Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 29 vom 5.10.2017 Seite 845 bis 890
Qualifizierung zur Verwaltungsfachwirtin oder zum Verwaltungsfachwirt in der allgemeinen Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen Runderlass des Ministeriums des Innern - 23 - 27.23.00 - 21 - 27.23.01 -
20319
Qualifizierung
zur
Verwaltungsfachwirtin oder zum Verwaltungsfachwirt
in der allgemeinen Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen
Runderlass des Ministeriums des Innern
- 23 - 27.23.00 - 21 - 27.23.01 -
Vom 12. September 2017
Vorbemerkung
Auf Grund des § 56 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 47 Absatz 1 Satz 1und § 73 Absatz 2 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Nummer 17 Buchstabe b der Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Angelegenheiten der Berufsbildung im Rahmen der Handwerksordnung (HwO) sowie die Zuständigkeiten nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) vom 5. September 2006 (GV. NRW. S. 446), und nach Beschluss des Berufsbildungsausschusses nach § 79 Absatz 4 Satz 1 Berufsbildungsgesetz zu Teil 3 dieses Erlasses, erlässt das Ministerium des Innern den folgenden Runderlass:
Teil
1
Allgemeines
1
Geltungsbereich
1.1
Dieser Erlass gilt für unbefristet Tarifbeschäftigte des Landes
Nordrhein-Westfalen.
1.2
Dieser Erlass regelt die Qualifizierung zur Verwaltungsfachwirtin oder zum
Verwaltungsfachwirt in der allgemeinen Verwaltung des Landes
Nordrhein-Westfalen (Qualifizierungsmaßnahme).
1.3
Die Qualifizierungsverfahren haben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Rechnung zu tragen. Das für Inneres zuständige Ministerium kann die
Voraussetzungen für eine berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahme sowie die
dafür erforderlichen Abweichungen von den Nummern 5 bis 7 durch gesonderten
Erlass festlegen.
1.4
Die Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes vom 9. November 1999 (GV. NRW. S. 590) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.
2
Zielsetzung
Ziel der Qualifizierungsmaßnahme ist es, Tarifbeschäftigten der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zu vermitteln, die sie befähigen, Aufgaben sachbearbeitender Funktionen in der allgemeinen Verwaltung des Landes selbstständig und weitgehend eigenverantwortlich wahrzunehmen und vermittelte Handlungskompetenzen und Methodenkenntnisse sowie Anwendungsfertigkeiten (Schlüsselqualifikationen) einzusetzen.
3
Zuständigkeit
3.1
Entscheidungen nach diesem Erlass trifft die Beschäftigungsbehörde, soweit in
den nachfolgenden Vorschriften oder in anderen Rechtsvorschriften nichts
Abweichendes geregelt ist.
3.2
Bildungsträger im Sinne dieses Erlasses ist das Institut für öffentliche
Verwaltung Nordrhein-Westfalen. Es führt die Lehrgänge und Thementage in
Abstimmung mit dem für Inneres zuständigen Ministerium durch.
4
Zulassung, Auswahlverfahren
4.1
Das für Inneres zuständige Ministerium legt die Einzelheiten für das
Bewerbungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren und die Termine zu den
Qualifizierungsmaßnahmen jeweils durch einen gesonderten Erlass fest.
4.2
Zur Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme können sich Tarifbeschäftigte aus
allen Geschäftsbereichen bewerben, die
a) Verwaltungsfachangestellte
der Fachrichtung allgemeine und innere Verwaltung und entsprechend ausgebildete
Angestellte des Landes mit mindestens dreijähriger einschlägiger Berufspraxis
nach der Abschlussprüfung in der öffentlichen Verwaltung sind oder
b) sonstige Angestellte mit mindestens sechsjähriger einschlägiger Berufspraxis
in der öffentlichen Verwaltung in Tätigkeiten, die dem Berufsbild des
Verwaltungsfachangestellten entsprechen.
4.3
Bewerbungen sind an die Beschäftigungsbehörden zu richten. Die
Beschäftigungsbehörden leiten die Bewerbungen an die zuständige
Bezirksregierung weiter, wenn die in den Nummern 4.1 und 4.2 genannten
Voraussetzungen erfüllt sind.
4.4
Der Entscheidung über die Zulassung geht ein Auswahlverfahren voraus. Das
Auswahlverfahren gliedert sich in einen schriftlichen und einen mündlichen
Teil. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem in Nummer 4.1 genannten Erlass.
