Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2009 Nr. 25 vom 30.9.2009 Seite 425 bis 444

Orientierungsdaten 2010 - 2013 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen
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Orientierungsdaten 2010 - 2013 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

II.

Orientierungsdaten 2010 - 2013
für die mittelfristige
Ergebnis- und Finanzplanung
der Gemeinden und Gemeindeverbände
des Landes Nordrhein-Westfalen

Runderlass des Innenministeriums
- 33 - 46.05.00 - 79/09 -
v. 31.8.2009

 

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 Abs. 2 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO NRW) vom 16. November 2004 (GV. NRW. S. 644, berichtigt GV. NRW. 2005, S. 15) in Verbindung mit § 84 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), zuletzt geändert durch Artikel I des Gesetzes zur Förderung der politischen Partizipation in den Gemeinden vom 30. Juni 2009 (GV. NRW. S. 380), im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Orientierungsdaten 2010 bis 2013 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt.

 

 

I.
Allgemeine Erläuterungen

 

Vorbemerkungen

 

Das Innenministerium hat im Januar 2009 ein Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden über die Orientierungsdaten geführt. Das Gespräch hat unter anderem dazu geführt, die Tabelle im Teil II. zu überarbeiten. Insbesondere beschränken sich die Orientierungsdaten im Bereich der Aufwendungen auf die drei Teilbereiche Personalaufwendungen, Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen sowie Sozialtransferaufwendungen. Zur genauen Abgrenzung dieser Bereiche wird auf den finanzstatistischen Kontenrahmenplan verwiesen. Außerdem sind verschiedene Ergänzungen und Änderungen in der Tabelle und in den Erläuterungen vorgenommen worden, die zu einer besseren Verständlichkeit der Planungsdaten und ihrer Grundlagen beitragen sollen.

 

Übereinstimmend wurde in dem Gespräch darüber hinaus festgehalten, dass die Orientierungsdaten früher als in der Vergangenheit im laufenden Jahr zur Verfügung gestellt werden sollen, damit sie rechtzeitig in die Haushaltsplanung einbezogen werden können. Da die Orientierungsdaten maßgeblich von der Mai-Steuerschätzung und der Entscheidung der Landesregierung über den Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes für das folgende Haushaltsjahr abhängen, können sie in der Regel frühestens zur Mitte eines Jahres vorgelegt werden.

 

Das Innenministerium verbindet mit der früheren Bereitstellung der Orientierungsdaten allerdings auch die Erwartung, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufstellung, Beratung und Beschlussfassung über ihren Haushalt wieder an der Vorgabe des § 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2 GO NRW ausrichten. Danach soll die Anzeige der vom Rat (bzw. vom Kreistag oder von der Landschaftsversammlung) beschlossenen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bei der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres, das heißt bis spätestens zum 30. November, erfolgen, damit die Aufsichtsbehörde möglichst vor dem Beginn des neuen Haushaltsjahres das Prüfungsverfahren abschließen kann. Dem Innenministerium ist bewusst, dass im Kommunalwahljahr die Beratung des Haushaltes in den neu gewählten Vertretungen erst nach dem 21. Oktober 2009 beginnen kann. Dennoch sollten die Beratungen auch in diesem Jahr zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen, damit sie möglichst noch vor Beginn des neuen Haushaltsjahres abgeschlossen werden können.

 

Angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich der weiteren Entwicklung in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise wird vorab schließlich besonders darauf hingewiesen, dass die Orientierungsdaten nicht schematisch der Haushaltsplanung zugrunde gelegt werden können. Vielmehr muss die örtliche Haushaltsplanung von den Orientierungsdaten abweichen, wenn zum Beispiel erkennbar wird, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung anders als in den Grundlagen angenommen verläuft, oder wenn sich abzeichnet, dass die örtliche Entwicklung wesentlich von der durchschnittlichen Entwicklung abweicht. Wesentliche Abweichungen der Haushaltsplanung von den Orientierungsdaten sollen den Aufsichtsbehörden erläutert werden.

