Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 5 vom 17.2.2017 Seite 71 bis 94

Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten, Berichtspflichten und die Zusammenarbeit im Europäischen Justiziellen Netz sowie mit transnationalen Verbindungsstellen Gemeinsamer Runderlass des Justizministeriums - 9350 - III. 19 -, des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 424 - 57.01.48 - und des Finanzministeriums - S 1320 - 5 - V B 5/ S 770 - 4 - V A 1 - vom 16. Dezember 2016 - JMBI. NRW S. 16 (GRdE-RHSt)
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Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten, Berichtspflichten und die Zusammenarbeit im Europäischen Justiziellen Netz sowie mit transnationalen Verbindungsstellen Gemeinsamer Runderlass des Justizministeriums - 9350 - III. 19 -, des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 424 - 57.01.48 - und des Finanzministeriums - S 1320 - 5 - V B 5/ S 770 - 4 - V A 1 - vom 16. Dezember 2016 - JMBI. NRW S. 16 (GRdE-RHSt)

2051

Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten, Berichtspflichten
und die Zusammenarbeit im Europäischen Justiziellen Netz sowie mit transnationalen Verbindungsstellen

Gemeinsamer Runderlass des Justizministeriums - 9350 - III. 19 -,
des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 424 - 57.01.48 -
und des Finanzministeriums - S 1320 - 5 - V B 5/ S 770 - 4 - V A 1 -
vom 16. Dezember 2016 - JMBI. NRW S. 16 (GRdE-RHSt)

1
Zuständigkeiten im justiziellen Rechtshilfeverkehr

Soweit nach § 74 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vom 23. Dezember 1982 (BGBl. I S. 2071) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit der Vereinbarung über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (Zuständigkeitsvereinbarung - BAnz. Nr. 100 - vom 29. Mai 2004) die Ausübung der Befugnisse in Rechtshilfeangelegenheiten auf die Landesregierungen übertragen ist, sowie soweit hinsichtlich des Vollstreckungshilfeverkehrs mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Neunten Teil, Abschnitte 1, 4 und 5 IRG unmittelbare Bewilligungszuständigkeiten begründet sind, wird für das Land Nordrhein-Westfalen Folgendes bestimmt:

1.1
Eingehende Ersuchen

1.1.1
Befugnisse der Generalstaatsanwaltschaft

Die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft entscheidet über

1.1.1.1
Aus- und Durchlieferungsersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Islands und Norwegens nach dem Achten und Elften Teil des IRG sowie über Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung von Zeugen und zur Vollstreckung gemäß §§ 64, 65 und 84l bis 84n des IRG,

1.1.1.2
Ersuchen in Angelegenheiten des Zweiten Teils des IRG (Auslieferung an das Ausland), die auf Grund einer völkerrechtlichen Übereinkunft auf dem Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde übermittelt werden können, wenn sich die verfolgte Person mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren einverstanden erklärt hat gemäß § 41 des IRG,

1.1.1.3
Rechtshilfeersuchen in den Fällen der §§ 62 und 63 IRG sowie

1.1.1.4
die Bewilligung der Rechtshilfe in Angelegenheiten des Teils 5 des Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH-Gesetz) vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2144), in der jeweils geltenden Fassung - sonstige Rechtshilfe - nach Absprache im Einzelfall (§ 68 Abs. 1 Satz 4 IStGH-Gesetz). Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit sonstigen Internationalen Strafgerichtshöfen, soweit eine innerstaatliche Vorschrift entsprechendes vorsieht.

1.1.2
Befugnisse der Staatsanwaltschaft

Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet über die Bewilligung von Ersuchen um

1.1.2.1
Rechtshilfe in den übrigen Fällen des Fünften und Zehnten Teils des IRG, es sei denn, dass die Durchbeförderung eines Zeugen nach § 64 IRG oder zur Vollstreckung nach § 65 IRG begehrt wird und

1.1.2.2
Vollstreckung einer Einziehungs- oder Verfallsentscheidung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union nach dem Neunten Teil, Abschnitt 3 IRG.

