Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 15 vom 8.8.2019 Seite 289 bis 334

 

Richtlinie über die Förderung der Einrichtung neuer interkommunaler Kooperationen in Nordrhein-Westfalen (Förderrichtlinie IKZ NRW)

202

Richtlinie
über die Förderung der Einrichtung neuer interkommunaler Kooperationen
in Nordrhein-Westfalen
(Förderrichtlinie IKZ NRW)

Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
- 301 - 43.02.05/04 -

Vom 18. Juli 2019

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

Mit dem in dieser Richtlinie geregelten Förderprogramm sollen Anreize für Kommunen geschaffen werden, neue für interkommunale Zusammenarbeit geeignete Aufgabenbereiche zu identifizieren und sie der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung zu öffnen. Die Anschubfinanzierung hat daher den Zweck, den Mehraufwand für die Einrichtung von neuen interkommunalen Kooperationen abzufedern und so ihre Attraktivität für die Kommunen zu erhöhen. Dazu werden die Ausgaben der beteiligten Gemeinden und Gemeindeverbände bezuschusst, die sie über die laufende Aufgabenerfüllung hinaus zusätzlich tätigen, um neue Kooperationen anzubahnen, vorzubereiten und einzurichten.

1.2 Rechtsgrundlage

Das Land gewährt daher nach Maßgabe dieser Richtlinie und den §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) (im Folgenden LHO genannt) und des Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254) jeweils in der jeweils geltenden Fassung, Zuwendungen für die Einrichtung interkommunaler Kooperationen, die geeignet sind, den für die Aufgabenwahrnehmung notwendigen Aufwand zu senken oder anderweitige Mehrwerte im öffentlichen Interesse zu erreichen.

Ein Anspruch auf Gewährung einer Förderung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

2.1 Kooperationsformen

Gegenstand der Förderung durch Zuwendungen nach dieser Richtlinie ist die Anbahnung, Vorbereitung und Einrichtung von neuen Kooperationen interkommunaler Zusammenarbeit, zu denen sich nordrhein-westfälische Gemeinden und/oder Gemeindeverbände freiwillig zusammenschließen (Kooperationsprojekt).

Förderfähig sind Anschubfinanzierungen für Kooperationen

a) in den vom Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Bekanntmachung der Neufassung vom 1. Oktober 1979 (GV. NRW. S. 621) in der jeweils geltenden Fassung zugelassenen Formen und

b) auf Grundlage von sonstigen öffentlich-rechtlichen Verträgen, die die Zusammenarbeit zur Erledigung öffentlicher Aufgaben regeln.

2.2 Erweiterung bestehender Kooperationen

Als Kooperationsprojekt gilt auch die Erweiterung einer in den Formen nach Nummer 2.1 Buchstabe a) oder Buchstabe b) bestehenden Kooperation um

a) einen neuen Aufgabenbereich, in dem bisher keine Zusammenarbeit erfolgt ist oder

b) um einen neuen Beteiligten, der bisher nicht an der Zusammenarbeit teilgenommen hat.

Dabei muss die Erweiterung nach Buchstabe a) oder b) unbeschadet der bereits bestehenden Zusammenarbeit die übrigen Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen, insbesondere muss in der Erweiterung ein wesentlicher Beitrag zur Aufgabenerfüllung (Nummer 4.1) der Beteiligten beziehungsweise des hinzutretenden Beteiligten liegen.

2.3 Grenzüberschreitende Kooperationen

Gefördert werden können auch Kooperationsprojekte, die über die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen hinausgehen, wenn und soweit an ihnen nordrhein-westfälische Gemeinden und/oder Gemeindeverbände beteiligt sind.

2.4 Aufgabenbereiche

Zuwendungen nach dieser Richtlinie können für Kooperationsprojekte insbesondere in folgenden Aufgabenbereichen gewährt werden:

a) Aufgaben der allgemeinen Verwaltung, insbesondere in den Bereichen Innere Verwaltung, Finanzwirtschaft, Sicherheit und Ordnung, Gebäude-und Liegenschaftsmanagement, Datenverarbeitung und Personal oder

b) Aufgaben der Daseinsvorsorge und der kommunalen Infrastruktur.

