Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 19 vom 20.6.2017 Seite 505 bis 542

Landeseinheitliches Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 des Landesbeamtengesetzes bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen sowie aufgrund einer dauerhaften Erkrankung Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 401/403-42.01.05 vom 22. Mai 2017
Normkopf
Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage 1
Anlage 1.1
Anlage 1.2
Anlage 1.3
Anlage 2
Anlage 2.1
Anlage 2.2
Anlage 3
Anlage 3.1
Anlage 3.2
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
 

Landeseinheitliches Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 des Landesbeamtengesetzes bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen sowie aufgrund einer dauerhaften Erkrankung Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 401/403-42.01.05 vom 22. Mai 2017

203014

Landeseinheitliches Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit
gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung
mit § 115 des Landesbeamtengesetzes
bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen
sowie aufgrund einer dauerhaften Erkrankung
Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 401/403-42.01.05
vom 22. Mai 2017

Inhaltsübersicht

1 Grundsätzliches

2 Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit

2.1 Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen

2.1.1 Polizeiamtsärztliche Untersuchung der Polizeidienstfähigkeit

2.1.2 Standardisierung der Verwendungseinschränkungen

2.1.3 Prognosezeitraum

2.1.4 Feststellung der Polizeidienstfähigkeit

2.2 Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit bei dauerhafter Erkrankung

2.2.1 Anlass zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit aufgrund einer dauerhaften Erkrankung

2.2.2 Ausnahmen

2.2.3 Verfahren zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement

3 Auswahlermessen des § 115 des Landesbeamtengesetzes

3.1 Rechtsfolgenbeschränkung

3.1.1 Behördeninterne Weiterverwendung

3.1.2 Suchpflicht

3.2 Laufbahnwechsel

3.3 Zurruhesetzung

4 Controlling

5 Inkrafttreten/ Außerkrafttreten

Anlagen

1
Grundsätzliches

Dieser Erlass regelt das Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen sowie aufgrund einer dauerhaften Erkrankung gemäß § 26 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), das zuletzt durch Artikel 6 Absatz 3 des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) geändert worden ist, in Verbindung mit § 115 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz) vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 414) geändert worden ist.

Gemäß § 26 Absatz 1 des Beamtenstatusgesetzes sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Das gilt auch für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, für die jedoch gemäß § 26 Absatz 1 Satz 4 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes eine besondere Polizeidienstfähigkeit definiert ist.

Nach § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes sind Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn sie den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügen und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wieder erlangen (sogenannte Polizeidienstunfähigkeit).

Der Polizeivollzugsdienst stellt erhöhte Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten. Die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst ist daher nach besonderen Maßstäben zu beurteilen. Die Polizeidienstfähigkeit setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder dem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar sind. Die körperliche, geistige und seelische Belastbarkeit muss unter anderem die Verwendung im Außen- und Schichtdienst gestatten und den körperlichen Einsatz gegen Rechtsbrecher, die Anwendung unmittelbaren Zwangs sowie den Gebrauch von Schusswaffen zulassen.

Auch im Dienst befindliche Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte sind daher auf ihre Polizeidienstfähigkeit zu untersuchen, wenn sie aufgrund einer Verwendungseinschränkung beziehungsweise mehrerer Verwendungseinschränkungen nur auf bestimmten und nicht mehr zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jedem dem statusrechtlichen Amt entsprechenden Dienstposten einsetzbar sind.

Als dauerhaft erkrankt im Sinne dieses Erlasses ist anzusehen, wer in Anlehnung an § 26 Absatz 1 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate aufgrund von Erkrankung keinen Dienst versehen hat.

Für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Probe sowie Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf gelten besondere Rechtsfolgen. Das Verfahren gemäß Nummer 2 sowie gegebenenfalls Nummer 3.2 und 3.3 ist entsprechend anzuwenden.

Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf sind bei Vorliegen einer Polizeidienstunfähigkeit beziehungsweise allgemeiner Dienstunfähigkeit gemäß § 23 Absatz 4 des Beamtenstatusgesetzes zu entlassen. Das Verfahren gemäß Nummer 2 ist entsprechend anzuwenden.

2
Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit

Das nachfolgend beschriebene Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit basiert auf § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 des Landesbeamtengesetzes.

2.1
Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen

Anhaltspunkte für Verwendungseinschränkungen, die eine Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit gemäß § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes rechtfertigen können, können insbesondere sein:

a) Privatärztliche Atteste, die die Verwendungseinschränkungen attestieren und beziehungsweise oder einschränkende Verwendungsvorschläge enthalten,

b) Anregungen für Umsetzungen und beziehungsweise oder andere organisatorisch-personelle Änderungen aufgrund psychischer oder physischer Umstände.

Von Bedeutung sind sowohl sich wiederholende als auch kontinuierliche Verwendungseinschränkungen.