 

1. Grundlagen der Orientierungsdaten 2010 - 2013

 

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise wirkt sich massiv in der Ergebnis- und Finanzplanungsperiode 2010 bis 2013 aus. Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben zum einen gegenüber den Vorjahren mit einem Rückgang der direkten und indirekten Steuererträge zu rechnen. Zum anderen sind steigende Aufwendungen in den Bereichen Personal, Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen sowie soziale Leistungen zu erwarten. Aktuelle Wirtschaftsprognosen gehen zwar von einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung bereits im laufenden Jahr aus. Jedoch wird die Wirtschaftsleistung in den nächsten Jahren deutlich unter dem Niveau des Jahres 2008 bleiben. Daher sind die Gemeinden und Gemeindeverbände gut beraten, wenn sie bei den Ertrags- und Einzahlungsprognosen die weitere Entwicklung genau beobachten und grundsätzlich nach dem Vorsichtsprinzip eher von niedrigen Veränderungsraten ausgehen.

 

Für die Beurteilung des kommunalen Haushalts kommt es nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen vorrangig auf die Erträge und Aufwendungen an, weil sie zum Beispiel der Maßstab für den Haushaltsausgleich (§ 75 Abs. 2 GO NRW) sind. Allerdings darf die Bedeutung, die der von der Gemeindeordnung auch geforderten angemessenen Liquiditätsplanung (§ 89 Abs. 1 GO NRW) beigemessen wird, nicht unterschätzt werden.

 

Bei den in der Tabelle angegebenen Orientierungsdaten ist zu berücksichtigen, dass die Steuern als „Einzahlungen“ angegeben werden, weil die Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzung von Mai 2009 nach wie vor auf der Basis von „Ausgaben“ und „Einnahmen“ erfolgt, so dass dort nur die tatsächlichen Zuflüsse für das jeweilige Haushaltsjahr geschätzt werden. Eine periodengerechte Zuordnung des Zuflusses, zum Beispiel von Gewerbesteuervoraus- oder -nachzahlungen, kann nicht erfolgen, weil Innen- und Finanzministerium dafür keine Prognosegrundlagen zur Verfügung stehen.

 

Darüber hinaus gibt es große Prognoseunsicherheiten, da zurzeit niemand verlässlich voraussagen kann, wann die Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise greifen. Neben umfangreichen Steuersenkungen im Rahmen der Konjunkturpakete I und II gehören hierzu unter anderem die steuerliche Förderung von Handwerkern und haushaltsnahen Dienstleistungen, erleichterte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, die Umweltprämie sowie die Fördermaßnahmen im Rahmen der Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes. Weiterhin können sich die im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts notwendigen Änderungen, etwa bei der Pendlerpauschale oder der Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen, positiv auf die Kaufkraft und damit auf die Nachfrage auswirken.

 

Die Orientierungsdaten berücksichtigen:

·- die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

·- die Zielprojektionen des Finanzplanungsrates, insbesondere seine Empfehlungen zur strikten Haushaltskonsolidierung,

·- die Stabilitätskriterien der Europäischen Union,

·- die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs und

·- aktuelle Erkenntnisse des Innenministeriums.

 

2. Steuerschätzungen und Annahmen zu Einzahlungen und Erträgen

 

Die Orientierungsdaten zu den steuerlichen Einzahlungen sowie zu den Erträgen aus dem Familienleistungsausgleich und den Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes basieren auf der für das Land Nordrhein-Westfalen vom Finanzministerium NRW regionalisierten Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzung von Mai 2009 und dem geltenden Steuerrecht. Zudem wurde auf Landesebene die Mittelfristige Finanzplanung 2009 bis 2013 berücksichtigt, deren Steueransätze sich an dem von der Mai-Steuerschätzung vorgegebenen Rahmen orientieren und deren Ausgaben auf der Basis der Ansätze des Haushaltsplanentwurfs 2010 fortgeschrieben wurden.