Teil 2
Inhalt und Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme
5
Zeitliche Anforderungen und Unterrichtsumfang
5.1
Die Qualifizierungsmaßnahme dauert mindestens 18 Monate und umfasst die
Qualifizierung mit einem Einführungs- und einem Zwischenlehrgang (Nummer 6)
sowie den Abschlusslehrgang (Nummer 7) mit abschließender
Qualifizierungsprüfung (Nummern 8 bis 23).
5.2
Die erforderlichen fachtheoretischen Kompetenzen werden in der
Qualifizierungsmaßnahme in einem Umfang von insgesamt mindestens 1 200 Unterrichtsstunden
vermittelt.
5.3
In der Qualifizierungsmaßnahme ist Unterricht insbesondere in den in der Anlage
1 genannten Fächern durchzuführen.
5.4
Das Unterrichtsvolumen, die Unterrichtsinhalte und die Verteilung des
Unterrichtsstoffes auf zentrale Lehrgänge und Thementage bestimmt das für
Inneres zuständige Ministerium durch den Lernzielkatalog. Während der
theoretischen Ausbildung besteht die Verpflichtung, den Unterrichtsstoff nach
Anweisung der Dozentin oder des Dozenten in Eigenarbeit vor- beziehungsweise
nachzuarbeiten.
6
Qualifizierung
6.1
Der Zeitraum der Qualifizierung beträgt mindestens zwölf Monate.
6.2
Die Qualifizierung umfasst
1. einen mindestens drei Monate dauernden Einführungslehrgang,
2. einen mindestens drei Monate dauernden Zwischenlehrgang,
3. zwei mindestens drei Monate dauernde exemplarische Einweisungen in Aufgaben der angestrebten Qualifikation sowie
4. Thementage während der exemplarischen praktischen Einweisungen.
6.3
Zum Ende des Zwischenlehrgangs sind in zwei der in der Anlage 2 genannten
Prüfungsfächer zweistündige Klausuren zu schreiben. Die Klausuren sind von
einer Dozentin oder einem Dozenten, die oder der in dem Lehrgang unterrichtet
hat, auf Grundlage der Bewertungsgrundsätze nach Nummer 14 zu bewerten.
6.4
Die exemplarischen praktischen Einweisungen finden in der
Beschäftigungsdienstelle statt. Kann die Beschäftigungsdienststelle keine
ordnungsgemäße Einweisung sicherstellen, wird die Tarifbeschäftigte oder der
Tarifbeschäftigte einer geeigneten Beschäftigungsbehörde zugewiesen. Die
Beschäftigungsbehörde, die die Tarifbeschäftigte oder den Tarifbeschäftigten
einweist, bestimmt eine Ausbilderin oder einen Ausbilder. Die Ausbilderin oder
der Ausbilder leitet die Tarifbeschäftigte oder den Tarifbeschäftigten an und
informiert sie oder ihn sowie die Ausbildungsleitung regelmäßig und ausreichend
über den Ausbildungsstand.
7
Abschlusslehrgang
Der Qualifizierung nach Nummer 6 schließt sich ein mindestens drei Monate dauernder Abschlusslehrgang an, der von dem Bildungsträger nach Nummer 3.2 durchgeführt wird.
Teil
3
Regelungen zur Qualifizierungsprüfung zur Verwaltungsfachwirtin oder zum
Verwaltungsfachwirt in der allgemeinen Verwaltung des Landes
Nordrhein-Westfalen
8
Qualifizierungsprüfung
8.1
Die Qualifizierungsprüfung schließt sich unmittelbar dem Abschlusslehrgang an.
8.2
Die Qualifizierungsprüfung gliedert sich in einen schriftlichen und einen
praktischen Teil und dient der Feststellung, ob die Tarifbeschäftigten das Ziel
der Qualifizierungsmaßnahme (Nummer 2) erreicht haben. In der Zeit zwischen dem
schriftlichen und dem praktischen Teil der Qualifizierungsprüfung kehren die
Tarifbeschäftigten in die jeweiligen Beschäftigungsdienststellen zurück.
9
Zuständigkeit
9.1
Für die Organisation und Durchführung der Prüfungen ist das Landesprüfungsamt
für Verwaltungslaufbahnen (Landesprüfungsamt) zuständig.
