Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2002 Nr. 57 vom 8.11.2002 Seite 1145 bis 1162
Bekanntmachung der baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen
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Bekanntmachung
der baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen
RdErl. d.
Ministeriums für Städtebau und Wohnen,
Kultur und Sport - III. 3 - B 1013 -
v. 19.10.2002
Grundlage
Nach § 2 Abs. 1 des Bau- und Liegenschaftsbetriebsgesetzes vom 12. Dezember 2000 (GV. NRW. 2000 S. 754) hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die baupolitischen Ziele des Landes zu beachten und kann hierzu Fördermittel des Landes in Anspruch nehmen. Näheres soll durch Erlass geregelt werden.
Der Landtag hat bei der Verabschiedung des Gesetzes am 6. Dezember 2000 in seiner Begleit-Entschließung (Drucksache 13/503) festgehalten, dass die Definition der baupolitischen Zielsetzungen des Landes auf Vorschlag des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport durch den Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen erfolgen soll.
Mit seinem Beschluss vom 17. April 2002 hat der Ausschuss die baupolitischen Ziele festgelegt. Sie werden hiermit gemäß Kabinettbeschluss vom 17. September 2002 bekannt gemacht und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW zur Beachtung vorgegeben. Als landespolitische Zielsetzungen stellen sie eine für alle Ressorts verbindliche Handlungsanweisung dar und gelten auch für alle Dienststellen des Landes – einschließlich der Hochschulen, Landesbetriebe und Sondervermögen - sowie für die Universitätsklinika als Mieter, Nutzer und Betreiber, bei Sonderliegenschaften auch als Eigentümer.
Baupolitische Ziele des Landes
I.
Allgemeine Rahmenbedingungen des staatlichen Bauens in Nordrhein-Westfalen
Bund
und Länder haben sich bei ihren Baumaßnahmen an den Grundsätzen der
Wirtschaftlichkeit und an den Interessen des Gemeinwohls zu orientieren. Ihnen obliegt
eine besondere Verantwortung und Vorbildrolle für die gebaute Umwelt.
Staatliche Gebäude sind wichtige Fixpunkte im Bild unserer Städte. Sie sind als
öffentliche Gebäude grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich und werden von
den Bürgerinnen und Bürgern von außen und innen aufmerksam wahrgenommen.
Nordrhein-Westfalen ist als größtes Bundesland neben
dem Bund der wichtigste öffentliche
Bauherr in Deutschland. Es hat damit eine beispielgebende Rolle beim
staatlichen Bauen, die auch unter den neuen Rahmenbedingungen des Bau- und
Liegenschaftsbetriebsgesetzes ihre Geltung behält. Das Land wird auch weiterhin
funktionsgerecht, sicher und innovativ, wirtschaftlich, kostensicher und
terminsicher, mit Gestaltqualität und unter Beachtung baukultureller Ansprüche,
städtebaulich integriert, nachhaltig, umweltschonend, energiesparend und mit
erneuerbaren Energien, sozial und human bauen, sein bauliches Erbe und seine
Baudenkmäler bewahren.
Diese Grundsätze gelten für alle Formen des
staatlichen Bauens, für Neubauvorhaben, für Umbauten und Erweiterungsbauten,
für Sanierungen und Modernisierungen, für Instandsetzungen und
Instandhaltungen, also auch für die gesamte Bauunterhaltung. Sie finden
gleichermaßen Anwendung auf die Bauwerke, auf die Haustechnik und auf die
Außenanlagen. Außerdem sind sie wichtige Vorgaben für die Bewirtschaftung der
Grundstücke und den Betrieb der Gebäude und damit vor allem für das
Gebäudemanagement.
II.
Einzelne baupolitische Ziele des Landes
Die wesentlichen baupolitischen
Ziele des Landes stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:
Ziel 1: Funktionsgerecht, sicher und innovativ bauen!
Die
Gebäude des Landes müssen funktional, bedarfs- und nutzungsgerecht errichtet
und unterhalten werden. Sie müssen konstruktiv und technisch einwandfrei sein
und eine hohe Bauqualität aufweisen.
