Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2008 Nr. 9 vom 31.3.2008 Seite 167 bis 188

Informationswege und Maßnahmen bei Qualitätsmängeln von Arzneimitteln
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Norm
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
Anlage3
 

Informationswege und Maßnahmen bei Qualitätsmängeln von Arzneimitteln

Informationswege
und Maßnahmen bei Qualitätsmängeln
von Arzneimitteln

Bek. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales III C 4 – 0611.63.3 -
v. 12.2.2008

1
Allgemeines

Durch Qualitätsmängel von Arzneimitteln können Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen. Bei unvorhergesehenem Auftreten dieser Mängel sind die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und erforderlichenfalls auch länderübergreifend zu koordinieren.

Die nachstehenden Regelungen für das Verhalten bei Bekanntwerden von Qualitätsmängeln bei Arzneimitteln wenden sich an die Behörden, denen Überwachungsaufgaben nach dem Arzneimittelgesetz obliegen.

Den pharmazeutischen Unternehmern (Stufenplanbeauftragten) und Großhandelsbetreibern, Krankenhäusern, Angehörigen der Heilberufe sowie anderen Personen und Institutionen, die mit Arzneimitteln umgehen, wird diese Bekanntmachung zur Kenntnis gegeben. Sie soll diesen zur Orientierung für ein angemessenes Verhalten bei Qualitätsmängeln von Arzneimitteln dienen.

Diese Bekanntmachung erläutert die bundesrechtlichen und die zwischen den Ländern abgestimmten Regelungen zum Vorgehen bei Arzneimittelrisiken.

Andere Vorschriften, insbesondere die Mitteilungspflichten nach dem Arzneimittelgesetz, den Berufsordnungen der Heilberufe sowie nach der Apothekenbetriebsordnung bleiben unberührt.

2
Qualitätsmängel

2.1
In Betracht kommen insbesondere:

- Mängel der Beschaffenheit (Identität, Gehalt, Reinheit, sonstige chemische, physikalische und biologische Eigenschaften) eines Arzneimittels; bei Gegenständen, die als Arzneimittel gelten, auch Mängel technischer Art,

- Mängel der Behältnisse und der äußeren Umhüllungen,

- Mängel der Kennzeichnung und der Packungsbeilage,

- Arzneimittelfälschungen und

- Verwechslungen und Untermischungen.

2.2
Bei der Erfassung und Weiterleitung von Qualitätsmängeln von Arzneimitteln ist insbesondere die

"Bekanntmachung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 Arzneimittelgesetz (AMG)" in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.

3
Informationswege

3.1
Pharmazeutische Unternehmer teilen Qualitätsmängel bei Arzneimitteln

- in angemessener Zeit bei Mängeln der Klasse 3 und

- unverzüglich bei Mängeln der Klasse 1 und 2
im Sinne des Rapid Alert Systems der EU

der für sie zuständigen Bezirksregierung als

Rapid Alert Notification of a Quality Defect / Recall“ (Anlage 1)

unter Beachtung der

„Einteilung in Risikoklassen nach RAS“ (Anlage 2)

per Telefax ggf. ergänzend per E-mail oder telefonisch vorab mit.

Bezirksregierung Arnsberg
Seibertzstr. 1
59821 Arnsberg
Tel. Zentrale: 02931/82-2281
Fax: 02931/82-46167
E-mail: Bezirksregierung-Arnsberg-Gefahrenabwehr@bra.nrw.de

Bezirksregierung Detmold
Leopoldstr. 13 - 15
32756 Detmold
Tel. Zentrale: 05231/71-0
Fax: 05231/71-2411
E-mail: poststelle@brdt.nrw.de

Bezirksregierung Düsseldorf
Cecilienallee 2
40474 Düsseldorf
Tel. Zentrale: 0211/475-0
Fax: 0211/475-5977
E-mail: poststelle@brd.nrw.de

Bezirksregierung Köln
Zeughausstr. 4 – 10
50667 Köln
Tel. Zentrale: 0221/147-0
Fax: 0221/147-3424
E-mail: poststelle@bezreg-koeln.nrw.de

Bezirksregierung Münster
Domplatz 1 – 3
48143 Münster
Tel. Zentrale: 0251/411-0
Fax: 0251/411-2137
E-mail: poststelle@bezreg-muenster.nrw.de

Ist dies in begründeten Einzelfällen (z. B. bei Nichterreichbarkeit außerhalb der Dienststunden) nicht oder nicht zeitgerecht möglich, richten die pharmazeutischen Unternehmer die Meldung nach vorheriger telefonischer Ankündigung an die Landesleitstelle des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW  
Tel.:  02131/1256-4600
Fax:  02131/1256-4699
E-mail: landesleitstelle.lzpd@polizei.nrw.de.

In diesen Fällen informiert die Landesleitstelle des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW den "Meldekopf nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr" der zuständigen Bezirksregierung.

Die Bezirksregierung informiert die zuständige Bundesoberbehörde und
- soweit erforderlich - das
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS),
Fürstenwall 25, 40219 Düsseldorf

Tel. Zentrale: 0211/855-5
Fax: 0211/855-3662
E-mail: poststelle@mags.nrw.de

bzw. bei Nichterreichbarkeit außerhalb der Dienststunden
das Lagezentrum Polizei im Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen,
Haroldstr. 5, 40213 Düsseldorf

Tel.: 0211/871-3340
Fax: 0211/871-3231
E-mail: lagezentrum@im.nrw.de.

Das Lagezentrum erhält vom MAGS eine Liste der verantwortlichen Personen des MAGS.