Es können auch Zuwendungen für Kooperationsprojekte in anderen Aufgabenbereichen gewährt werden.

3. Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind alle nordrhein-westfälischen Gemeinden und Gemeindeverbände und deren Zusammenschlüsse in der Rechtsform der juristischen Person des öffentlichen Rechts.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

4.1 Wesentlichkeit

Die Zusammenarbeit darf sich nicht nur auf unwesentliche Beiträge zur Aufgabenerfüllung beschränken.

4.2  Bestand

Die Kooperation muss auf Dauer, mindestens jedoch auf den Bestand von fünf Jahren ab ihrem rechtswirksamen Zustandekommen angelegt sein.

4.3 Kosteneinsparung, sonstiger Mehrwert

Durch die Kooperation soll eine Verringerung der Personal- und Sachaufwendungen oder eine Ertragssteigerung in dem jeweiligen Aufgabenbereich in Höhe von mindestens 15 Prozent erzielt werden (Kosteneinsparung). Wird eine bestehende Kooperation um einen neuen Beteiligten oder mehrere neue Beteiligte nach Nummer 2.2 Buchstabe b) erweitert, soll die Kosteneinsparung nur bei dem beziehungsweise den hinzutretenden Beteiligten erzielt werden.

Die Kosteneinsparung ist grundsätzlich zu ermitteln durch eine Gegenüberstellung des Aufwands, der für die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der Kooperation veranschlagt wird, mit dem Aufwand, der ohne die Kooperation angefallen wäre. Bei der Ermittlung der Kosteneinsparung bleibt die Zuwendung nach dieser Richtlinie außer Betracht.

Auf die Erzielung der Kosteneinsparung kann verzichtet werden, wenn ein sonstiger gewichtiger Mehrwert dadurch erzielt wird, dass die Kooperation

a) zu einer wesentlichen Verbesserung des öffentlichen Leistungsangebots führt.

b) einen erheblichen und nachhaltigen Beitrag zur gemeinsamen Lösung kommunaler Aufgabenstellungen leistet, die ansonsten auf örtlicher Ebene nicht gleich wirksam erledigt werden können.

 

Die Verbesserung nach Buchstabe a) kann insbesondere darin bestehen, dass neue Leistungen erstmals oder bereits angebotene Leistungen in kürzerer Zeit, erweitertem Umfang oder gesteigerter Qualität erbracht werden, wenn hieran ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit beziehungsweise der Berechtigten besteht. Der Beitrag nach Buchstabe b) kann insbesondere darin bestehen, dass kommunale Aufgaben durch eine gemeinsame Entwicklung, Planung, Koordinierung oder Ressourcennutzung erfüllt werden, die von den einzelnen beteiligten Gemeinden und/oder Gemeindeverbänden nicht mit gleicher Wirksamkeit oder nicht in gleicher Güte erledigt werden können. 

Im Antrag ist darzustellen, wie die voraussichtliche Kosteneinsparung beziehungsweise der sonstige gewichtige Mehrwert im Rahmen der Mindestbestandsdauer erreicht werden sollen.

4.4 Gremienbeschluss

Eine Förderung soll nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass entsprechende Beschlüsse der Entscheidungsgremien der beteiligten Gemeinden, Gemeindeverbände und Zusammenschlüsse in der Rechtsform der juristischen Person des öffentlichen Rechts vorliegen. Die Beschlüsse müssen die Form und den Gegenstand der Kooperation bestimmen.       

4.5 EU-Beihilferecht

Die EU-beihilferechtliche Förderfähigkeit eines Vorhabens wird im Einzelfall von der Bewilligungsbehörde geprüft und dokumentiert.