Diese allgemeinen Qualitätserfordernisse sind beim Bauherrn Land von großer
Bedeutung, stellen aber auch große Anforderungen, weil es sich um öffentliche,
allgemein zugängliche Gebäude und um höchst unterschiedliche Nutzungen handelt,
die die Vielfalt staatlicher Aufgaben widerspiegeln. Die Landesgebäude müssen
als allgemein zugängliche öffentliche Häuser auch unter besonderer Beachtung
der notwendigen Sicherheitsstandards errichtet
und betrieben werden und vor allem Schutz vor Feuer, Überfall und Diebstahl
bieten. Die bestehenden Standards etwa zum Brandschutz sind stetig an neue
Erkenntnisse und Vorschriften anzupassen.
Nordrhein-Westfalen muss auch als Bauherr kreative
Lösungen und zukunftsweisende Innovationen
beim Bauen aufgreifen und hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen.
Dies gilt sowohl für die konstruktiven Elemente und
die verwendeten Baumaterialien als auch für die Haustechnik und die
technologischen und energetischen Konzepte.
Ziel 2: Wirtschaftlich, kostensicher und terminsicher bauen!
Aus dem haushaltsrechtlichen Gebot der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgt die Verpflichtung des Landes zum
wirtschaftlichen und kostengünstigen Bauen. Wirtschaftliches Bauen darf sich
nicht nur auf die Investitionskosten beschränken, sondern muss auch die Folgekosten, also die Unterhaltungs- und
Betriebskosten, einbeziehen, die wegen der langen Lebensdauer der Gebäude den
Haushalt des Landes und den Wirtschaftsplan des Bau- und Liegenschaftsbetriebs
NRW langfristig ungleich stärker belasten. Hierbei geht es nicht um billiges
Bauen, vielmehr sind quantitative und qualitative Standards zu wählen, die auf
Dauer ein günstiges Verhältnis von Kosten und Nutzen erwarten lassen.
Kostengünstiges Bauen beginnt in der Vorlaufphase bei der Festlegung der
Raumprogramme und Funktionsabläufe;
hier werden bereits entscheidende Weichen für die späteren Investitions- und
Folgekosten gestellt. Die Planungsphase erfordert eine ständige Optimierung
auch durch die Entwicklung von Alternativen, um unter Beachtung der
unverzichtbaren Qualitätsmerkmale die wirtschaftlich günstigste Lösung zu
finden. Dem dient es auch, dass die bauausführenden Firmen bei der
Ausschreibung aufgefordert werden, Änderungsvorschläge und Nebenangebote einzureichen.
Staatliche Baumaßnahmen müssen auch ein hohes Maß an
Kostensicherheit und Terminsicherheit bieten. Die Verantwortung gegenüber dem
Haushaltsgesetzgeber und letztlich dem Steuerzahler verlangt eine strikte
Kostendisziplin und Kostensteuerung, um eine Überschreitung der veranschlagten
Baumittel zu vermeiden. Hierzu dienen vor allem die Vorgabe von
Kostenobergrenzen und eine computergestützte Kostenplanung und Kostenkontrolle
sowie Terminkontrolle.
Einsparmöglichkeiten, verbunden mit Kosten- und
Terminsicherheit, können sich in geeigneten Fällen, vor allem bei großen
Neubauvorhaben, durch eine Ausschreibung für schlüsselfertiges Bauen zum
Pauschalfestpreis auf der Grundlage eines Leistungsprogramms ergeben. Hierdurch
werden den anbietenden Bauunternehmen Spielräume eröffnet, innerhalb derer sie
ihre speziellen Fertigungsmethoden und andere unternehmensspezifische
Besonderheiten in das Projekt einbringen, firmenbezogene Marktmöglichkeiten und
bewährte Kooperationsstrukturen mit Nachunternehmern und Lieferanten ausnutzen
und ohne eng vorgegebene planerische Einschränkungen produktorientiert anbieten
können.
Dem kostengünstigen und kostensicheren Bauen kann es
auch dienen, bei geeigneten Neubauvorhaben alternativ die Realisierung durch einen
privaten Investor im Wege des Mietbaus, Mietkaufs, Leasings oder Kaufbaus
auszuschreiben, um dadurch auf dem Markt die für das Land günstigste
Finanzierung abzufragen.
