Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2011 Nr. 15 vom 24.6.2011 Seite 209 bis 218

Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen 2011 - 2015 (KJFP NRW) Bek. des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport v. 10.6.2011
Normkopf
Norm
Normfuß
 

Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen 2011 - 2015 (KJFP NRW) Bek. des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport v. 10.6.2011

2160

Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen
2011 - 2015 (KJFP NRW)

Bek. des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport v. 10.6.2011

Kinder- und Jugendförderplan gemäß § 9 des Dritten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, Gesetz zur Förderung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes – Kinder- und Jugendförderungsgesetz (3. AG-KJHG – KJFöG) vom 12. Oktober 2004 (GV. NRW. S. 572), geändert durch Artikel 2 Nummer 5 des Gesetzes vom 23. Mai 2006 (GV. NRW. S. 197).

1.
Grundlagen der Förderung

Das Kinder- und Jugendförderungsgesetz verpflichtet das Land Nordrhein-Westfalen, für jede Legislaturperiode einen Kinder- und Jugendförderplan aufzustellen. Dabei sollen die Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendförderung auf Landesebene beschrieben sowie Näheres zur Förderung ausgeführt werden. Mit diesem Kinder- und Jugendförderplan kommt das Land Nordrhein-Westfalen dieser Verpflichtung nach.

Diesem Kinder- und Jugendförderplan liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Bildung an Lernorten außerhalb von Schule an Bedeutung gewinnt. Diese werden wichtiger für das Erlernen und Einüben der Kompetenzen, die zukünftig wesentliche Voraussetzungen für die Integration in Arbeit und Gesellschaft sind. Soziale, interkulturelle und Genderkompetenzen, kulturelle und politische Bildung, Medienkompetenzen und die Befähigung zur Teilhabe an und Gestaltung der Gesellschaft sowie der Gedanke der Inklusion sind wesentliche Elemente, die zur Lebensbildung und zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen beitragen. Sie bilden die Grundlage für unsere demokratische Gesellschaft und deren Weiterentwicklung.

Es ist die Aufgabe der öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendarbeit, diese Lernorte der Lebensbildung zu schaffen und attraktiv sowie sachgerecht auszustatten. Das Land Nordrhein-Westfalen hat nach § 82 des Sozialgesetzbuches Teil VIII (SGB VIII) die Aufgabe, die Tätigkeit der Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe und die Weiterentwicklung der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern. Dementsprechend sind Vielfalt und Pluralität zentrale Grundprinzipien der Landesförderung. Der Kinder- und Jugendförderplan ist das Instrument des Landes zur Erfüllung seiner Aufgaben auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendarbeit. Die Sicherung der jugendpolitischen Infrastruktur ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Land und Kommunen. Die Landesförderung bezieht sich dabei zum einen auf die Förderung landesweiter Träger und Zusammenschlüsse, sowie zum anderen auf die Unterstützung lokal bezogener Projekte und Ansätze.

Mit dem Kinder- und Jugendförderplan sollen folgende Zielstellungen erreicht werden:

Erstens:
Die Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit wird mit den hierfür vorgesehenen Fördermitteln gesichert. Dabei werden auch erstmals die bisher im Rahmen der Projektförderung finanzierten Angebote in wichtigen Förderschwerpunkten als Infrastruktur abgesichert. Das Land Nordrhein-Westfalen verspricht sich hiervon neue und zusätzliche Impulse für die fachpolitische Weiterentwicklung.

Zweitens:
Das Land Nordrhein-Westfalen schafft neue Handlungsspielräume in den Bereichen, in denen wesentliche fachpolitische Handlungsbedarfe bestehen:

- Ausbau der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Schulen und anderen Bildungsträgern,

- Förderung der kulturellen Bildung junger Menschen,

- Stärkung der Medienkompetenz junger Menschen,

- Förderung der Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund,

- Unterstützung sozial benachteiligter Jugendlicher,

- Förderung von Jugendlichen mit Behinderungen,

- Prävention von Benachteiligungslagen.

Um hier zu nachhaltigen Ergebnissen zu kommen, werden die Mittel für Projekte im Kinder- und Jugendförderplan deutlich erhöht.