1.1.3
Zuständigkeitskonzentration

Sind bei Ersuchen um sonstige Rechtshilfe mehrere nordrhein-westfälische Staatsanwaltschaften örtlich zuständig, entscheidet über die Bewilligung des gesamten Ersuchens

a) die Staatsanwaltschaft, in deren Zuständigkeitsbereich unter Richtervorbehalt stehende strafprozessuale Maßnahmen vorzunehmen sind,

b) die Staatsanwaltschaft, in deren Zuständigkeitsbereich der Schwerpunkt der beantragten Handlungen liegt oder

c) eine von der örtlich zuständigen Generalstaatsanwaltschaft benannte Staatsanwaltschaft ihres Bezirks.

In Eilfällen entscheidet über die Bewilligung des gesamten Ersuchens die erstbefasste Staatsanwaltschaft.

Sofern ein Einvernehmen über die Zuständigkeit zwischen mehreren zuständigen Staatsanwaltschaften nicht hergestellt werden kann, entscheidet die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft. Sind Staatsanwaltschaften mehrerer Oberlandesgerichtsbezirke betroffen, entscheiden die örtlich zuständigen Generalstaatsanwaltschaften gegebenenfalls im Einvernehmen.

1.1.4
Grenzüberschreitende Observation

Über grenzüberschreitende Observationen entscheiden

1.1.4.1
bei auf dem Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen fortgesetzten grenzüberschreitenden Observationen

a) aus dem Königreich der Niederlande die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf sowie in Eilfällen, sofern diese nicht zu erreichen ist, die Staatsanwaltschaft Aachen und

b) aus dem Königreich Belgien die Staatsanwaltschaft Aachen sowie in Eilfällen, sofern diese nicht zu erreichen ist, die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf.

1.1.4.2
in den übrigen Fällen für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen, soweit es sich um Ersuchen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, aus Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz handelt, die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft.

1.1.5
Im Rahmen dieses Auftrags sind die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft und die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Bewilligungs- und Prüfbehörde. Die Staatsanwaltschaften sind darüber hinaus Genehmigungsbehörde in den Fällen der Nummer 138 Absatz 1, Nummer 139 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) in der jeweils geltenden Fassung.

1.2
Ausgehende Ersuchen

1.2.1
Mit der Prüfung und Bewilligung von Ersuchen an ausländische Behörden werden beauftragt:

1.2.1.1
für Rechtshilfeersuchen eines Oberlandesgerichts

die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

1.2.1.2
für Rechtshilfeersuchen eines Landgerichts oder eines Amtsgerichts, das nicht mit einer Präsidentin oder einem Präsidenten besetzt ist,

die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts,

1.2.1.3
für Rechtshilfeersuchen der anderen Amtsgerichte,

die Präsidentin oder der Präsident des Amtsgerichts,

1.2.1.4
für Vollstreckungshilfeersuchen der Jugendrichterinnen oder Jugendrichter als Vollstreckungsleiterin oder Vollstreckungsleiter sowie der nach § 126 StPO zuständigen Gerichte nach dem Neunten Teil, Abschnitte 1, 4 und 5 IRG (Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union)

diese,

1.2.1.5
für Rechtshilfeersuchen einer Generalstaatsanwaltschaft und in den Fällen der §§ 69 und 70 IRG

die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt,

1.2.1.6
für sonstige Rechtshilfeersuchen einer Straf- und Bußgeldstelle der nordrhein-westfälischen Landesfinanzverwaltung an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union in den in eigener Zuständigkeit gemäß § 386 AO geführten Verfahren

die Vorsteherin oder der Vorsteher des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung und

1.2.1.7
für Aus- und Durchlieferungsersuchen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, für Vollstreckungshilfeersuchen der Staatsanwaltschaften nach dem Neunten Teil, Abschnitte 1, 3, 4 und 5 IRG (Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union), für sonstige Rechtshilfeersuchen einer Staatsanwaltschaft, als Prüfstelle für Ersuchen einer Verwaltungsbehörde in einem Verfahren nach § 1 Absatz 2 IRG, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist und in den unter 1.2.1.6 genannten Fällen auf Antrag der Straf- und Bußgeldstelle

die Leitende Oberstaatsanwältin oder der Leitende Oberstaatsanwalt.

