Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2016 Nr. 25 vom 11.10.2016 Seite 607 bis 666

Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr - V B 5 - 57.00 -, des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport - 423-00-07.61.2 -,  und des Finanzministeriums - S 2198b - 000007 - V B 1 - vom 11. Juli 2016
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
Anlage3
 

Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr - V B 5 - 57.00 -, des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport - 423-00-07.61.2 -,  und des Finanzministeriums - S 2198b - 000007 - V B 1 - vom 11. Juli 2016

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Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des
§ 10g des Einkommensteuergesetzes

Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Bauen,
Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr
- V B 5 - 57.00 -,
des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport - 423-00-07.61.2 -,
 und des Finanzministeriums
- S 2198b - 000007 - V B 1 -
vom 11. Juli 2016

Die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen an eigenen schutzwürdigen Kulturgütern, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g Einkommensteuergesetz) setzt eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle voraus. Soweit es sich dabei um Kulturgüter im Sinne von § 10g Absatz l Satz 2 Nummer l bis 3 Einkommensteuergesetz handelt (Baudenkmäler, Gebäude oder Gebäudeteile in Denkmalbereichen, Bodendenkmäler) ist dies die Untere Denkmalbehörde. Für Bescheinigungen für Kulturgüter im Sinne von § 10g Absatz l Satz 2 Nummer 4 Einkommensteuergesetz (insbesondere Sammlungen) ist die Bezirksregierung zuständig (§ 8 Absatz 3 des Landesorganisationsgesetzes vom 10. Juli 1962 (GV. NRW. S. 421) zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (GV. NRW. S. 566).

1
Bescheinigungsverfahren

Die Bescheinigung, die objektbezogen ist, muss die Eigentümerin/der Eigentümer eines Kulturguts im Sinne der Teilziffer 2 schriftlich beantragen (vergleiche Muster 1 - Anlage 1). Die Bescheinigung hat dem Muster 2 (Anlage 2) zu entsprechen. Eine Zusammenfassung mit anderen Bescheinigungen ist nicht möglich. An eine Vertreterin/einen Vertreter kann eine Bescheinigung nur erteilt werden, wenn eine wirksame Vertretungsvollmacht vorliegt.

Die Bescheinigungsbehörde hat zu prüfen,

1. ob die Maßnahmen

a) an einem Kulturgut im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz durchgeführt worden sind (vergleiche Teilziffer 2),

b) erforderlich waren (vergleiche Teilziffer 3),

c) in Abstimmung mit der zuständigen Stelle durchgeführt worden sind (vergleiche Teilziffer 4),

2. in welcher Höhe Aufwendungen, die die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen, angefallen sind (vergleiche Teilziffer 5),

3. inwieweit Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch die für Denkmalpflege oder das Archivwesen zuständige Behörde bewilligt worden sind oder nach Ausstellung der Bescheinigung bewilligt werden (vergleiche Teilziffer 6).

Die Bescheinigung unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzämter und Finanzgerichte. Es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides, an den das Finanzamt im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden ist (§ 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Abgabenordnung).

Ist jedoch aus Sicht des Finanzamts offensichtlich, dass die Bescheinigung für Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die Voraussetzungen nicht vorliegen, hat das Finanzamt ein Remonstrationsrecht, das heißt, es kann die Bescheinigungsbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung nach Maßgabe des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Mai 2014 (GV. NRW. S. 294) bitten. Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem Finanzamt von der Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung Mitteilung zu machen (§ 4 der Mitteilungsverordnung vom 7. September 1993 (BGBl. I S. 1554) zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848)).

Dabei gilt für Bescheinigungen der Unteren Denkmalbehörden Folgendes:

Lehnt die Untere Denkmalbehörde eine Aufhebung beziehungsweise Änderung der erteilten Bescheinigung ab, so hat sie die hierfür maßgebenden Gründe dem Finanzamt mitzuteilen. Nimmt das Finanzamt zu dieser ablehnenden Entscheidung erneut Stellung, so entscheidet die Obere Denkmalbehörde.