Drittens:
Das Land Nordrhein-Westfalen profiliert die Kinder- und Jugendarbeit wieder als ein Politikfeld, das einen eigenständigen Beitrag für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen leistet sowie zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beiträgt. Dies wird erreicht mit den formulierten Schwerpunktsetzungen und mit der Bereitstellung von jährlich 100.225.700 € für den Kinder- und Jugendförderplan bis zum Jahr 2015.

2.
Zielgruppen

Gemäß § 3 des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes richten sich die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe vor allem an alle jungen Menschen im Alter vom 6. bis zum 21. Lebensjahr. Darüber hinaus sollen bei besonderen Angeboten und Maßnahmen grundsätzlich auch junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr einbezogen werden (§ 7 SGB VIII). Die Angebote des Kinder- und Jugendförderplans richten sich insbesondere auch an benachteiligte Kinder und Jugendliche und junge Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus können alle Angebote auch ältere Menschen als Teil der Zielgruppe haben, soweit es sich um Projekte mit intergenerativem Schwerpunkt handelt.

3.
Ziele der Förderung

Der Kinder- und Jugendförderplan für die laufende Legislaturperiode bis 2015 ist vor allem von dem Ziel geprägt, den Aspekt der Bildung im Rahmen der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit stärker herauszustellen.

3.1
Junge Menschen sollen auch weiterhin vor Ort Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit sowie des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes vorfinden und nutzen können. Sie benötigen diese Angebote für ein gelingendes Aufwachsen. Die Angebote unterstützen ihre Bildungsprozesse. Das Land Nordrhein‑Westfalen sieht daher in der Stabilisierung der Infrastruktur eine wesentliche Aufgabe der Jugendpolitik.

3.2
Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind wichtige Partner in der Bildungsförderung junger Menschen. Durch eine verbesserte Zusammenarbeit der Jugendhilfe mit den Schulen und anderen Bildungsträgern vor Ort sollen die Rahmenbedingungen für eine gute Bildung aller jungen Menschen nachhaltig verbessert werden (Etablierung kommunaler Bildungslandschaften). Das Land Nordrhein-Westfalen sieht seine Aufgabe darin, hierfür den notwendigen politischen Rahmen zu gestalten und Fördermittel bereitzustellen.

3.3
Junge Menschen sollen mehr Möglichkeiten erhalten, sich durch kulturelle und medienbezogene Angebote weiterzuentwickeln. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht kulturelle und Medienbildung als einen zentralen Kompetenzbereich, der die Entwicklung der Persönlichkeit von jungen Menschen und deren Integration in die Gesellschaft fördert. Aufgabe des Landes ist es daher, die mit diesen Kompetenzen verbundenen Förderbereiche deutlich auszubauen.

3.4
Junge Menschen, die bisher weniger im Zentrum der Aufmerksamkeit der Kinder- und Jugendarbeit stehen, sollen stärker Berücksichtigung finden. Hierzu ist es nötig, die Kinder- und Jugendarbeit für die Integration von Jugendlichen mit Behinderungen zu öffnen. Das Land Nordrhein-Westfalen betrachtet es als seine Aufgabe, hierfür die erforderlichen Impulse zu geben und Projektmittel für entsprechende Angebote der Jugendhilfe bereitzustellen.

3.5
Ein zentrales Thema der Entwicklung unserer Gesellschaft ist die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Gerade im Kindes- und Jugendalter werden die Weichen für eine gelingende Integration gestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht es daher als seine Aufgabe an, die Integration im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit noch intensiver zu fördern. Für die Entwicklung geeigneter Angebote werden daher zusätzliche Fördermittel bereitgestellt.

3.6
Junge Menschen sollen noch besser vor Gewalt und anderen Risiken geschützt werden. Hierzu bedarf es der Schaffung eines gewaltpräventiven Klimas in der Gesellschaft und der Stärkung risikominimierender Angebote. Das Land Nordrhein-Westfalen leistet durch die Bereitstellung von Mitteln zur Durchführung entsprechender Angebote einen maßgeblichen Beitrag.

3.7
Junge Menschen sollen stärker an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken und ihre Ideen und Vorstellungen einbringen. Hierfür brauchen sie verbesserte Rahmenbedingungen. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht seine Aufgabe darin, durch die Sicherung und den Ausbau der auf verbesserte Partizipation junger Menschen abzielenden Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit und insbesondere durch einen Ausbau der Jugendfreiwilligendienste diese Rahmenbedingungen zu verbessern.

