Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2018 Nr. 30 vom 12.12.2018 Seite 659 bis 702

Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Landwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse (Förderrichtlinien Naturkatastrophen) Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz II–3 – 21
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Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Landwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse (Förderrichtlinien Naturkatastrophen) Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz II–3 – 21

7861

Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen
und Zuwendungen zur Bewältigung von
Schäden in der Landwirtschaft verursacht durch
Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse
(Förderrichtlinien Naturkatastrophen)

Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz
 II–3 – 21

Vom 6. November 2018

1
Zielsetzung

1.1
Diese Richtlinie dient der Durchführung der unter der Nummer SA.40354 genehmigten Beihilferegelung „Nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse“.

Ziel ist es, landwirtschaftliche Betriebe finanziell zu unterstützen, die aufgrund von außergewöhnlichen Naturereignissen in ihrer Existenz gefährdet sind.

1.2
Außergewöhnliche Naturereignisse sind Naturkatastrophen und diesen gleichgestellte widrige Witterungsverhältnisse. Als Naturkatastrophe im Sinn dieser Richtlinie und im Sinn von Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 1) gelten Erdbeben, Lawinen, Erdrutsche, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Orkane, Vulkanausbrüche und Flächenbrände natürlichen Ursprungs. Diese Ereignisse sind belegbar durch entsprechende Daten oder Unterlagen und wurden von der zuständigen Behörde förmlich als Naturkatastrophe anerkannt. Beihilfen für andere im Einzelfall als Naturkatastrophe im Sinn von Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV einzustufende schädigende Ereignisse wie zum Beispiel nicht Orkanstärke erreichende Stürme richten sich nicht nach dieser Richtlinie, sondern werden im Einzelfall bei der Europäischen Kommission notifiziert, es sei denn es liegen Naturkatastrophen gleichgestellte widrige Witterungsverhältnisse vor.

1.3
Naturkatastrophen gleichgestellt sind widrige Witterungsverhältnisse wie Frost, Hagel, Eis, starke oder anhaltende Regenfälle, nicht Orkanstärke erreichende Stürme und Dürre, wenn dadurch mehr als 30 Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung des betreffenden landwirtschaftlichen Unternehmens zerstört werden.

Durchschnittliche Jahreserzeugung ist der im vorangegangenen Dreijahreszeitraum durchschnittlich erzielte Naturalertrag oder der Dreijahresdurchschnitt auf der Grundlage des vorhergehenden Fünfjahreszeitraumes unter Ausschluss des höchsten und des niedrigsten Wertes.

2
Billigkeitsleistungen zur Bewältigung von Schäden in der Landwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse

2.1
Zweck, Rechtsgrundlage

Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt Billigkeitsleistungen als freiwillige Zahlung zur Abwendung der Existenzgefährdung von landwirtschaftlichen Betrieben als Folge von außergewöhnlichen Naturereignissen nach Maßgabe dieser Richtlinien und auf Grund folgender Normen in der jeweils geltenden Fassung:

a. Nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse vom 26. August 2015 (BAnz AT vom 31.08.2015 B4),
b. Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014–2020 (ABl. C 204 vom 1.7.2014, S. 1)

c. Vertrag über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 1)

d. Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 193 vom 1.7.2014, S. 1) und
e. § 53 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158).

Ein Anspruch auf Gewährung einer Billigkeitsleistung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2.2
Gegenstand der Billigkeitsleistung

Die Billigkeitsleistung dient dem Teilausgleich von Einkommensminderungen in landwirtschaftlichen Betrieben, die durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsbedingen entstanden sind.