Die bescheinigten Aufwendungen können steuerrechtlich jedoch nur berücksichtigt werden, wenn auch die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen, die durch das zuständige Finanzamt geprüft werden, vorliegen (vergleiche Teilziffer 7).

Auf das Prüfungsrecht des Finanzamts ist in der Bescheinigung zwingend hinzuweisen. Der Bescheinigung ist gemäß § 37 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen.

Um der Eigentümerin/dem Eigentümer frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kann die Bescheinigungsbehörde ihm bereits im Rahmen der Abstimmung eine schriftliche Zusicherung nach § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes über die zu erwartende Bescheinigung erteilen. Eine verbindliche Auskunft über die voraussichtliche Höhe der Steuervergünstigung, kann nur das Finanzamt erteilen. Voraussetzung hierfür ist eine Zusicherung nach Muster 3 (Anlage 3).

Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein das zuständige Finanzamt prüft, ob steuerlich begünstigte Aufwendungen für Herstellungs- oder Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 10g Einkommensteuergesetz oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen.

Die Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 10g Absatz 3 Einkommensteuergesetz. Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die Steuerbegünstigung in Anspruch zu nehmen.

Die Zusicherung für Aufwendungen an Bau- und Bodendenkmälern oder Gebäuden, die Teil eines Denkmalbereichs sind, ergeht im Benehmen mit dem Landschaftsverband (vergleiche Teilziffer 7).

2
Kulturgüter im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz

2.1
Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde

Die zuständige Behörde hat zu bescheinigen, dass

1. das Gebäude oder der Gebäudeteil als Baudenkmal oder Teil eines Baudenkmals nach §§ 3 oder 4 des Denkmalschutzgesetzes vom 11. März 1980 (GV. NW. S. 226, ber. S. 716) zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Juli 2013 (GV. NRW. S. 488) unter Schutz gestellt ist oder Teil eines Denkmalbereichs (§§ 5, 6 Denkmalschutzgesetz) ist.

2. die gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlage, die kein Gebäude oder Gebäudeteil ist, nach §§ 3 oder 4 des Denkmalschutzgesetzes unter Schutz gestellt ist.

3. das Mobiliar, die Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftlichen Sammlungen, Bibliotheken oder Archive,

a) sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie des Steuerpflichtigen befinden oder

b) in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes oder

c) in ein Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen sind und

d) dass deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt.

2.1.1
Begriffsbestimmungen

Unter den Begriffen Gebäudegruppe oder Gesamtanlage im Sinne dieser Richtlinien sind Denkmalbereiche im Sinne des § 2 Absatz 3 Denkmalschutzgesetz zu verstehen, die nach §§ 5, 6 des Denkmalschutzgesetzes unter Schutz gestellt sind. Hierzu gehören nicht Gebäude in der engeren Umgebung eines Baudenkmals, die außerhalb des Denkmalbereichs liegen.

Gärtnerische Anlagen sind historische Park- und Gartenanlagen, die Gegenstand des Denkmalschutzes sind. Dazu gehören auch die in die gärtnerische Anlage einbezogenen baulichen Anlagen, soweit diese nicht eigenständig unter Schutz gestellt sind (zum Beispiel Freitreppen, Balustraden, Pavillons, Mausoleen, Anlagen zur Wasserregulierung, künstliche Grotten, Wasserspiele, Brunnenanlagen). Die Abgrenzung gegenüber einem Naturdenkmal oder einem geschützten Landschaftsbestandteil richtet sich nach dem Denkmalrecht.

Bauliche Anlagen im Sinne dieser Richtlinien sind bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung, die keine Gebäude oder Gebäudeteile sind (zum Beispiel Brücken, Befestigungen). Die bauliche Anlage selbst muss vor Beginn der Maßnahmen wirksam nach §§ 3 oder 4 des Denkmalschutzgesetzes unter Schutz gestellt worden sein. Zu den baulichen Anlagen gehören auch Teile von baulichen Anlagen zum Beispiel Ruinen oder sonstige übriggebliebene Teile ehemals größerer Anlagen.

Zu den sonstigen Anlagen gehören zum Beispiel Bodendenkmäler oder Maschinen, die Gegenstand des Denkmalschutzes sind.

Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive müssen jeweils die Voraussetzungen des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Einkommensteuergesetz erfüllen: Sie müssen sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie der/des Steuerpflichtigen befinden oder in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes oder das Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen sein und ihre Erhaltung muss wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen.

Zum Mobiliar gehört das bewegliche Inventar eines Gebäudes, wie zum Beispiel Teppiche, Tapisserien, Musikinstrumente, Bibliotheken, Waffen sowie einzelne Werke der bildenden und angewandten Kunst. Es kann sich zum Beispiel um das Mobiliar berühmter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Politik handeln.

Kunstgegenstände sind Werke der bildenden Kunst (zum Beispiel Gemälde, Grafik), der Bildhauerkunst (zum Beispiel Skulpturen) und angewandten Kunst (zum Beispiel Uhrmacherwerke, Gold- und Silberschmiedearbeiten).

Kunstsammlungen sind eine Gesamtheit von Gegenständen, die zielgerichtet unter einer Themenstellung systematisiert zusammengeführt wurden, aus künstlerischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Prinzipien zusammengetragen wurden und die mehr als nur die Summe ihrer einzelnen Bestandteile darstellen und dadurch einen besonderen Wert gewinnen. Kunstsammlungen in diesem Sinne umfassen Kunstgegenstände im vorgenannten Sinn.

Wissenschaftliche Sammlungen umfassen Gegenstände, die nach wissenschaftlichen Interessen unter bestimmten Gesichtspunkten zusammengestellt sind. Hierzu zählen zum Beispiel ethnographische, historische, numismatische oder naturwissenschaftliche Sammlungen.

2.1.2
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 Einkommensteuergesetz

Gebäude, Gebäudeteile, gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlagen müssen bereits vor Beginn der Maßnahmen gemäß §§ 3 oder 4 des Denkmalschutzgesetzes oder als Teil eines Denkmalbereichs gemäß §§ 5 und 6 des Denkmalschutzgesetzes wirksam unter Schutz gestellt sein.

Bei Wegfall der Denkmaleigenschaft ist eine steuerliche Begünstigung ab dem Jahr, das dem Wegfall der Denkmaleigenschaft folgt, ausgeschlossen.

Entfällt die öffentlich-rechtliche Bindung durch die Denkmalschutzvorschriften innerhalb des 10-jährigen Begünstigungszeitraumes des § 10g Einkommensteuergesetz, ist dies dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen (§ 4 Mittelverordnung).

2.1.3
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Einkommensteuergesetz

Ist das Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder ein Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen, braucht nicht bescheinigt zu werden, dass sich das Kulturgut seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz befindet. Mit der Eintragung steht fest, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.

Zur Familie sind alle Angehörigen im Sinne des § 15 der Abgabeordnung zu rechnen; es kann sich aber auch um eine Familienstiftung handeln.

2.2
Zugänglichmachen

Für alle Kulturgüter ist ferner nach entsprechender Vorlage einer schriftlichen Erklärung der Eigentümerin/des Eigentümers zu bescheinigen, dass sie in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der wissenschaftlichen Forschung oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein den Verhältnissen entsprechendes Zugänglichmachen ist gegeben, wenn die Eigentümerin/der Eigentümer der zuständigen Bescheinigungsbehörde mitteilt, es bestehe die Möglichkeit, Wissenschaftlern und/oder der interessierten Öffentlichkeit den Zutritt zu gestatten. Bewegliche Kulturgüter werden der Öffentlichkeit auch durch Leihgaben anlässlich von Ausstellungen oder wissenschaftlichen Arbeiten zugänglich gemacht. Stehen dem Zugang zwingende Gründe (zum Beispiel konservatorische Gründe) entgegen, sind auch diese zu bescheinigen.