3.8
Nach wie vor gilt, dass Angebote der Kinder- und Jugendarbeit auf die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse von Mädchen und Jungen eingehen müssen. Es bedarf auch weiterhin starker Impulse zum Ausbau der geschlechterdifferenzierten Kinder- und Jugendarbeit sowie der besseren Berücksichtigung von Aspekten des Gender Mainstreaming in allen Angeboten. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die in diesem Bereich engagierten Träger durch eine Stabilisierung der Förderung und ermöglicht neue Projekte zur Weiterentwicklung dieses Themenfeldes.

Über diese Ziele hinaus geht das Land Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die im Kinder- und Jugendförderungsgesetz des Landes definierten Querschnittsaufgaben im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe Berücksichtigung finden. Dies umfasst auch Aufgaben, die sich aus der fachpolitischen Debatte ergeben, wie z.B. die Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Angebote der Kinder- und Jugendarbeit.

4.
Förderbereiche

Um die genannten Ziele zu erreichen und die hierzu notwendigen Aufgaben zu erfüllen, umfasst der Kinder- und Jugendförderplan (2011 – 2015) die nachstehenden Förderbereiche. Damit wird deutlich, wie die Schwerpunktsetzungen konkret erfolgen werden.

Förderbereich I:         Förderung der Kinder- und Jugendarbeit / internationale Jugendarbeit – Kommunale und regionale Angebote sichern und qualifizieren

Eine gute und gelingende Kinder- und Jugendarbeit braucht Träger, die aufgrund ihrer Nähe zu Kindern und Jugendlichen dazu in der Lage sind, Bedarfslagen der Weiterentwicklung von Kinder- und Jugendarbeit zu identifizieren und in eine veränderte Praxis umzusetzen. Dabei bilden die Offene Kinder- und Jugendarbeit als stärker örtlich bezogenes Angebot und die verbandliche Jugendarbeit als stärker an Interessen und Werten orientiertes Angebot die tragenden Säulen der Kinder- und Jugendarbeit. Denn Selbstorganisation, Interessenvertretung, konkretes Mitgestalten und die Unterstützung bei Alltagsfragen sind Bestandteile der Kinder- und Jugendarbeit der Verbände und der offenen Einrichtungen. Sie tragen damit wesentlich zur Bildung und Entwicklung junger Menschen bei.

Zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit unterstützt das Land offene Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sowie die Jugendverbandsarbeit durch die Gewährung fachbezogener Pauschalen. In Regionen, die überdurchschnittliche soziale Problemlagen aufweisen, werden Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eine zusätzliche Unterstützung erhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen erwartet von den Trägern, dass diese die Jugendarbeit im Sinne der Zielsetzungen des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes sowie den Zielen dieses Kinder- und Jugendförderplans weiterentwickelt.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Kinder- und Jugendarbeit für die Bildung und das Aufwachsen junger Menschen sieht das Land Nordrhein-Westfalen einen wesentlichen Schwerpunkt in der verbesserten Zusammenarbeit mit anderen Institutionen der Bildung – insbesondere den Schulen (Etablierung kommunaler Bildungslandschaften). Daher werden zusätzliche Mittel zum Ausbau dieser Kooperation vor Ort bereitgestellt.

Zudem stellt die Globalisierung neue Anforderungen an junge Menschen. Daher werden die Mittel für die internationale Jugendarbeit und für Nachhaltigkeitsprojekte verstärkt. Das Land Nordrhein-Westfalen erwartet von den Trägern der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit, dass diese insbesondere solche jungen Menschen an internationale Projekte heranführen, die sonst kaum Möglichkeiten der Beteiligung haben, damit auch sie entsprechende Erfahrungen sammeln können.

Förderbereich II:       Kulturelle Jugendbildung / Medienkompetenz

Medien- und Kulturland NRW

Kulturelle Kompetenzen und die Fähigkeit, mit Medien kritisch und kreativ umgehen zu können, gehören schon heute zu den Schlüsselkompetenzen. Die kulturelle Bildung leistet einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung, indem sie Selbstreflexion und Selbstinszenierung fördert. Sie fördert das ästhetische Empfinden, die kulturelle Eigeninitiative und das soziale Verhalten. Sie schafft damit bei jungen Menschen auch die Voraussetzungen, kreativ und engagiert an der Berufswelt und dem gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

Freizeit, Beruf und Meinungsbildung sind heute stark mit der Nutzung von Medien verbunden. Die Förderung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen hilft diesen, Medien praktisch zu nutzen, kreativ anzuwenden und Medieninhalte kritisch im Hinblick auf ihre Aussagen und Wirkungen zu bewerten. Ohne Medienkompetenz ist gesellschaftliche Teilhabe und beruflicher Erfolg kaum mehr denkbar.