Die Baumaßnahmen des Bau- und Liegenschaftsbetriebes
zielen auf eine möglichst breite Beteiligung der überwiegend mittelständisch
und fachlich gegliederten Bauwirtschaft durch möglichst weit gefächerte
Ausschreibungen der Planungs- und Bauleistungen. Der Bau- und
Liegenschaftsbetrieb wird deshalb weiterhin einen großen Teil seiner Bauaufträge
getrennt nach Fachgebieten, Handwerks- und Gewerbezweigen vergeben. Sofern
Generalunternehmerausschreibungen erfolgen, wird ausdrücklich zugelassen, dass
sich mehrere Unternehmen zu Bewerber-, Bieter- und Arbeitsgemeinschaften
zusammenschließen, damit auch kleine und mittlere Bauunternehmen und
Handwerksfirmen erhöhte Chancen auf dem wachsenden Markt des schlüsselfertigen
Bauens erhalten.
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb hat als Sondervermögen
des Landes die für das öffentliche Auftragswesen geltenden Regeln und die
Vorschriften zur Einhaltung von tarifvertraglichen Bestimmungen, zur Bekämpfung
illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, zur Verhütung und Bekämpfung von
Korruption in der öffentlichen Verwaltung und zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen zu beachten.
Ziel 3: Mit Gestaltqualität und unter Beachtung baukultureller Ansprüche bauen!
Staatliche Bauten dienen auch der Identifikation der
Bürger mit ihrem Staat und der Repräsentation des Staates. Sie müssen deshalb
angemessene architektonische und ästhetische Qualität aufweisen und generell
den Ansprüchen von Baukultur Rechnung tragen. Bauen ist auch eine kulturelle
Leistung, ist auch Teil der Kunst. Das Land bleibt in der Verpflichtung, auch
über das Bauen neue Kulturleistungen zu erbringen. In der Regierungserklärung
ist festgehalten, dass für die Stadt der Zukunft Ästhetik und Architektur immer
wichtiger werden; zugleich wird eine Initiative zur Verbesserung der Baukultur
in Nordrhein-Westfalen angekündigt. Die Ästhetik des öffentlichen und privaten
Bauens ist Ausdruck des sozialen und kulturellen Selbstverständnisses unserer
Gesellschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Umwelt- und
Lebensqualität. Gute Architektur und kostenbewusstes Bauen sind kein
Widerspruch.
Zu den baukulturellen Zielen gehört weiterhin die
künstlerische Gestaltung der Bauwerke durch das Kunst und Bau - Programm
des Landes. Dieser wichtige Beitrag des
staatlichen Bauens zur Kulturpolitik des Landes und zum Verfassungsauftrag der
Kunstförderung und damit auch zur Förderung von Künstlerinnen und Künstlern
wird fortgeführt. So kann Nordrhein-Westfalen seine im Konzert der Länder viel
beachtete Pilotfunktion für ein geglücktes Zusammenspiel von Architektur und
bildender Kunst weiter ausfüllen.
Teil der Baukultur des Landes ist auch eine
qualitätssichernde, demokratische und transparente Planungskultur. Die
Einschaltung von kompetenten freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren bei der Planung und
Ausführung der Bauvorhaben des Landes sichert Bauqualität und Baukultur. Vor
allem aber schaffen Architektenwettbewerbe die Voraussetzungen für optimale
Lösungsansätze in funktionaler, wirtschaftlicher, gestalterischer,
städtebaulicher und ökologischer Hinsicht. Sie machen darüber hinaus die
Gestaltung unserer gebauten Umwelt für die Öffentlichkeit nachvollziehbar, weil
sie ein hohes Maß an Transparenz aufweisen. Im Architektenwettbewerb zeigt sich
die Demokratie als Bauherr besonders gut. Der Architektenwettbewerb ist im Kern
ein Stück Demokratie. Diese bewährte Landestradition wird fortgesetzt.
Ziel 4: Städtebaulich integriert bauen!
Die Gebäude des Landes, beispielsweise der Landtag,
Ministerien, Gerichte, Polizeipräsidien und Hochschulen, prägen das Bild der
Städte entscheidend mit. Sie sind wesentliche Teile eines vitalen städtischen
Gefüges und ein wichtiger Beitrag zur baulichen und sozialen Stadtentwicklung.
Vor dem Hintergrund der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de
Janeiro kommt dem Leitbild der nachhaltigen und ökologischen Stadtentwicklung
und damit der dauerhaften Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen für
die Bewohner der Stadt auch beim staatlichen Bauen eine zentrale Bedeutung zu.
