Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 16 vom 19.5.2017 Seite 395 bis 460

Hege und Bejagung des Wildes in Hegegemeinschaften sowie Hinweise zu Fütterung, Äsungsflächen und Jagdmethoden (HeGe) Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz – III 6 71-20-00.03 vom 19. April 2017
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Hege und Bejagung des Wildes in Hegegemeinschaften sowie Hinweise zu Fütterung, Äsungsflächen und Jagdmethoden (HeGe) Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz – III 6 71-20-00.03 vom 19. April 2017

7920

Hege und Bejagung des Wildes in Hegegemeinschaften sowie
Hinweise zu Fütterung, Äsungsflächen und Jagdmethoden (HeGe)

Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz – III 6 71-20-00.03
vom 19. April 2017

1
Zielsetzung

Nach § 10 a des Bundesjagdgesetzes können für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke Jagdausübungsberechtigte zum Zweck der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft als privatrechtlichen Zusammenschluss bilden. Neu sind seit den am 28. Mai 2015 in Kraft getretenen Änderungen des Landesjagdgesetzes die Erweiterung des gesetzlichen Aufgabenkatalogs für Hegegemeinschaften für Schalenwild sowie eine Stärkung der Eigentümerrechte in den §§ 8 und 22 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen. Zur Umsetzung werden nachfolgende Regelungen erlassen:

2
Bildung und Anerkennung von Hegegemeinschaften

2.1
Freiwillige Bildung und Umstellung

Die unteren Jagdbehörden wirken auf die freiwillige Bildung von Hegegemeinschaften hin. Sind mehrere untere Jagdbehörden zuständig, so wird die zuständige Jagdbehörde von der obersten Jagdbehörde bestimmt.

Die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Forschungsstelle) stellt die Grenzen der Hegegemeinschaften in einer Karte dar und veröffentlicht diese.

2.2
Zusammenarbeit

Die Hegegemeinschaften arbeiten mit den unteren Jagdbehörden, der Forschungsstelle, der Forst- und Landwirtschaftsverwaltung, den Jagdberatern, den Rotwildsachverständigen sowie den Eigenjagdbesitzern und Vorständen der Jagdgenossenschaften eng zusammen. Sie halten Kontakt zu den Kreisen und Gemeinden sowie den Vertretern des Tourismus in der Region mit dem Ziel, bei Entwicklungs- und Erschließungsmaßnahmen Wildtier verträgliche Lösungen zu entwickeln.

Zum Ausgleich von Belangen des Naturschutzes soll ein regelmäßiger Austausch mit den unteren Naturschutzbehörden und den Biologischen Stationen stattfinden.

Der Vorstand koordiniert sämtliche Maßnahmen und Beschlüsse im Rahmen der satzungsgemäßen Arbeit der Hegegemeinschaft und vertritt die Hegegemeinschaft nach außen.

Die Forschungsstelle bietet Schulungen für Vorstände von Hegegemeinschaften an.

Bei uneinheitlichen Zielsetzungen innerhalb einer Hegegemeinschaft kann die Bildung eines aus mehreren gleichberechtigten Mitgliedern bestehenden Vorstandes (Teamvorstand) zweckmäßig sein.

2.3
Mustersatzung

Die Bildung der Hegegemeinschaft richtet sich nach der Mustersatzung (Anlage), deren Inhalte in die Satzung übernommen werden sollten. Den bestehenden Hegegemeinschaften soll ausreichend Zeit für die Anpassung ihrer Satzungen eingeräumt werden. Diese sollen bis zum 31. Mai 2019 abgeschlossen sein.

2.4
Genehmigungs- und Anzeigepflicht

Hegegemeinschaften, welche die Inhalte der Mustersatzung übernommen haben, und deren räumliche Abgrenzung festliegt, zeigen dies der unteren Jagdbehörde an. Die vorgelegte Satzung gilt als genehmigt, wenn sie nicht innerhalb von acht Wochen durch die untere Jagdbehörde beanstandet wird. Hegegemeinschaften, deren Satzungen gemäß § 8 Absatz 7 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen genehmigt beziehungsweise angezeigt wurden, nehmen die gesetzlichen Aufgaben nach den §§ 8 und 22 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen sowie entsprechend ihrer Satzung wahr.