Zur Förderung der kulturellen Bildung und der Medienkompetenz werden Träger unterstützt, die in der kulturellen Jugendbildung und Medienarbeit aktiv sind. Das Land Nordrhein-Westfalen erwartet von diesen Trägern, dass sie Angebote für Kinder und Jugendliche bereit stellen und Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit für die Aufgaben der Vermittlung kultureller Bildung und Medienbildung qualifizieren. Dabei soll das gesamte Spektrum der kulturellen Arbeit und der Mediensparten Gegenstand der Aktivitäten sein.

Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von Kultur und Medien für die Bildung setzt das Land Nordrhein-Westfalen hier einen weiteren Schwerpunkt bei der Förderung von Projekten. Mit dem Projektbereich "Jugendkulturland NRW" soll eine neue Entwicklungsdynamik in der kulturellen Bildung initiiert werden, die u.a. auch diejenigen jungen Menschen in den Blick nimmt, die bislang nicht im Zentrum der Jugendkulturarbeit stehen. Insbesondere sollen sozial benachteiligten jungen Menschen verbessert Wege in die kulturelle Bildung geöffnet werden. Mit dem Projektbereich "Fit für die mediale Zukunft" soll es gelingen, die Vermittlung von Medienkompetenz stärker im Gesamtprofil der Angebote der Jugendarbeit zu verankern.

Förderbereich III:     Chancengleichheit / Integration / Inklusion

Toleranz und Vielfalt fördern

Nordrhein-Westfalen ist ein Land, das seiner nachwachsenden Generation vielfältige Möglichkeiten der gesellschaftlichen und beruflichen Integration bietet. Allerdings sind die Chancen von jungen Menschen ungleich verteilt. Noch immer wirkt sich die soziale Herkunft stark auf die Möglichkeiten zur Bildung, zur Teilhabe und auf den späteren beruflichen Erfolg aus. Das Land Nordrhein-Westfalen will auf dem Weg in die Zukunft alle jungen Menschen mitnehmen. Die erfolgreiche Zukunft dieses Landes hängt von einer gut qualifizierten und gebildeten jungen Generation ab.

Aus diesem Grund ist es eines der wichtigsten Ziele, die sich u.a. aus sozialer Benachteiligung ergebenden schlechteren Chancen durch Qualifizierung, Bildung und präventive Hilfen auszugleichen. Dazu gehören auch entsprechende Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit. Die Träger der Jugendsozialarbeit haben die Aufgabe, solche passgenau auf die Bedürfnisse benachteiligter junger Menschen zugeschnittene Bildungsangebote und präventive Ansätze der Förderung zu entwickeln und anzubieten. Da die Herausforderungen in diesem Bereich in den letzten Jahren weiter gewachsen sind und auch noch weiter wachsen werden, ist es erforderlich, die Jugendsozialarbeit an der Nahtstelle zu Schule und Arbeitsmarkt konzeptionell weiterzuentwickeln und auszubauen. Das Land Nordrhein-Westfalen knüpft an die Förderung die Erwartung, dass die Träger an der Entwicklung und Umsetzung eines verbesserten Übergangssystems mitwirken.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund und der Inklusion junger Menschen mit Behinderung setzt das Land Nordrhein-Westfalen hier zwei Förderschwerpunkte:

Mit dem Förderbereich "Integration als Chance" sollen zielgerichtet Angebote für junge Menschen mit Migrationshintergrund gefördert werden, die nachhaltig zur besseren gesellschaftlichen und beruflichen Integration führen und die das interkulturelle Verständnis in unserer Gesellschaft fördern.

Vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2006 sollen mit dem Förderschwerpunkt "Teilhabe junger Menschen mit Behinderungen" die Träger der Jugendhilfe dafür gewonnen werden, ihre Angebote gezielt auch für junge Menschen mit Behinderungen zu öffnen. Das Land Nordrhein-Westfalen knüpft an diesen Schwerpunkt die Erwartung, dass über solche Projekte die Öffnung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit für die Belange junger Menschen mit Behinderung gelingt.

