Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2014 Nr. 16 vom 30.5.2014 Seite 289 bis 298

Begleitung der fachpraktischen Ausbildung der Studierenden in den Polizeibehörden im Rahmen der Praxisteile des Bachelor-Studiengangs Polizeivollzugsdienst (Tutoren- und Multiplikatorenkonzept) RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales v. 12.5.2014
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Begleitung der fachpraktischen Ausbildung der Studierenden in den Polizeibehörden im Rahmen der Praxisteile des Bachelor-Studiengangs Polizeivollzugsdienst (Tutoren- und Multiplikatorenkonzept) RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales v. 12.5.2014

203014

Begleitung der fachpraktischen Ausbildung der Studierenden in den Polizeibehörden
im Rahmen der Praxisteile des Bachelor-Studiengangs Polizeivollzugsdienst
(Tutoren- und Multiplikatorenkonzept)

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales
v. 12.5.2014

Nach dem Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 31.10.2013 - Fachpraktische Ausbildungszeit im Rahmen der Ausbildung für den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes (MBl. NRW. S. 490) sind die Kommissaranwärterinnen und -anwärter von Tutorinnen und Tutoren in die Aufgaben des Wach- und Ermittlungsdienstes[1] einzuweisen und während der gesamten fachpraktischen Ausbildungszeit in den Ausbildungs- und Kooperationsbehörden zu betreuen und zu begleiten.

Zur näheren Ausgestaltung der Aufgaben und der Anforderungen an die Tutorinnen und Tutoren sowie der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ergehen folgende Regelungen:

1
Tutorinnen und Tutoren

1.1
Formale Anforderungen

-       II. Fachprüfung (§ 4 Abs. 1 und 2 LVO Pol)

-       mindestens dreijährige Diensterfahrung aus den Tätigkeitsbereichen, in denen sie als Tutorinnen und Tutoren eingesetzt werden

Hiervon kann abgewichen werden, wenn

-      in der Behörde ein Mangel an geeigneten Tutorinnen und Tutoren besteht, die die dreijährige Verwendungszeit haben,

-      der oder die Betreffende eine mindestens 2-jährige Berufserfahrung in dem Tätigkeitsbereich vorweisen kann,

-      der BOE-Leiter eine positive Stellungnahme über die besondere Geeignetheit in Anlehnung an den Kompetenzkatalog (Anlage 6 zur VAPPol II Bachelor) bescheinigt, und zwar insbesondere im Bereich der psychischen Belastbarkeit (PSK), der Kooperationsfähigkeit (PSK) und der Initiative und Selbständigkeit (FK) und

-      der Nachweis dieser besonderen Geeignetheit durch die Multiplikatoren in der Einführungsfortbildung bestätigt wird,

-      im Bereich der Direktion Kriminalität außerdem die zentrale Einführungsfortbildung für die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung absolviert wurde, es sei denn es liegt eine durch Erlass anerkannte Ausnahme vor.

1.2
Erforderliche Kompetenzen

-          Persönliche Kompetenzen

Berufsmotivation

-       lässt im Handeln bewusste Entscheidung für den Polizeiberuf erkennen

-       zeigt engagierten Einsatz bei der polizeilichen Aufgabenbewältigung

Ergebnisorientierung/Leistungsmotivation

-         strebt eine hohe Qualität der Arbeit mit zeitgerechten Ergebnissen an

Werteorientierung

-         richtet das Verhalten an den Werten und Zielen der nordrhein-westfälischen Polizei aus

-       Aufgabenbezogene Kompetenzen

Fachwissen

-         besitzt die zur Aufgabenbewältigung nötigen Fachkenntnisse

-          Soziale Kompetenzen

Feedbackfähigkeit

-         gibt angemessen konstruktive Rückmeldungen

Kommunikationsfähigkeit

-         gestaltet Gespräche und kommuniziert ergebnisorientiert

Konfliktfähigkeit

-         nimmt Konflikte frühzeitig wahr und trägt zur Lösung bei

1.3
Allgemeine Aufgaben

Die Tutorinnen und Tutoren begleiten und fördern den Transfer aus Theorie und Training in die Praxis. Ihrem Einschreit- bzw. Arbeitsverhalten kommt hierbei aufgrund des Vorbildcharakters besondere Bedeutung zu.

