Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2008 Nr. 28 vom 17.10.2008 Seite 503 bis 516

Orientierungsdaten 2009 - 2012 für die Haushalts- und Finanzplanungen der Gemeinden (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen Rd.Erl. d. Innenministeriums - 33 - 46.05.00 - 9076/08 - v. 2.10.2008
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Orientierungsdaten 2009 - 2012 für die Haushalts- und Finanzplanungen der Gemeinden (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen Rd.Erl. d. Innenministeriums - 33 - 46.05.00 - 9076/08 - v. 2.10.2008

II.

Orientierungsdaten 2009 - 2012
für die Haushalts- und Finanzplanungen der Gemeinden (GV)
des Landes Nordrhein-Westfalen

Rd.Erl. d. Innenministeriums - 33 - 46.05.00 - 9076/08 -
v. 2.10.2008

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 Abs. 2 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO NRW) vom 16.11.2004 (GV. NRW, S. 644) zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.1.2005 (GV. NRW. S. 15) in Verbindung mit § 9 des NKF-Einführungsgesetzes NRW vom 16.11.2004 (GV. NRW. S. 644) geändert durch GO-Reformgesetz vom 9.10.2007 (GV. NRW. S. 380) im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Orientierungsdaten 2009 bis 2012 für die Haushalts- und Finanzplanungen der Gemeinden und Gemeindeverbände (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt. Die Orientierungsdaten sind mit Hinweisen zu einzelnen Daten diesem Runderlass als Anlage beigefügt.

1.
Grundlagen der Orientierungsdaten 2009 - 2012

Die Orientierungsdaten 2009 - 2012 beziehen sich erstmals auf einen Planungszeitraum, in dem alle Gemeinden (GV) in Nordrhein-Westfalen ihr Rechnungswesen auf der Grundlage des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) führen. Sie beschränken sich daher auf Planungsdaten für Erträge und Aufwendungen. Als Datenbasis für die Prognose der Entwicklung von Erträgen und Aufwendungen sind die amtlichen finanzstatistischen Daten auf kameraler Grundlage herangezogen worden, weil finanzstatistische Daten auf der Grundlage des NKF noch nicht zur Verfügung stehen. Die finanzstatistischen Daten des bisherigen Rechnungswesens sind zudem durch die nach und nach erfolgten Umstellungen zum NKF in ihrer Aussagefähigkeit beeinträchtigt. Insoweit sind die Prognosen, die den Orientierungsdaten zu Grunde liegen, - zumindest im Bereich der Aufwendungen - mit erheblichen Risiken belastet.

Für die Haushalts- und Finanzplanung der Gemeinden (GV) haben die Orientierungsdaten trotz der genannten Einschränkungen einen hohen Informations- und Aussagewert, denn sie berücksichtigen:

- Zielprojektionen des Finanzplanungsrates, insbesondere seine Empfehlungen zur Begrenzung der Neuverschuldung und zur Begrenzung des Wachstums der öffentlichen Ausgaben/Aufwendungen,

- die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

- die Stabilitätskriterien der Europäischen Union,

- die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs und

- aktuelle Erkenntnisse des Innenministeriums.

Den Berechnungen liegt die gesamtwirtschaftliche Projektion der Bundesregierung vor der Steuerschätzung vom Mai 2008 zu Grunde. Zu diesem Zeitpunkt ging die Bundesregierung davon aus, dass der Zuwachs des realen Bruttoinlandproduktes im Jahr 2008 rund 1,7 v. H., im Jahr 2009 rund 1,2 v. H. und in den Jahren 2010 bis 2012 rund 1,5 v. H. betragen wird. Aktuelle Wirtschaftsprognosen gehen jedoch von einer Abkühlung der Konjunktur aus. Die Bundesregierung hat Ende September 2008 angekündigt, dass das Wirtschaftswachstum deutlich unter den genannten Werten bleiben könnte. Mitte Oktober sollen aktuelle Konjunkturprognosen vorgestellt werden. Angesichts der zurzeit nicht absehbaren Auswirkungen der weltweiten Banken- und Finanzkrise auf die Konjunktur- und Steuerentwicklung in Deutschland wird jedoch empfohlen, bei den Ertragsprognosen die weitere Entwicklung genau zu beobachten und grundsätzlich nach dem Vorsichtsprinzip eher von niedrigeren Veränderungsraten auszugehen als sie in der Anlage unter A 1 angegeben sind.

2.
Steuerschätzungen und Annahmen der Erträge

Die Orientierungsdaten zu den steuerlichen Erträgen und zum kommunalen Finanzausgleich basieren auf der für das Land Nordrhein-Westfalen vom Finanzministerium NRW regionalisierten Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzung von Mai 2008 und dem geltenden Steuerrecht, das heißt die von der Bundesregierung erwarteten Wirkungen der Unternehmensteuerreform sind einbezogen. Darüber hinaus berücksichtigen die Schätzungen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer die tatsächlichen Steuereinnahmen des Landes während der ersten sieben Monate des Jahres 2008. In die Gewerbesteuerschätzung sind die bisher vorliegenden statistischen Ergebnisse für das erste Halbjahr 2008 eingeflossen. Dabei ist zu bedenken, dass nach vorliegenden Erkenntnissen zahlreiche Unternehmen in der ersten Jahreshälfte ihre Gewerbesteuervorauszahlungen noch nicht angepasst haben (vgl. Anlage, Hinweis Nr. 4).