Schließlich widmet das Land Nordrhein-Westfalen dem Aufwachsen junger Menschen und ihrer Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung besondere Aufmerksamkeit. Durch soziale Teilhabe soll Chancengleichheit realisiert sowie Toleranz und Vielfalt, etwa in Bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensformen gelebt und selbstverständlich werden.

Förderbereich IV:     Prävention gesellschaftlicher und individueller Risiken

                                    Junge Menschen stärken – Gewalt vermeiden

Heute aufzuwachsen ist für Kinder und Jugendliche in NRW mit vielen Chancen und in den meisten Fällen auch mit einer guten sozialen Absicherung verbunden. Aber es gibt auch Risiken, die den Prozess des Aufwachsens und der Persönlichkeitsbildung gefährden. Gewalt als Opfer zu erfahren oder als Täter auszuüben, in prekären Familienverhältnissen aufzuwachsen, exzessiver Alkoholkonsum, der Konsum von Tabak, Suchtprobleme sowie die Nutzung nicht altersadäquater Medien sind nur einige der Problemlagen von jungen Menschen, die ein gelingendes Aufwachsen beeinträchtigen können.

Es ist daher ein wichtiges Ziel der Politik des Landes Nordrhein-Westfalen, solchen Risiken mit präventiven Ansätzen entgegenzuwirken und dort, wo Risiken bereits zu Gefährdungen geworden sind, Hilfe anzubieten. Dies dient auch dem Ziel, die gesellschaftlichen Folgekosten nicht gelingender gesellschaftlicher Integration möglichst weitgehend zu reduzieren. Gefördert werden daher u.a. Träger, die Angebote für straffällig gewordene Jugendliche anbieten, Projekte im Bereich der Fußball-Fan-Arbeit oder Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Junge Menschen sind eine wichtige Zielgruppe für extremistische Agitation. Daher ist es wichtig, sie über antidemokratische und extremistische Denkweisen aufzuklären. Durch präventive Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit soll extremistischen Tendenzen entgegengewirkt werden. Junge Menschen sollen in ihrer Persönlichkeit und demokratischen Grundeinstellung gestärkt werden.

Förderbereich V:       Mädchen- und Jungenarbeit / Gender Mainstreaming

Mädchen und Jungen: Gleiche Rechte, gleiche Chancen

Jungen und Mädchen sind nicht gleich. Sie haben unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse. Sie mit gleichen Chancen an Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe zu versehen kann daher nur gelingen, wenn diese Unterschiede in der Kinder- und Jugendarbeit erkannt und zum Ausgangspunkt pädagogischen Handelns gemacht werden. Eine gendergerechte Förderung durch Angebote der Kinder- und Jugendhilfe ist daher eine wesentliche Voraussetzung für gleiche Zugangschancen zu den Bildungsressourcen und zur gesellschaftlichen Teilhabe.

Es ist daher das Ziel des Landes Nordrhein-Westfalen, die Kinder- und Jugendhilfe so weiterzuentwickeln, dass in allen Angeboten die unterschiedlichen Bedürfnisse von Mädchen und Jungen tragende Elemente der Konzeptionen sind. Daher werden überörtlich wirkende Träger für geschlechtsspezifische und am Gender Mainstreaming orientierte Kinder- und Jugendarbeit gefördert. An diese Förderung knüpft das Land Nordrhein-Westfalen die Erwartung, dass diese Träger Konzepte entwickeln und anbieten, die auf die Entwicklung einer geschlechtersensiblen Kinder- und Jugendarbeit insgesamt hinwirken.

Um darüber hinaus weitere Impulse für dieses Ziel zu ermöglichen, werden zusätzliche Projektmittel bereitgestellt. Es werden Angebote gefördert, die neue Ansätze der geschlechtsspezifischen Kinder- und Jugendarbeit entwickeln und erproben, bzw. zu einer stärkeren Verbreitung von geschlechtspezifischen Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit beitragen.