3
Erforderlichkeit der Maßnahmen

Es ist zu bescheinigen, dass die durchgeführte Maßnahme nach Art und Umfang

1. bei Gebäuden oder Gebäudeteilen zur Erhaltung als Baudenkmal,

2. bei einem Gebäude oder Gebäudeteil, das kein eingetragenes Denkmal, aber Teil eines Denkmalbereichs ist, zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes des Denkmalbereichs beziehungsweise

3. bei Bodendenkmälern und anderen Kulturgütern zu ihrer Erhaltung

nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen der Denkmalpflege, des Archivwesens oder anderer öffentlich-rechtlicher Schutz- und Erhaltungsverpflichtungen erforderlich waren.

Zur Erhaltung eines Bau- oder Bodendenkmals erforderliche Maßnahmen sind solche, die nach Art und Umfang erforderlich sind, um die Merkmale zu erhalten, die die Eigenschaft des Objektes als Bau- beziehungsweise Bodendenkmal begründen.

Wegen des Tatbestandsmerkmals der „Erforderlichkeit“ ist ein strenger Maßstab an die Aufwendungen zu legen. Es reicht nicht aus, dass die Aufwendungen aus fachspezifischer Sicht angemessen oder vertretbar sind, sie müssen unter fachlichen Gesichtspunkten notwendig sein. Die Tatsache, dass zum Beispiel eine denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, weil die Voraussetzungen hierfür vorlagen, entbindet nicht von der Prüfung, ob die Aufwendungen erforderlich sind. Die Erforderlichkeit der Maßnahmen muss sich aus dem Zustand des betreffenden Objekts vor Beginn der Baumaßnahmen und dem fachlich sinnvoll erstrebenswerten Zustand ergeben. Aufwendungen, die nicht der Eigenart des Objekts als Denkmal beziehungsweise Kulturgut entsprechen, sind danach nicht bescheinigungsfähig.

An einem Gebäude oder Gebäudeteil sind auch Maßnahmen bescheinigungsfähig, die zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Das Merkmal ist erfüllt, wenn die Maßnahmen

1. die Denkmaleigenschaft nicht oder allenfalls unerheblich beeinträchtigen,

2. erforderlich sind, um eine unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten sinnvolle Nutzung des Baudenkmals zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ermöglichen, und

3. geeignet erscheinen, die Erhaltung des Baudenkmals sicherzustellen.

Die Versicherung des Kulturguts gehört nicht zu den Aufwendungen für die Erhaltung eines Kulturguts. Es reicht nicht aus, dass die Maßnahmen aus fachlicher Sicht angemessen oder vertretbar sind, sie müssen zur Erhaltung des schutzwürdigen Zustands, zum Beispiel auch zur Abwendung von Schäden, oder zur Wiederherstellung eines solchen Zustands notwendig sein. Maßnahmen, die ausschließlich durch das Zugänglichmachen des Kulturguts für die Öffentlichkeit veranlasst werden (zum Beispiel Errichtung eines Kassenhäuschens oder Besucherparkplatzes), gehören nicht dazu. Aufwendungen hierfür (zum Beispiel auch Lohnkosten für Aufsichtspersonal) können nur mit den Einnahmen aus der Nutzung des Kulturguts verrechnet werden.

4
Abstimmung der Maßnahmen

Es muss mit allen erheblichen Daten (vergleiche Muster 2 - Anlage 2) bescheinigt werden, dass die Maßnahmen vor Beginn ihrer Ausführung mit der Bescheinigungsbehörde abgestimmt worden sind. Die Abstimmung ist keine bloße Formalie; sie dient der Feststellung der entscheidungsrelevanten Tatsachen, insbesondere des Zustandes des Kulturguts, an dem Maßnahmen vorgenommen werden sollen und der Sicherstellung der denkmalgerechten Ausführung der Arbeiten. 

Die Abstimmung bedeutet die ausdrückliche Zustimmung beziehungsweise Billigung der konkret in Rede stehenden Maßnahme durch die Bescheinigungsbehörde (Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 22. Januar 2015 –- 9 K 3635/13, juris, Urteil vom 12. Juli 2011 –- 1 K 1516/10, juris). Sie erfordert einen Austausch übereinstimmender Auffassungen zur Denkmalverträglichkeit einer Maßnahme.

An der Abstimmung ist in den Fällen des § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 Einkommensteuergesetz das Amt für Bau- beziehungsweise Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes zu beteiligen.