Auf Landesebene wurden der Entwurf des Haushaltsgesetzes des Landes für das Haushaltsjahr 2009 und der Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) 2009 nach dem Stand vom 14. August 2008 (Landtag Drs. 14/7002) berücksichtigt. Insbesondere die Daten für den kommunalen Finanzausgleich stehen unter dem Vorbehalt der Beschlüsse des Landtags Nordrhein-Westfalen. Das Innenministerium hat den kommunalen Spitzenverbänden am 27. August 2008 eine erste Modellrechnung für die voraussichtlichen Zuweisungen auf der Grundlage des o.g. GFG-Gesetzentwurfs zur Verfügung gestellt. Sobald die endgültigen Daten über die exakte Einnahmehöhe der Verbundsteuern im Referenzzeitraum und die Ergänzungsvorlage der Landesregierung vorliegen, wird – voraussichtlich Ende Oktober/ Anfang November – eine zweite Modellrechnung zur Verfügung gestellt.

3.
Begrenzung des Wachstums der Aufwendungen

Der Finanzplanungsrat hat in seiner Sitzung in Juli 2008 die aktuelle Lage der öffentlichen Haushalte, die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Gestaltung der Haushalte 2009 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2012 sowie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion erörtert.

Die positive konjunkturelle Entwicklung und die erfolgreichen Konsolidierungsbemühungen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite haben entscheidend dazu beigetragen, dass der Öffentliche Gesamthaushalt im Jahr 2007 erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung ausgeglichen war. Der Bund konnte sein Defizit auf 14,7 Mrd. EUR reduzieren. Die Länder wiesen in ihrer Gesamtheit einen Überschuss in Höhe von ca. 3 Mrd. EUR auf, die Kommunen von 8,6 Mrd. EUR. Neun Länder erzielten einen positiven Finanzierungssaldo. Die Schuldenstandsquote wurde von 67,6 Prozent im Jahr 2006 auf 65,0 Prozent im Jahr 2007 reduziert. Mehrere Länder und zahlreiche Kommunen haben damit begonnen, ihre Schuldenlast abzubauen.

Trotz wieder gestiegener Belastungen der öffentlichen Haushalte wird im laufenden Jahr nur eine leichte Verschlechterung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos erwartet. Dennoch dürfte der Staatshaushalt nach den Maastricht-Kriterien auch in den Jahren 2008 und 2009 ausgeglichen werden. Bei fortgesetzter Konsolidierung ist in der mittleren Frist mit einer weiteren Verbesserung auf allen Ebenen zu rechnen. Angesichts der demographischen Entwicklung, aber auch vor dem Hintergrund der Risiken hinsichtlich der weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklung gibt es zur Konsolidierung aller öffentlichen Haushalte keine Alternative. Denn geringere Schulden heute bedeuten größere Haushaltsspielräume morgen. Auf dem Weg zu einem strukturellen Haushaltsausgleich muss daher die Zuwachsrate der Ausgaben mittelfristig deutlich unterhalb der Zuwachsrate der Einnahmen liegen.

Diesen Zielen sind Länder und Kommunen verpflichtet. Die kommunalen Haushalts- und Finanzplanungen sind daran auszurichten.

Grundsätzlich bestehen für die Gemeinden (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen infolge der erheblichen Fehlbetragslasten der Vergangenheit, die sich in den Bilanzen vor allem in den hohen Krediten zur Liquiditätssicherung zeigen, weiterhin hohe Konsolidierungsanforderungen. Im Einzelnen wird dazu auf die Kommunalfinanzberichte des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen (zuletzt „Kommunalfinanzbericht August 2008; www.im.nrw.de „Bürger und Kommunen“ / „Haushalte und Finanzen der Kommunen“ / „Kommunalfinanzberichte“).

Nach einem über 13 Jahre andauernden Rückgang der kommunalen Sachinvestitionen (ohne Quantifizierung der Investitionen in ausgegliederten Einrichtungen) sollte die Finanzwirtschaft dort, wo es stabile Finanzverhältnisse erlauben, von Konsumaufwendungen stärker zu Investitionen umgesteuert werden. Dabei ist der Kurs fortzusetzen, die Neuverschuldung zu reduzieren und mittel- bis langfristig einen Schuldenabbau anzustreben.

Einen wesentlichen Teil der Aufwendungen im sozialen Bereich bilden die kommunalen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Die Höhe der Beteiligung des Bundes an den kommunalen Leistungen für Unterkunft und Heizung wird gemäß § 46 Abs. 7 SGB II seit dem Jahr 2008 nach Maßgabe der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften angepasst. Bei einem Sinken der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften verringert sich dann somit auch die Höhe der Bundesbeteiligung unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung der Aufwendungen in diesem Bereich.