9.2
Die Landesbehörden unterstützen das Landesprüfungsamt bei der Durchführung der
Prüfung, insbesondere durch Freistellung von Mitgliedern für den Prüfungsausschuss
sowie bei Prüfungsaufsichten.
10
Prüfungsausschuss
10.1
Für die Abnahme der Prüfungen bildet das Landesprüfungsamt einen
Prüfungsausschuss. Bei Bedarf können mehrere Prüfungsausschüsse errichtet
werden.
10.2
Der Prüfungsausschuss besteht aus fünf Mitgliedern, die für die Prüfungsgebiete
sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein und
insbesondere in der beruflichen Erwachsenenbildung erfahren sein müssen. Er
setzt sich zusammen aus jeweils zwei Beauftragten des Arbeitgebers und der
Arbeitnehmer sowie eine in der Qualifizierung erfahrene Lehrkraft.
Die Arbeitnehmermitglieder werden auf Vorschlag der im Bereich des öffentlichen Dienstes bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- und berufspolitischer Zwecksetzung berufen.
Werden Mitglieder nicht oder nicht in ausreichender Zahl innerhalb einer vom Landesprüfungsamt gesetzten angemessenen Frist vorgeschlagen, beruft das Landesprüfungsamt nach pflichtgemäßem Ermessen.
10.3
Der Prüfungsausschuss wählt ein Mitglied, das den Vorsitz führt, und ein
weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Der Vorsitz und
das stellvertretende Mitglied sollen nicht derselben Mitgliedergruppe
angehören.
10.4
Der Prüfungsausschuss beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei
Stimmengleichheit gibt die Stimme der oder des Vorsitzenden den Ausschlag. Der
Prüfungsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens vier Mitglieder
mitwirken.
10.5
Die Mitglieder werden im Verhinderungsfall von stellvertretenden Mitgliedern
vertreten, Nummer 10.2 gilt entsprechend. Das Landesprüfungsamt beruft die
Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder für die Dauer von drei Jahren.
10.6
Das Landesprüfungsamt kann die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des
Prüfungsausschusses nach Anhören der an ihrer Berufung Beteiligten aus
wichtigem Grund abberufen.
10.7
Der Prüfungsausschuss ist in seiner Prüfungstätigkeit unabhängig.
10.8
Die Mitglieder des Prüfungsausschusses haben über alle Prüfungsvorgänge
gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu wahren. Dies gilt nicht gegenüber dem
Landesprüfungsamt. Ausnahmen bedürfen der Einwilligung des Landesprüfungsamtes.
10.9
Das Landesprüfungsamt unterstützt den Prüfungsausschuss bei dessen
Geschäftsführung und übernimmt die Organisation und Sicherstellung der
Prüfungsverfahren.
11
Befangenheit
11.1
Bei der Prüfung dürfen Prüfungsausschussmitglieder, die befangen sind, nach den
§§ 20 und 21 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) in der jeweils geltenden Fassung, nicht
mitwirken.
11.2
Ausschussmitglieder, die sich befangen fühlen, oder Prüflinge, die die
Besorgnis der Befangenheit geltend machen wollen, haben dies unverzüglich dem
Landesprüfungsamt mitzuteilen, während der Prüfung dem Prüfungsausschuss.
11.3
Die Entscheidung über den Ausschluss von der Mitwirkung trifft das
Landesprüfungsamt, während der Prüfung der Prüfungsausschuss.
12
Nichtöffentlichkeit
12.1
Die Beratungen des Prüfungsausschusses sowie die Prüfungen sind nicht
öffentlich. Beauftragte des für Inneres zuständigen Ministeriums und des
Landesprüfungsamtes sowie die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des
Berufsbildungsausschusses können anwesend sein.
12.2
Der Prüfungsausschuss kann im Einvernehmen mit dem Landesprüfungsamt andere
Personen als Gäste zulassen, sofern der Prüfling nicht widerspricht. Bei der
Beratung über das Prüfungsergebnis dürfen nur die Mitglieder des
Prüfungsausschusses anwesend sein.