Neubauvorhaben des Landes sollen sich als tragende Elemente einer
zukunftsfähigen Stadt und als Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der Stadt als
Lebensraum und Wirtschaftsstandort erweisen. Daher wird das Land auch weiterhin
seine Bauten unter Beachtung der Grundsätze der behutsamen Stadterneuerung
einfühlsam in gewachsene städtebauliche Strukturen integrieren und auf
städtebauliche Verträglichkeit achten.
Ziel 5: Nachhaltig bauen!
Der Begriff der Nachhaltigkeit, aufgegriffen mit der
Konferenz von Rio 1992 und für Deutschland in nationale Strategieempfehlungen
umgesetzt durch die Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des
13. Deutschen Bundestages, ist heute fester Bestandteil jedes
Entwicklungsprojekts mit Innovationsanspruch und damit auch jedes Bauvorhabens
des Landes geworden. Das Ziel der nachhaltigen Entwicklung, verstanden als
gerechter Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange, muss sich
– gemessen an diesem Anspruch – auch und gerade in der Planung, im Bau und in
der Bewirtschaftung der landeseigenen Liegenschaften und Gebäude dokumentieren.
Nachhaltiges Bauen ist ein zentrales Element der Zukunftsvorsorge. Im Rahmen
von Investitionsentscheidungen sollen deshalb neben Faktoren wie Kosten,
Energie und Umwelt auch die sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden.
Gefordert ist also ganzheitliches Denken. Im Sinne dieses ganzheitlichen
Ansatzes ist beim Planen und Bauen, Betreiben und Unterhalten bis hin zum
Rückbau eine Minimierung des Verbrauchs von Flächen, Energie und sonstigen
Ressourcen und eine möglichst geringe
Belastung des Naturhaushalts anzustreben. Bei frühzeitiger Beachtung
nachhaltiger Planungsgrundsätze kann die Gesamtwirtschaftlichkeit von Gebäuden
im Hinblick auf deren Herstellungs-, Betriebs- und Nutzungskosten deutlich
verbessert werden. Wichtigste Akzente zur Erreichung des Gesamtziels der
Nachhaltigkeit sind das umweltschonende und energiesparende Bauen.
Ziel 6: Umweltschonend bauen!
In
der auf der Konferenz von Rio 1992 verabschiedeten Agenda 21 wird die Förderung
des umweltverträglichen Bauens als ein wichtiger Bestandteil für eine
nachhaltige Siedlungsentwicklung aufgeführt. Im Rahmen des „Siedlungsgipfels“
HABITAT II 1996 in Istanbul wurde dieser Handlungsbereich erneut aufgegriffen.
In ihrer Regierungserklärung hat die jetzige Landesregierung bekräftigt, dass
sie das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verfolgt und hierbei den Schutz
der natürlichen Lebensgrundlagen und den Schutz der Menschen vor Umweltgefahren
mit dem Strukturwandel in unserem Land verbindet. Im Mittelpunkt der
Umweltpolitik steht nach wie vor die Absicht, von der traditionellen Nachsorge
zur Umweltvorsorge überzugehen.
Hierzu gehören im Rahmen des umweltschonenden Bauens
exemplarisch das flächensparende Bauen, die ökologische Gestaltung von Freiflächen,
das Versickern und die Nutzung von Niederschlagswasser, die Verwendung von
Baustoffen und Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen, die möglichst aus
nachhaltigem Anbau gewonnen werden sollen, die Verwendung von recycelfähigen
Baustoffen und recycelten Baustoffen und Bauteilen, die Vermeidung oder
Reduzierung von Abfall, die Bevorzugung natürlicher Belichtung und Belüftung
und ein guter Wärme- und Schallschutz. Der 1999 in Kraft getretene
aktualisierte Runderlass zum umweltschonenden Bauen des Landes ist eine für
alle Ressorts verbindliche Handlungsanweisung, die auch den Bau- und
Liegenschaftsbetrieb NRW dazu verpflichtet, dem Gesichtspunkt der
Umweltverträglichkeit den gebührenden Stellenwert einzuräumen und damit einen
wichtigen Beitrag zur Erreichung der umweltpolitischen Ziele der
Landesregierung zu leisten.
Ökologisches Bauen entspricht den Forderungen der
Zeit und dem „Stand der Technik“ moderner Gebäude. Es unterstützt, wie der
Landtag in seiner Entschließung vom 6. Dezember 2000 festgestellt hat, eine
nachhaltige und deshalb auch
wirtschaftlich effiziente Nutzung der
Liegenschaften.
