Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2015 Nr. 2 vom 23.1.2015 Seite 43 bis 64

Richtlinien für Kantinen bei Dienststellen des Landes (Kantinenrichtlinien) RdErl. d. Finanzministeriums - B 3115 - 0.3 - IV A 2 v. 15.1.2015
Normkopf
Norm
Normfuß
 

Richtlinien für Kantinen bei Dienststellen des Landes (Kantinenrichtlinien) RdErl. d. Finanzministeriums - B 3115 - 0.3 - IV A 2 v. 15.1.2015

203030

Richtlinien
für Kantinen bei Dienststellen des Landes
(Kantinenrichtlinien)

RdErl. d. Finanzministeriums - B 3115 - 0.3 - IV A 2
v. 15.1.2015

Für die Kantinen bei Dienststellen des Landes werden im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales die nachstehenden Richtlinien erlassen:

1.
Allgemeines

Bei den Dienststellen des Landes mit ungeteilter Arbeitszeit können Kantinen für die Beschäftigten eingerichtet werden. Die Personalvertretung ist nach den gesetzlichen Vorschriften zu beteiligen.

2.
Einrichtung

(1) Die Kantine kann entweder als behördeneigene Einrichtung nach § 26 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) geführt oder einer Pächterin bzw. einem Pächter übertragen werden. Die Pächterauswahl hat in einem wettbewerblichen Verfahren zu erfolgen.

(2) Ist nach den räumlichen Verhältnissen die Einrichtung einer Kantine nicht möglich oder bei kleineren Dienststellen nicht vertretbar und ist auch die regelmäßige Benutzung der Kantine einer benachbarten Dienststelle nicht möglich, so kann eine den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechende Beköstigung der Beschäftigten in den Diensträumen durch Verträge mit Gastwirten, Caterern oder sonstigen geeigneten externen Anbietern sichergestellt werden. Es können auch Lieferungsverträge mit Lebensmittelgeschäften, Bäckereien u.ä. abgeschlossen werden. Mischmodelle sind zulässig.

(3) Im Justizvollzug kann eine Kantine durch die Justizvollzugsanstalt auch als Ausbildungs-betrieb im Gastronomiegewerbe betrieben werden. Ein Nebeneinander unterschiedlicher Betriebsformen ist nicht zulässig. Die wegen der Gefangenenverpflegung ergangenen entsprechenden Bestimmungen bleiben unberührt. Nr. 11 (2) gilt nicht für Einrichtungen im Justizvollzug.

(4) Die Kantinenräume sind Diensträume.

3.
Kantinenangebot, Qualitätsanforderungen

Die Speisen haben ernährungsphysiologischen Anforderungen zu genügen und sollen den DGE-Empfehlungen für die Betriebsverpflegung entsprechen. Es ist darauf zu achten, dass gute, ausreichende und zugleich preiswerte Mahlzeiten angeboten werden. Mittags sollen nach Möglichkeit mindestens zwei unterschiedliche Hauptgerichte angeboten werden. Zusätzlich kann die Kantine Getränke, Nahrungs- und Genussmittel führen, für die während des Dienstes erfahrungsgemäß Bedarf besteht.

4.
Bauliche Gestaltung

(1) Die bauliche Gestaltung (Belüftung, Entlüftung, Beleuchtung, Beheizung usw.) muss den gesundheitlichen und hygienischen Anforderungen entsprechen. Die Küche soll rationell ausgestattet sein. Im Falle des Neubaus einer Kantine bzw. der notwendigen Renovierung einer bestehenden Kantine sollen die jeweils aktuellsten Vorgaben zur barrierefreien Gestaltung öffentlicher Gebäude berücksichtigt werden.

(2) Mit Energie und Wasser ist sparsam umzugehen. Die Verbrauchsvolumina sollen turnusgemäß bestimmt und gegebenenfalls, sofern nicht durch Messeinrichtungen ausreichend ermittelbar, geschätzt werden. Soweit keine Messeinrichtungen für die Erfassung von Energie- und Wasserverbrauch für den Kantinenbetrieb vorhanden sind, soll auf deren Einbau zu geeigneter Zeit hingewirkt werden.

5.
Pachtkantinen

(1) Soweit sich aus den nachfolgenden Absätzen nichts anderes ergibt, ist die Nutzung bei verpachteten Kantinen gemäß § 63 LHO zum vollen Wert zu überlassen. Als Richtwert für eine Pachtzahlung kann von 8 bis 12 Prozent des zu versteuernden Nettoumsatzes ausgegangen werden.