3
Organisation von Hegegemeinschaften

3.1
Räumliche Abgrenzungen

Die räumliche Abgrenzung von Hegegemeinschaften für Rot-, Dam- und Sikawild soll den gesamten Lebensraum der Wildart umfassen. Sie richtet sich nach den Abgrenzungen der Anlage 3 zu § 41 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung. In großen Verbreitungsgebieten oder bei hohen Abschusszahlen kann zur Verbesserung der örtlichen Steuerung die Unterteilung in mehrere örtliche Hegegemeinschaften erfolgen. Hierbei sollen örtlich gewachsene Organisationsstrukturen berücksichtigt werden. An Verbreitungsgebiete angrenzende Jagdbezirke in Freigebieten können auf Antrag förderndes Mitglied in der Hegegemeinschaft werden.

Die räumliche Abgrenzung und die Aufgaben für Hegegemeinschaften nach den Nummern 4.2 bis 4.4 richten sich nach einem von der Hegegemeinschaft zu erstellenden Fachkonzept, welches mit der Forschungsstelle zu beraten ist.

Kommen mehrere der vorstehenden Wildarten in einem Gebiet vor, ist die räumliche Abgrenzung für jede Wildart anhand der Verbreitungsgebiete vorzunehmen. Jagdbezirke mit regelmäßigem Schwarzwildvorkommen (Standwild) oder in denen erhebliche Wildschäden auftreten oder zu erwarten sind, sollen in die Hegegemeinschaft einbezogen werden.

3.2
Schalenwildringe

Benachbarte Hegegemeinschaften für großräumig lebende Schalenwildarten können sich zwecks informellen Austausches oder Durchführung gemeinsamer Maßnahmen zu einem Schalenwildring zusammenschließen.

4
Wildartengruppen

Aufgrund des unterschiedlichen Raumnutzungsverhaltens werden die Wildarten in die nachfolgenden Gruppen zusammengefasst.

4.1
Großräumig lebende Schalenwildarten

Zu den großräumig lebenden Schalenwildarten zählen Rot-, Sika-, Dam- und Schwarzwild. Diese nutzen aufgrund ihrer Lebensweise die Naturräume abhängig von den standörtlichen Bedingungen im Jahresverlauf in unterschiedlicher Intensität. Lebensraum bezogene, gemeinsam abgestimmte Maßnahmen zwischen den Jagdbezirken tragen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensgrundlagen des Wildes sowie zu einem Interessensausgleich mit der Land- und Forstwirtschaft bei. Die Abstimmung von jagdlichen Maßnahmen für diese Wildarten soll regelmäßig in Hegegemeinschaften erfolgen.

4.2
Selten vorkommende oder bedrohte Wildarten

Die Erhaltung einer bedrohten Art, wie dem Rebhuhn, macht Revier übergreifende Abstimmungen von Hegemaßnahmen erforderlich. Für diese Arten kann es sinnvoll sein, Konzepte zur Verbesserung des Lebensraums und zur Stabilisierung einer Population gemeinschaftlich in Hegegemeinschaften zu erarbeiten und umzusetzen. Jägerinnen und Jäger sollen aufgrund ihrer besonderen örtlichen Erfahrungen und Kenntnisse zu Maßnahmen für bedrohte Wildarten beitragen. Die Forschungsstelle und die Vogelschutzwarte beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz unterstützen die Hegegemeinschaften bei der Erarbeitung fachlicher Konzepte.