Die Abstimmung kann innerhalb eines denkmalrechtlichen Erlaubnisverfahrens oder bei baulichen Anlagen innerhalb eines Baugenehmigungsverfahrens erfolgen. Die fehlende vorherige Abstimmung kann nicht nachgeholt oder durch die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung ersetzt werden. Das gilt selbst dann, wenn sich das Ergebnis als kulturgutverträglich darstellt.

Wird erst im Verlauf der Maßnahme erkennbar, dass ein Kulturgut im Sinne der Teilziffer 2 vorliegt, können die Aufwendungen bescheinigt werden, die ab dem Zeitpunkt entstehen, ab dem das Kulturgut den öffentlich-rechtlichen Bindungen des Denkmalschutzgesetz beziehungsweise des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) vom 8. Juli 1999 (BGBl. I S. 1754) zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Mai 2007 (BGBl. I S. 757) unterliegt, und die Maßnahmen betreffen, die vor ihrem Beginn mit der Bescheinigungsbehörde abgestimmt worden sind.

Bei laufenden oder regelmäßig wiederkehrenden Maßnahmen reicht es aus, wenn sie einmal vorweg abgestimmt werden (zum Beispiel laufende Pflege bei geschützten Garten- und Parkanlagen).

Soll von den abgestimmten Maßnahmen abgewichen werden, bedarf dies einer erneuten vorherigen Abstimmung. Werden die Maßnahmen nicht in der abgestimmten Art und Weise durchgeführt, darf insoweit eine Bescheinigung nicht erteilt werden.

Aus Nachweisgründen sind Zeitpunkt und Inhalt der Abstimmung zwischen den Beteiligten in geeigneter Weise schriftlich festzuhalten. Dabei ist die Eigentümerin/der Eigentümer auf

1. die Bedeutung der Abstimmung für die Erteilung einer Bescheinigung,

2. die Möglichkeit der schriftlichen Zusicherung nach § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie

3. das eigenständige Prüfungsrecht des Finanzamts (vergleiche Teilziffer 7)

hinzuweisen. Wird bereits im Rahmen der Abstimmung festgestellt, dass nicht alle Maßnahmen die Voraussetzungen für eine Bescheinigung erfüllen, ist hierauf ausdrücklich hinzuweisen.

5
Höhe der Aufwendungen

Es können nur tatsächlich angefallene Aufwendungen bescheinigt werden. Dazu gehört nicht der Wertansatz für die eigene Arbeitsleistung der Eigentümerin/des Eigentümers oder die Arbeitsleistung unentgeltlich Beschäftigter. Zu den bescheinigungsfähigen Aufwendungen gehören aber die auf begünstigte Maßnahmen entfallenden Lohn- und Gehaltskosten für eigene Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen, Material- und Betriebskosten, Aufwendungen für Arbeitsgeräte sowie Gemeinkosten. Skonti oder sonstige Abzüge mindern die zu berücksichtigenden Kosten. Die Prüfung schließt keine Preis- oder Angebotskontrolle ein.

Alle Rechnungsbeträge aus den detaillierten, nachvollziehbaren und prüffähigen Originalrechnungen sind von der Antragstellerin/vom Antragsteller entsprechend dem Vordruck (vergleiche Muster 1 - Anlage 1, dort die Anlage zu Nummer 5) aufzulisten. Darin sind auch Angaben zum Zahlbetrag und Zahlungsdatum der einzelnen Rechnungen, sowie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Maßnahme zu tätigen.

Erforderlich ist die Vorlage der Schlussrechnungen. Abschlagsrechnungen und Kostenvoranschläge ersetzen keine Schlussrechnung. Kassenzettel müssen Menge, Artikel und Preis eindeutig erkennen lassen.

Pauschalrechnungen von Handwerkern können nur berücksichtigt werden, wenn das Original-Angebot, das dem Pauschalvertrag zugrunde liegt, beigefügt ist. Wenn es zur Prüfung der Einzelleistungen erforderlich ist, kann die Vorlage der Original-Kalkulation verlangt werden. Genehmigungs- und Prüfungsgebühren gehören zu den Kosten der genehmigten oder geprüften Baumaßnahme.