1.2.2
Sind mehrere Ersuchen auf Übernahme der weiteren Vollstreckung nach §§ 85 bis 85f und §§ 90l bis 90n des IRG durch unterschiedliche Vollstreckungsbehörden zu stellen, soll die Vollstreckungsbehörde, bei der die höchste Strafe zu vollstrecken ist, federführend im Verhältnis zum Ausland auftreten. Im Übrigen bleibt die Bewilligungszuständigkeit unberührt.

1.2.3
Im Rahmen dieses Auftrags wird auch das Genehmigungsverfahren nach Nummer 140 RiVASt, soweit es sich um Ersuchen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an die Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz handelt, übertragen.

2
Zuständigkeiten im polizeilichen Rechtshilfeverkehr

Unbeschadet der Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft wird für die Ausübung der Bewilligungsbefugnis gemäß § 74 Absatz 2 Satz 1 des IRG in Verbindung mit der Zuständigkeitsvereinbarung vom 29. Mai 2004 sowie den Austausch von Informationen nach dem Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Abl. L 386 vom 29. Dezember 2006, S. 89; ber. Abl. L 75 vom 15. Mai 2007, S. 26) für das Land Nordrhein-Westfalen Folgendes bestimmt:

2.1
Bewilligungsbefugnisse

2.1.1
Eingehende Ersuchen

2.1.1.1
Befugnisse des Landeskriminalamtes

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen entscheidet als Prüfungs- und Bewilligungsbehörde über eingehende polizeiliche Rechtshilfeersuchen ausländischer Behörden, wenn nordrhein-westfälische Polizeibehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach innerstaatlichem Recht Ersuchen erledigen dürfen und eine völkerrechtliche Übereinkunft den polizeilichen Geschäftsweg vorsieht, sowie über die Verwendung der nach Maßgabe von 2.2.1 gemäß des § 92 IRG übermittelten Informationen zu Beweiszwecken im ausländischen Strafverfahren.

2.1.1.2
Befugnisse der Kreispolizeibehörden

Soweit aufgrund zwischenstaatlicher Übereinkünfte mit dem Königreich Belgien und dem Königreich der Niederlande polizeiliche Rechtshilfeersuchen unmittelbar zwischen den Polizeibehörden übermittelt werden können, nehmen die zuständigen Polizeibehörden auch die nach 2.1.1.1 vorgesehenen Befugnisse bei eingehenden Ersuchen niederländischer und belgischer Polizeibehörden wahr.

2.1.1.3
Ausgenommen von den Entscheidungsbefugnissen nach 2.1.1.1 und 2.1.1.2 sind Ersuchen,

a) die erkennbar von einem Gericht oder einer sonstigen Justizbehörde ausgehen,

b) bei denen eine Maßnahme begehrt wird, die nach innerstaatlichem Recht nicht von einer Polizeidienststelle vorgenommen werden darf oder zu deren Erledigung strafprozessuale Zwangsmaßnahmen erforderlich sind oder

c) bei denen um förmliche Vernehmung einer Person ersucht wird, sofern dies nicht aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft gestattet ist.

2.1.2
Ausgehende Ersuchen

2.1.2.1
Befugnisse des Landeskriminalamtes

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen entscheidet als Prüfungs- und Bewilligungsbehörde über ausgehende polizeiliche Rechtshilfeersuchen an ausländische Polizeibehörden, wenn nordrhein-westfälische Polizeibehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach innerstaatlichem Recht Ersuchen stellen dürfen und eine völkerrechtliche Übereinkunft den polizeilichen Geschäftsweg vorsieht.

2.1.2.2
Befugnisse der Kreispolizeibehörden

Soweit aufgrund zwischenstaatlicher Übereinkünfte mit dem Königreich Belgien und dem Königsreich der Niederlande polizeiliche Rechtshilfeersuchen unmittelbar zwischen den Polizeibehörden übermittelt werden können, nehmen die zuständigen Polizeibehörden die nach 2.1.2.1 vorgesehenen Befugnisse bei ausgehenden Ersuchen niederländischer und belgischer Polizeibehörden wahr:

2.2
Befugnis der Polizeibehörden zur Informationsübermittlung und -beschaffung nach §§ 92 bis 92c IRG

2.2.1
Auskunftserteilung an Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach §§ 92 bis 92c IRG

2.2.1.1
Die Polizeibehörden sind im Rahmen der §§ 92 bis 92c IRG befugt, unter den gleichen Bedingungen wie an eine inländische Polizeibehörde (§ 92 Absatz 1 Satz 2 IRG in Verbindung mit § 478 Absatz 1 Satz 5 StPO) Informationen, die bei ihnen vorhanden oder für sie verfügbar sind, an die ersuchenden Behörden zu übermitteln. Dies umfasst auch bereits vorhandene Informationen, die zuvor durch Zwangsmaßnahmen erlangt wurden.