13
Regelungen für Prüflinge mit Behinderungen
13.1
Prüflingen mit Behinderungen sowie Prüflingen, die eine krankheitsbedingte
Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Prüfung aufweisen, ohne prüfungsunfähig zu
sein, ist für die Teilnahme an Prüfungen vom Prüfungsamt der ihrer Behinderung
oder krankheitsbedingten Beeinträchtigung angemessene Nachteilsausgleich zu
gewähren. Auf den Runderlass des Innenministeriums „Richtlinie zur Durchführung
der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) im öffentlichen
Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen“ vom 14. November 2003 (MBl. NRW. S. 1498), der zuletzt durch Runderlass vom 9. Dezember 2009 (MBl. NRW S. 598) geändert worden ist, wird hingewiesen.
Prüflinge mit Behinderungen legen die erforderlichen Bescheinigungen über Art und
Umfang ihrer Behinderung vor, sofern sie Erleichterungen im Rahmen der Prüfung
in Anspruch nehmen wollen. Prüflinge, die eine krankheitsbedingte
Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Prüfung aufweisen, legen ein ärztliches
Zeugnis vor. Art und Umfang des Nachteilsausgleichs sind mit ihnen zu erörtern.
Der Nachteilsausgleich darf nicht zu einer qualitativen Herabsetzung der
Prüfungsanforderungen insgesamt führen. Bei Prüflingen mit Behinderungen ist
die zuständige Schwerbehindertenvertretung durch das Landesprüfungsamt
rechtzeitig zu informieren und anzuhören. Die Schwerbehindertenvertretung kann
an praktischen Prüfungen von Prüflingen mit Behinderungen mit deren Zustimmung
beobachtend teilnehmen.
13.2
Nummer 13.1 gilt entsprechend für die Anfertigung der Klausuren während der
Qualifizierung (Nummer 6).
14
Bewertung der Leistungen
14.1
Die Bewertung von Einzelleistungen hat insbesondere die Richtigkeit und
Vertretbarkeit der sachlichen Aussage, die praktische Anwendbarkeit, die Art
und Folgerichtigkeit der Begründung, die Gliederung, die äußere Form der
Prüfungsleistung, die sprachliche Darstellung sowie die Rechtschreibung zu
berücksichtigen.
14.2
Die Prüfungsleistungen dürfen nur wie folgt bewertet werden:
sehr gut
= 15 - 14 Punkte
= eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung
gut
= 13 - 11 Punkte
= eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung
befriedigend
= 10 - 8 Punkte
= eine im Allgemeinen den Anforderungen entsprechende Leistung
ausreichend
= 7 - 5 Punkte
= eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen
noch entspricht
mangelhaft
= 4 - 2 Punkte
= eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen
lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in
absehbarer Zeit behoben werden könnten
ungenügend
= 1 - 0 Punkte
= eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, bei der selbst die
Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht
behoben werden könnten.
15
Schriftlicher Teil der Qualifizierungsprüfung
15.1
Das Landesprüfungsamt stellt vier schriftliche Prüfungsarbeiten. Für die
Bearbeitung und Lösung der schriftlichen Prüfungsarbeiten sind jeweils drei
Zeitstunden anzusetzen.
15.2
Die schriftlichen Prüfungsarbeiten haben ihren Schwerpunkt jeweils in einem der
in Anlage 2 genannten Fächer. Ausgehend von dem jeweiligen Schwerpunktfach
können höchstens zwei der schriftlichen Prüfungsarbeiten einen
fächerübergreifenden Ansatz beinhalten. Dabei sollen bei der Fallbearbeitung
Bezüge zu anderen Fächern oder Rechtsgebieten erkannt und bei der Lösung
berücksichtigt werden.
15.3
Das Landesprüfungsamt bestimmt die Prüfungstermine und gibt den Prüflingen die
Prüfungsfächer einschließlich fächerübergreifendem Ansatz spätestens zehn Tage
vor den Prüfungsterminen bekannt.
15.4
Die Aufgabenstellungen der Prüfungsarbeiten sind getrennt in verschlossenen
Umschlägen aufzubewahren und erst an den Prüfungstagen in Gegenwart der
Prüflinge zu öffnen. Bei jeder Aufgabe sind die Hilfsmittel, die benutzt werden
dürfen, anzugeben. Die Prüfungsaufgaben sind anonym zu schreiben. Die Prüflinge
sind auf die Folgen von Täuschungshandlungen und Ordnungsverstößen hinzuweisen
(Nummer 20).
15.5
Das Landesprüfungsamt bestimmt, wer die Aufsicht führt. Die aufsichtführende
Person fertigt eine Niederschrift und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit.