Die Bescheinigungsbehörde hat zu bescheinigen, dass die dem Bescheinigungsantrag zugrunde liegende Maßnahme durchgeführt wurde und die Kosten durch Vorlage der Originalrechnungen nachgewiesen wurden.

Die eingereichte Rechnungsaufstellung ist zugleich Bestandteil der Bescheinigung (Pflichtanlage). Die Bescheinigungsbehörde hat darauf die anerkannten Aufwendungen kenntlich zu machen.

Zu den bescheinigungsfähigen Aufwendungen gehört auch die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer. Soweit die Umsatzsteuer als Vorsteuer abzugsfähig ist, kann die Bescheinigung auf Begehren der Antragstellerin/des Antragstellers auf die Nettorechnungsbeträge beschränkt werden. Schuldet der Bauherr die Umsatzsteuer aus den von ihm bezogenen Leistungen nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes, kann die von ihm an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer in die Bescheinigung einbezogen werden. Voraussetzung ist, dass die Anmeldung und Zahlung der nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes geschuldeten Umsatzsteuer nachgewiesen ist.

Wenn vom Bauherrn bei in Eigenleistung durchgeführten Maßnahmen Nebenkosten wie zum Beispiel Aufwendungen für angeschaffte Werkzeuge oder Maschinen, Fahrtkosten u. ä. geltend gemacht werden, hat die Bescheinigungsbehörde deren Erforderlichkeit dem Grunde nach zu bestätigen, jedoch nicht zu bescheinigen. Dem Finanzamt bleibt die Prüfung der Höhe der steuerbegünstigten Kosten vorbehalten. In diesen Fällen ist in der Spalte „Prüfvermerk“ der Rechnungsaufstellung (vergleiche Muster 1 - Anlage 1, dort die Anlage zu Nummer 5) ein entsprechender Hinweis aufzunehmen.

In die Bescheinigung ist folgender Zusatz aufzunehmen:

„Der Bauherr hat Maßnahmen in Eigenleistung durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurden über die bescheinigte Summe hinaus Nebenkosten beantragt (vergleiche Rechnungsaufstellung). Die Prüfung und Zurechnung dieser Kosten zu den gemäß § 10g Einkommensteuergesetz begünstigten Aufwendungen obliegt dem Finanzamt.“

6
Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln

In die Bescheinigung sind die Zuschüsse aufzunehmen, die eine der für Denkmalschutz, Denkmalpflege, Archivwesen oder ein anderes Kulturgut zuständigen Behörden der Empfängerin/dem Empfänger der Bescheinigung aus öffentlichen Mitteln bewilligt hat. Für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständige Behörden in Nordrhein-Westfalen sind die jeweils örtlich zuständigen Gemeinden, Kreise, Landschaftsverbände und Bezirksregierungen.

Durch eine Nebenbestimmung  und geeignete organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Bescheinigung entsprechend § 10g Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes geändert werden kann, wenn solche Zuschüsse nach Ausstellung der Bescheinigung gewährt werden. Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt die Änderung der Bescheinigung mitzuteilen (§ 4 Mittelverordnung).

7
Benehmen des Landschaftsverbandes bei Maßnahmen an Bau- oder Bodendenkmälern oder Objekten in Denkmalbereichen

Gemäß § 40 des Denkmalschutzgesetzes wird die Bescheinigung im Benehmen mit dem Landschaftsverband ausgestellt. Hierzu fertigt die Untere Denkmalbehörde ihren Entscheidungsentwurf und überlässt diesen dem Landschaftsverband. Sofern im Einzelfall erforderlich, sind die zu dessen Beurteilung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Der Landschaftsverband bewertet die beabsichtigte Entscheidung aus seiner fachlichen Sicht unter Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses.