4.3
Wandernde oder ziehende Wildarten

Hierzu zählen Gänse oder Tauben, welche die Lebensräume im jahreszeitlichen Verlauf unterschiedlich intensiv nutzen. Sie können regional in großer Zahl auftreten und erhebliche Schäden in der Landwirtschaft anrichten. Die Abstimmung von Revier übergreifenden Maßnahmen in einer Hegegemeinschaft kann dann sinnvoll sein, wenn Populationsentwicklungen und Lebensraumnutzung erfasst und Maßnahmen zum Schutz der Landwirtschaft gemeinschaftlich koordiniert und durchgeführt werden.

4.4
Kleinräumig oder verbreitet lebende Wildarten

Hierzu zählen die übrigen Wildarten gemäß § 2 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen. Der Bildung einer Hegegemeinschaft bedarf es nur ausnahmsweise in einem besonderen Fall, wenn beispielsweise eine Wildart örtlich in ihrem Bestand bedroht ist, massive Schäden auftreten oder stark schwankende Populationsdichten besondere Maßnahmen erforderlich machen. Im Allgemeinen reicht es jedoch aus, wenn Revier übergreifende Fragestellungen wie Bestandserfassung, Hege, Lebensraumverbesserung, Bejagung, Wildschäden oder Wildkrankheiten in örtlichen Zusammenschlüssen der Jägerschaften diskutiert werden.

5
Hegegemeinschaften für Schalenwild

5.1
Ermittlung des Wildbestandes

Zu den gesetzlichen Aufgaben von Hegegemeinschaften für Schalenwild zählt die Ermittlung der Höhe des Wildbestandes. Hierzu sind Aussagen für den gesamten Lebensraum der Wildart im Bereich der Hegegemeinschaft zu treffen. Für die Ermittlung des Wildbestandes eignen sich die nachfolgenden Verfahren oder die Kombination von diesen:

a) Ermittlung von Mindestalttierbestand und Mindestgesamtbestand auf der Basis der Alters- und Sozialklassen,
b) Erstellung von Streckentafeln als Basis der Altersschätzung,
c) Revier übergreifende Scheinwerfertaxation oder infrarotunterstützte Echtbildaufnahmen im Erstfrühling (Buschwindröschenblüte),
d) Zählung an Fütterungen und Kirrungen; auch zur Ermittlung der Zuwachsstruktur,
e) Luftzählung (Direktzählung mit Hubschrauber, Kleinflugzeug, Infrarot- und Echtbildaufnahmen).

Die Forschungsstelle berät und schult die Hegegemeinschaften über die Verfahren der Wildbestandsermittlung. Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer sollen in die Durchführung von Wildzählungen einbezogen werden.

5.2
Gemeinsame Hegemaßnahmen, Lebensraumgutachten

Zu den gemeinsamen Hegemaßnahmen zählen die Erstellung von Lebensraumgutachten einschließlich Maßnahmenplänen und Maßnahmen zur Biotopgestaltung, -pflege und -vernetzung zur Verbesserung der Lebensgrundlagen des Wildes sowie die Anlage von Anpflanzungen, Daueräsungsflächen, Wildäckern außerhalb des Waldes, Prossholzflächen, Wasserstellen, Ruhezonen, Blühstreifen oder Brachen.

Der Inhalt des Lebensraumgutachtens orientiert sich an dem von der Forschungsstelle entwickelten Rahmen, der entsprechend den regionalen Anforderungen präzisiert wird. Die Forschungsstelle berät die Hegegemeinschaften bei der Erstellung von Lebensraumgutachten. Bei der Erstellung von Maßnahmenplänen sollen die zuständige Kreisstelle der Landwirtschaftskammer wegen der Bewertung von betroffenen Agrarfördermaßnahmen und das zuständige Regionalforstamt wegen der Bewertung waldbaulicher Fragestellungen einbezogen werden.

5.3
Verbissgutachten; Abstimmung und Durchführung der Abschussplanung

Bei der Abschussplanung sind die Wildschadenssituation auf Feldern und auf Grünland sowie die Ergebnisse der Verbissgutachten für den Wald zu berücksichtigen.

Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen (Wald und Holz NRW) erarbeitet in Abstimmung mit der Forschungsstelle einen Katalog zu Handlungsempfehlungen für zusammenhängende Jagdbezirke, bei denen die Verbissgutachten den Gefährdungsgrad „gefährdet“ oder „erheblich gefährdet“ für eine Hauptbaumart ausweisen. Von Wald und Holz NRW ausgesprochene Abschussempfehlungen sollen in die Abschussplanung und Abschussdurchführung einfließen.

5.3.1
Abschussplan
(vergleiche Vordrucke 1a, 2a, 3a)

Die Beratung und Abstimmung der Abschusspläne gemäß § 22 Absatz 1 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen erfolgt für die einzelnen Jagdbezirke auf der Mitgliederversammlung der Hegegemeinschaft unter Berücksichtigung der Gesamtsituation der Wildart. Die Hegegemeinschaft legt die Abschusspläne und eine Zusammenstellung über die beantragten Abschüsse der unteren Jagdbehörde vor. Die untere Jagdbehörde bestätigt die Abschusspläne nach Beratung im Jagdbeirat oder setzt diese fest, und stellt sie den Jagdausübungsberechtigen zu. Die Hegegemeinschaft erhält eine aktualisierte Zusammenstellung für den Fall, dass Änderungen vorgenommen worden sind.

5.3.2
Gesamtabschussplan
(vergleiche Vordrucke 1b, 2b, 3b)

Die Hegegemeinschaft kann gemäß § 22 Absatz 2 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen einen Gesamtabschussplan aufstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Hegegemeinschaft die Aufstellung eines Gesamtabschussplanes für ihren gesamten Bereich oder für einen Teilbereich zusammenhängender Jagdbezirke beschlossen hat.

Die Höhe des Gesamtabschusses ist anhand des ermittelten Frühjahrbestandes, des voraus­sichtlichen Zuwachses und des angestrebten Zielbestandes festzulegen.

Die Hegegemeinschaft legt der unteren Jagdbehörde den Gesamtabschussplan mit dem Protokoll der Mitgliederversammlung und der Anwesenheitsliste nach Beratung und Ab­stimmung vor.

Der Gesamtabschussplan ist im Jagdbeirat unter dem Gesichtspunkt der Ziele des § 1 Absatz 3 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen zu beraten. Nach Beratung im Jagdbeirat bestätigt die untere Jagdbehörde der Hegegemeinschaft gegenüber den Gesamtabschussplan. Die Festsetzung eines Gesamtabschussplans gemäß § 22 Absatz 6 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen sollte möglichst vermieden werden.

Die Hegegemeinschaft teilt den Jagdausübungsberechtigten den genehmigten Gesamtabschussplan und die Aufteilung der Abschüsse auf die Jagdbezirke mit.

Die Hegegemeinschaft kann für eine bereits vorgenommene Aufteilung der Abschüsse für Schalenwild eine Anpassung mit dem Ziel der Abschusserfüllung vornehmen, wenn der Abschuss im Laufe eines Jagdjahres erkennbar nicht erfüllt werden kann.

Auf eine Verteilung der geplanten Abschüsse auf die einzelnen Jagdbezirke kann dann verzichtet werden, wenn die Hegegemeinschaft die Bewirtschaftung in der Gesamtheit (Pool) beschlossen hat, eine aktuelle Übersicht über die getätigten Abschüsse führt und der unteren Jagdbehörde diese jederzeit auf Verlangen vorlegt.

Ein Gesamtabschussplan soll mindestens über einen Zeitraum von drei Jahren (3x1) angewendet werden. Die Hegegemeinschaft legt der unteren Jagdbehörde das Ergebnis über die Jagdstrecke vor (Vordruck 7).

5.3.3
Periodenabschussplan
(vergleiche Vordrucke 1 b, 2b, 3b)

Gemäß § 22 Absatz 3 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen können die Hegegemeinschaften einen Periodenabschussplan mit einer Geltungsdauer von drei Jahren (1x3) beantragen. Dieser umfasst in Höhe und Struktur den Abschuss über den gesamten Zeitraum.