Insbesondere ist die Auskunft zu folgenden Informationsarten zulässig:

a) Eigentümer- und Halterfeststellungen bei Straßen-, Wasser-, und Luftfahrzeugen,

b) Auskünfte zu Fahrerlaubnissen, Schifferpatenten und vergleichbaren Berechtigungen,

c) Aufenthalts- und Wohnsitzfeststellungen,

d) Feststellungen zu Aufenthaltstiteln, Pässen und Personalausweisen,

e) Feststellung von Inhabern und Nutzern von Telekommunikations- und Datennetzen,

f) Identitätsfeststellungen,

g) Ermittlungen zur Herkunft von Sachen (Verkaufsweganfragen),

h) Auskünfte aus (in Deutschland geführten) behördlichen Datensammlungen,

i) Feststellung der Aussagebereitschaft einer Auskunftsperson,

j) polizeiliche informatorische Befragungen,

k) Inaugenscheinnahme, Sicherung und Dokumentation von vorhandenen Spuren und

l) Informationen über inhaftierte Personen.

2.2.1.2
Abweichend hiervon dürfen Informationen nicht übermittelt werden, wenn

a) diese auf Grundlage einer strafprozessualen Maßnahme erlangt werden müssten, bei der die zwangsweise Durchsetzbarkeit der gesetzliche Regelfall ist, bzw. im Falle einer Weigerung der betroffenen Person an ihrer Mitwirkung Zwangsmittel angeordnet werden können,

b) diese aus Maßnahmen erlangt wurden, für die das Gesetz besondere Anforderungen an die weitere Verwendung der Daten knüpft oder für die die Weitergabe gesetzlich ausgeschlossen ist,

c) diese aus laufenden Ermittlungsverfahren herrühren oder für laufende Ermittlungsverfahren relevant sind, es sei denn, die zuständige Staatsanwaltschaft hat zuvor ihre Zustimmung zur Übermittlung erteilt oder eine Beeinträchtigung der laufenden Ermittlungen ist offenkundig ausgeschlossen, oder

d) die Informationen bei Dritten vorhanden sind und besondere gesetzliche Regelungen für die Übermittlungen an das Ausland existieren wie zum Beispiel nach § 77 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), in der jeweils geltenden Fassung und §§ 57, 57a des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), in der jeweils geltenden Fassung.

2.2.1.3
Die Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnenen schriftlichen Beweismitteln oder Aktenteilen – auch von Kopien – durch die Polizeibehörden ist nicht zulässig.

2.2.2
Ersuchen um Auskunftserteilung an das Ausland

2.2.2.1
Der Umfang der nach dem Rahmenbeschluss Datenaustausch aus dem europäischen Ausland erlangbaren Informationen ergibt sich aus den nationalen Merkblättern der vom Rat der Europäischen Union herausgegeben Leitlinien für die Umsetzung des Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S.89) in der jeweils geltenden Fassung.

2.2.2.2
Zur Beschleunigung des grenzüberschreitenden Informationsflusses im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens kann sich die die Ermittlungen leitende Staatsanwaltschaft auch an die zuständige Polizeibehörde mit der Bitte wenden, Auskünfte, deren Erteilung nach dem Rahmenbeschluss Datenaustausch in Betracht kommen, auf dem polizeilichen Weg einzuholen. Auf diesem Weg veranlasste Auskunftsersuchen können mit der Bitte an die ausländischen Behörden verknüpft werden, eine Verwertung als Beweismittel zuzulassen.

2.2.2.3
Ersuchen um förmliche Vernehmung einer Person sind alleine dem justiziellen Rechtshilfeweg vorbehalten.

3
Zusammenarbeit mit transnationalen Verbindungsstellen

3.1
Europäisches Justizielles Netz (EJN)

3.1.1
Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes in Nordrhein-Westfalen ist die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf.