Werden Umstände, die eine Verwendungseinschränkung nahe legen, über einen Zeitraum von drei Monaten wahrgenommen beziehungsweise bekannt, so leitet die dienstvorgesetzte Stelle ohne weitere Zwischenschritte die polizeiamtsärztliche Untersuchung gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes ein (siehe Nummer 2.1.1). Bei Vorliegen offensichtlich dauerhafter Verwendungseinschränkungen ist die Untersuchung ungeachtet dieser Frist unmittelbar einzuleiten.

Stellen privatärztliche Atteste Verwendungseinschränkungen über einen Zeitraum von drei Monaten durchgängig beziehungsweise in einem Bezugszeitraum von sechs Monaten fest, so ist ebenfalls stets eine polizeiamtsärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit einzuleiten.

Für eine polizeiärztliche „Voruntersuchung“ durch die Polizeiärztin beziehungsweise den Polizeiarzt des örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes besteht keine Rechtsgrundlage. Sie ist demzufolge nicht durchzuführen.

Ein Verfahren wird jedoch in zwei Fällen nicht unmittelbar durch Überschreiten der Drei-Monats-Grenze eingeleitet:

Dies ist zum einen der Fall bei Dienstunfällen, bei denen bereits eine Untersuchung durch die Polizeiärztin beziehungsweise den Polizeiarzt des örtlichen zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes erfolgte, bei der der Dienstbezug des Unfalls medizinisch begutachtet wurde. Ergibt sich aus dieser Untersuchung durch den Polizeiärztlichen Dienst als Erkenntnis auch, dass die aus dem Dienstunfall herrührende Verwendungseinschränkung beziehungsweise Erkrankung länger als drei Monate besteht, aber sich die Gesundung innerhalb von maximal zwei Jahren vollziehen wird, empfiehlt der Polizeiärztliche Dienst in diesen Fällen im Rahmen der Untersuchung des Dienstbezugs des Unfalls der dienstvorgesetzten Stelle eine Wiedervorlagefrist. Kriterium hierfür ist der zu erwartende Genesungszeitraum im individuellen Fall.

Sollte entgegen dieser Erwartung die Verwendungseinschränkung beziehungsweise die Krankheit zum Zeitpunkt der Wiedervorlage nicht ausgeheilt sein, so ist nach entsprechender Rückmeldung des örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes an die dienstvorgesetzte Stelle durch diese eine förmliche Untersuchung zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit nach § 115 des Landesbeamtengesetzes einzuleiten. Diese Untersuchung erfolgt durch den mit Erlass bestimmten zuständigen polizeiamtsärztlichen Gutachter gemäß Runderlass des Innenministeriums vom 29.November 1993 Aktenzeichen -IV B 5-8020 „Untersuchungen und Begutachtungen der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen“ (MBl. NRW. 1994 S. 50), der zuletzt durch Erlass vom 4. März 1999 (MBl. NRW. S. 422) geändert worden ist, in Verbindung mit dem Erlass vom 14. Februar 2014, Aktenzeichen 403.63.24.01 (n.V.). Bei dieser Untersuchung ist

1. festzustellen, dass (auch) zu diesem Untersuchungszeitpunkt eine Verwendungseinschränkung beziehungsweise Krankheit vorliegt und

2. der prognostische Verlauf der Einschränkung beziehungsweise Krankheit im Sinne des § 115 des Landesbeamtengesetzes zu bestimmen, das heißt, ob die Einschränkung beziehungsweise Krankheit aus medizinischer Sicht auch noch in zwei Jahren gerechnet vom Zeitpunkt dieser Untersuchung besteht.

Nur bei Bejahung beider Kriterien ist Polizeidienstunfähigkeit gegeben.

Wird das Vorliegen einer Verwendungseinschränkung beziehungsweise Krankheit bejaht, aber mit einer Genesung unterhalb von zwei Jahren gerechnet, so ist durch den Polizeiarzt beziehungsweise die Polizeiärztin des örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes der dienstvorgesetzten Stelle eine medizinisch sinnvolle Wiedervorlagefrist zu empfehlen, in dem in einem neuen Verfahren beide Fragen erneut zu beurteilen sind.

Liegt im zweiten Fall der Verwendungseinschränkung beziehungsweise Erkrankung eine Diagnose zugrunde, die bei typischem Verlauf den Zeitraum von drei Monaten überschreiten wird, den Zeitraum von zwei Jahren wahrscheinlich jedoch nicht, empfiehlt der Polizeiarzt beziehungsweise die Polizeiärztin des örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes der dienstvorgesetzten Stelle einen medizinisch sinnvollen Wiedervorlagetermin, zu dem bei typischem Verlauf von einer Genesung ausgegangen werden kann.