8
Prüfungsrecht des Finanzamts

Die Finanzämter haben zu prüfen,

1. ob die vorgelegte Bescheinigung von der nach Landesrecht zuständigen Behörde ausgestellt worden ist,

2. ob die bescheinigte Maßnahme an einem Kulturgut durchgeführt worden ist, das im Eigentum der/des Steuerpflichtigen steht,

3. ob das Kulturgut im jeweiligen Kalenderjahr weder zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Einkommensteuergesetz genutzt worden ist noch Gebäude oder Gebäudeteile zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind,

4. inwieweit die Aufwendungen etwaige aus der Nutzung des Kulturguts erzielte Einnahmen (vergleiche hierzu auch Teilziffer 3) übersteigen,

5. in welcher Höhe die in der Rechnungsaufstellung enthaltenen, aber nicht bescheinigten Nebenkosten (vergleiche hierzu Teilziffer 5) steuerrechtlich Aufwendungen für das Kulturgut im Sinne des § 10g Einkommensteuergesetz sind,

6. ob weitere Zuschüsse für die bescheinigten Aufwendungen gezahlt werden oder worden sind,

7. in welchem Veranlagungszeitraum die Steuerbegünstigung erstmals in Anspruch genommen werden kann.

Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich folglich nicht auf die Tatbestandsmerkmale, die einer abschließenden Prüfung durch das Finanzamt vorbehalten sind.

9
Gebührenpflicht

Die von der Unteren Denkmalbehörde ausgestellten Bescheinigungen sind nach § 29 Absatz 3 Denkmalschutzgesetz gebührenpflichtig (Tarifstelle 4a.2 - 2.1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung vom 3. Juli 2001 (GV. NRW. S. 262) zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. April 2016 (GV. NRW. S. 236).

Die für die Erteilung der Bescheinigung angefallenen Gebühren gehören nicht zu den bescheinigungsfähigen Aufwendungen.

10
Schlussbestimmungen

Die in diesen Richtlinien angegebenen und erläuterten Beispiele sind Regelbeispiele, die Inhalt, Ziel und Zweck der Richtlinien erläutern sollen. Eine im Einzelfall abweichende Sachbehandlung durch die Bescheinigungsbehörde kann durch besondere denkmalbedingte Umstände gerechtfertigt sein. Ein Remonstrationsrecht steht dem Finanzamt in diesen Fällen nur zu, wenn solche besonderen Umstände im Einzelfall nicht vorliegen.

Ausnahmen von diesen Richtlinien bedürfen bei Kulturgütern im Sinne von § 10g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1-3 des Einkommensteuergesetzes der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Oberen Denkmalbehörde. Die Oberen Denkmalbehörden sollen im Übrigen die Unteren Denkmalbehörden beim Ausstellen von Steuerbescheinigungen beraten und im Rahmen ihrer Aufgabe nach dem Ordnungsbehördengesetz vom 13. Mai 1980 (GV. NW. S. 528) zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) beaufsichtigen.

Die Untere Denkmalbehörde unterrichtet die Obere Denkmalbehörde jährlich, jeweils zum 31. Dezember, über die Anzahl der ausgestellten Steuerbescheinigungen, jeweils mit Beträgen bis zu 250 000 EUR und von mehr als 250 000 EUR. Von Bescheinigungen über mehr als 250 000 EUR übersendet die Untere Denkmalbehörde der Oberen Denkmalbehörde jeweils eine Durchschrift oder Ablichtung der ausgestellten Bescheinigung. In der Durchschrift oder Ablichtung sind Anschrift und Anrede nicht anzugeben oder unleserlich zu machen.

11
Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am Tag der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft. Die im Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport „Bescheinigung nach § 40 Denkmalschutzgesetz zur Erlangung einer Steuervergünstigung nach § 10g Absatz l Satz l i. V. m. Satz 2 Nummer l bis 3 Einkommensteuergesetz (Einkommensteuergesetz)“ vom 20. März 1998 (MBl. NRW. S. 533) geändert durch Runderlass vom 16. Juli 2001 (MBl. NRW. S. 1220) veröffentlichten Richtlinien treten gleichzeitig außer Kraft.

Diese Richtlinien treten am 31. Dezember 2021 außer Kraft.

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

- MBl. NRW. 2016 S. 608