fernsehrates weiter. Im Rahmen des/der Gutachten(s) sind auch die Stellungnahmen
Dritter zu berücksichtigen.
9.9. Die Vorlage des Intendanten wird im
Fernsehrat beraten. Die Beratung der Stellungnahmen Dritter durch das Plenum
wird im Richtlinien- und Koordinierungsausschuss vorbereitet. Der Fernsehrat
kann zu seiner Erörterung und Entscheidung externen Sachverstand dadurch
heranziehen, dass er Gutachten einholt oder Dritte oder Experten konsultiert.
Gutachten werden dem Fernsehrat vorgelegt.
10.10. Auf Grundlage der Projektbeschreibung
schreibt der Intendant die Vorlage an den Fernsehrat fort. In dieser
Fortschreibung kann er zu Gutachten und zu den Eingaben Dritter Stellung
nehmen. Gutachten und die nicht vertraulichen Fassungen der Stellungnahmen sind
auch dem Intendanten zuzuleiten. Änderungen der Projektbeschreibung sind schriftlich
zu dokumentieren.
11.11. Der Fernsehratsvorsitzende
übermittelt dem Fernsehrat die fortgeschriebene Vorlage des Intendanten, eine
Zusammenfassung der Stellungnahmen Dritter, vorliegende Gutachten sowie ggf.
die Ergebnisse einer Expertenkonsultation. Er verbindet dies mit der
Beschlussempfehlung und ihrer Begründung gemäß § 11 f) Abs. 6 RStV, die er zuvor mit dem Erweiterten Präsidium abgestimmt
hat.
12.12. Die Entscheidung über die Aufnahme
eines neuen oder veränderten Angebots trifft der Fernsehrat mit einer Mehrheit
von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder, mindestens der Mehrheit der
gesetzlichen Mitglieder. Die Entscheidung ist zu begründen. Die
Entscheidungsgründe müssen unter Berücksichtigung der eingegangenen
Stellungnahmen und eingeholten Gutachten darlegen, ob das neue oder veränderte
Angebot vom Auftrag umfasst ist. Der Fernsehrat gibt das Ergebnis seiner
Prüfung einschließlich der eingeholten Gutachten unter Wahrung von
Geschäftsgeheimnissen auf der Unternehmensseite des ZDF bekannt.
13.13. Die vom Fernsehrat genehmigten
Projektbeschreibungen über neue bzw. geänderte Telemedienangebote werden durch
den Intendanten der Rechtsaufsicht als das maßgebliche Programmkonzept
übersandt.
14.14. Zur Sicherung und Stärkung seiner
Unabhängigkeit ist der Fernsehrat für die Durchführung des
Genehmigungsverfahrens mit den erforderlichen finanziellen und personellen
Ressourcen auszustatten. Der Vorsitzende des Fernsehrates übt das Weisungsrecht
gegenüber den Mitarbeitern des Sekretariats des Fernsehrats aus. Eine
entsprechende Anpassung der GOFR ist vorzunehmen. Zudem ist im Rahmen der
jährlichen Etatplanung und -zuweisung sicherzustellen, dass der Fernsehrat über
angemessene eigene, getrennt ausgewiesene Haushaltsmittel zur Deckung der
Personal- und Sachkosten für die Durchführung von Genehmigungsverfahren
verfügt.
II. Verfahren bei ARD/ZDF-Gemeinschaftsangeboten
1.1. Bei ARD/ZDF-Gemeinschaftsangeboten,
bei denen die Federführung beim ZDF liegt, wird das Genehmigungsverfahren für
neue oder veränderte Angebote federführend vom ZDF durchgeführt, das im Rahmen
seines Verfahrens die Intendantinnen und Intendanten der
ARD-Landesrundfunkanstalten sowie die Rundfunkräte der
ARD-Landesrundfunkanstalten und den Programmbeirat Deutsches Fernsehen,
koordiniert durch die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), beteiligt:
a)a) Mit Veröffentlichung der
Projektbeschreibung (Ziffer I.5.) übermittelt der Fernsehratsvorsitzende diese
der GVK und teilt den vorgesehenen Zeitablauf für das Verfahren mit.
b)b) Der Fernsehratsvorsitzende stellt die
Stellungnahmen Dritter und das/die Gutachten der GVK zur Verfügung.
c)c) Die GVK koordiniert die möglichst
zügige Beratung in den Gremien der ARD und gibt eine Beschlussempfehlung an den
ZDF-Fernsehrat ab.
d)d) Der ZDF-Fernsehrat bezieht die
Beschlussempfehlung der GVK in seine Entscheidung mit ein.
2.2. Bei ARD/ZDF-Gemeinschaftsangeboten,
bei denen die Federführung bei der ARD liegt, gelten die Bestimmungen über das
Genehmigungsverfahren für neue oder veränderte Angebote mit der Maßgabe, dass
der ZDF-Intendant entsprechend den Intendantinnen und Intendanten der nicht-federführenden ARD-Landesrundfunkanstalten sowie der
ZDF-Fernsehrat entsprechend den Rundfunkräten der nicht-federführenden
ARD-Landesrundfunkanstalten, koordiniert durch die GVK, am Verfahren beteiligt
werden:
a)a) GVK übermittelt die
Genehmigungsvorlage des Intendanten der innerhalb der ARD federführenden
Landesrundfunkanstalt dem ZDF-Fernsehrat. Sie teilt dem ZDF-Fernsehrat den
vorgesehenen Zeitablauf für das Verfahren mit.
b)b) Die GVK stellt die Stellungnahmen
Dritter und das/die Gutachten dem ZDF-Fernsehrat zur Verfügung.
c)c) Der ZDF-Fernsehrat gibt eine Beschlussempfehlung
an die GVK ab.
d)d) Der Rundfunkrat der innerhalb der ARD
federführenden Landesrundfunkanstalt bezieht die Beschlussempfehlung des ZDF in
seine Entscheidung mit ein.
III. Entsprechende Anwendung des Verfahrens auf den Bestand (Art. 7 RÄStV)
Die Anforderungen des § 11d RStV gelten auch für alle bestehenden Angebote, die über den 31.05.2009 hinaus fortgeführt werden. Für diese Angebote ist das Verfahren entsprechend § 11f RStV durchzuführen. Dafür finden die Ziffern I. und II. entsprechende Anwendung.
- MBl. NRW. 2009 S. 446