3.2
Apothekenleiter sind bei Beanstandungen der Qualität von Arzneimitteln gemäß § 21 Apothekenbetriebsordnung verpflichtet, unverzüglich ihre zuständige Aufsichtsbehörde, die untere Gesundheitsbehörde (Anlage 3 oder www.liga.nrw.de/Gesundheit/Links/Gesundheits-ämter) zu benachrichtigen.
Entsprechendes gilt auch für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte, Zahnärzte und Heilpraktiker sowie andere Personen und Institutionen, die mit Arzneimitteln umgehen.

3.3
Die Gesundheitsämter und andere Behörden berichten, sofern ihnen Qualitätsmängel bei Arzneimitteln bekannt werden, diese unverzüglich der für sie zuständigen Bezirksregierung.

4
Maßnahmen

4.1
Die zuständige Bezirksregierung leitet in Kenntnis der veranlassten bzw. zu veranlassenden Maßnahmen des pharmazeutischen Unternehmers und - soweit erforderlich im Einvernehmen mit dem MAGS - die notwendigen Maßnahmen ein. Bei Arzneimitteln, die von der EU-Kommission zentral zugelassen worden sind, beachtet sie die Hinweise unter Nummer 6.

Die Maßnahmen können entsprechend den jeweiligen Erfordernissen insbesondere

- eine abgestufte gezielte Information des anzusprechenden Personenkreises
(z.B. Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, pharmazeutischer Großhandel),

- den Rückruf oder die Sicherstellung bestimmter Arzneimittel bzw. einzelner Chargen oder

- eine allgemeine Warnung an die Bevölkerung über Presse, Rundfunk und Fernsehen

umfassen. Im Bedarfsfall kann sie auch die Amtshilfe der Polizei bzw. der Leitstellen für Feuerschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Anspruch nehmen.

4.2
Kreise und kreisfreie Städte und Heilberufskammern sollten Regelungen treffen zur

- Erreichbarkeit bestimmter Personengruppen,

- Veröffentlichung von Warnmeldungen über Presse, Rundfunk und Fernsehen und zur

- Erreichbarkeit der Leitstellen für Feuerschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz

insbesondere an Wochenenden und Feiertagen.

4.3
Die Bezirksregierung hat beim pharmazeutischen Unternehmer darauf hinzuwirken, dass eigenverantwortlich veranlasste und durchgeführte Maßnahmen, insbesondere Rückrufe, rechtzeitig mit ihr abgestimmt werden. Sie hat den Vollzug von Maßnahmen unverzüglich mitteilen zu lassen und diesen beim pharmazeutischen Unternehmer zu überprüfen.

4.4
Für die länderübergreifende Koordinierung von Maßnahmen bei Qualitätsmängeln von Arzneimitteln ist das für den pharmazeutischen Unternehmer zuständige Land federführend. Sind mehrere Länder federführend betroffen, sollen die erforderlichen Maßnahmen durch die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) koordiniert werden. Erforderlichenfalls kann auch eine gutachterliche Stellungnahme bei der zuständigen Bundesoberbehörde angefordert werden. Über die beabsichtigten oder bereits veranlassten Maßnahmen informiert das MAGS die übrigen Obersten Landesgesundheitsbehörden und die zuständige Bundesoberbehörde. Im Interesse eines einheitlichen Vollzuges orientieren sich die anderen Länder an diesen Maßnahmen.

4.5
Besteht bei Qualitätsmängeln von Arzneimitteln der Verdacht, dass der Zulassungsstatus betroffen ist oder liegt eine staatliche Chargenfreigabe vor, unterrichtet die Bezirksregierung unverzüglich die zuständige Bundesoberbehörde, nachrichtlich das MAGS. Ggf. erforderliche Maßnahmen nach § 69 AMG bleiben hiervon unberührt.

4.6
Untersuchungen und Begutachtungen, die im Zusammenhang mit im Land Nordrhein-Westfalen festgestellten Qualitätsmängeln bei Arzneimitteln erforderlich werden, führt die amtliche Arzneimitteluntersuchungsstelle des Landes durch.

5
Rapid Alert System (RAS) der EU

5.1
Auf Qualitätsmängel, über die die zuständige Bundesoberbehörde die Obersten Landesgesundheitsbehörden im Rahmen des RAS informiert, finden die vorstehenden Regelungen entsprechende Anwendung.

5.2
Über Maßnahmen nach Nummer 7.2 des Stufenplanes informieren die Bezirksregierungen mit dem RAS-Formblatt (Anlage 1) die zuständige Bundesoberbehörde und nachrichtlich das MAGS.

6
Zentral zugelassene Arzneimittel

6.1
Auf Qualitätsmängel bei Arzneimitteln, die im Zusammenhang mit Arzneimitteln stehen, die von der EU-Kommission zentral zugelassen wurden, finden diese Regelungen ebenfalls Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde unterrichtet die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA).

6.2
Die Koordination von Maßnahmen erfolgt durch die EMEA. Deren Vorgaben werden über die zuständige Bundesoberbehörde den Obersten Landesgesundheitsbehörden zugeleitet. Das MAGS informiert die Bezirksregierungen, diese treffen die erforderlichen Maßnahmen und berichten dem MAGS über deren Vollzug.

6.3
Soweit zum Schutz der Gesundheit erforderlich, untersagt die Bezirksregierung im Einvernehmen mit dem MAGS und im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde insbesondere das Inverkehrbringen. Die zuständige Bundesoberbehörde unterrichtet die EMEA über die Maßnahme.

7
Diese Bekanntmachung ersetzt mit sofortiger Wirkung die Bekanntmachung des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit v. 22.4.1999 – III B 5-0611.62.

Anlagen 1 bis 3

- MBl. NRW. 2008 S. 179