 

3. Begrenzung der Aufwendungen

 

Der Finanzplanungsrat hat in seiner Sitzung am 8. Juli 2009 die aktuelle Lage der öffentlichen Haushalte, die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Gestaltung der Haushalte 2010 und der mittelfristigen Finanzplanungen bis 2013 sowie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion erörtert und hierzu im Wesentlichen einvernehmlich Folgendes festgestellt:

 

„1. Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Abwärtssog der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Sämtliche Wirtschaftsdaten signalisieren die heftigste Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Für das Jahr 2009 ist derzeit davon auszugehen, dass das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorjahr real um rd. 6 Prozent abnehmen wird. Erst im weiteren Verlauf der zweiten Hälfte dieses Jahres ist mit einer konjunkturellen Stabilisierung zu rechnen. Auf dem Arbeitsmarkt hat sich der Negativtrend – auch aufgrund der ergriffenen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen – bislang nur teilweise niedergeschlagen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich jedoch in den nächsten Monaten weiter verschlechtern.

 

2. Die erheblichen Konsolidierungsanstrengungen der letzten Jahre haben es Bund, Ländern und Kommunen erleichtert, notwendige Maßnahmen zur Dämpfung des konjunkturellen Abwärtstrends zu ergreifen. Sowohl die Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors als auch das Wirken der automatischen Stabilisatoren und die darüber hinaus gehenden Maßnahmen zur Konjunkturstimulierung tragen zur Stützung der wirtschaftlichen Entwicklung bei. Allein das Zukunftsinvestitionsgesetz im Rahmen des Konjunkturpakets II sieht zusätzliche öffentliche Investitionen in Höhe von 13,3 Mrd. € vor. Dies begünstigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und führt zu einer Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur, so dass die Wachstumsgrundlagen auch langfristig verbessert werden.

 

3. Nach einem nahezu ausgeglichenen gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo in der Maastrichtabgrenzung 2007 und 2008 ist als Folge der Krise im Jahr 2009 mit einem Defizit von 4 und im Jahr 2010 von 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen. Das Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts wird für 2009 auf 112,5 Mrd. € und für 2010 auf 132,5 Mrd. € geschätzt. In den Jahren 2009 bis 2012 müssen Bund, Länder und Kommunen Steuerausfälle von über 300 Mrd. € im Vergleich zur jeweils letzten Schätzung einplanen. Angesichts der durch die krisenbedingten Mehrausgaben und Mindereinnahmen deutlich verschlechterten Ausgangssituation kann das Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts bis 2013 voraussichtlich nur um 63 Mrd. € abgebaut werden.

 

4. Auf mittlere Sicht gibt es zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung keine Alternative. Mit der Reform der verfassungsrechtlichen Verschuldungsregeln wurden die Weichen für eine langfristig tragfähige Haushaltspolitik gestellt. Zur Einhaltung der beschlossenen Verschuldungsgrenzen und der Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes muss ab 2011 der finanzpolitische Kurs strikter Haushaltskonsolidierung auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite bei Bund, Ländern und Kommunen verstärkt fortgesetzt werden. Nur so kann der strukturelle Haushaltsausgleich erreicht werden.

(Hervorhebungen durch IM NRW).

 

Diesen vom Finanzplanungsrat formulierten Zielen sind Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet. Die kommunalen Ergebnis- und Finanzplanungen sind daran auszurichten.

 

Grundsätzlich bestehen für die Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen weiterhin hohe Konsolidierungsanforderungen. Darauf weisen der Anstieg der Kredite zur Liquiditätssicherung auf 14,6 Mrd. € zum 31. Dezember 2008 und die große Zahl der Gemeinden hin, die ihren Haushalt im Haushaltsjahr 2009 nur durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage ausgleichen können, wobei in den meisten Fällen die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht berücksichtigt waren. Im Einzelnen wird zur Lage der Kommunalfinanzen auf die Kommunalfinanzberichte des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen (www.im.nrw.de „Bürger und Kommunen“ / „Haushalte und Finanzen der Kommunen“ / „Kommunalfinanzberichte“).