Wichtiges Ziel der Umweltvorsorge ist,
dass für das Land auch zukünftig die Nutzung bestehender Gebäude Vorrang vor Neubauten und die Nachverdichtung
vorhandener Siedlungsstrukturen Vorrang
vor dem Bauen „auf der grünen Wiese“ hat.
Ziel 7: Energiesparend und mit erneuerbaren Energien bauen!
Zum umweltschonenden Bauen gehört auch das
energiesparende Bauen und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Nordrhein-Westfalen
trägt als das Energieland Nr. 1 in Europa eine besondere Verantwortung für das
Energiesparen und den Einsatz zukunftssichernder neuer Energietechniken. In der
Regierungserklärung werden Energieeinsparung und rationelle Energienutzung zu
unverzichtbaren Zielen erklärt, weil sie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und
Klimaschutz bedeuten. Die bisherigen Erfolge des Energieeinsparprogramms für
Landesbauten mit den Maßnahmen Betriebsüberwachung und zentrale
Energievertragsüberprüfung sind seit 1980 mit umfangreichen Kosteneinsparungen
bundesweit beispielhaft und müssen fortgesetzt werden.
Mit der Vereinbarung internationaler
Klimaschutzziele stellen sich noch größere Anforderungen an die Erreichung der
Energieeinsparziele. Das globale Klimaschutzproblem stellt alle
Verantwortlichen vor die Aufgabe, konkrete Einsparziele bei den
Kohlendioxid-Emissionen innerhalb klar definierter Zeiträume zu erreichen. Das
Land muss zusätzlich zu den bereits erzielten Einsparergebnissen bei seinen
Liegenschaften einen wirksamen Beitrag zum künftigen Klimaschutzkonzept NRW
leisten. Dazu müssen die bisherigen erfolgreichen Maßnahmen fortentwickelt und
zu einem Klimaschutzkonzept für Landesbauten gebündelt werden.
Der wirksamste Beitrag zur Reduzierung der
Kohlendioxid-Emissionen liegt erfahrungsgemäß im Vermeiden von unnötigem
Energieverbrauch. Bewährt hat sich dabei das Energiecontrolling für alle
Dienststellen des Landes mit örtlichen Gebäudeanalysen und Energieberatung der
Nutzer durch die erfahrenen Berater der eingerichteten
Betriebsüberwachungsgruppen. Die Ergebnisse der Energiesparinitiativen in den
Landesgebäuden werden weiterhin landesweit ausgewertet. Hierauf aufbauend ist
die begonnene Einrichtung eines landesweiten Energiemanagements kontinuierlich
auf alle Dienststellen (mit Ausnahme der Hochschulen und Universitätsklinika)
auszudehnen.
Das
Land unterstützt seit längerem mit Nachdruck die Nutzung erneuerbarer Energien
besonders auch bei seinen eigenen Gebäuden („REN-Programm für Landesbauten“).
Vorzugsweise werden Solarkollektoren für die Warmwasserbereitung und
Fotovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung finanziert. Das Land macht hierdurch
deutlich, dass erneuerbare Energien in Alltagsanwendungen genutzt werden
können, und fördert deren breite Markteinführung. Dabei wird eine
Kosten-Nutzen-Betrachtung zugrunde gelegt, die die volkswirtschaftlichen
Folgekosten der konventionellen Energieerzeugung wie Umweltschäden oder
Klimaveränderungen durch Treibhauseffekt berücksichtigt. Dieses erfolgreiche
Programm wird fortgesetzt; hierbei sollen auch neue Formen der
Kraft-Wärme-Kopplung wie die vor der Marktreife stehende neue
Brennstoffzellen-Technik genutzt werden.
Ziel 8: Sozial und human bauen!
Das Land steht weiterhin in der Verantwortung, bei
seinen Baumaßnahmen soziale Standards in besonderem Maße zu berücksichtigen.
Hierzu gehören vor allem die Anforderungen des Gesundheitsschutzes und des
Arbeitsschutzes, Standortfaktoren wie Zentralität, gute Erreichbarkeit und gute Anbindung an den
öffentlichen Personennahverkehr, der Grundsatz der Mitarbeiterfreundlichkeit
und „Kundenfreundlichkeit“ im Sinne von Bürgerfreundlichkeit, das Ziel der
Nutzerakzeptanz, der Aspekt des barrierefreien Bauens und das Ziel des humanen
Bauens.