Ist entgegen dieser Erwartung die Verwendungseinschränkung beziehungsweise die Krankheit im Zeitpunkt der Wiedervorlage nicht ausgeheilt, kommen zwei Verfahrensweisen in Betracht. So kann einerseits ein weiterer Wiedervorlagetermin durch den örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienst aufgrund einer aussagekräftigen Attestlage empfohlen werden. Der Zeitraum von zwei Jahren seit der ersten Attestierung darf insgesamt jedoch nicht überschritten werden. Gelangt der Polizeiärztliche Dienst hingegen zu der Erkenntnis, dass kein „typischer“ Verlauf mehr vorliegt, so ist eine förmliche Untersuchung zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit nach § 115 des Landesbeamtengesetzes einzuleiten. Für dieses Verfahren ist die Eröffnung der Diagnose gegenüber dem Polizeiärztlichen Dienst notwendig. Wird ein privatärztliches Attest vorgelegt, so müssen die notwendigen Angaben enthalten sein beziehungsweise ergänzend dem Polizeiärztlichen Dienst mitgeteilt werden. Ist das nicht der Fall, wird nach der Drei-Monats-Regel verfahren.

2.1.1
Polizeiamtsärztliche Untersuchung der Polizeidienstfähigkeit

Aufgrund des Stufenverhältnisses zwischen der Polizeidienstfähigkeit und der allgemeinen Dienstfähigkeit muss die dienstvorgesetzte Stelle feststellen, ob die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten noch den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes genügen, mithin polizeidienstfähig sind.

Falls die Polizeidienstfähigkeit nicht mehr vorliegt, ist sodann festzustellen, ob die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten über die vorliegende Polizeidienstunfähigkeit hinaus auch allgemein dienstunfähig sind.

Hierfür haben sich die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten nach Weisung der dienstvorgesetzten Stelle gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 115 Absatz 2 des Landesbeamtengesetzes zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit und gegebenenfalls nachfolgend der allgemeinen Dienstfähigkeit durch eine Polizeiamtsärztin oder einen Polizeiamtsarzt untersuchen zu lassen.

Bei der Untersuchungsanordnung (Anlage 1) zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit und gegebenenfalls allgemeinen Dienstfähigkeit ist zu beachten:

a) Die Untersuchungsanordnung ist unmittelbar an die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten zu richten und bekanntzugeben.

b) Bei Verwendungseinschränkungen ist in der Untersuchungsanordnung der konkrete Anlass, der aus behördlicher Sicht Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit begründet, zu benennen sowie Angaben zu Art und Umfang der polizeiamtsärztlichen Untersuchung (hierzu Anlagen 1.2 und 1.3) zu machen soweit der dienstvorgesetzten Stelle Erkenntnisse über die Ursache der möglichen Polizeidienstunfähigkeit vorliegen (anders bei einer Abwesenheit aufgrund dauerhafter Erkrankung bei Überschreitung des Bezugszeitraum in Anlehnung an § 26 Absatz 1 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes, siehe unten Nummer 2.2.1).

c) In den Fällen, in denen die Polizeidienstunfähigkeit im Sinne des § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes festgestellt wird, ist nachfolgend das Vorliegen der allgemeinen Dienstfähigkeit durch die Polizeiamtsärztin oder den Polizeiamtsarzt zu überprüfen. Daher ist in das Schreiben an die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten sowohl die Untersuchungsanordnung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit als auch die eventuell im Nachgang erforderliche Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit aufzunehmen.

d) Liegen keine Erkenntnisse über die Ursache vor, sind diese nach Möglichkeit bei den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten zu erfragen. Außerdem sind die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten um Entbindung von der Schweigepflicht (Anlagen 2, 2.1 und 2.2) der für die Ermittlung der Polizeidienstfähigkeit relevanten behandelnden Ärztinnen und Ärzte aufzufordern. Wird ein Einverständnis zu einer Entbindung von der Schweigepflicht nicht erklärt, ist die polizeiamtsärztliche Untersuchung mit den vorliegenden Erkenntnissen unter Angabe der Art und des Umfangs der Untersuchung anzuordnen.

e) Der Untersuchungstermin ist nach vorheriger Absprache mit der Polizeiamtsärztin oder dem Polizeiamtsarzt in die Untersuchungsanordnung aufzunehmen.

f) Die Gründe in der Untersuchungsanordnung sowie in dem Anschreiben an den Polizeiamtsärztlichen Dienst müssen identisch sein. Eine Durchschrift des Anordnungsschreibens an die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ist zusammen mit der Beauftragung (Anlage 1; hierzu auch Anlage 1.1) dem Polizeiamtsärztlichen Dienst zuzuleiten.

g) Bei dieser Untersuchungsanordnung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) geändert worden ist, da es an der hierfür erforderlichen Außenwirkung fehlt.

h) Da kein Verwaltungsakt vorliegt, findet § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Heilung von Verfahrens- und Formfehlern) keine Anwendung. Die Untersuchungsanordnung kann nicht nachträglich verändert werden.