 

4. Gewerbesteuerumlage

 

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird nachfolgend in einer Tabelle angegeben:

 

Jahr

Normal-Vervielfältiger

§ 6 Abs. 3 GFRG

Erhöhung

§ 6 Abs. 3 GFRG

(ab 1995)

Erhöhung für

die Abwicklung des Fonds

"Dt. Einheit"

§ 6 Abs. 5 GFRG *

Gesamt-Vervielfältiger

Bund

Länder

Länder

Länder

2009

13

19

29

5

66

2010

14,5

20,5

29

6[1]

70

2011

14,5

20,5

29

61

70

2012

14,5

20,5

29

61

70

2013

14,5

20,5

29

51

69

 

Der Vervielfältiger der Gewerbesteuernormalumlage wurde 2009 um 2 auf 32 Punkte angehoben. Für die Folgejahre sind 35 Punkte eingeplant. Aufgrund des erwarteten Rückgangs des Gewerbesteueraufkommens werden für die fortwirkende Belastung aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ in 2010 wieder 6 Vervielfältigerpunkte angesetzt. Die temporäre Absenkung im Zusammenhang der Unternehmenssteuerreform wird wie geplant zurückgenommen. Dies steht unter dem Vorbehalt der Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen, die nach der Novembersteuerschätzung 2009 erarbeitet wird.

 

5. Beteiligung der Kommunen an den finanziellen Folgelasten des Landes aufgrund der Deutschen Einheit

 

Finanz- und Innenministerium führen Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden mit dem Ziel, alle Fragen, die sich bei der Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2007 für die Gemeindefinanzierungsgesetze 2006, 2007, 2008 und darüber hinaus für die gesamte Laufzeit des Solidarpakts II bis zum Jahr 2019 stellen, einvernehmlich zu lösen. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Auf Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände hat sich die Landesregierung im Jahr 2008 dazu entschlossen, dem Landtag noch keinen Entwurf eines Abrechnungsgesetzes vorzulegen, um ein von den kommunalen Spitzenverbänden in Auftrag gegebenes Gutachten abwarten und in die Gespräche einbeziehen zu können. Daher sind in die Orientierungsdaten weder Erstattungen an die Gemeinden und Gemeindeverbände noch Rückzahlungsansprüche des Landes eingeflossen.

 

6. Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

 

An den Daten zu Einzahlungen und Aufwendungen sollen sich die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung der Haushalte 2010 und bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2011 bis 2013 entsprechend § 16 Abs. 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) und der §§ 75 Abs. 1 und 84 GO NRW ausrichten. Die Orientierungsdaten sind Durchschnittswerte für alle Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie geben Anhaltspunkte für die individuelle gemeindliche Finanzplanung. Es bleibt die Aufgabe jeder einzelnen Gemeinde und jedes Gemeindeverbands, anhand dieser Empfehlungen unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre bzw. seine mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung zutreffenden bzw. erforderlichen Einzelwerte zu ermitteln und zu bestimmen. Dies gilt besonders für die Prognose der Einzahlungen bzw. Erträge aus der Gewerbesteuer, die je nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Ort erheblich von den prognostizierten Durchschnittsentwicklungen abweichen können.

 

7. Empfehlungen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung

 

Die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Haushaltsjahre 2009 bis 2013 wird durch die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise geprägt. Die Planungen werden für die einzelnen Gemeinden und Gemeindeverbände - in Abhängigkeit von der örtlichen Infrastruktur sowie der jeweiligen Haushaltssituation - sehr unterschiedlich sein.