Periodenabschusspläne eignen sich besonders für die Umsetzung mehrjähriger Revier übergreifende Konzepte. Es wird empfohlen, Periodenabschusspläne vor der Bestätigung durch die untere Jagdbehörde von der Forschungsstelle hinsichtlich der Plausibilität prüfen zu lassen. Die Hegegemeinschaft legt der unteren Jagdbehörde das Ergebnis über die Jagdstrecke vor (Vordruck 7).

5.3.4
Sikawild

Für das Sikawildvorkommen im Arnsberger Wald ist bis zum 31. Dezember 2020 kein Verbreitungsgebiet ausgewiesen. Die Jagdausübungsberechtigten sollen mit den Eigenjagdbesitzern und Jagdgenossenschaften, unter Zugrundelegung der Ergebnisse der vorliegenden Verbissgutachten unter fachlicher Begleitung der Forschungsstelle, eine Vereinbarung über die durchzuführenden Maßnahmen der Bejagung und Hege treffen. Die Forschungsstelle evaluiert die durchgeführten Maßnahmen und legt der obersten Jagdbehörde bis zum 31. Juli 2019 einen mit Wald und Holz NRW abgestimmten Bericht über die Situation des Sikawildes und des Wildverbisses in den Wäldern vor.

5.3.5
Freigebiete

In Freigebieten sind vorhandene Stücke von Rot- und Damwild innerhalb der Jagdzeit zu erlegen. Vom Abschuss ausgenommen sind Rot- und Damhirsche der Klassen 1 und 2.

5.3.6
Jagdbeirat

Die Rotwildsachverständigen und die Vorsitzenden der Hegegemeinschaft sollen an der Beratung der Abschusspläne auf der Jagdbeiratsitzung teilnehmen.

In Hegegemeinschaften einvernehmlich aufgestellte Abschusspläne sollen durch den Jagdbeirat und die untere Jagdbehörde nur dann abgeändert werden, wenn diese den Gesetzeszielen widersprechen, von der Anlage 1 zu § 21 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung erheblich abgewichen wird - beispielsweise wenn durch die beantragte Freigabe die Sozialstruktur nachhaltig beeinträchtigt würde - oder Ergebnisse von Verbissgutachten nicht berücksichtigt werden.

5.3.7
Abschussnachweise

Die untere Jagdbehörde trifft rechtzeitig vor Beginn eines Jagdjahres eine Regelung über die Vorzeigung von Geweihen des erlegten männlichen Rotwildes und der Unterkiefer des erlegten männlichen und weiblichen Rotwildes und gibt diese der Hegegemeinschaft bekannt. Die Hegegemeinschaften unterstützen satzungsgemäß die unteren Jagdbehörden bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 22 Absatz 10 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen.

Die Jagdausübungsberechtigten erbringen der Hegegemeinschaft gegenüber aktuelle Abschussnachweise über das erlegte Rot-, Dam-, Sika- und Schwarzwild. Die Form der Nachweisung legen untere Jagdbehörde und Hegegemeinschaft gemeinsam fest.

5.4
Weitere Aufgaben

Die untere Jagdbehörde kann der Hegegemeinschaft in Abstimmung mit der obersten Jagdbehörde weitere Aufgaben übertragen.

6
Einbeziehung von Eigenjagbezirken und Jagdgenossenschaften; Beteiligung der unteren Jagdbehörden

6.1
Eigenjagdbezirke und Jagdgenossenschaften

Eigentümerinnen und Eigentümer von Eigenjagdbezirken sowie Jagdgenossenschaften der betroffenen Jagdbezirke sind gemäß § 8 Absatz 2 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen berechtigt, je eine Vertreterin oder einen Vertreter mit beratender Stimme in die Hegegemeinschaft zu entsenden. Sie sind als entsandte Mitglieder zu führen. Angliederungsgenossenschaften können auf Antrag in die Beratungen einbezogen werden.