Die Einkommensminderung des landwirtschaftlichen Unternehmens ist nach der Maßgabe der folgenden Regelungen ausgleichsfähig:

Die Einkommensminderung eines betroffenen Produktionsverfahrens errechnet sich nach dem Muster der Anlage bei landwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Kulturen aus dem im Basiszeitraum erzielten durchschnittlichen Hektarerlös HEB (durchschnittlicher Hektarertrag Basiszeitraum multipliziert mit dem durchschnittlichen Preis Basiszeitraum), dem Hektarerlös im Schadjahr HES (Hektarertrag multipliziert mit dem Preis) und der Anbaufläche im Schadjahr AS nach folgender Formel: Einkommensminderung des jeweiligen Produktionsverfahrens = (HEB minus HES) multipliziert mit der AS. Bei Tierverlusten berechnet sich der Schaden nach dem Marktwert im Basiszeitraum. Alternativ kann der Schaden auch auf Basis von Durchschnitts- oder regionalen Referenzwerten ermittelt werden. Die Einkommensminderung wird für alle vom außergewöhnlichen Naturereignis betroffenen Produktionsverfahren einzeln berechnet.

Die Ermittlung der Höhe des Gesamtschadens erfolgt durch die Schätzung einer Behörde oder eines von der zuständigen Behörde anerkannten unabhängigen Sachverständigen.

2.3
Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung

2.3.1
Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014, unbeschadet der gewählten Rechtsform, deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei und Wanderschäferei umfasst.

2.3.2
Nicht gefördert werden

a. Unternehmen, deren Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen insgesamt mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte ausmachen,
b. Unternehmen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt,
c. Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt nicht Folge geleistet haben und
d Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinn der Definition der Fußnote 4 der Nationalen Rahmenrichtlinie, es sei denn, die Schwierigkeiten sind auf das Schadenereignis zurückzuführen.

2.3.3
Von Hilfen ausgeschlossen sind Natürliche Personen (Einzelunternehmen), unbeschadet der gewählten Rechtsform, deren Summe der positiven Einkünfte laut Steuerbescheid im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Schadenereignis 90 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 120 000 Euro (Ehegatte oder Lebenspartner) übersteigt.

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften gelten diese Voraussetzungen für alle Gesellschafter, Genossenschaftsmitglieder und Aktionäre einschließlich ihrer Ehegatten/Lebenspartner. Falls die Summe der positiven Einkünfte eines der oben genannten Kapitaleigner 90 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 120 000 Euro (Ehegatten oder Lebenspartner) überschreitet, wird der zuschussberechtigte Schaden um den Prozentanteil gekürzt, der dem Kapitalanteil dieses Gesellschafters, Genossenschaftsmitglieds oder Aktionärs entspricht.

Zusätzlich zu den drei letzten Einkommensteuerbescheiden sind zur Ermittlung der positiven Einkünfte die von den Banken ausgestellten Steuerbescheinigungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen heranzuziehen.

2.4
Voraussetzungen für die Gewährung der Billigkeitsleistung

2.4.1
Billigkeitsleistungen können unter folgenden Voraussetzungen gewährt werden:

2.4.1.1
Das betreffende außergewöhnliche Naturereignis muss von der zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörde oder bei gemeinsamen Bund-Länder-Hilfen von den zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden als ein solches Ereignis eingestuft worden sein.

2.4.1.2
Zwischen dem außergewöhnlichen Naturereignis und dem Schaden, der dem Unternehmen entstanden ist, muss ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang bestehen.

2.4.1.3
Billigkeitsleistungen erhalten nur Unternehmen, deren Einkommen nicht ausreicht, um die verursachten Schäden aus eigener Kraft zu tragen und die dadurch in ihrer Existenz gefährdet sind.

Eine Existenzgefährdung liegt vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Einkommensminderung größer ist als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorangegangenen Dreijahreszeitraum. Zur Ermittlung des Cash-Flow III ist das Berechnungsschema der Anlage zu verwenden.

Billigkeitsleistungen sind um das, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbare Privatvermögen wie folgt zu kürzen:

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, das über 50 Prozent der Einkommensminderung liegt, berücksichtigt. Bei juristischen Personen wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen, und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, das über 50 Prozent der Einkommensminderung liegt, berücksichtigt. Sollten bei juristischen Personen alle Gesellschafter über Gesellschaftsanteile unter 10 Prozent verfügen, wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter mit den größten Gesellschaftsanteilen und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, das über 50 Prozent der Einkommensminderung liegt, berücksichtigt. Es gelten die Vermögensverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bestanden haben.