 

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zeichnet sich jedoch ab, dass sich die gemeindlichen Steuereinzahlungen ab dem Jahr 2011 wieder stabilisieren und tendenziell verbessern. Der Höchststand aus dem Jahr 2008 wird jedoch voraussichtlich nicht wieder vor dem Jahr 2013 erreicht werden.

 

Die gesetzliche Pflicht zum Ausgleich des Haushalts in Erträgen und Aufwendungen besteht weiterhin, auch wenn die Rahmenbedingungen für die kommende Planungsperiode den Haushaltsausgleich erschweren. Der Rückgang bei den Steuererträgen und der auch in Folge der Krise steigende Druck auf wesentliche Aufwandspositionen macht es mehr denn je erforderlich, sämtliche Konsolidierungsmöglichkeiten aufzuspüren und auszuschöpfen. In den meisten Gemeinden und Gemeindeverbänden wird es erforderlich sein, besonders im pflichtigen Bereich selbstgesetzte Standards auf ihre Berechtigung zu überprüfen und alle Möglichkeiten zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung zu nutzen. Auch im freiwilligen Bereich wird es erforderlich sein, erneut alle Aufwendungen auf ihre Vertretbarkeit und Angemessenheit zu überprüfen.

 

Eine besondere Herausforderung stellt die Bewältigung der Krisenfolgen insbesondere für die Gemeinden und Gemeindeverbände dar, die bereits in der Vergangenheit keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten. In diesen Gemeinden und Gemeindeverbänden kann es erforderlich sein, die für die Aufwendungen genannten Orientierungsdaten noch zu unterschreiten. Dies gilt sowohl für die Haushalte, die durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage als ausgeglichen gelten (§ 75 Abs. 2 GO NRW), als auch für Haushalte, für die eine Genehmigung zur Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage erteilt wurde (§ 75 Abs. 4 GO NRW) und erst Recht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts (HSK) verpflichtet sind. Im Interesse der Erhaltung kommunaler Selbstverwaltung und der Generationengerechtigkeit muss es oberstes Ziel sein, den Haushaltsausgleich zu erreichen oder wenigstens ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.

 

Besonders kritisch ist die Lage in den Gemeinden und Gemeindeverbänden einzustufen, bei denen im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung die Überschuldung einzutreten droht oder bereits eingetreten ist. Die Anforderungen an das aufzustellende Haushaltssicherungskonzept sind dann noch höher. Es sind Maßnahmen erforderlich, die zum einen die Schieflage des Haushalts beseitigen und zum anderen durch die Erwirtschaftung von Überschüssen das Eigenkapital wieder auf mindestens 1 € erhöhen.

 

Auf den Leitfaden „Maßnahmen und Verfahren zur Haushaltssicherung“ (Runderlass des Innenministeriums vom 6. März 2009) wird hingewiesen.

 

II.
Orientierungsdaten und Erläuterungen

 

1. Orientierungsdaten 2010 – 2013 für die mittelfris-
tige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden
und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-
Westfalen

 

 

 

 

Absolut

Veränderung gegenüber dem Vorjahr

 

 

 

 

Orientierungsdaten

 

2008

2009

2009

2010

2011

2012

2013

in Mio. Euro

in %

 

 

 

 

 

 

 

 

Einzahlungen / Erträge[2]

 

 

 

 

 

 

 

Steuern und ähnliche Abgaben

(Einzahlungen)

19.896

18.286

- 8,1

-5,3

+ 5,0

+ 6,4

+ 6,5

davon:

 

 

 

 

 

 

 

Gemeindeanteil an der

Einkommensteuer[3]

6.258

6.065

- 3,1

- 15,5

+ 6,5

+ 7,0

+ 5,5

Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

840

843

+ 0,4

+ 1,5

+ 2,0

+ 2,4

+ 2,4

Gewerbesteuer (brutto)

10.009

8.537

- 14,7

 - 1,0

+ 5,5

+ 8,0

+ 9,0

Grundsteuer A und B

2.593

2.645

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

Sonstige Steuern und

ähnliche Einzahlungen

196

196

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

Kompensation Familienleistungsausgleich und Kinderbonus (Erträge)