Eigenjagdbesitzerinnen und Eigenjagdbesitzer - einschließlich Bedienstete von Wald und Holz NRW- die beispielsweise erhebliche Flächenanteile an der Hegegemeinschaft einnehmen und/oder eine eigenständige Eigentümerzielsetzung verfolgen und diese darlegen, können gemäß § 4 Absatz 4 der Mustersatzung adäquat an der Vorstandsarbeit beteiligt werden. Bei Beschlüssen zu jagdlichen Maßnahmen sind neben wildbiologischen Erkenntnissen diese Eigentümerzielsetzungen ausreichend zu berücksichtigen, soweit Belange von nachbarschaftlichen Jagdbezirken hiervon unberührt bleiben. Besondere forstliche, jagdliche, touristische oder naturschutzfachliche Belange sind bei der Fassung von Beschlüssen zu wahren.

6.2
Untere Jagdbehörden

Die unteren Jagdbehörden stellen die Jagdbezirke möglichst in elektronischer Form auf GIS-Basis in einer kartenmäßigen Übersicht dar und stellen diese, einschließlich einer Adressübersicht der Eigenjagdbesitzerinnen und Eigenjagdbesitzer sowie der Jagdgenossenschaften, den Hegegemeinschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung.

Die zuständigen unteren Jagdbehörden werden rechtzeitig zu den Sitzungen der Hegegemeinschaften eingeladen und sollen in der Regel teilnehmen. Sie achten darauf, dass fachlich begründete Argumente oder Einwände der Eigenjagdbesitzer  und Jagdgenossenschaften vor Beschlussfassungen ausreichend gewürdigt, besondere Belange gewahrt und keine Entscheidungen gegen die Mehrheit der Eigenjagdbesitzerinnen und Eigenjagdbesitzer sowie der Jagdgenossenschaften getroffen werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, soll die untere Jagdbehörde einen Schlichtungsvorschlag treffen, der bis zu einer Einigung gilt.

7
Fütterung, Äsungsflächen

7.1
Fütterung

Die Fütterung des Schalenwildes ist grundsätzlich auf ein Mindestmaß zu beschränken. Sie ist dann notwendig, wenn ein akuter Nahrungsmangel bei einer Wildpopulation auszugleichen ist (Notzeit). Dies liegt regelmäßig dann vor, wenn gesundes Wild die natürlichen Fettreserven aufgebraucht hat und natürliche Äsung nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Dies kann bei hoher und/oder anhaltender Schnee- und Frostlage ab Januar auftreten und bis zur Buschwindröschenblüte anhalten. Jagd- und Fütterungszeitraum sollen grundsätzlich zeitlich getrennt werden. Ergibt sich beispielsweise im Zeitraum vom 1. bis zum 15. Januar witterungsbedingt dennoch eine Überlappung, sollte die Jagdausübung auf Schalenwild außer Schwarzwild ruhen.

Die Fütterung von Schwarzwild richtet sich nach § 27 Absatz 2 Nummer 2 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung. Aufgrund der hohen Seuchengefahr ist eine Fütterung von Schwarzwild nur mit Genehmigung der Veterinärbehörde und Feststellung der Notzeit durch die Forschungsstelle zulässig. Eine Notzeit liegt dann vor, wenn eine gesunde Population in einer Region nicht mehr ausreichend Nahrung findet und deren Überleben gefährdet ist.

Die Erlegung von Schalenwild im Umkreis von 400 Meter von (beschickten) Fütterungen ist gemäß § 27 Absatz 1 Nummer 2 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung verboten. Dies gilt auch für Bewegungsjagden. Für Schwarzwildkirrungen gelten diese Bestimmungen nicht.

7.2
Futtermittel

Zum Ausgleich eines Nahrungsmangels für wiederkäuendes Schalenwild reicht die Bereitstellung der Futtermittel Heu und Anwelksilage aus. Andere Futtermittel sind nicht zugelassen.