Die barrierefreie und nutzerfreundliche Gestaltung
der Landesgebäude erhöht die Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger und
ist Voraussetzung für ein partnerschaftliches Miteinander von Behinderten und
Nichtbehinderten. Mit den entsprechenden Maßnahmen leistet das Land in eigener
Sache einen wichtigen Beitrag zum Aktionsprogramm „Mit gleichen Chancen leben“
zur Integration von Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen.
Ziel 9: Das bauliche Erbe bewahren!
Der Schwerpunkt des staatlichen Bauens hat sich
zunehmend vom Neubau auf die Bestandspflege verlagert. Der umfangreiche und
vielfältige Immobilienbesitz des Landes mit einem geschätzten Verkehrswert von
17 Milliarden Mark kommt immer mehr „in die Jahre“; viele Nachkriegsbauten
müssen grunderneuert und modernisiert werden. Die haustechnischen Anlagen und
die Informations- und Kommunikationsanlagen müssen an die technische Weiterentwicklung
angepasst werden. Umwelt- und gesundheitsgefährdende Bauteile müssen
ausgetauscht werden. Die Anforderungen an den Brandschutz sind gestiegen und
machen gezielte Anpassungsmaßnahmen erforderlich.
Der
Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW bleibt in der Verpflichtung, das bauliche
Erbe des Landes zu bewahren, die
landeseigenen Gebäude funktionsfähig zu erhalten und das Immobilienvermögen des
Landes vor Wertverlust zu schützen.
Deshalb muss die Instandhaltung und Instandsetzung auch im Wirtschaftsplan des
Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW besondere Priorität erhalten.
Zu den vornehmsten Aufgaben des staatlichen Bauens
bei der Bestandspflege zählt die staatliche Baudenkmalpflege und damit die
Bewahrung unseres geschützten baukulturellen Erbes. Das Land unterliegt als
Denkmaleigentümer in besonderer Weise dem Verfassungs- und Gesetzesauftrag,
seine etwa 400 Denkmäler aus allen Kunst- und Bauepochen von der karolingischen
Zeit bis zur Mitte unseres Jahrhunderts zu schützen, zu pflegen und sinnvoll zu
nutzen. Die lange Tradition der staatlichen Baudenkmalpflege in
Nordrhein-Westfalen und den früheren preußischen Provinzen Rheinland und
Westfalen wird fortgesetzt.
III.
Umsetzung der baupolitischen Ziele des Landes
Die
konkrete Umsetzung der vom Landtagsausschuss für Städtebau und Wohnungswesen
festgelegten baupolitischen Ziele des Landes erfolgt durch Zielvereinbarungen
mit dem BLB NRW. Sie erstrecken sich auf Planung, Vergabe, Bau und teilweise
auch Betrieb und werden durch Planungshilfen und Handbücher ergänzt.
Die
baupolitischen Ziele des Landes konkretisieren sich, zusätzlich zu ihrer
allgemeinen Definition durch den Landtagsausschuss für Städtebau und Wohnungswesen,
vor allem in Verwaltungsvorschriften, die von den Bauministern des Landes,
teilweise auch von anderen Fachministern erlassen worden sind und grundsätzlich
auch für den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW fortgelten; sie bedürfen
allerdings vielfach der Anpassung an die neue Rechtslage und der Aktualisierung
und sind mit dem Ziel der Straffung und Vereinfachung zu überprüfen. Eine Liste
der bisher geltenden Vorschriften ist als Anlage beigefügt.
IV.
Förderung der baupolitischen Ziele des Landes
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW hat die
baupolitischen Ziele des Landes grundsätzlich im Rahmen der Baumittel im
Wirtschaftsplan oder bei Sonderliegenschaften und Universitätsklinika im Rahmen
der Bautitel des Haushaltsplans zu beachten und zu realisieren. Soweit die
Umsetzung der baupolitischen Ziele des Landes mit Mehrkosten verbunden ist, zu
deren Übernahme der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW nach seiner
Aufgabenstellung nicht verpflichtet ist
und die seine Wettbewerbsposition beeinträchtigen, sind ihm zum Ausgleich in
dem erforderlichen Umfang im Rahmen der im jeweiligen Haushaltsplan für diese
Zwecke etatisierten Haushaltsmittel Zuwendungen zu gewähren.
- MBl. NRW. 2002 S. 1148