(2) Von der Erhebung einer Pacht und von Kosten für Energie, Wasser, Reinigung der Kantinenräume (Speisesaal, Küche, Vorratsräume u.ä.) und sonstigen Betriebskosten kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit dies im Interesse einer kostengünstigen Mitarbeiterverpflegung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Pächters / der Pächterin aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn geboten ist.

(3) Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Pacht und / oder Betriebskosten verlangt werden, hängt von den Umständen, insbesondere der Höhe des Umsatzes und des zu erwartenden Überschusses aus dem gesamten Kantinenbetrieb ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Pächterin bzw. dem Pächter durch den gesamten Betrieb der Kantine unter Berücksichtigung einer Regelung im Sinne von Nr. 6 (1) Satz 1 ein angemessener Gewinn verbleibt.

(4) Wird von einer Pacht und / oder der Erhebung von Betriebskosten ganz oder teilweise abgesehen, ist die Entscheidung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

(5) Bei Fremdveranstaltungen innerhalb der überlassenen Räume sowie für die Außer-Haus-Lieferung von Speisen und Getränken (Catering) hat die Pächterin bzw. der Pächter einen angemessenen anteiligen Pachtzins einschließlich Allgemeinkostenzuschlag zu entrichten, der die Zurverfügungstellung von Räumlichkeit und Betriebsmitteln adäquat kompensiert. Die Umsätze sind gesondert auszuweisen.

(6) Die Pächterin bzw. der Pächter haben mit der Einrichtung der Kantine pfleglich umzugehen.

(7) Im Rahmen der Pächterauswahl soll im wettbewerblichen Verfahren der Wunsch einer Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen aufgenommen werden. Bei den Pächterinnen bzw. den Pächtern soll für die Einstellung eines oder einer Beschäftigten im Sinne des § 72 SGB IX geworben werden.

6.
Preisgestaltung, Benutzerkreis

(1) Sowohl das Absehen von einer Pachterhebung als auch die Nichterhebung von Betriebskosten im Sinne der Nr. 5 haben der Verbilligung der Speisen und Getränke für die Landesbeschäftigten zu dienen. Diese Vergünstigungen sind allen Landesbeschäftigten zu gewähren. Bei der Preisgestaltung ist darauf zu achten, dass die angesetzten Preise für Mahlzeiten (einschließlich Getränk) die maßgebenden amtlichen Sachbezugswerte der Sozial-versicherungsentgeltverordnung (SvEV) nicht unterschreiten.

(2) Personen, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Land stehen, kann nach Abstimmung mit der Dienststellenleitung gestattet werden, gegen Entrichtung des vollen Preises einschließlich Allgemeinkostenzuschlag die Kantine mitzubenutzen.

(3) Sofern die Kantine als behördeneigene Einrichtung geführt wird, gelten die vorstehenden Absätze entsprechend.

7.
Kosten der Einrichtung, Unterhaltung, Ersatz und Beschaffung

(1) Das Land trägt die Kosten

a) für die Einrichtung der Kantine einschließlich aller Nebenräume, der Speiseräume und der zur Kantine gehörenden Erfrischungsräume mit dem erforderlichen Mobiliar sowie die der Unterhaltung und des Ersatzes dieser Gegenstände;

b) für die erstmalige Ausstattung der Kantine mit Geräten (Küchenmaschinen, Koch- und Essgeschirr, Bestecke, Küchenwäsche und dergl.) und für die Ergänzung der Ausstattung, die durch eine notwendige Erweiterung des Kantinenbetriebs bedingt ist;

c) der Unterhaltung und des Ersatzes der Ausstattungsgegenstände mit einem Einzelanschaffungswert von mehr als 300 €, soweit diese Kosten trotz sorgfältiger Behandlung nicht zu vermeiden waren.

(2) Die Kosten der Unterhaltung und des Ersatzes der übrigen Ausstattungsgegenstände trägt die Pächterin bzw. der Pächter. Wird die Kantine als behördeneigene Einrichtung geführt sind die Kosten aus den Einnahmen der Kantine zu bestreiten; dies gilt nicht, soweit Mahlzeiten unentgeltlich gestellt werden (z.B. in Bildungseinrichtungen für Beschäftigte, die dem Grunde nach Anspruch auf Trennungsentschädigung haben).