Die Weigerung, sich polizeiamtsärztlich untersuchen zu lassen, kann nach dem Rechtsgedanken des § 444 Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 12. Mai 2017 (BGBl. I S. 1121) geändert worden ist, nach Würdigung aller bekannten Umstände, zum Nachteil der betroffenen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten gewertet werden. Der § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3106) geändert worden ist, ist zu beachten.

Soweit eine Schweigepflichtentbindung (Anlage 3) für die polizeiamtsärztliche Begutachtung erforderlich ist, muss diese durch die dienstvorgesetzte Stelle veranlasst werden. Für eine rechtswirksame Schweigepflichtentbindung ist es erforderlich, dass aus Sicht der Polizeiamtsärztin oder des Polizeiamtsarztes die Beiziehung anderweitig vorhandener ärztlicher Unterlagen tatsächlich für die Untersuchung notwendig ist; eine pauschale Vorgabe, dass sämtliche behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden sein sollen, ohne dass dies für die anstehende Begutachtung wirklich erforderlich ist, ist unverhältnismäßig. Bei der Schweigepflichtentbindung müssen die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten abschätzen können, welche Daten warum und an wen übermittelt werden. Eine Dokumentation der Erforderlichkeit weiterer ärztlicher Unterlagen durch den Polizeiamtsärztlichen Dienst ist zweckmäßig.

2.1.2
Standardisierung der Verwendungseinschränkungen

Die Anlage 4 legt standardisierte Verwendungseinschränkungen fest, die für sich genommen oder gemeinsam Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit rechtfertigen können. Modifikationen der dort standardisierten Verwendungseinschränkungen sind nicht zugelassen.

Bei der Erstellung des Gutachtens sind die entsprechenden Anlagen 4 und 5 durch die Polizeiamtsärztin oder den Polizeiamtsarzt zu verwenden.

Die Polizeiamtsärztin oder der Polizeiamtsarzt ist als medizinische Sachverständige beziehungsweise medizinischer Sachverständiger der dienstvorgesetzten Stelle tätig. Sie sind außerhalb der Untersuchung weder bei der förmlichen Feststellung der Polizeidienstfähigkeit beziehungsweise Polizeidienstunfähigkeit (siehe Nummer 2.1) durch die dienstvorgesetzte Stelle noch in anderer Hinsicht in den nachfolgenden entscheidungserheblichen Prozess einzubeziehen.

2.1.3
Prognosezeitraum

Nach § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes sind Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte dienstunfähig, wenn sie den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügen und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wieder erlangen.

Die Frage der Prognose der Dauer der Verwendungseinschränkungen kann nur medizinisch im Rahmen der oben beschriebenen polizeiamtsärztlichen Untersuchung geklärt werden.

Sofern die Verwendungseinschränkungen den Zeitraum von zwei Jahren nicht überschreiten beziehungsweise nach polizeiamtsärztlicher Prognose zukünftig auch nicht erreichen werden, liegt eine temporäre Verwendungseinschränkung vor.

Dauerhafte Verwendungseinschränkung und somit Polizeidienstunfähigkeit liegt vor, wenn die Verwendungseinschränkungen die gesetzliche Frist (§ 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes) von zwei Jahren überschreiten beziehungsweise offensichtlich ist, dass die Dauer der Verwendungseinschränkungen zwei Jahre überschreiten wird.

2.1.4
Feststellung der Polizeidienstfähigkeit

Das polizeiamtsärztliche Gutachten bildet die medizinische Grundlage für die Feststellung der Polizeidienstfähigkeit durch die dienstvorgesetzte Stelle.

Bei Vorliegen temporärer Verwendungseinschränkungen stellt die dienstvorgesetzte Stelle die Polizeidienstfähigkeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten fest. Die weitere konkrete Verwendung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten innerhalb der Polizeibehörde wird in Absprache mit der zuständigen Direktionsleiterin beziehungsweise Leiterin Leitungsstab oder dem zuständigen Direktionsleiter beziehungsweise Leiter Leitungsstab vorgenommen. Temporäre Verwendungseinschränkungen sind stets nach Ablauf des individuell polizeiamtsärztlich festgelegten Prognosezeitraums erneut durch die Polizeiärztin beziehungsweise Polizeiarzt des örtlich zuständigen Polizeiärztlichen Dienstes zu überprüfen, spätestens aber kurz vor Ablauf des Zeitraums von zwei Jahren. Dies gilt nicht, soweit die temporären Verwendungseinschränkungen offensichtlich nicht mehr bestehen. Die dienstvorgesetzte Stelle ist in diesem Fall über die volle Verwendbarkeit zu informieren.

Bei Vorliegen dauerhafter Verwendungseinschränkungen stellt die dienstvorgesetzte Stelle die Polizeidienstunfähigkeit und nachfolgend die allgemeine Dienstfähigkeit beziehungsweise allgemeine Dienstunfähigkeit (siehe Nummer 2.1.1) fest.