3.1.2
Unbeschadet der Bestimmungen in Nummer 151 RiVASt sollte, sofern Schwierigkeiten bei bilateralen Ersuchen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union auftreten, vorrangig das Europäische Justizielle Netz um Unterstützung ersucht werden, insbesondere, wenn Kontakte auf dem unmittelbaren Geschäftsweg nicht ausreichend sind.

3.2
Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit (BES)

3.2.1
Die Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden im Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit richtet sich nach der gemeinsamen Absichtserklärung zwischen dem föderalen Dienst Justiz des Königreichs Belgien, dem Ministerium der Sicherheit und Justiz der Niederlande sowie dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz der Bundesrepublik Deutschland über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und insbesondere über das Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit (BES) vom 24. Oktober 2016.

3.2.2
Sofern Schwierigkeiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Königreichen Niederlande und Belgien, insbesondere in den Euregios Maas-Rhein und Rhein-Maas-Nord auftreten, soll vorrangig zu I. 2. die beim Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit tätige Kontaktperson des Landes Nordrhein-Westfalen um Unterstützung gebeten werden.

3.2.3
Der beim Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit tätigen Kontaktperson des Landes Nordrhein-Westfalen ist die notwendige Unterstützung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu gewähren.

4
Berichts- und Mitteilungspflichten

4.1
Unbeschadet der in den RiVASt und gegebenenfalls der Anordnung über Berichtspflichten in Strafsachen vom 27. November 2005 JMBl. NRW. 2006 S. 3) in der jeweils geltenden Fassung geregelten Berichtspflichten berichten

4.1.1
die zuständigen Justizbehörden dem Justizministerium zeitnah

a) vor der Bewilligung elektronisch in allen Fällen, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder sonst von grundsätzlicher Bedeutung sind und

b) vor Abschluss oder Ablehnung des Abschlusses einer Teilungsvereinbarung nach § 88f IRG.

4.1.2
die Straf- und Bußgeldstellen dem Finanzministerium über die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen zeitnah nach der Bewilligung in allen Fällen, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder sonst von grundsätzlicher Bedeutung sind.

4.2
Die zuständigen Justizbehörden setzen bei allen ein- und ausgehenden Rechtshilfeersuchen zur grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder sonst von grundsätzlicher Bedeutung sind, sowie über alle ein- und ausgehende Ersuchen um Vollstreckung einer Einziehungs- oder Verfallsentscheidung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (Neunter Teil, Abschnitt 3 IRG) die Zentrale Organisationsstelle Vermögensabschöpfung für das Land Nordrhein-Westfalen (ZOV NRW) durch elektronische Übersendung der jeweiligen Ersuchen sowie der Ergebnisse der Ersuchen in Kenntnis.

4.3
Die zuständigen Justizbehörden setzen ferner die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime für Nordrhein-Westfalen - ZAC NRW  bei allen eingehenden Rechtshilfeersuchen, die - soweit ersichtlich - herausgehobene Sachverhalte im Bereich der Cyberkriminalität gemäß der in Ziffer 3.1.2 der AV d. JM vom 15. März 2016 über die Einrichtung einer Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime für Nordrhein-Westfalen - ZAC NRW - (4100 – III.274) genannten Indikatoren betreffen, durch elektronische Übersendung der jeweiligen Ersuchen in Kenntnis.

4.4
Die Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes in Nordrhein-Westfalen und die beim Büro für Euregionale strafrechtliche Zusammenarbeit tätige Kontaktperson berichten jährlich über die Anzahl der im Rahmen ihrer Zuständigkeit bearbeiteten Fälle sowie im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auftretende Entwicklungen von wesentlicher Bedeutung.

5
Inkrafttreten

Dieser Gemeinsame Runderlass tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Er ersetzt den Gemeinsamen Runderlass des Justizministeriums (9350 - III A. 19) und des Innenministeriums (42.1 -int- 1431.11) vom 22. August 2004 - JMBI. NRW S. 173 - i. d. F. vom 1. Juli 2007 - JMBI. NRW S. 225 -.

MBl. NRW. 2017 S. 74