2.4.1.4
Die Empfänger haben Verwaltungskontrollen und Kontrollen vor Ort so zuzulassen, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Bedingungen für die Gewährung der Förderung eingehalten werden. Die Verwaltungskontrollen werden für alle förderrelevanten Voraussetzungen und Verpflichtungen anhand der vorliegenden und sonstigen geeigneten Unterlagen durchgeführt. Bei Kontrollen vor Ort ist dem Kontrollpersonal ein Betretungsrecht und das Recht auf eine angemessene Verweildauer auf den Grundstücken und in den Betriebs- und Geschäftsräumen sowie Einsichtnahme in die für die Beurteilung der Billigkeitsleistung notwendigen betriebswirtschaftlichen Unterlagen einzuräumen und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Das schließt Kontrollen durch Kontrollorgane des Landes Nordrhein-Westfalen (zum Beispiel Landesrechnungshof) und des Bundes ein.

2.4.1.5
Billigkeitsleistungen erfolgen nur, wenn und soweit
a. keine Soforthilfe nach dem Runderlass des Ministeriums der Finanzen „ Soforthilferichtlinie“ vom 30. Januar 2018 (MBl. NRW. S. 86) beantragt oder
b. die Schäden nicht von Dritten ausgeglichen oder unterstützt werden.

2.5
Umfang und Höhe der Billigkeitsleistung

2.5.1
Umfang der Billigkeitsleistung

2.5.1.1
Billigkeitsleistungen werden als Teilausgleich für die durch das außergewöhnliche Naturereignis unmittelbar verursachten Einkommensminderungen (zum Beispiel Rückgang des Naturalertrages aus der Bodenproduktion bei landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen, im Futteranbau sowie in der Tierproduktion) im landwirtschaftlichen Unternehmen gewährt.

2.5.1.2
Billigkeitsleistungen werden nicht gewährt für
a. mittelbare Schäden (zum Beispiel Wertminderungen des Betriebs- oder Privatvermögens),
b. Schäden an Außenanlagen von Gebäuden (beispielsweise Bäume, Sträucher, Rasen, Terrassen),
c. Hochwasserschäden an Gewässern und Wasserbauten,
d. Schäden verursacht durch Tierseuchen und
e. Schäden verursacht durch Pflanzenseuchen.

2.5.1.3
Schäden, die wirtschaftlich vertretbar versichert werden können, sind grundsätzlich nicht zuwendungsfähig. Zu den Schäden, die in diesem Sinn versicherbar sind, gehören insbesondere
a. Feuer-, Sturm-, Hagel- und Glasbruchschäden,
b. weitere Schäden, verursacht beispielsweise durch Überschwemmungen, Rückstau, Erdbeben, Erdfall, Eisregen, Starkfrost, Schneedruck sowie
c. kaskoversicherungsfähige Schäden an Fahrzeugen und Anhängern.

2.5.2
Höhe der Billigkeitsleistung

2.5.2.1
Die Billigkeitsleistung beträgt 50 Prozent des Gesamtschadens.

Bagatellgrenze: 5 000 Euro Auszahlungsbetrag.

Höchstbetrag: 150 000 Euro Auszahlungsbetrag.

Im Fall einer Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung mit finanzieller Beteiligung des Bundes können Bagatellgrenze und Höchstbetrag an die dort festgelegten Beträge angepasst werden.

2.5.2.2
Die Billigkeitsleistung darf nicht zu einer Überkompensation des Gesamtschadens führen. Der Gesamtschaden gemäß Nummer 2.5.2.1 ist daher um folgende Beträge zu verringern:
a) Zuwendungen von anderen Stellen,
b) etwaige Versicherungszahlungen,
c) Hilfen Dritter ,zum Beispiel in Form von Spenden,
d) aufgrund des außergewöhnlichen Naturereignisses nicht entstandene Kosten ,zum Beispiel Ernte-, Sortier-, Aufbereitungs-, Lager- oder Bodenbearbeitungskosten.