1.4
Weitere wesentliche Aufgaben der Tutorinnen und Tutoren sind

-       Einweisen der Studierenden in die Aufgaben des Wach- und Ermittlungsdienstes[1],

-       Beobachten und Lenken der Verhaltens- und Arbeitsweisen, insbesondere durch Feedback nach erfolgter Einsatz- oder Ermittlungssachbearbeitung,

-       Anleiten der Studierenden zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung,

-       Mitwirken bei der Vermittlung einer positiven Berufshaltung und Motivation an die Studierenden,

-       Regelmäßiges Sichten des Praxisberichtsheftes der zugewiesenen Studierenden und Abzeichnen der im Praktikum durch den Studierenden durchgeführten bzw. erlebten Tätigkeiten,

-       Sichten der durch das LAFP NRW gefertigten Hinweise für den weiteren Lernprozess und Erörtern der Hinweise mit der Studierenden/ dem Studierenden zu Beginn des Praxismoduls,

-       Mitwirken bei der Entscheidung über die Eignung der Studierenden für den Einsatz im Zweierteam einer Fustkw-Besatzung im HS 3.4 Praxis und im SpM AP,

-       Sicherstellen des angemessenen Einsatzes der Studierenden entsprechend ihres Leistungsstandes,

-       Mitwirken bei der Erstellung von Studienleistungen bzw. die anstelle einer oder neben eine Studienleistung tretende dienstliche Bewertung für die Studierenden,

-       Abnahme der Studienleistung bzw. Erstellen der anstelle einer oder neben eine Studienleistung tretenden dienstlichen Bewertung in Abstimmung mit der Ausbildungsleitung der zuständigen Einstellungs- und Ausbildungsbehörde und der zuständigen Prüferin oder dem zuständigen Prüfer.

Tutorinnen und Tutoren sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen. Die Tätigkeit als Tutorin bzw. Tutor ist in Beurteilungsverfahren und Personalentwicklungskonzepten angemessen zu berücksichtigen.

1.5
Fortbildung

Vor dem Einsatz als Tutorin oder Tutor ist die Teilnahme an einer Einführungsfortbildung, die von den Ausbildungs- und Kooperationsbehörden durchgeführt wird und grundsätzlich 5 Tage dauert, erfolgreich abzuschließen.

Anpassungsfortbildungen sowie Betreuungsmaßnahmen der Ausbildungs- und Kooperationsbehörden sind regelmäßig durch die Tutorinnen und Tutoren wahrzunehmen.

1.6
Erläuterung zu Ziffer 1. 4 des Fachpraxiserlasses vom 31.10.2013 (SMBl. 203014)

Zur Erläuterung der Nr. 1.4 des RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales  vom 31.10.2013 weise ich darauf hin, dass ein hoheitliches Tätigwerden der Studierenden grundsätzlich nur auf Anordnung der Tutorinnen und Tutoren zulässig ist. Die Anordnung bezieht sich hierbei nicht auf jeden Schritt der Tätigkeit, sondern auf eine in sich abgeschlossene Maßnahme (z.B. Identitätsfeststellung, Durchsuchung einer Person, Einrichten einer Kontrollstelle etc.). Die Tutorin und der Tutor korrigieren die Situation, sofern die von den Studierenden getroffenen bzw. beabsichtigten Maßnahmen insbesondere rechtlich bedenklich oder unangemessen sind.

1.7
Übergangsregelung für Tutorinnen und Tutoren der Säule I

In Ausbildungs- und Kooperationsbehörden, die über keine ausreichende Anzahl den Anforderungen entsprechende Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten der Säule II verfügen, können bis auf weiteres bereits qualifizierte und die in diesem Erlass ansonsten genannten Anforderungen erfüllende Tutorinnen und Tutoren der Säule I weiter eingesetzt werden.

2
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

2.1
Formale Anforderungen

-       II. Fachprüfung (§ 4 Abs. 1 und 2 LVO Pol)

-       mehrjährige Diensterfahrungen im Wach- oder Ermittlungsdienst

-       Qualifizierung und bereits erfolgter Einsatz als Tutorin oder Tutor oder eine mehrjährige Verwendung in einer Führungsfunktion im Wachdienst und /oder Kommissariat

-       mehrjährige Verwendung im Bereich der verhaltensorientierten Fortbildung (z.B. Einsatztraining NRW, Verhaltenstraining, Lehrende in der Aus- und Fortbildung) oder die erfolgreiche Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme „Professionelles Leiten und Trainieren (PLUT) 1“ und „PLUT 2“

2.2
Erforderliche Kompetenzen

-       Persönliche Kompetenzen

Eigenständigkeit

-         zeigt die Bereitschaft, sich selbstständig in neue Themen einzuarbeiten

Ergebnisorientierung/Leistungsmotivation

-         strebt eine hohe Qualität der Arbeit mit zeitgerechten Ergebnissen an

Werteorientierung

-         richtet das Verhalten an den Werten und Zielen der nordrhein-westfälischen Polizei aus