Sie verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt der Abgabe. Die schriftlichen
Arbeiten und die Niederschrift sind in einem Umschlag zu verschließen und dem
Landesprüfungsamt oder einer von ihm bestimmten Person unmittelbar zuzuleiten.
16
Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten
16.1
Die Arbeiten sind von zwei Prüferinnen oder Prüfern nacheinander in der vom
Vorsitzenden bestimmten Reihenfolge zu beurteilen und mit einer der in Nummer
14 festgelegten Noten und einem Punktwert zu bewerten. Sie dokumentieren die
wesentlichen Abläufe und halten die für die Bewertung erheblichen Tatsachen
fest.
16.2
Nach der Begutachtung stehen die Prüfungsarbeiten allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses
in den Geschäftsräumen des Landesprüfungsamtes innerhalb einer von ihm zu
bestimmenden Frist zur Einsichtnahme zur Verfügung.
16.3
Jedes Mitglied ist berechtigt, eine von den vergebenen Punktzahlen und Noten
abweichende Beurteilung mit Begründung schriftlich zu vermerken. Bei
abweichender Bewertung ist eine Einigung im Rahmen der vorgegebenen Noten
anzustreben. Kommt sie nicht zustande, entscheidet der Prüfungsausschuss mit
Stimmenmehrheit. Stimmenthaltung ist unzulässig.
16.4
Erst nach Bewertung sämtlicher Arbeiten ist die Anonymität (Nummer 15)
aufzuheben.
16.5
Zur praktischen Prüfung wird zugelassen, wer in mindestens zwei schriftlichen
Prüfungsarbeiten mindestens die Note „ausreichend“ und in keiner Prüfungsarbeit
die Note „ungenügend“ erreicht hat (Nummer 14). Die Feststellung trifft das
Landesprüfungsamt.
16.6
Bei Nichtzulassung ist die Prüfung insgesamt nicht bestanden.
17
Praktische Prüfung
17.1
Die praktische Prüfung gliedert sich in ein Fachgespräch über eine vom
Prüfling vorbereitete praktische Aufgabe und ein Prüfungsgespräch mit dem
Prüfungsausschuss. Fach- und Prüfungsgespräch sollen insgesamt nicht länger als
30 Minuten dauern. Die Dauer des Prüfungsgesprächs soll dabei 15 Minuten nicht
überschreiten. Dem Prüfling ist eine Vorbereitungszeit von 30 Minuten zur
Vorbereitung der praktischen Aufgabe zu gewähren. Während der Vorbereitungszeit
soll der Prüfling eine praktische Aufgabe zielorientiert bearbeiten, den
Sachverhalt erfassen und Lösungsansätze entwickeln. Auf dieser Grundlage soll
der Prüfling in sachbearbeitender Funktion ein Fachgespräch mit einem Mitglied
des Prüfungsausschusses führen, das die Rolle eines Bürgers, Kollegen oder
Vorgesetzten einnimmt. In dem Fachgespräch soll der Prüfling den Nachweis erbringen,
dass er Arbeitsergebnisse verständlich und adressatengerecht darstellen sowie
in berufstypischen Situationen angemessen kommunizieren und kooperieren kann.
Das Fachgespräch ist in freier Rede zu führen. Stichwortartige Notizen sind
zulässig. Das sich anschließende Prüfungsgespräch mit dem Prüfungsausschuss
knüpft inhaltlich an das Fachgespräch an.
17.2
Das Landesprüfungsamt bestimmt aus der Anlage 2 vier Prüfungsfächer, auf die
sich die praktische Prüfung erstreckt. Das Fachgespräch soll sich auf ein Prüfungsfach
beziehen. Fragen aus weiteren Rechtsgebieten können gestellt werden, wenn sie
an den Prüfungsgegenstand anknüpfen und mit Grundlagenkenntnissen beantwortet
werden können.
17.3
Spätestens zehn Tage vor der praktischen Prüfung sind den Prüflingen die
Zulassung zur praktischen Prüfung sowie die vier Prüfungsfächer der praktischen
Prüfung mitzuteilen. Über die Nichtzulassung zur praktischen Prüfung und die
Ergebnisse der schriftlichen Prüfung erlässt das Landesprüfungsamt einen
Bescheid.
17.4
Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses leitet die praktische Prüfung.