2.5.2.3
Die Empfängerin oder der Empfänger hat gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Stelle alle auf Grund des Schadereignisses erhaltenen oder beantragten Zuwendungen, Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen Dritter, insbesondere zinsverbilligte Darlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank und etwaige Versicherungszahlungen, offenzulegen. Die Bewilligungsbehörde berücksichtigt diese Angaben bei der Berechnung der Hilfen. Sofern ein zinsverbilligtes Darlehen durch die Landwirtschaftliche Rentenbank gewährt wurde, ist der eingeräumte Subventionswert beim Höchstbetrag nach Nummer 2.5.2.1 anzurechnen.

2.5.2.4
Den Nachweis, dass gegen die entstandenen Schäden kein (objektiver) oder kein wirtschaftlich vertretbarer (subjektiver) Versicherungsschutz gemäß Nummer 2.5.1.3 möglich war, zum Beispiel Elementarschadens- oder Haftpflichtversicherung, hat die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller zu führen. Die Bestätigung eines Versicherungsunternehmens oder des Versicherungsunternehmens, bei dem bereits andere, zum Beispiel Hausrat-, Gebäude- oder Pflanzenversicherungen abgeschlossen wurden, ist für den Nachweis in objektiver Hinsicht ausreichend. Dies gilt auch für eine bestätigte Auskunft eines Versicherungsunternehmens, dass es keine entsprechenden Versicherungsleistungen anbietet.

2.6
Verfahren

2.6.1
Antragsverfahren

Der Antrag auf Gewährung der Billigkeitsleistung ist nach dem von der Bewilligungsbehörde vorgegebenen Muster einschließlich der erforderlichen Bescheinigungen und Nachweise bei der Bewilligungsbehörde über die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Kreise einzureichen.

Das für Landwirtschaft zuständige Ministerium setzt in Abhängigkeit des jeweiligen Schadereignisses eine Ausschlussfrist für die Antragstellung fest.

2.6.2
Bewilligungsverfahren

Bewilligungsbehörde ist der Direktor der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter. Die Bewilligung erfolgt auf Antrag mit schriftlichem Bescheid.

2.6.3
Auszahlungsverfahren

Die Auszahlung der Billigkeitsleistung erfolgt durch die Bewilligungsbehörde nach Prüfung der Antragsunterlagen. Sie muss spätestens vier Jahre nach dem Schadereignis ausgezahlt werden.

Dem Empfänger ist mitzuteilen, dass Billigkeitsleistungen, die den Betrag von 60 000 Euro übersteigen, auf der Beihilfe-Transparenz-Website (TAM) der EU-Kommission veröffentlicht werden.

3
Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Landwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse

3.1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

3.1.1
Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt Zuwendungen zum Ausgleich von Schäden in landwirtschaftlichen Betrieben verursacht durch Naturkatastrophen oder widrigen Witterungsverhältnissen nach Maßgabe dieser Richtlinien und auf Grund folgender Normen in der jeweils geltenden Fassung:
a. Nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse,
b. Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014–2020,
c. Vertrag über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
d. Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und
e. §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung und Runderlass des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254).

3.1.2
Ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

3.2
Gegenstand der Förderung

Die Zuwendung dient dem Teilausgleich von Aufwendungen die landwirtschaftlichen Unternehmen durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse entstanden sind.

3.3
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger

3.3.1
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014, unbeschadet der gewählten Rechtsform, deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei und Wanderschäferei umfasst.

3.3.2
Nicht gefördert werden

a. Unternehmen, deren Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen insgesamt mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte ausmachen,
b. Unternehmen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt,
c. Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt nicht Folge geleistet haben und
d. Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinn der Definition der Fußnote 4 der Nationalen Rahmenrichtlinie, es sei denn, die Schwierigkeiten sind auf das Schadenereignis zurückzuführen.

3.3.3
Von Zuwendungen ausgeschlossen sind Natürliche Personen (Einzelunternehmen), unbeschadet der gewählten Rechtsform, deren Summe der positiven Einkünfte laut Steuerbescheid im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Schadenereignis 90 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 120 000 Euro (Ehegatten oder Lebenspartner) übersteigt.