4.
Gewerbesteuerumlage

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird nachfolgend in einer Tabelle angegeben:

Jahr

„Normal-Vervielfältiger“

§ 6 Abs. 3 GFRG

Erhöhung

§ 6 Abs. 3 GFRG

(ab 1995)

Erhöhung für

die Abwicklung des Fonds

"Dt. Einheit"

§ 6 Abs. 5 GFRG *

Gesamt-Vervielfältiger

Bund

Länder

Länder

Länder

2008

12

18

29

6*

65

2009

13

19

29

6*

67

2010

14,5

20,5

29

5*

69

2011

14,5

20,5

29

5*

69

2012

14,5

20,5

29

5*

69

 

*) Die Erhöhungszahl für den Vervielfältiger wird durch Rechtsverordnung des Bundes festgesetzt. Die Angaben beruhen für die Jahre ab 2009 auf der Steuerschätzung vom Mai 2008. Der Vervielfältiger für das Jahr 2009 wird voraussichtlich im November 2008 ermittelt.

5.
Beteiligung der Kommunen an den finanziellen Folgelasten des Landes aufgrund der Deutschen Einheit

Finanz- und Innenministerium führen zurzeit Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden mit dem Ziel, alle Fragen, die sich bei der Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2007 für die Gemeindefinanzierungsgesetze 2006, 2007, 2008 und darüber hinaus für die gesamte Laufzeit des Solidarpakts II bis zum Jahr 2019 stellen, einvernehmlich zu lösen. Daher sind in die Orientierungsdaten weder Erstattungen an die Gemeinden und Gemeindeverbände noch Rückzahlungsansprüche des Landes eingeflossen.

6.
Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

An den in der Anlage enthaltenen Daten sollen sich die Gemeinden (GV) bei der Aufstellung der Haushalte 2009 und bei der Finanzplanung für die Jahre 2010 bis 2012 entsprechend § 16 Abs. 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) und der §§ 75 Abs. 1 und 84 GO ausrichten. Die Orientierungsdaten sind Durchschnittswerte für alle Gemeinden (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie geben Anhaltspunkte für die individuelle gemeindliche Finanzplanung. Es bleibt die Aufgabe jeder einzelnen Gemeinde (GV), anhand dieser Empfehlungen unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre Finanzplanung zutreffenden bzw. erforderlichen Einzelwerte zu ermitteln und zu bestimmen. Dies gilt besonders für die Schätzung der Erträge aus der Gewerbesteuer, die je nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Ort erheblich von den prognostizierten Durchschnittsentwicklungen abweichen können.

7.
Empfehlungen für die Haushalts- und Finanzplanungen

Für die Gemeinden besteht in den Haushaltsjahren 2009 bis 2012 weiterhin die Chance zur Verbesserung ihrer Finanzlage. Zwar können auf der Ertragseite Steigerungsraten in der Höhe der letzten Jahre nicht mehr erwartet werden, nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zeichnet sich jedoch ab, dass sich die gemeindlichen Steuererträge stabilisieren und tendenziell mittelfristig weiter verbessern. Auch der Zuwachs des kommunalen Steuerverbundes im Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2009 (GFG 2009/Entwurf; Stand: 1. Modellrechnung) um rd. 159,8 Mio. EUR bzw. der Schlüsselzuweisungen des Landes um rd. 136,5 Mio. EUR schafft dafür günstige Voraussetzungen.

Diese und die Aussicht auf weitere steuerliche Mehrerträge sollten Gemeinden (GV) mit ausgeglichener Haushaltswirtschaft dazu nutzen, Vorsorge für schlechtere Zeiten zu treffen, insbesondere indem sie konsequent Verbindlichkeiten abbauen. In Gemeinden (GV), die ihren Haushalt nicht ausgleichen, sind die Mehrerträge zur Verringerung des Fehlbedarfs und der kurzfristigen Verbindlichkeiten zu nutzen. Dies gilt sowohl für die Haushalte, die durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage als ausgeglichen gelten (§ 75 Abs. 2 GO NRW), als auch für Haushalte, für die eine Genehmigung zur Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage erteilt wurde (§ 74 Abs. 4 GO NRW). Erst Recht haben Gemeinden, die zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts (HSK) verpflichtet sind, diese Vorgabe zu berücksichtigen.

Nach Jahren eines starken Anstiegs der Kredite zur Liquiditätssicherung in einer Reihe von Gemeinden des Landes ist es in dieser günstigen Konjunktur- und Steuerertragssituation geboten, diese sukzessive zurückzuführen. Diese Verpflichtung ist finanzwirtschaftlich vorrangig, weil sie zur Stabilisierung und Verbesserung der Bilanz beiträgt und damit die Kreditwürdigkeit der Gemeinde dauerhaft stärkt aber auch die Belastungen durch Zinsen und Tilgungen reduziert sowie die Gefahren zusätzlicher Belastungen durch Zinsänderungen minimiert.

 

- MBl. NRW. 2008 S. 510