Die dienstvorgesetzte Stelle informiert die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in Form einer Mitteilung über die Polizeidienstfähigkeit oder die Polizeidienstunfähigkeit sowie die allgemeine Dienstfähigkeit beziehungsweise allgemeine Dienstunfähigkeit. Diese Mitteilung ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, da es an der hierfür erforderlichen Außenwirkung fehlt.

Die weitere Entscheidung zur Rechtsfolgenbeschränkung (Nummer 3.1), zum Laufbahnwechsel (Nummer 3.2) oder zur Zurruhesetzung (Nummer 3.3) kann in einem weiteren Verfahrensschritt erfolgen.

Die entsprechenden Beteiligungsrechte sind zu beachten.

2.2
Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit bei dauerhafter Erkrankung

Auch im Falle einer dauerhaften Erkrankung basiert das Verfahren auf § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 des Landesbeamtengesetzes.

Bei der Anordnung der polizeiamtsärztlichen Untersuchung ist grundsätzlich nach Nummer 2.1.1 zu verfahren. Da sich jedoch der Anknüpfungspunkt in Fällen dauerhafter Erkrankung - anders als bei beobachteter oder bekannt gewordener Verwendungseinschränkung - in der Regel nur auf den Umstand beschränkt, dass die Polizeivollzugsbeamtin oder der Polizeivollzugsbeamte Fehlzeiten infolge von Krankheit aufweist und Diagnosen oder anderweitige Erkenntnisse über die genaue Erkrankung nicht bekannt sind, kann in diesen Fällen auch nicht verlangt werden, in der Untersuchungsanordnung Grundzüge der ärztlichen Untersuchung festzulegen. Der Angabe von Vorfällen, Ereignissen oder konkreten Verhaltensweisen bedarf es daher in diesen Fällen - in Unterschied zum Fall der Verwendungseinschränkung - nicht.

2.2.1
Anlass zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit aufgrund einer dauerhaften Erkrankung

Zweifel an der allgemeinen Dienstfähigkeit und somit an der Polizeidienstfähigkeit sind insbesondere anzunehmen, wenn Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte - in Anlehnung an § 26 Absatz 1 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes - krankheitsbedingt innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst versehen haben. Die krankheitsbedingte Abwesenheit muss dabei zeitlich nicht zusammenhängend aufgetreten sein. Als Dienstunfähigkeitszeiten sind alle Kalendertage - auch im Falle einer Teilzeitbeschäftigung - zu berücksichtigen, die als „Krankentag“ gemäß Anlage 6 angesehen werden. Den Dienstunfähigkeitszeiten können dabei auch unterschiedliche Erkrankungen zu Grunde liegen.

Nach Erreichen der zeitlichen Grenze (drei Monate innerhalb von sechs Monaten) ist daher stets durch die dienstvorgesetzte Stelle zu prüfen, ob das Verfahren zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit eingeleitet wird.

Das weitere Verfahren zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit aufgrund einer dauerhaften Erkrankung erfolgt entsprechend dem Verfahren gemäß der Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen (siehe Nummer 2).

2.2.2
Ausnahmen

Im Einzelfall kann die dienstvorgesetzte Stelle von der Einleitung des Verfahrens nach Erreichen der zeitlichen Bezugsgrenze der Nummer 2.2.1 absehen, wenn absehbar mit der baldigen Genesung oder mit einer Genesung nicht mehr zu rechnen ist. Diese Ermessensausübung bedarf der Zustimmung der Behördenleitung und ist in der Personalakte zu dokumentieren. Der Vorgang ist in diesen Fällen jedoch nach einem vorher zu bestimmenden, angemessenen Zeitraum wiedervorzulegen und auf einen abweichenden Verlauf zu prüfen.

2.2.3
Verfahren zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement

Vor Einleitung der Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit aufgrund einer dauerhaften Erkrankung (Nummer 2.2) ist stets ein Verfahren gemäß § 84 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – vom 19. Juni 2001 (Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, 1047), das zuletzt durch Artikel 165 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, anzubieten. Das Angebot ist in der Personalakte zu dokumentieren.

Die jeweils geltenden Erlassregelungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement gemäß § 84 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – sowie die Handlungsempfehlungen der Landschaftsverbände sind zu beachten.

3
Auswahlermessen des § 115 des Landesbeamtengesetzes

Nach § 115 des Landesbeamtengesetzes sind Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit bei Vorliegen einer Polizeidienstunfähigkeit gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes in den Ruhestand zu versetzen, sofern nicht eine Weiterverwendung in einer Funktion, die die volle Polizeidienstfähigkeit nicht mehr erfordert (§ 115 Absatz 1, letzter Halbsatz des Landesbeamtengesetzes, sogenannte Rechtsfolgenbeschränkung) oder im Laufbahnwechsel (§ 115 Absatz 3 des Landesbeamtengesetzes) möglich ist. Die dienstvorgesetzte Stelle muss daher vor einer Zurruhesetzung auf Grundlage des vorliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachtens entscheiden, ob und gegebenenfalls welche der sich aus § 115 des Landesbeamtengesetzes ergebenden Weiterverwendungen für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in Frage kommen.

Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf sind bei Vorliegen einer Polizeidienstunfähigkeit beziehungsweise allgemeiner Dienstunfähigkeit regelmäßig gemäß § 23 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 4 des Beamtenstatusgesetzes zu entlassen. Die Einschränkung des § 23 Absatz 4 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes, wonach Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, greift hier nicht, weil die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst keine Berufsmöglichkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes eröffnet, für die die hier in Rede stehende Ausbildung Voraussetzung wäre.

Für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Probe kann die Rechtsfolgenbeschränkung gemäß § 115 Absatz 1, letzter Halbsatz des Landesbeamtengesetzes wegen der Einschränkung auf Beamte auf Lebenszeit nicht angewandt werden. Vor einer Entlassung gemäß § 23 Absatz 1 Nummer 3 des Beamtenstatusgesetzes oder einer davon ausnahmsweise abweichenden Zurruhesetzung in den besonderen Fällen des § 28 Absatz 1 und 2 des Beamtenstatusgesetzes ist aufgrund der jeweiligen Regelungen (§ 23 Absatz 1 Satz 2 beziehungsweise § 28 Absatz 3 des Beamtenstatusgesetzes) bei Probebeamten zunächst die anderweitige Verwendung (Laufbahnwechsel) zu prüfen.

Bei Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten auf Lebenszeit ist in Bezug auf die nach dem gesetzlichen Grundsatz „Weiterbeschäftigung vor Zurruhesetzung“ grundsätzlich zu verfolgende Weiterbeschäftigung innerhalb der Stammbehörde zunächst eine Prognose über die dienstliche Verwendung bis zur Versetzung in den Ruhestand erforderlich. Entscheidend ist dabei, ob die von den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ausgeübte beziehungsweise künftig auszuübende Funktion die Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Die dienstvorgesetzte Stelle darf in die Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen. Prüfungsmaßstab für die Fähigkeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, die Dienstpflichten zu erfüllen, ist dabei nur im Ausgangspunkt das abstrakt-funktionelle Amt; ergänzend treten dienstliche Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Polizeibehörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für die jeweilige Polizeibehörde sowie personalpolitische Prioritäten hinzu, die die dienstvorgesetzte Stelle im Rahmen ihres Organisationsermessens setzen kann.

Hierbei ist neben den die konkrete Person betreffenden Parametern auch die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Polizeibehörde und ihrer einzelnen Organisationseinheiten in die Ermessensentscheidung miteinzubeziehen. Insbesondere dürfen keine Aufgaben und beziehungsweise oder Funktionen geschaffen werden beziehungsweise wegfallen.

Ebenfalls ist bei der Ermessensentscheidung zu beachten, dass lebensälteren Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten im Gegensatz zu lebensjüngeren Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ein Laufbahnwechsel nicht mehr ohne weiteres zuzumuten ist. Mit zunehmendem Lebensalter fällt der Wechsel in den allgemeinen Verwaltungsdienst, mit dem Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen verbunden sind, schwerer. So steht im Hinblick auf die vergleichsweise kurze Restdienstzeit bei Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, der Laufbahnwechsel in der Regel vor allem unter Berücksichtigung der Belastungen für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten nicht im Verhältnis zum Nutzen der Behörde.

Der Fürsorgepflicht entspricht es somit, lebensälteren Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten nicht die Belastungen des Laufbahnwechsels zuzumuten und die wenigen zur Verfügung stehenden Dienstposten im Innendienst ohne besondere gesundheitliche Anforderungen für diese zu verwenden (vergleiche hierzu Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, vom 15. Dezember 2015 – 6 B 1022/15 –, juris). Tendenziell ist daher der Laufbahnwechsel eher lebensjüngeren Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anzubieten.

Die Entscheidung ist unter den benannten Voraussetzungen durch die dienstvorgesetzte Stelle im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens in jedem Einzelfall zu treffen und ausführlich zu dokumentieren.

Hierbei ist im Einzelnen zu berücksichtigen:

3.1
Rechtsfolgenbeschränkung

Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte, welche die Voraussetzungen für einen Laufbahnwechsel (siehe Nummer 3.2) nicht erfüllen oder infolge eines anerkannten Dienstunfalls im Sinne des § 36 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. 2016 S. 310, ber. S. 642), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 452) geändert worden ist, polizeidienstunfähig geworden sind, sollen regelmäßig für die Weiterverwendung in einer Funktion, die die volle Polizeidienstfähigkeit nicht mehr erfordert (sogenannte Rechtsfolgenbeschränkung), vorgesehen werden.

Die Weiterverwendung in der Rechtsfolgenbeschränkung setzt die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit voraus.