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften gelten diese Voraussetzungen für alle Gesellschafter, Genossenschaftsmitglieder und Aktionäre einschließlich ihrer Ehegatten/Lebenspartner. Falls die Summe der positiven Einkünfte eines der oben genannten Kapitaleigner 90 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 120 000 Euro (Ehegatten oder Lebenspartner) überschreitet, wird der zuschussberechtigte Schaden um den Prozentanteil gekürzt, der dem Kapitalanteil dieses Gesellschafters, Genossenschaftsmitglieds oder Aktionärs entspricht.

Zusätzlich zu den drei letzten Einkommensteuerbescheiden sind zur Ermittlung der positiven Einkünfte die von den Banken ausgestellten Steuerbescheinigungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen heranzuziehen.

3.4
Zuwendungsvoraussetzungen

Zuwendungen können unter folgenden Voraussetzungen gewährt werden:

3.4.1
Das betreffende außergewöhnliche Naturereignis muss von der zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörde oder bei gemeinsamen Bund-Länder-Hilfen von den zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden als ein solches Ereignis eingestuft worden sein.

3.4.2
Zwischen dem außergewöhnlichen Naturereignis und dem Schaden, der dem Unternehmen entstanden ist, muss ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang bestehen.

3.4.3
Zuwendungen erhalten nur Unternehmen, deren Einkommen nicht ausreicht, um die verursachten Schäden aus eigener Kraft zu tragen und die dadurch in ihrer Existenz gefährdet sind.

Eine Existenzgefährdung liegt vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß Nummer 3.5.5 größer sind als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorangegangenen Dreijahreszeitraum. Zur Ermittlung des Cash-Flow III ist das Berechnungsschema der Anlage zu verwenden.

Die zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß Nummer 3.5.5 sind um das, insbesondere kurzfristig verwertbare Privatvermögen wie folgt zu kürzen:

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die über 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß Nummer 3.5.5 liegt, berücksichtigt. Bei juristischen Personen wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen, und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die über 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß Nummer 3.5.5 liegt, berücksichtigt. Sollten bei juristischen Personen alle Gesellschafter über Gesellschaftsanteile unter 10 Prozent verfügen, wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter mit den größten Gesellschaftsanteilen und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die über 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß Nummer 3.5.5 liegt, berücksichtigt. Es gelten die Vermögensverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bestanden haben.

3.4.4
Die Empfänger haben Verwaltungskontrollen und Kontrollen vor Ort so zuzulassen, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Bedingungen für die Gewährung der Förderung eingehalten werden. Die Verwaltungskontrollen werden für alle förderrelevanten Voraussetzungen und Verpflichtungen anhand der vorliegenden und sonstigen geeigneten Unterlagen durchgeführt. Bei Kontrollen vor Ort ist dem Kontrollpersonal ein Betretungsrecht und das Recht auf eine angemessene Verweildauer auf den Grundstücken und in den Betriebs- und Geschäftsräumen sowie Einsichtnahme in die für die Beurteilung der Billigkeitsleistung notwendigen betriebswirtschaftlichen Unterlagen einzuräumen und die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

3.4.5
Zuwendungen erfolgen nur, wenn und soweit
a. keine Soforthilfe nach dem Runderlass des Ministeriums der Finanzen „ Soforthilferichtlinie“ vom 30. Januar 2018 (MBl. NRW. S. 86) beantragt oder
b. zuwendungsfähige Sachverhalte nicht von Dritten ausgeglichen oder unterstützt werden.

3.5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

3.5.1
Zuwendungsart: Projektförderung.

3.5.2
Finanzierungsart: Anteilfinanzierung.

3.5.3
Form der Zuwendung: Zuschuss.

3.5.4
Höhe der Zuwendung

Die Zuwendung beträgt 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Bagatellgrenze: 5 000 Euro Auszahlungsbetrag.