Sie oder er ist berechtigt, jederzeit in die Prüfung einzugreifen.
17.5
Das Landesprüfungsamt kann Dozentinnen und Dozenten, die im Abschlusslehrgang
unterrichtet haben und nicht Mitglieder des Prüfungsausschusses sind,
beauftragen, das Fachgespräch zu führen und Prüfungsfragen zu stellen.
17.6
Der Prüfungsausschuss bewertet die Leistungen der gesamten praktischen Prüfung
auf Grundlage der Bewertungsgrundsätze nach Nummer 14 als einzelne
Prüfungsleistung. Bei der Bewertung sind der Gesamteindruck der Leistung, die
gezeigte Fachkompetenz des Prüflings, die praktische Umsetzung der Aufgabe, die
fachliche Vertretbarkeit des dargestellten Arbeitsergebnisses sowie die
Kommunikationsfähigkeit zu berücksichtigen.
17.7
Wird die praktische Prüfung mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet, so ist
die Prüfung insgesamt nicht bestanden.
18
Feststellung des Gesamtergebnisses
18.1
Nach der praktischen Prüfung stellt der Prüfungsausschuss das Gesamtergebnis
der Prüfung fest und gibt es den Prüflingen bekannt.
18.2
Die Punktwerte für die Leistungen in der schriftlichen Prüfung gehen mit 60
Prozent und die für die Leistungen in der praktischen Prüfung gehen mit 40
Prozent in das Gesamtergebnis ein.
18.3
Die Punktwerte für die Leistungen in der schriftlichen und in der praktischen
Prüfung werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteilsverhältnis zu einem
Punktwert für die Abschlussnote zusammengefasst. Bruchwerte sind bis zur
zweiten Dezimalstelle zu errechnen. Bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses
bleiben die Bruchwerte, die sich beim Abschluss des Rechengangs ergeben, unter
einem Wert von 5,00 Punkten unberücksichtigt und werden ab einem Punktwert von
5,00 wie folgt auf- oder abgerundet:
5,00 bis unter 5,50 = ausreichend (5),
5,50 bis unter 6,50 = ausreichend (6),
6,50 bis unter 7,50 = ausreichend (7),
7,50 bis unter 8,50 = befriedigend (8),
8,50 bis unter 9,50 = befriedigend (9),
9,50 bis unter 10,50 = befriedigend (10),
10,50 bis unter 11,50 = gut (11),
11,50 bis unter 12,50 = gut (12),
12,50 bis unter 13,50 = gut (13),
13,50 bis unter 14,50 = sehr gut (14),
14,50 bis 15,00 = sehr gut (15).
18.4
Wird das Gesamtergebnis der Prüfung mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“
bewertet, so ist die Prüfung insgesamt nicht bestanden.
19
Rücktritt, Nichtteilnahme
19.1
Sind Prüflinge durch Krankheit oder sonstige von ihnen nicht zu vertretenden
Umstände an der Ablegung der Prüfung oder von Prüfungsteilen verhindert, so ist
dies dem Landesprüfungsamt im Falle der Krankheit durch ein ärztliches Zeugnis,
im Übrigen in sonst geeigneter Form nachzuweisen. Entschuldigungsgründe sind
nur zu berücksichtigen, wenn sie unverzüglich gegenüber dem Landesprüfungsamt
geltend gemacht werden. In diesen Fällen gilt die Prüfung als nicht abgelegt.
19.2
Die Prüflinge können in besonderen Fällen mit Genehmigung des
Landesprüfungsamtes von der Prüfung zurücktreten. Die Rücktrittsgenehmigung
darf nur aus wichtigem Grund erteilt werden. In diesen Fällen gilt die Prüfung als
nicht abgelegt.
19.3
Wird eine Prüfung aus den in den Nummern 19.1 und 19.2 genannten Gründen
abgebrochen, so wird sie an einem vom Landesprüfungsamt zu bestimmenden Termin
fortgesetzt. Dabei ist vom Prüfungsausschuss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang
die bereits abgelieferten Arbeiten als Prüfungsarbeiten anzurechnen sind.
19.4
Erscheinen Prüflinge ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu schriftlichen
Prüfungen oder werden schriftliche Arbeiten ohne ausreichende Entschuldigung
nicht abgegeben, gelten diese Prüfungen als „ungenügend“. Die Feststellung
trifft der Prüfungsausschuss.