559

620

+ 10,9

+ 2,4

- 10,2

+ 4,4

+ 2,5

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes (Erträge)

7.573

7.973

+ 5,3

- 3,1

- 6,4

+ 2,1

+ 5,0

davon:

 

 

 

 

 

 

 

Allgemeine Zuweisungen (insbes. Schlüsselzuweisungen)

5.079

5.310

+ 4,5

- 3,1

- 6,4

+ 2,8

+ 4,9

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufwendungen

Personalaufwendungen

 

 

 

+1,0

+1,0

+1,0

+1,0

Aufwendungen für Sach- und

Dienstleistungen

 

 

 

+1,0

+1,0

+1,0

+1,0

Sozialtransferaufwendungen

 

 

+ 3,9

+ 5,0

+ 4,0

+ 2,0

+ 2,0

 

 

 

 

 

 

 

 

Umlagegrundlagen

Umlagegrundlagen der Kreisumlagen

21.966

22.876

+ 4,1

-2,0

- 3,9

+ 4,5

+ 4,6

 

2. Erläuterungen

 

Steuern und ähnliche Abgaben

 

Zu den Einzahlungen (siehe auch oben II. 1.) aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben in der Abgrenzung der finanzstatistischen Kontengruppe 60 (für Erträge 40) gehören die Realsteuern, die Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern, die sonstigen Gemeindesteuern (Kontenart 603 bzw. 403), die steuerähnlichen Einzahlungen (Kontenart 604 bzw. 404) und die Leistungen nach dem Familienleistungsausgleich. Die Kompensationsleistungen umfassen 2010 auch die Komponente Kinderbonus in Höhe von 50 Mio. EUR. Nicht in den Beträgen und Veränderungsraten enthalten sind die Einzahlungen für die „Leistungen für die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende“ (Konto 6052 bzw. 4052).

 

Gemeindeanteil an der Einkommensteuer

 

Die Einzahlungen aufgrund des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer werden für das Jahr 2010 auf rd. 5.125 Mio. EUR geschätzt. Die Veränderungsrate für das Jahr 2010 (- 15,5 v. H.) wurde auf Grundlage der erwarteten Einzahlungen in Höhe von 6.065 Mio. EUR für 2009 berechnet. Neben der konjunkturell bedingten Verschlechterung der Einzahlungsentwicklung bewirken die veränderten Abrechnungsmodalitäten für das vierte Quartal den überproportionalen Rückgang in 2010.

 

Der im Dezember an die Gemeinden und Gemeindeverbände ausgezahlte Abschlag für das vierte Quartal betrug in der Vergangenheit bisher immer 100 % der Einnahmen des dritten Vierteljahres. Da aber das vierte Quartal bislang in der Regel sehr aufkommensstark war, hat diese Regelung dazu geführt, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände regelmäßig im Januar des Folgejahres eine Nachzahlung für das vierte Quartal des vergangenen Jahres erhielten; im Januar 2009 waren dies 181 Mio. EUR. Um diese nachgelagerte Zahlung in Zukunft zu vermeiden, enthält die Verordnung über die Aufteilung und Auszahlung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und die Abführung der Gewerbesteuerumlage für die Haushaltsjahre 2009, 2010 und 2011 (EStGemAntV) vom 25. November 2008 (GV. NRW. S. 755) auf Wunsch der Kommunalen Spitzenverbände die Vorschrift, dass ab dem Jahr 2009 der im Dezember an die Gemeinden und Gemeindeverbände ausgezahlte Abschlag für das vierte Quartal statt bisher 100 % nunmehr 110 % der Einnahmen des dritten Vierteljahres beträgt. Zusammen mit der Nachzahlung für 2008 zu Jahresbeginn wird dadurch die Einnahmebasis 2009 deutlich erhöht.. Wenn sich allerdings die negativen konjunkturellen Einflüsse auf die Steuereinnahmeentwicklung zum Jahresende 2009 verstärken und damit das Gewicht der Monate Oktober bis Dezember an den Jahreseinnahmen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich abnimmt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Abrechnung im Januar 2010 wegen dieses Sondereffektes zu einer nicht unerheblichen Rückzahlungsverpflichtung der Gemeinden und Gemeindeverbände führen wird.