Förderbereich VI:     Jugendfreiwilligendienste

Chance für Engagement und Bildung

Junge Menschen wollen sich für die Gesellschaft engagieren. Sie tragen Verantwortung und nehmen ehrenamtliche Aufgaben wahr. Sie sind auch bereit zu einem längerfristigen Engagement – wie das Interesse an den Jugendfreiwilligendiensten zeigt. Die Teilnahme junger Menschen am Freiwilligen Ökologischen Jahr oder am Freiwilligen Sozialen Jahr bringt nicht nur einen gesellschaftlichen Gewinn, sondern gibt jungen Menschen auch neue Impulse für ihre persönliche Entwicklung.

Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements in der Gesellschaft und der Tatsache, dass viele junge Menschen gern die Möglichkeit zum Absolvieren eines Jugendfreiwilligenjahres wahrnehmen, erhöht das Land Nordrhein-Westfalen die bisher für das Freiwillige Ökologische Jahr zur Verfügung stehenden Mittel und schafft eine eigene Förderposition für die Qualifizierung der Jugendfreiwilligendienste durch Bildungsarbeit.

Förderbereich VII:    Besondere Maßnahmen und Projekte zur Erprobung

zukunftsweisender Initiativen

Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Anforderungen und Ansprüche an die Kinder- und Jugendarbeit entwickeln sich stetig weiter. Um immer wieder passgenaue Antworten auf sich neu stellende Fragen zu finden, bedarf es eines Instruments, das die Erprobung neuer, experimenteller oder zukunftsweisender Ansätze ermöglicht.

Das Land Nordrhein-Westfalen verbindet mit der Bereitstellung der Fördermittel die Erwartung, dass die Träger entsprechende Angebotsformen und konkrete Angebote zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit konzipieren und erproben.

Förderbereich VIII: Wissenschaftliche Arbeiten im Forschungsfeld

 Kinder und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe muss sich täglich den Anforderungen der Praxis stellen. Viele Entwicklungslinien lassen sich jedoch nicht aus den Anforderungen der Praxis allein ableiten. Hierzu bedarf es der Praxisforschung, die dabei hilft, längerfristige Entwicklungstrends rechtzeitig zu erkennen und in den Angeboten berücksichtigen zu können. Wissenschaftliche Forschung hilft, die Kinder- und Jugendhilfe in ihrer Entwicklung besser planen zu können. Zusätzlich bedarf es eines intensiven Dialogs zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis.

Das Land Nordrhein-Westfalen verbindet mit der Förderung die Erwartung, dass damit die Entwicklungserfordernisse der Praxis früher erkennbar werden und zusätzliche Impulse möglich sind.

Förderbereich IX:     Investitionen

Kinder- und Jugendarbeit braucht Orte. Räumlichkeiten und Außenflächen der Einrichtungen der Jugendarbeit sind eine materielle Basis gelingender Kinder- und Jugendhilfe. Diese Orte der Kinder- und Jugendarbeit weiter auszubauen, zu verbessern und auf den neusten Stand zu bringen ist eine Aufgabe, zu der das Land einen Beitrag leistet.

Vor dem Hintergrund ständig wachsender Anforderungen an diese Grundlage der Kinder- und Jugendarbeit stellt das Land zusätzliche Mittel für den Erhalt und Ausbau von überörtlichen und besonders innovativen Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung.

Förderbereich X:       Sonderurlaubsgesetz

Die Kinder- und Jugendarbeit ist in NRW erfolgreich – nicht zuletzt dank des vielfältigen ehrenamtlichen Engagements der Mitglieder von Verbänden und Vereinen der Kinder- und Jugendarbeit. Um dieses Engagement zu erleichtern, können Beschäftigte Sonderurlaub auf gesetzlicher Basis für ihre Arbeit in der Kinder- und Jugendarbeit erhalten. Der damit verbundene Verdienstausfall kann ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Mit der Bereitstellung der Fördermittel soll dieses ehrenamtliche Engagement unterstützt werden.

5.
Grundsätze der Förderung

Die Förderung der beschriebenen Handlungsfelder ist entsprechend dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) vorrangig eine Aufgabe der örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe. Das Land unterstützt sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben (§ 82 Abs. 2 SGB VIII). Hierzu bedarf es auch auf kommunaler Ebene einer Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die Träger (vgl. § 15 Abs. 4 Kinder- und Jugendförderungsgesetz). Soweit die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe Zuwendungen für Maßnahmen erhalten, haben sie sicherzustellen, dass die Maßnahmen Bestandteil der örtlichen Jugendhilfeplanung sind und ihr Finanzanteil in einem angemessenen Verhältnis zu den Landesmitteln steht. Daraus ergibt sich eine stärkere Verzahnung der Fördermittel des Landes und der Kommunen.