-       Soziale Kompetenzen

Kooperationsfähigkeit

-         erzielt durch Zusammenarbeit mit anderen verwertbare Ergebnisse

-         stimmt sich mit anderen ab und gibt Informationen weiter

Konfliktfähigkeit

-         nimmt Konflikte frühzeitig wahr und trägt zur Lösung bei

-       Methodische Kompetenzen

Gesprächsführungstechniken

-         ist in der Lage, Gesprächssituationen zielgerichtet zu gestalten

Didaktische Kompetenz

-         setzt fundierte Konzepte der Vermittlung, Aneignung, Diagnose und Förderung fachlichen und fächerübergreifenden Könnens und Wissens um

-       Aufgabenbezogene Kompetenzen

Organisationskenntnisse

-         verfügt über detailliertes Wissen auch über den eigenen Zuständigkeitsbereich hinaus

2.3
Aufgaben

Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wirken maßgeblich an der Umsetzung des Tutoren- und Multiplikatorenkonzepts unter Beachtung der VAPPol II Bachelor und des Fachpraxiserlasses in ihren Behörden mit.

Ihre wesentlichen Aufgaben hierbei sind:

-       Planen, durchführen und nachbereiten der Einführungs- sowie der Anpassungsfortbildung für Tutorinnen und Tutoren unter Einbeziehung aktueller Lehr- und Lernmethoden (Team-teaching usw.) mit landeseinheitlicher standardisierter Lernerfolgskontrolle,

-       Feststellen der Eignung der Teilnehmenden während der Einführungsfortbildung für Tutorinnen und Tutoren, sowie während der weiteren Tätigkeit als Tutorin oder Tutor in Abstimmung mit dem Vorgesetzten,

-       Erheben des Fortbildungsbedarfs der in der Behörde eingesetzten Tutorinnen und Tutoren,

-       Betreuen der eingesetzten Tutorinnen und Tutoren,

-       Unterstützen der zuständigen Ausbildungsleitung bei der Organisation und Koordination des GS 8 Praxis, des HS 2.6 Praxis und HS 3.4 Praxis sowie des SpM AP,

-       Unterstützen der zuständigen Ausbildungsleitung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vor Ort,

-       Mitwirken bei der Evaluation der Praktika und des Tutoreneinsatzes,

-       Koordinieren der Fortbildung der Tutorinnen und Tutoren in ihren und den Kooperationsbehörden.

Die Tätigkeit als Multiplikatorin/Multiplikator ist in Beurteilungsverfahren und Personalentwicklungskonzepten angemessen zu berücksichtigen.

2.4
Fortbildung

Vor dem Einsatz als Multiplikatorin oder Multiplikator ist die Teilnahme an der entsprechenden Einführungsfortbildung beim LAFP NRW erfolgreich abzuschließen.

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren müssen alle drei Jahre an einer Anpassungsfortbildung teilnehmen.

2.5
Übergangsregelung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Säule I

In Ausbildungs- und Kooperationsbehörden, die über keine ausreichende Anzahl den Anforderungen entsprechende Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten der Säule II verfügen, können bis auf weiteres bereits qualifizierte und die in diesem Erlass ansonsten genannte Anforderungen erfüllende Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Säule I weiter eingesetzt werden.

3
Einstellungs- und Ausbildungsbehörden

Die Einstellungs- und Ausbildungsbehörden haben insbesondere folgende Aufgaben:

-       Organisieren und koordinieren des GS 8 Praxis, des HS 2.6 Praxis und HS 3.4 Praxis sowie des SpM AP,

-       Sichern der Kompetenzen der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren durch Fortbildungs- und Betreuungsangebote,

-       Sichern der Kompetenzen der Tutorinnen und Tutoren durch Fortbildungs- und Betreuungsangebote,

-       Sichern der Qualität der Ausbildung für den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes in den Praxisteilen,

-       Gewährleisten einer regelmäßigen und zeitnahen Evaluation der Praktika und des Tutoreneinsatzes unter Beteiligung der Kooperationsbehörden.

4
Ausbildungs- und Kooperationsbehörden

Die Ausbildungs- und Kooperationsbehörden

-              stellen die Begleitung der Studierenden durch Tutorinnen und Tutoren in ihrer Behörde sicher,

-              wählen die Tutorinnen/Tutoren in erforderlicher Anzahl unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils aus,

-              kooperieren bei der Fortbildung der Tutorinnen und Tutoren.

Die Aufgaben der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind in den Ausbildungsbehörden grundsätzlich im Bereich der Ausbildungsleitung oder der Fortbildungsstelle, in den Kooperationsbehörden grundsätzlich im Bereich der Fortbildungsstelle wahrzunehmen.

5
Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen

Die Einführungsfortbildung und Anpassungsfortbildung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wird durch das LAFP NRW durchgeführt. Bei der inhaltlichen Erarbeitung sind die Einstellungs- und Ausbildungsbehörden zu beteiligen.

- MBl. NRW. 2014 S. 292



[1] einschließlich Direktion Verkehr