 

Die Einzahlungen des Jahres 2010 werden auf 5.125 Mio. EUR geschätzt (‑ 15,5 %). Wenn die Abrechnung im Januar des Folgejahres periodengerecht jeweils dem Vorjahr zugerechnet wird, ergeben sich folgende Veränderungsprozentsätze: 2009: ‑ 9,3 %, 2010: - 8,6 %, 2011: + 3,8 %. Für die Jahre 2012 und 2013 gibt es keine Veränderungen gegenüber den Einzahlungen.

 

Wie in den vergangenen Jahren ist die Kompensationszahlung für die Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs nicht im Einkommensteueranteil erfasst. Sie wird als Zuweisung an die Gemeinden weitergegeben. Für 2010 sind rd. 585 Mio. EUR vorgesehen. Hinzu kommen 50 Mio. EUR als Ausgleich für den im Frühjahr 2009 ausgezahlten und mit den Einnahmen aus der Lohnsteuer verrechneten Kinderbonus nach § 66a Abs. 1 Satz 2 EStG. In 2010 werden außerdem die in 2009 geleisteten Kompensationszahlungen für die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs nach Ist-Ergebnissen abgerechnet.

 

Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und beide Kompensationszahlungen werden nach denselben Schlüsselzahlen auf die Gemeinden verteilt. Ab 2009 gelten neue Schlüsselzahlen, die aufgrund der turnusmäßigen Umstellung auf die neueste verfügbare Einkommensteuerstatistik berechnet wurden (EStGemAntV 2009, 2010 und 2011, Anlage 1).

 

Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

 

Die Einzahlungen aufgrund des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer werden im Jahr 2010 - abgeleitet aus den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung - rund 856 Mio. EUR betragen. Die ab 2009 gültigen Schlüsselzahlen zur Verteilung auf die Gemeinden sind in der Verordnung über die Aufteilung und Auszahlung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer (UStAufteilV) vom 16. Dezember 2008 (GV. NRW. S. 868) geregelt.

 

Gewerbesteuer

 

Auch die Schätzung der durchschnittlichen Entwicklung der Gewerbesteuereinzahlungen (brutto) lehnt sich eng an die Erwartungen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ für die westdeutschen Länder an. Sie ist angesichts der starken Unterschiede in der örtlichen Aufkommensentwicklung eine generalisierende Orientierungshilfe für die Haushaltsplanungen der einzelnen Gemeinden. Die konkreten Ansätze einer einzelnen Gemeinde sind von den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten abhängig und entsprechend von den Gemeinden in ihren Finanzplanungen zu veranschlagen.

 

Nach dem dynamischen Anstieg der letzten Jahre wird der im zweiten Halbjahr 2008 einsetzende massive Konjunktureinbruch ab 2009 deutliche Spuren in der Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens hinterlassen. Auch wenn die Bundesregierung ab 2010 wieder mit zunächst geringen und mittelfristig ansteigenden gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten rechnet, wird sich das Gewerbesteueraufkommen erst mit einer zeitlichen Verzögerung erholen.

 

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes

 

Die Arbeit der sogenannten ifo-Kommission, die über die Umsetzung der Vorschläge des vom Institut für Wirtschaftsforschung München (ifo) erstellten Gutachtens „Analyse und Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen“ berät, ist noch nicht abgeschlossen. Derzeit ist noch nicht absehbar, ob und ggf. welche Änderungen sich daraus ergeben. Grundlage für die Prognose der Erträge aufgrund von „Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes“ ist daher für die gesamte Planungsperiode das zurzeit geltende System des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen.

