Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 24 vom 4.8.2017 Seite 731 bis 774

Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen Runderlass des Ministeriums der Finanzen
Normkopf
Norm
Normfuß
 

Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen Runderlass des Ministeriums der Finanzen

II.

Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen
Runderlass des Ministeriums der Finanzen

- B 3100 – 0.88 – IV A 4 -
vom 1. Juli 2017

I.
Einkünfte der berücksichtigungsfähigen
Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner


Mit Beschluss vom 16. März 2017 – BVerwG 5 B 57.15 - hat das Bundesverwaltungsgericht meine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 2015 - OVG 1 A 2285/12 - verworfen und die Regelung des § 2 Absatz 1 Nummer 1b Satz 3 BVO NRW (sog. Bruttorente) mangels einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage für nichtig erklärt. Die Vorschrift ist daher bis zu einer Neuregelung nicht mehr anzuwenden.

Für die Prüfung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit des Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners als berücksichtigungsfähige Person des Beihilfeberechtigten ist somit bis auf weiteres grundsätzlich ausschließlich der steuerliche Gesamtbetrag der Einkünfte maßgebend. Hinsichtlich der gegebenenfalls zu berücksichtigenden Kinderbetreuungskosten verweise ich auf Nummer 2.1.1.3 der VVzBVO.

II.
Arzneimittel mit den Wirkstoffen Drobinol, Nabilon
oder getrockneten Cannabisblüten bzw. –extrakten

Aufwendungen für ärztlich verordnete Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol, Nabilon oder getrockneten Cannabisblüten und Cannabisextrakten sind beihilfefähig, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

a) nicht zur Verfügung steht oder

b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der zuständigen Amtsärztin oder des Amtsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Erkrankten nicht zur Anwendung kommen kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Beihilfestelle hat über den Erstantrag des Beihilfeberechtigten (erste Verordnung) innerhalb eines Monats nach Antragseingang unter Beteiligung der zuständigen Amtsärztin oder des zuständigen Amtsarztes zu entscheiden (eine Beteiligung des Finanzministeriums ist grundsätzlich nicht erforderlich). Sofern innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme des amtsärztlichen Dienstes erfolgt, entscheidet die Beihilfestelle zunächst für einen Behandlungszeitraum von drei Monaten unter Beachtung der oben genannten Kriterien nach Aktenlage. Der Beihilfeberechtigte ist über die zeitlich befristete Entscheidung zu unterrichten. Folgeverordnungen bedürfen keines weiteren Voranerkennungsverfahrens, soweit die Zustimmung des amtsärztlichen Dienstes vorliegt.

III.
Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen nach
§§ 44 und 44a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)

Nach § 10 Absatz 4b Satz 4 bis 6 EStG sind Behörden und andere öffentliche Stellen verpflichtet, geleistete Beiträge an steuerpflichtige Personen zur Alterssicherung, Krankenversicherung oder Pflegeversicherung elektronisch an eine zentrale Stelle nach § 81 EStG (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen – ZfA) zu übermitteln. Hintergrund ist die steuerlich zutreffende Erfassung von steuerfreien Zuschüssen.

Beihilfestellen sind in den Fällen des § 44 SGB XI, in denen Rentenversicherungsbeiträge zur sozialen Sicherung von nicht erwerbstätigen Personen gezahlt werden sowie in den Fällen des § 44a SGB XI für zu zahlende Leistungen zur sozialen Sicherung bei Beziehern von Pflegeunterstützungsgeld grundsätzlich meldepflichtig.

Die elektronische Meldung an die zentrale Stelle hat erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 zu erfolgen; die Daten von 2016 sind umgehend der zentralen Stelle mitzuteilen. Sofern eine Meldung aus technischen Gründen zeitnah nicht möglich ist, sollen die meldepflichtigen Stellen die Daten vorhalten und nach erfolgter technischer Anbindung die Meldung nachholen. Auf das Schreiben des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 1. Februar 2016 D 6 – 11031/2#1 über das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wird insoweit hingewiesen.

Nach Abklärung des Umfangs der Meldepflichten der jeweiligen Beihilfestellen mit dem Bundesministerium der Finanzen hat der BMI ergänzend mit Rundschreiben vom 13. Februar 2017 – D 6 – 11031/2#1 unter anderem folgendes mitgeteilt:

Folgende Fallgruppen sind zu unterscheiden:


1. Soziale Sicherung der Pflegepersonen

Die Beihilfestellen führen für Pflegepersonen (auch wenn es sich um Beamtinnen oder Beamte handelt) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. Die Beiträge werden unmittelbar an den zuständigen Träger der Rentenversicherung gezahlt. Es fließen keine weiteren Beträge an die Pflegepersonen oder die beihilfeberechtigte Person.
In diesen Fällen besteht keine Meldepflicht.