Höchstbetrag: 150 000 Euro Auszahlungsbetrag.

Im Fall einer Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung mit finanzieller Beteiligung des Bundes können Bagatellgrenze und Höchstbetrag an die dort festgelegten Beträge angepasst werden.

3.5.5
Zuwendungsfähige Ausgaben

Zuwendungsfähig sind Ausgaben für Futterzukäufe in der Viehhaltung einschließlich Transportkosten, Ausgaben für die Reparatur von Produktions- und Gebäudeflächen (einschließlich der Beräumung) sowie für die Instandsetzung von Versorgungswegen. Die darauf entfallene Umsatzsteuer sowie gewährte Skonti und Preisnachlässe sind - auch wenn sie nicht gezogen werden - nicht zuwendungsfähig.

3.5.6
Nicht zuwendungsfähig sind Aufwendungen für
a. mittelbare Schäden, wie zum Beispiel entgangener Gewinn, Produktions- und Verdienstausfall, Wertminderungen des Betriebs- oder Privatvermögens,
b. Schäden an Außenanlagen von Gebäuden, beispielsweise Bäume, Sträucher, Rasen, Terrassen,
c. Hochwasserschäden an Gewässern und Wasserbauten,
d. Schäden verursacht durch Tierseuchen und
e. Schäden verursacht durch Pflanzenseuchen.

3.5.7
Schäden, die wirtschaftlich vertretbar versichert werden können, sind grundsätzlich nicht zuwendungsfähig. Zu den Schäden, die in diesem Sinn versicherbar sind, gehören insbesondere
a. Feuer-, Sturm-, Hagel- und Glasbruchschäden,
b. weitere Schäden, verursacht beispielsweise durch Überschwemmungen, Rückstau, Erdbeben, Erdfall, Eisregen, Starkfrost, Schneedruck sowie
c. kaskoversicherungsfähige Schäden an Fahrzeugen und Anhängern.

3.6
Verfahren

3.6.1
Antragsverfahren

Der Antrag auf Gewährung einer Zuwendung ist nach dem von der Bewilligungsbehörde vorgegebenen Muster einschließlich der erforderlichen Bescheinigungen und Nachweise bei der Bewilligungsbehörde über die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Kreise einzureichen.

Das für Landwirtschaft zuständige Ministerium setzt in Abhängigkeit des jeweiligen Schadereignisses eine Ausschlussfrist für die Antragstellung fest.

3.6.2
Bewilligungsverfahren

3.6.2.1
Bewilligungsbehörde ist der Direktor der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter.

3.6.2.2
Die Bewilligung erfolgt auf Antrag mit schriftlichem Zuwendungsbescheid. Vor der Bewilligung darf nicht mit der Maßnahme begonnen werden.

3.6.3
Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Die Auszahlung der Zuwendung ist mit der dem Zuwendungsbescheid beigefügten Zahlungsanforderung bei der Bewilligungsbehörde anzufordern.

3.6.4
Verwendungsnachweisverfahren

Der Nachweis der verwendeten Mittel ist unter Verwendung des Grundmusters 3 „Anlage 4 zu Nummer 10.3 VVG“ des Teils II zu § 44 der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung gegenüber der bewilligenden Stelle zu führen. Im Sachbericht ist die Verwendung der Zuwendung im Einzelnen konkret darzustellen.

Dem Verwendungsnachweis sind die Originalbelege (Einnahmen- und Ausgabenbelege) über die Einzelzahlungen und die Verträge über die Vergabe von Aufträgen beizufügen. Barzahlungen sind durch Quittung, unbare Zahlungen durch Buchungsbelege (Kontoauszüge) nachzuweisen.

3.6.5
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendungen gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen verfügt worden sind. Bei Nichteinhaltung kann der Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise durch die Bewilligungsbehörde aufgehoben werden und die Zuwendung ganz oder teilweise zurückgefordert werden.

4
Schlussbestimmungen

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. Der Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 9. September 2003 (MBl. NRW. S. 1129) wird aufgehoben.

- MBl. NRW. 2018 S. 687