Die Forschungsstelle berät die Hegegemeinschaften über die Aufstellung eines Fütterungskonzeptes und die sachgerechte Herstellung und Bereitstellung der Futtermittel.

7.3
Kartenmäßige Darstellung

Hohe Wildkonzentrationen sind aus Sicht der Seuchenübertragung und der Wildschadensgefahr nicht erwünscht. Um diese zu vermeiden, sollen Fütterungszeiträume und Standorte rechtzeitig innerhalb der Hegegemeinschaft abgestimmt und in einer Karte dargestellt werden.

7.4
Wildäsungsflächen

Die Anlage von Wildäckern (landwirtschaftlich bearbeitete Flächen mit jährlicher Neubestellung) im Wald ist gemäß § 27 Absatz 2 Nummer 9 der Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung untersagt. Durch diese Regelung entfallen für Wildäcker im Wald die Produkte, welche der landwirtschaftlichen Marktordnung unterliegen, wie Mais, Getreide, Kartoffeln, Raps oder Rüben. Einjährige Reinsaaten und Pflanzen mit einjähriger Triebbildung scheiden ebenfalls aus.

Aus Gründen der Wildernährung und zur Verbesserung der Lebensräume sind Saatgutmischungen mit mindestens zweijähriger Nutzungsdauer für Dauergrünlandflächen sowie mit hohen Gräser- und Kräuteranteilen zur Bereitstellung einer Daueräsung wünschenswert. Dies gilt auch für Flächen außerhalb des Waldes als fachliche Empfehlung.

Daueräsungsflächen sollen so behandelt werden, dass sie dem Wild in der nahrungsarmen Zeit Äsung und Lebensraum bieten. Für eine Verbesserung der Lebensräume sollen bei Inanspruchnahme von Agrarzahlungen die Möglichkeiten von der Ausnahme der jährlichen Mäh- beziehungsweise Mulchverpflichtung genutzt werden.

Die Forschungsstelle erstellt bis zum 31. Dezember 2018 Anbauempfehlungen über Äsungsflächenbestellungen für unterschiedliche Lebensräume und Wildarten, sowie Empfehlungen zu der Bearbeitung der Flächen und stellt diese den Hegegemeinschaften zur Verfügung.

8
Jagdmethoden

Die Abstimmung der Jagdmethoden reduziert den jagdlichen Aufwand in den Jagdbezirken und unterstützt eine störungsarme Jagd zur Erfüllung des Abschusses und zur Erzielung der angestrebten Abschussstruktur. Hierzu zählen die Erstellung eines Jagdkalenders, die Durchführung von Revier übergreifenden Ansitz- und Bewegungsjagden einschließlich Treiber- und Hundeeinsatz, aber auch die Abstimmung über die Kirr- und Nachtjagd.

Gemäß § 17 a des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen sind Bewegungsjagden alle Jagden, bei denen Wild gezielt beunruhigt und den Schützen zugetrieben wird. Ordnungsgemäß geplante und durchgeführte Bewegungsjagden stehen im Einklang mit dem Tierschutzgesetz. Sie sind eine weidgerechte Jagdmethode zur nachhaltigen Nutzung von Wildtieren, zur Anpassung von Wildbeständen an den Lebensraum, zur Erhaltung und Herstellung artgerechter Sozialstrukturen sowie zur Vermeidung und Verringerung von Jagddruck, Wildschäden und Seuchengefahr.

Jede Maßnahme, die das Wild veranlasst, sich zu bewegen, ist dabei als gezielte Beunruhigung zu werten. Zu den Bewegungsjagden auf Schalenwild zählen Drückjagden (Anrühren des Wildes ohne Hunde), Stöberjagden (Einsatz spurlaut jagender Hunde) oder auch Erntejagden (Wild wird durch den Maschineneinsatz zugetrieben).

9
Schlussbestimmungen

Die Bekanntmachung des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 13. Juni 1995 (MBl. NRW. S. 960) wird aufgehoben.

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2022 außer Kraft.

-MBl. NRW. 2017 S. 412