Über die konkrete Verwendung in der Polizeibehörde im Rahmen der Rechtsfolgenbeschränkung entscheidet die dienstvorgesetzte Stelle. Die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten sind über die Entscheidung zu informieren. Es handelt sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, sondern um einen Akt des behördlichen Organisationsermessens.

Die Einzelheiten der jeweiligen Verwendung sind zeitnah im Personalinformationssystem PersIS zu dokumentieren (siehe hierzu Nummer 4). Aufgrund der Einschränkung im § 115 Absatz 1 letzter Halbsatz des Landesbeamtengesetzes auf Lebenszeitbeamte ist die Weiterverwendung in der Rechtsfolgenbeschränkung für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf und auf Probe ausgeschlossen.

Bezüglich der Beförderungsmöglichkeit ist die gesundheitliche Eignung den in der Rechtsfolgenbeschränkung verwendeten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten für ein Beförderungsamt nicht allein deshalb abzusprechen, weil sie den gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht vollumfänglich entsprechen. Hinzukommen muss vielmehr, dass aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen eine ordnungsgemäße und dauerhafte Wahrnehmung der mit dem angestrebten Amt verbundenen Aufgaben nicht gewährleistet ist.

3.1.1
Behördeninterne Weiterverwendung

Aus dem gesetzgeberischen Willen „Weiterverwendung vor Versorgung“ und der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung ist grundsätzlich die eigene Polizeibehörde gefordert, eine Weiterverwendung für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten zu finden, die trotz der Polizeidienstunfähigkeit nicht nur vorübergehend ausgeübt werden kann. Dabei ist dem Grundgedanken folgend eine Lösung anzustreben, die sich sowohl für die betroffenen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten als auch für die Polizeibehörde als mildeste von den geeigneten Alternativen darstellt.

Eine Weiterverwendung von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ist dabei vorrangig in den kernaufgabenorientierten Direktionen beziehungsweise dem Leitungsstab vorzusehen. Eine Weiterverwendung in der Direktion Zentrale Aufgaben beziehungsweise in der Zentralabteilung ist nur in solchen Funktionen mit Aufgaben möglich, deren Wahrnehmung nicht ausschließlich den dafür ausgebildeten Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten beziehungsweise Regierungsbeschäftigten vorbehalten ist.

3.1.2
Suchpflicht

Ist im Einzelfall in der eigenen Polizeibehörde eine Weiterverwendung nicht möglich und kommt zudem ein Laufbahnwechsel nicht in Betracht, ist ein Unterstützungsersuchen an das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei zu richten. Die Einwilligung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten für die Übersendung dieser Daten an das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei ist vorher durch die dienstvorgesetzte Stelle einzuholen.

Die dienstvorgesetzte Stelle hat dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei in dem Unterstützungsersuchen umfassend und nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen eine Weiterverwendung in der eigenen Polizeibehörde, insbesondere in Bezug auf die Funktionsfähigkeit der Behörde, nicht möglich ist. Neben der Darstellung des in der Polizeibehörde bis dahin erfolgten Verfahrensablaufs muss der Bericht insbesondere Angaben zu den betroffenen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten und den vorhandenen Einschränkungen enthalten. Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei prüft die Vollständigkeit der Daten und die Nachvollziehbarkeit des Verfahrensablaufs. Sind die Unterlagen vollständig, sucht das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei anonymisiert landesweit eine mögliche Weiterverwendung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in einer anderen Polizeibehörde unter Berücksichtigung der Verwendungseinschränkungen.

Die angefragten Polizeibehörden dokumentieren intern ihre Suche entsprechend der genannten Kriterien und übermitteln das Ergebnis innerhalb von vier Wochen an das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei. Auch eine Fehlanzeige ist dabei zwingend erforderlich.

Bei erfolgreicher Abfrage durch das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei sind nach entsprechender Rückmeldung des Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei an die abgebende Behörde die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten durch die dienstvorgesetzte Stelle umgehend in die aufnehmende Polizeibehörde zu versetzen. Diese dokumentiert die Einzelheiten der jeweiligen Weiterverwendung zeitnah im Personalinformationssystem PersIS (siehe hierzu Nummer 4).

Sofern weder ein Laufbahnwechsel noch die Weiterverwendung in einer Funktion des Polizeivollzugsdienstes möglich ist, ist die Zurruhesetzung (Nummer 3.3) einzuleiten.

Die entsprechenden Beteiligungsrechte sind im gesamten Verfahren der Weiterverwendung innerhalb der Rechtsfolgenbeschränkung zu beachten.