5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1 Art und Form der Zuwendung, Finanzierungsart

Zuwendungen nach dieser Richtlinie werden im Wege der Projektförderung gewährt. Die Förderung erfolgt in Form der Festbetragsfinanzierung.

5.2 Zuwendungsfähigkeit

5.2.1 Zuwendungsfähige Ausgaben

Gegenstand der Förderung sind Ausgaben, die notwendig sind, um neue Kooperationen nach Nummer 2 anzubahnen, vorzubereiten und einzurichten. Hierzu zählen auch Dienstleistungen durch Dritte (zum Beispiel Begutachtung, Beratung, Moderation), Sachmittel und Ausstattung sowie Aufwendungen für zusätzliches, projektbezogenes Personal. Laufende Personalkosten, die nicht dem Kooperationsprojekt zuzuordnen sind, sind ebenso wie die Kooperation als solche nicht Gegenstand der Förderung.

Entsprechend Nummer 2.3.1. der VV für Zuwendungen an Gemeinden (zu § 44 LHO, Teil II der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung) (im Folgenden VVG genannt) können Gemeinausgaben (Anlage 4) gefördert werden, wenn im Rahmen des Kooperationsprojekts Personalausgaben gefördert werden. Wenn Gemeinausgaben gefördert werden, so erfolgt dies in Form einer Pauschale. Die Pauschale gilt sowohl bei der Bemessung, als auch bei der Abrechnung der Zuwendung und beträgt 15 Prozent der Personalausgaben.

Bei über die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen hinausgehenden Kooperationsprojekten nach Nummer 2.3 sind nur die Ausgaben der nordrhein-westfälischen Beteiligten zuwendungsfähig.

5.2.2 Beendigung des Kooperationsprojekts

Der Zuwendungszweck kann auch dann erfüllt sein, wenn das Kooperationsprojekt aus fachlichen Gründen im Einvernehmen aller Beteiligten vorzeitig beendet wird.

5.3 Zuwendung

5.3.1 Höhe der Zuwendung

Für jedes förderfähige Kooperationsprojekt mit zwei nordrhein-westfälischen Beteiligten wird eine Zuwendung in Höhe von 150 000 Euro gewährt. Der Zuwendungsbetrag wird für jeden weiteren nordrhein-westfälischen Beteiligten um jeweils 30 000 Euro erhöht. Für über die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen hinausgehende Kooperationsprojekte nach Nummer 2.3 mit nur einem nordrhein-westfälischen Beteiligten wird eine Zuwendung in Höhe von 75 000 Euro gewährt.

Wird eine bestehende Kooperation um einen neuen Beteiligten oder mehrere neue Beteiligte nach Nummer 2.2 Buchstabe b) erweitert, wird für jeden neuen nordrhein-westfälischen Beteiligten eine Zuwendung in Höhe von 30 000 Euro gewährt.

Kooperationsprojekte, die eine besonders innovative oder intensive Zusammenarbeit zum Gegenstand haben und daher über einen besonderen Vorbildcharakter verfügen, können im Einzelfall mit einem erhöhten Förderbetrag gefördert werden.

Die Zuwendung darf die tatsächlichen zuwendungsfähigen Ausgaben einschließlich der unter 5.2 genannten Gemeinausgaben

a) in Höhe von 80 Prozent oder

b) in Höhe von 90 Prozent, wenn eine der Beteiligten Nothaushalts-, Haushaltssicherungs- oder Stärkungspaktkommune gemäß § 28 Absatz 3 Satz 3 des Haushaltsgesetzes 2019 vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 804) ist,  

nicht überschreiten. Etwaige im Zusammenhang mit dem Zuwendungszweck stehende Mittel Dritter sind auf die Zuwendung anzurechnen und vermindern den Eigenanteil nicht.    

Für eine bestehende Kooperation einschließlich späterer Erweiterungen nach Nummer 2.2 darf die Summe aller Zuwendungen nach dieser Richtlinie insgesamt 300 000 Euro nicht überschreiten.