Das Land gewährt auf der Grundlage dieses Kinder- und Jugendförderplans nach den Bestimmungen des Haushaltsgesetzes fachbezogene Pauschalen. Darüber hinaus werden auf der Grundlage der §§ 23 und 44 Landeshaushaltsordnung (LHO), einschließlich der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften, Zuwendungen für Leistungen in der Jugendhilfe, bezogen auf die in den §§ 10 bis 14 des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes genannten Förderbereiche gewährt.

Das Förderverfahren richtet sich nach den jeweils geltenden Richtlinien zum Kinder- und Jugendförderplan. Bewilligungsbehörden sind i.d.R. die Landesjugendämter bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe. Für die Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe Bewilligungsbehörden.

Die Förderung von landesweiten oder regionalen Einrichtungen / Angeboten erfolgt unter der Prämisse der Bereitschaft der Träger, den Wirksamkeitsdialog zu führen und Zielvereinbarungen zu schließen. Wirksamkeitsdialog und Zielvereinbarung sollen durch kritische Reflexion neue Impulse für die Ausrichtung der Arbeit in den Einrichtungen und Angeboten geben und flexible Reaktionen auf notwendige Anpassungen ermöglichen. Sie sollen schließlich einen effektiven, wirksamen und zielgenauen Einsatz der Fördermittel sicherstellen. Die Durchführung obliegt den Landesjugendämtern auf der Grundlage der Entscheidungen der Obersten Landesjugendbehörde, soweit diese nicht abweichende Regelungen trifft.


Nachrichtlich:

Übersicht über Einzelpositionen des Kinder- und Jugendförderplans

Förderbereich I

Pos. 1.1 Förderung der Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Ring politischer Jugend

51.210.000 €

Pos. 1.2 Projektförderung, insb. Initiativgruppenarbeit, Kommunale Bildungslandschaften, Internationale Jugendarbeit, Partizipation

7.280.000 €

Summe

58.490.000 €

Förderbereich II

Pos. 2.1 Einrichtungen und Angebote der kulturellen Bildung und der Medienpädagogik

4.035.000 €

Pos. 2.2 Projektförderung, insb. Jugendkulturland NRW, Fit für die mediale Zukunft

2.800.000 €

Summe

6.835.000 €

Förderbereich III

Pos. 3.1 Förderung insb. der Jugendsozialarbeit

13.960.000 €

Pos. 3.2 Projektförderung, insb. Integration als Chance, Teilhabe junger Menschen mit Behinderung

3.500.000 €

Summe

17.460.000 €

Förderbereich IV

Pos. 4.1 Förderung von Einrichtungen und Angeboten des Kinder- und Jugendschutzes, insb. AJS, Brücke- und Fußball-Fan-Projekte

2.185.000 €

Pos. 4.2 Projektförderung, Präventive Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendschutz

2.080.000 €

Summe

4.265.000 €

Förderbereich V

Pos. 5.1 Fachstellen der Mädchen- und Jungenarbeit

540.000 €

Pos. 5.2 Projektförderung geschlechtsspezifischer Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit

650.000 €

Summe

1.190.000 €

Förderbereich VI

Pos. 6.1 Freiwilliges Ökologisches Jahr

1.500.000 €

Pos. 6.2 Qualifizierung der Jugendfreiwilligendienste durch Bildungsarbeit

1.900.000 €

Summe

3.400.000 €

Förderbereich VII

Pos. 7 Besondere Maßnahmen und Projekte zur Erprobung zukunftsweisender Initiativen

2.275.000 €

Summe

2.275.000 €

Förderbereich VIII

Pos. 8 Forschungspartnerschaften /-projekte

1.350.000 €

Summe

Förderbereich IX

Pos. 9 Investitionen

3.000.000 €

Summe

3.000.000 €

Förderbereich X

Pos. 10 Förderung nach dem Sonderurlaubsgesetz

1.960.000 €

Summe

1.960.000 €

Kinder- und Jugendförderplan insgesamt

100.225.700 €

- MBl. NRW. 2011 S. 210