3.2
Laufbahnwechsel

Bei der Abwägung über die Möglichkeit einer Weiterverwendung im Laufbahnwechsel ist zunächst zu prüfen, ob die verbleibende Dienstzeit in der neuen Laufbahn bis zur regulären Zurruhesetzung durch Erreichen der Altersgrenze noch in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der jeweiligen Unterweisungszeit steht. Dies kann in der Regel nicht mehr angenommen werden, wenn das 50. Lebensjahr vollendet wurde. Daher ist der Laufbahnwechsel vorrangig für lebensjüngere Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte in den Blick zu nehmen.

Weiterhin sind eventuelle, im polizeiamtsärztlichen Gutachten ausgewiesene Einschränkungen der psychischen und physischen Konstitution der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten zu berücksichtigen, die einen Laufbahnwechsel beeinträchtigen könnten. Diese sind in Bezug zu setzen zu den Anforderungen und Belastungen, die die jeweilige fachpraktische und theoretische Unterweisungszeit für die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten mit sich bringen. Auch andere, in der Person liegende Gründe, die einen Laufbahnwechsel ausschließen, sind gegebenenfalls einzubeziehen. Die jeweils geltenden Regelungen über den Laufbahnwechsel, insbesondere zur Dauer der Unterweisungszeit, sind hierbei zu beachten. Die dienstvorgesetzte Stelle leitet bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Laufbahnwechsel die entsprechenden Schritte ein.

Der Laufbahnwechsel ist eine statusberührende Entscheidung des Dienstherrn. Es handelt sich demnach um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.

Bis zum Beginn der Unterweisungszeit sind die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in Absprache mit der zuständigen Direktionsleiterin beziehungsweise dem zuständigen Direktionsleiter möglichst mit Tätigkeiten in der Polizeibehörde zu betrauen, die auf den Laufbahnwechsel vorbereiten. § 11 Absatz 2 Nummer 3 der Laufbahnverordnung vom 21. Juni 2016 (GV. NRW. S. 461), ist hierbei zu beachten.

Die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten müssen die entsprechende Laufbahnbefähigung erwerben und die persönliche Eignung für die neue Laufbahn besitzen. Die jeweils geltenden Regelungen sind zu beachten. Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte sind im Übrigen dazu verpflichtet, an Maßnahmen zum Erwerb der Befähigung für die neue Laufbahn teilzunehmen (§ 25 Absatz 4 des Landesbeamtengesetzes).

Während der Unterweisungszeit kann den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten die gesundheitliche Eignung für ein Beförderungsamt zunächst abgesprochen werden.

Der Laufbahnwechsel ist im Beamtenverhältnis auf Widerruf ausgeschlossen.

Die entsprechenden Beteiligungsrechte sind zu beachten.

3.3
Zurruhesetzung

Sofern die Polizeidienstunfähigkeit und die allgemeine Dienstunfähigkeit festgestellt wurden beziehungsweise eine Weiterverwendung unter den oben beschriebenen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, werden die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt.

Die Zurruhesetzung ist eine statusberührende Regelung. Es handelt sich demnach um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.

Vor der Versetzung in den Ruhestand können gemäß § 34 Absatz 1 Satz 2 des Landesbeamtengesetzes innerhalb eines Monates gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen erhoben werden.

Die entsprechenden Beteiligungsrechte sind zu beachten.

4
Controlling

Die Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit bei Vorliegen von Verwendungseinschränkungen sowie bei einer dauerhaften Erkrankung gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 115 des Landesbeamtengesetzes unterliegen einem landesweiten Controlling auf Basis der Daten im Personalinformationssystem PersIS.

Hierzu wird ein entsprechender Geschäftsfall bereitgestellt. Die Berichtspflichten werden mit gesondertem Erlass geregelt.

5
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.

Gleichzeitig mit Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt mein Erlass vom 18.3.2006 (n.V.) - 45.2/3 - 42.01.09 3004/2 H („Langzeitkranken-Erlass“) und mein Runderlass vom 24.5.2012 - 403.3 - 63.24.01 „Polizeiamtsärztliches Gutachten zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit“ (MBl. NRW. S. 592) außer Kraft.

Düsseldorf, den 22 . Mai 2017

Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein Westfalen

Im Auftrag

Düren

Anlagen

Anlage 1 Beauftragung

Anlage 1.1 Personaldaten

Anlage 1.2 Anschreiben ZA an Gutachter wg. Termin & Umfang der Untersuchung

Anlage 1.3 Anschreiben Gutachter an ZA wg. Termin & Umfang der Untersuchung

Anlage 2 Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht I

Anlage 2.1 Anschreiben ZA an PVB wg. Schweigepflicht I

Anlage 2.2 Anschreiben ZA an AU-bescheinigende/n Ärztin/Arzt

Anlage 3 Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht II

Anlage 3.1 Anschreiben Gutachter an ZA wg. Schweigepflicht II

Anlage 3.2 Anschreiben ZA an PVB wg. Schweigepflicht II

Anlage 4 Dokumentationsbogen

Anlage 5 Gutachtenanforderungen

Anlage 6 Definition Krankentage

- MBl. NRW. S. 506