19.5
Erscheinen Prüflinge ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur praktischen
Prüfung oder treten sie ohne Genehmigung zurück, so gilt diese Prüfung als
„ungenügend“. Die Feststellung trifft der Prüfungsausschuss.
20
Ordnungswidriges Verhalten
20.1
Prüflinge, die bei der Anfertigung einer schriftlichen Arbeit erheblich gegen
die Ordnung verstoßen, können von der Fortsetzung dieser Arbeit ausgeschlossen
werden. Unternimmt ein Prüfling bei der Anfertigung einer schriftlichen Arbeit
eine Täuschung oder einen Täuschungsversuch, so haben die Aufsichtsführenden
dies in der Niederschrift zu vermerken und das Landesprüfungsamt davon
unverzüglich zu unterrichten. Das Mitführen von unzulässigen Hilfsmitteln gilt
in der Regel als Täuschungsversuch.
20.2
Über die Folgen einer Täuschung, eines Täuschungsversuchs, eines Verstoßes
gegen die Wahrung der Anonymität in der schriftlichen Prüfung oder eines
erheblichen Verstoßes gegen die Ordnung entscheidet der Prüfungsausschuss nach
Anhörung des Prüflings. Er kann nach der Schwere der Verfehlungen die
Wiederholung einzelner oder mehrerer Prüfungsleistungen anordnen, eine
Prüfungsleistung mit „ungenügend“ bewerten oder die Prüfung für insgesamt nicht
bestanden erklären. Das gleiche gilt bei innerhalb eines Jahres nachträglich
festgestellten Täuschungshandlungen.
20.3
Hat der Prüfling bei der Prüfung getäuscht und wird diese Tatsache erst nach
Aushändigung des Zeugnisses bekannt, so kann das Landesprüfungsamt nachträglich
die Prüfung für nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von
drei Jahren nach dem Tage der praktischen Prüfung.
21
Niederschrift, Prüfungszeugnis
21.1
Über den Prüfungshergang ist für jeden Prüfling eine Niederschrift nach Anlage
3 zu fertigen.
21.2
Über das Ergebnis der bestandenen Prüfung händigt der Vorsitz des
Prüfungsausschusses ein Prüfungszeugnis nach Anlage 4 aus.
21.3
Wer die Prüfung nicht bestanden hat, erhält darüber eine schriftliche Mitteilung
durch das Landesprüfungsamt.
21.4
Eine Durchschrift des Zeugnisses oder der Mitteilung über das Nichtbestehen
sowie eine Durchschrift der Niederschrift ist der Beschäftigungsbehörde zur
Aufnahme in die Personalakte zu übersenden.
22
Wiederholung der Qualifizierungsprüfung
22.1
Eine nicht bestandene Qualifizierungsprüfung kann einmal wiederholt werden. Wer
an einer Wiederholungsprüfung teilnimmt, ist auf Antrag von der schriftlichen
Prüfung in einzelnen Prüfungsfächern zu befreien, wenn die Leistungen in diesen
Prüfungsfächern mit mindestens „ausreichend" bewertet wurden und die
Teilnahme an der Wiederholungsprüfung spätestens innerhalb von fünf Jahren,
gerechnet vom Tag der Beendigung der nichtbestandenen Qualifizierungsprüfung
an, erfolgt.
22.2
Der Wiederholungsprüfung geht grundsätzlich die Teilnahme am nächstmöglichen
Abschlusslehrgang voraus.
23
Einsichtnahme, Aufbewahrung
23.1
Die Prüflinge können nach Abschluss des Qualifizierungsverfahrens innerhalb
eines Jahres Einsicht in ihre Prüfungsarbeiten einschließlich ihrer Bewertung
nehmen.
23.2
Prüfungsakten sind fünf Jahre aufzubewahren. Die Zeugnisse und
Prüfungsniederschriften nach Anlage 3 sind 30 Jahre aufzubewahren. Die Fristen
beginnen am Ende des Jahres der Qualifizierungsprüfung zu laufen.
Teil
4
Schlussvorschriften
24
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag
nach der Bekanntmachung in Kraft und gilt für alle Qualifizierungsmaßnahmen,
die ab diesem Zeitpunkt beginnen. Dieser Runderlass tritt am 4. Oktober 2022
außer Kraft.
- MBl. NRW 2017
S. 858