2. Leistungen bei Pflegezeit für Beschäftigte, die nach § 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige pflegen

Nach § 44a Absatz 1 SGB XI erhalten Beschäftigte, die nach § 3 Absatz 1 Satz 1 PflegeZG von der Arbeitsleistung vollständig freigestellt wurden oder deren Beschäftigung durch Reduzierung der Arbeitszeit zu einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 1 SGB IV wird, auf Antrag Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung von der jeweiligen Beihilfestelle, wenn sie nahe Angehörige pflegen, die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Personen sind.

Auf Beamtinnen und Beamte als Pflegepersonen ist das PflegeZG nicht anzuwenden. Für sie gilt § 67 LBG in Verbindung mit § 16 FRurlV NRW sowie § 5c BVO NRW.

Soweit Pflegebedürftige beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Personen sind, werden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und der Zuschuss zum Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von der Pflegeversicherung bzw. den Pflegekassen und den Beihilfestellen anteilig gezahlt.

Erfolgt die Zahlung unmittelbar von der Beihilfestelle an die Pflegeperson, löst dies die Meldepflicht aus. Eine Ausnahme ist dann gegeben, wenn die beihilfeberechtigte Person, die gepflegt wird, die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung der pflegenden Person gezahlt hat und sich diese Zuschüsse über die Beihilfe erstatten lässt.

3. Leistungen bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG

Das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung enthält grundsätzlich keine Zuschüsse im Sinne des § 10 Absatz 4b Satz 4 EStG. Dies gilt jedoch nicht für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und die Zuschüsse zum Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag.

Erfolgt die Zahlung unmittelbar von der Beihilfestelle an die Pflegeperson, löst dies die Meldepflicht aus. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die beihilfeberechtigte Person, die gepflegt wird, die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung der pflegenden Person gezahlt hat und sich diese Zuschüsse über die Beihilfe erstatten lässt.

IV.
Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung
aufgrund des Bezuges von Pflegeunterstützungsgeld

Für die Zahlung von Beiträgen in die gesetzliche Krankenversicherung für Bezieher von Pflegeunterstützungsgeld müssen die Beihilfestellen eine Betriebsnummer mit der Anfangsnummer 997 verwenden. Diese ist - soweit nicht bereits vorhanden - bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zu beantragen. Auf das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Bundesagentur für Arbeit und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung E.V. vom 31. August 2015 („Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche  Auswirkungen des Bezuges von Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a Absatz 3 SGB XI“) wird hingewiesen.

(Die oben zitierten Rundschreiben sind bei der Zentralen Koordinierungsstelle Beihilfe abrufbar.)

V.
Ärzt- und zahnärztliches Gebührenrecht

1. Femtosekundenlaser bei Katarakt-Operationen
Bei der Anwendung des Femtosekundenlasers bei Katarakt-Operationen handelt es sich lediglich um eine Ausführungsvariante der Katarakt-Operation (Zielleistung, § 4 Absatz 2a GOÄ), die nicht zum analogen Ansatz der Nummer 5855 GOÄ berechtigt. Die Anwendung des Lasers ist über die Nummer 441 GOÄ abzugelten. § 10 GOÄ bleibt unberührt.

Die gebührenrechtliche Behandlung des Einsatzes eines Femtosekundenlasers bei Katarakt-Operationen ist derzeit Gegenstand in einem Berufungsverfahren vor dem OVG NRW.

Es bestehen keine Bedenken, die Beihilfefestsetzung bis zu einer Entscheidung des OVG für vorläufig zu erklären. Anhängige Widerspruchsverfahren sollten mit Einwilligung des Beihilfeberechtigten ruhend gestellt werden.

2. Runderlass B 3100 – 3.1.6.2.A – IV A 4 vom 16. November 2012 „Beihilferechtliche Hinweise zum zahnärztlichen Gebührenrecht“ (MBl. NRW. S. 699)

Bis auf weiteres sind Nummer 11.2 und 14 meines oben genannten Runderlasses vom 16. November 2012 nicht anzuwenden.

- MBl. NRW. 2017 S. 764