In Fällen der Nummer 5.2.2 darf die Förderung einen Anteil in Höhe von 50 Prozent des Zuwendungsbetrages nicht überschreiten. 

5.3.2 Rückforderung

Werden die Voraussetzungen nach Nummer 4.2 oder 4.3 nicht erfüllt, kann die Zuwendung ganz oder teilweise zurückgefordert werden.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Neben den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an

Gemeinden (Anlage 1 zu Nummer 5.1 der VV für Zuwendungen an Gemeinden) (im Folgenden ANBest-G genannt) sind die aus dem Bescheidmuster (Anlage 2) ersichtlichen Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid aufzunehmen und, soweit im Einzelfall geboten, zu ergänzen.

7. Verfahren

7.1 Antragsverfahren

Anträge auf Gewährung von Zuwendungen nach dieser Richtlinie sind von einem der antragsberechtigten Beteiligten für das jeweilige Kooperationsprojekt zu stellen.

Der Antrag ist auf dem Dienstweg bei der zuständigen Bewilligungsbehörde schriftlich einzureichen. Hierbei ist der anliegende Antragsvordruck (Anlage 1) zu verwenden.    

Der Antrag muss eine Projektbeschreibung und einen Kosten- und Finanzierungsplan enthalten sowie die Erfüllung der Zuwendungsvoraussetzungen in der zum Zeitpunkt der Antragstellung möglichen Genauigkeit schlüssig darstellen.

7.2 Bewilligungsverfahren

7.2.1 Bewilligungsbehörde

Zuständige Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung, in deren Bezirk die Antragstellerin ihren beziehungsweise der Antragsteller seinen Sitz hat. Nach vollständiger Prüfung des Antrags und vor Erlass eines Bewilligungsbescheids legt die zuständige Bewilligungsbehörde den Antrag dem für Kommunales zuständigen Ministerium mit der Bitte um Zustimmung vor.

7.2.2 Bewilligungsbescheid

Die Mittel werden den Gemeinden und Gemeindeverbänden projektbezogen bewilligt. Bei der Bewilligung ist das anliegende Bescheidmuster (Anlage 2) zu verwenden.

7.3 Auszahlung

Die Zuwendung wird abweichend von Nummer 1.4 ANBest-G wie folgt ausgezahlt: Ein Anteil in Höhe von 50 Prozent des Zuwendungsbetrags wird mit dem Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheids ausgezahlt. Der übrige Anteil wird nach Vorlage und Prüfung des Verwendungsnachweises ausgezahlt.

7.4 Verwendung der Zuwendung

Vor Abschluss des Kooperationsprojektes ausgezahlte Zuwendungsmittel sind innerhalb des im Zuwendungsbescheid bestimmten Durchführungszeitraums zur Erfüllung des im Zuwendungsbescheid bestimmten Zwecks zu verwenden.

Abweichend von Nummer 9.3.1 ANBest-G kann ein Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit auch in Betracht kommen, soweit die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger vorher ausgezahlte Beträge nicht innerhalb des Durchführungszeitraums zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet.

Abweichend von Nummer 9.5 Satz 1 ANBest-G können für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung ebenfalls Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 49a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) in der jeweils geltenden Fassung verlangt werden, wenn vorher ausgezahlte Beträge nicht innerhalb des Durchführungszeitraums zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet worden sind und der Zuwendungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen wird.

7.5 Nachweis der Verwendung

Die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung ist abweichend von Nummer 7.1 ANBest-G gegenüber der Bewilligungsbehörde innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf von einem Jahr nach Ende des Durchführungszeitraums nachzuweisen. Hierzu ist das anliegende Muster für den Nachweis Verwendung (Anlage 3) zu verwenden. Im Rahmen des Sachberichts ist auf die Einhaltung der Zuwendungsvoraussetzungen nach Nummer 4 dieser Richtlinie einzugehen. Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel wird von der Bewilligungsbehörde geprüft.

8. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am 31.8.2024 außer Kraft

MBl. NRW. 2019 S. 290