 

Die Steigerungsraten der Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes weichen ab 2012 von der Entwicklung des Steuerverbunds insgesamt ab. Grund hierfür ist die Abfinanzierung des kommunalen Anteils nach dem Investitionsförderungsgesetz (sogenanntes Konjunkturpaket II), der nach § 6 Zukunftsinvestitions- und Tilgungsfondsgesetz ab dem Haushaltsjahr 2012 durch einen pauschalen Abzug bei den finanzkraftunabhängigen Zuweisungen zu erbringen ist.

 

Personalaufwendungen

 

Die Verschlechterungen im Bereich der Erträge bzw. Einzahlungen machen es erforderlich, bei den Personalaufwendungen nur geringe Zuwachsraten zuzulassen, damit der Haushaltsausgleich erreicht werden kann. Diese Zielsetzung wird einzuhalten sein, auch wenn unter anderem durch das Ergebnis der Tarifvereinbarungen vom März 2008, durch den weiteren Ausbau der Unter-Dreijährigen-Betreuung sowie mögliche Besoldungs- und Tariferhöhungen im Jahr 2010 erheblicher Erhöhungsdruck auf die Personalaufwendungen bereits besteht und noch weiter bestehen wird. Vielmehr kann es für Gemeinden und Gemeindeverbände, die ihren Haushaltsausgleich nur durch einen Eigenkapitalverzehr erreichen können, erforderlich sein, in der Haushaltsplanung auch noch unter der Steigerungsrate von einem Prozent zu bleiben. Dies gilt erst Recht für überschuldete oder von der Überschuldung bedrohte Gemeinden und Gemeindeverbände.

 

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen

 

Für die Steigerungsraten im Bereich der Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gelten die grundsätzlichen Ausführungen zu den Personalaufwendungen entsprechend. Insbesondere ist beim Sachaufwand zu berücksichtigen, dass das zurzeit sehr günstige Energiepreisniveau spätestens nach einem Anziehen der Konjunktur wieder deutlich steigen wird. Daher muss auch beim Sachaufwand weiterhin ein restriktiver Kurs eingehalten werden.

 

Sozialtransferaufwendungen

 

Zu den kommunalen Sozialtransferaufwendungen gehören: Kommunale Leistungen nach dem SGB II (u. a. Leistungen für Unterkunft und Heizung der Bezieher von Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, Leistungen an Kriegsopfer und ähnliche Anspruchsberechtigte, Jugendhilfe, sonstige soziale Leistungen, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Bei der Prognose wurde insbesondere berücksichtigt, dass nach den Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit die Arbeitslosenzahlen spätestens im nächsten Jahr aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise erheblich ansteigen werden. Versuchen in diesem Jahr noch viele Unternehmen durch eine interne Anpassung des Personaleinsatzes an die schlechtere Marktlage bzw. durch Kurzarbeit das Personal zu halten, wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2010 voraussichtlich deutlich ansteigen. Erst für das Jahr 2011 wird eine Umkehr dieses Trends erwartet.

 

Umlagegrundlagen für die Kreise

 

Aus systematischen Gründen werden die Umlagegrundlagen für die Kreisumlagen separat dargestellt, weil sie für Umlageverbände Erträge und für die umlagepflichtigen Gemeinden Aufwand darstellen.

 

 

W i n k e l

 


[1] Die Erhöhungszahl für den Vervielfältiger wird durch Rechtsverordnung des Bundes festgesetzt. Die Angaben beruhen für die Jahre ab 2010 auf der Steuerschätzung vom Mai 2009. Der Vervielfältiger für das Jahr 2010 wird nach der Steuerschätzung im November 2009 ermittelt.

 

[2] Bitte Erläuterungen unter I. 1 beachten.

[3] Angaben zu den Erträgen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer siehe Erläuterungen.

 

MBl. NRW. 2009 S. 437