(3) Die Ausstattungsgegenstände bleiben auch dann im Eigentum des Landes, wenn die Kantine durch eine Pächterin bzw. einen Pächter geführt wird. Dieser hat das Eigentum an den von ihm beschafften Ersatzstücken dem Land zu übertragen. Der Bestand ist mindestens alle drei Jahre zu prüfen.

(4) Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pächterin bzw. des Pächters kann eine von den vorstehenden Regelungen abweichende Kostentragung vereinbart werden.

8.
Personalkosten, Beaufsichtigung und Vergütungen

Die Vergütungen und Löhne des Kantinenpersonals sind auch bei den behördeneigenen Kantinen aus den Einnahmen der Kantine zu bestreiten. Werden jedoch bei einer behördeneigenen Kantine durch Geschäftsführung und Buchhaltung Verwaltungskräfte nur in unwesentlichem Ausmaß gebunden (insgesamt bis zu etwa fünf Arbeitsstunden wöchentlich), so können aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Personalkosten für diese Kräfte aus Haushaltsmitteln getragen werden. Ist die Arbeitsbelastung höher, so sind die Personalkosten anteilig aus Kantinenmitteln zu bestreiten

9.
Hygienische Voraussetzungen des Personals

Personen dürfen im Kantinendienst nur tätig werden, wenn bei Arbeitsbeginn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nachgewiesen ist, dass über die in § 42 Abs.1 IfSG genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach § 43 Abs. 2, 4 und 5 IfSG in mündlicher und schriftlicher Form vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 schriftlich nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 IfSG erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt sind. Die Kosten der Bescheinigung trägt der Kantinenbetreiber. Darüber hinaus hat der Betreiber der Kantine das Kantinenpersonal gem. § 43 Abs. 4 IfSG bei Aufnahme der Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über Tätigkeitsverbote zu belehren und die Teilnahme an der Belehrung zu dokumentieren.

10.
Wirtschaftsplan, Jahresabschluss, steuerliche Pflichten

(1) Aus dem Betrieb einer behördeneigenen Kantine nach § 26 Abs. 1 LHO erwachsen dem Land NRW steuerliche Pflichten. Die Erfüllung dieser Pflichten obliegt dem jeweiligen Dienststellenleiter oder einem von diesem bestimmten Beschäftigten der Behörde. Durch den Kantinenbetrieb als behördeneigene Einrichtung nach § 26 Abs. 1 LHO soll ein Gewinn für die Landeskasse nicht entstehen.

(2) Die Pächterin bzw. der Pächter ist zu verpflichten, spätestens 6 Monate nach Ablauf eines jeden Wirtschaftsjahres die Geschäftsbücher und den Jahresabschluss (die Bilanz und die Verlust- und Gewinnrechnung oder die Einnahme-Überschussrechnung) der Behörde zur Einsicht vorzulegen. Diese ist darüber hinaus berechtigt, jederzeit nach Absprache Einsicht in die Geschäfts- und Buchführung zu nehmen und Warenbestände zu überprüfen

(3) Die entgeltliche Überlassung der Kantine mit Ausstattung und Inventar an eine Pächterin bzw. einen Pächter kann steuerrechtlich einen Betrieb gewerblicher Art begründen. In diesem Fall hat die Dienststelle vor Abschluss des Pachtvertrages Kontakt mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) aufzunehmen, soweit es sich um Räumlichkeiten handelt, die in der Verwaltung des BLB stehen. Bezüglich der steuerlichen Pflichten gilt Abs. 1.

11.
Geltungsbereich, Pachtvertrag, Genehmigung

(1) Die in dieser Richtlinie niedergelegten Ziele und verbindlichen Vorgaben sind in den jeweiligen Pachtverträgen zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Pachtvertrag Regelungen zur Erhebung von Pacht, Neben- und Instandhaltungskosten, dem Benutzerkreis, der Preisgestaltung, Fremdveranstaltungen und Catering zu enthalten. Die Rechte nach Nr. 10 (2) sind vertraglich zu sichern. Bei bestehenden Verträgen sind diese zu einem geeigneten Zeitpunkt entsprechend anzupassen, spätestens im Rahmen eines Anschlussvertrags.

(2) Schließen den Mittelbehörden nachgeordnete Behörden Pachtverträge ab, so haben sie diese den Mittelbehörden zur Genehmigung vorzulegen.

12.

Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am Tag der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

Die Kantinenrichtlinien vom 20.10.1961 (MBl. NRW. S. 1694/SMBl. NRW. 203030) treten gleichzeitig außer Kraft.

- MBl. NRW. 2015 S. 44