Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 7 vom 25.4.2019 Seite 159 bis 172

Richtlinien für das Beschaffungswesen im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Beschaffungsrichtlinie) Runderlass des Ministeriums des Innern
Normkopf
Norm
Normfuß
 

Richtlinien für das Beschaffungswesen im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Beschaffungsrichtlinie) Runderlass des Ministeriums des Innern

20021

Richtlinien
für das Beschaffungswesen im Geschäftsbereich
des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen
(Beschaffungsrichtlinie)

Runderlass des Ministeriums des Innern

Vom 2. April 2019

1

Allgemeines

Die Behörden und Einrichtungen, im Folgenden nur Behörde genannt, des Geschäftsbereichs des für Inneres zuständigen Ministeriums richten ihre Vergabepraxis gemäß den gesetzlichen Anforderungen an den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, der Transparenz, der Gleichbehandlung sowie der Mittelstandsförderung aus. Zugleich sollen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer Optimierung der Beschaffungsorganisation sowie des Einkaufs genutzt werden. In diesem Zusammenhang trägt eine weitgehende Bedarfsbündelung nicht nur zur Senkung der Prozesskosten bei, sondern führt im Verhältnis zu den Preisen einer dezentralen Beschaffung regelmäßig zu günstigeren Einkaufspreisen.

Diese Richtlinien regeln unter anderem die Durchführung von Vergabeverfahren durch eine Zentrale Vergabestelle innerhalb jeder Behörde sowie die Aufgaben und Pflichten der Zentralen Vergabestelle, die regional konzentrierte Beschaffung bei den Bezirksregierungen, den Abschluss von Rahmenvereinbarungen und Sukzessivleistungsverträgen und die elektronische Umsetzung und Unterstützung des Vergabeverfahrens im Geschäftsbereich des für Inneres zuständigen Ministeriums auf der Grundlage des Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254), in der jeweils geltenden Fassung sowie des Runderlasses des Ministeriums der Finanzen „Vergabehandbuch für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen“ vom 11. Mai 2018 (MBl. NRW. S. 342), in der jeweils geltenden Fassung.

2

Zentrale Vergabestelle

Im Geschäftsbereich des für Inneres zuständigen Ministeriums sind Vergabeverfahren mit einem Auftragswert über 1 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) innerhalb jeder Dienststelle von einer Zentralen Vergabestelle durchzuführen. Diese ist innerhalb der Dienststelle organisatorisch von der bedarfsanmeldenden Stelle und der titelverwaltenden Stelle zu trennen. Mit der Zentralisierung der Vergabeverfahren soll sichergestellt werden, dass Vergaben einheitlich und unter Beachtung aller rechtlichen Anforderungen durchgeführt werden. Die Durchführung des Vergabeverfahrens durch die Zentrale Vergabestelle umfasst hierbei den gesamten Beschaffungsvorgang ab Prüfung des Beschaffungsantrags, das Einholen der Angebote bis zur Zuschlagserteilung sowie alle bestehenden Informations- und Bekanntmachungspflichten. Die Zentrale Vergabestelle ist für den rechtmäßigen Ablauf des Vergabeverfahrens verantwortlich.

Zu den Aufgaben der Zentralen Vergabestellen zählt auch die Durchführung von Verfahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen . Die Übertragung eines solchen Verfahrens an Dritte, welche im Rahmen eines entsprechenden Vergabeverfahrens gewonnen werden, ist im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel möglich, sofern das Verfahren in enger Abstimmung mit der Zentralen Vergabestelle unter Anwendung der Vorgaben des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, durchgeführt wird. Insbesondere die Festlegung des Vergabeverfahrens, die Prüfung des Vergabevorschlags, die Beantwortung von Bieterfragen sowie die Zuschlagserteilung obliegen der Zentralen Vergabestelle. In der Bekanntmachung muss die Angabe enthalten sein, dass der Dienstleister im Auftrag der jeweiligen Behörde handelt und der Zuschlag durch die jeweilige Behörde erfolgt. Die Verantwortung für das Vergabeverfahren trägt die Behörde.

Die dem Vergabeverfahren generell vorgelagerte Feststellung des Bedarfs obliegt der Bedarfsstelle. Sie hat zu prüfen, ob ein Bedarf zur Erfüllung der Aufgaben des Landes besteht beziehungsweise entstehen wird das heißt die Vergabe unabdingbar notwendig ist. Sie hat dabei unter anderem die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten. Im Hinblick auf die Vorbereitung des Vergabeverfahrens obliegen der Bedarfsstelle die Durchführung der Markterkundung sowie die Erstellung der Leistungsbeschreibung. Im laufenden Vergabeverfahren wirkt die Bedarfsstelle bei der Beantwortung von Bieterfragen mit und gibt nach fachlicher Prüfung der Angebote einen Bewertungsvorschlag ab. Bei der Wahrnehmung vorgenannter Aufgaben wird die Bedarfsstelle von der Zentralen Vergabestelle unterstützt.

Kleinstbeschaffungen bis zu einer Wertgrenze von 1 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) können von den Bedarfsstellen eigenständig durchgeführt werden, sofern das Vier-Augen-Prinzip hierbei gewahrt bleibt.

Die Zentralen Vergabestellen führen zu statistischen Zwecken eine Übersicht über die jährlich von ihnen durchgeführten Vergabeverfahren. Diese beinhaltet mindestens folgende Angaben:

a) Auftragsgegenstand,

b) Wahl der Verfahrensart mit Begründung,

c) Auftragswert,

d) Beteiligung des Beauftragten des Haushalts nach VV Nummer 5 zu § 55 der Landeshaushaltsordnung,

e) Auftragnehmer,

f) bei formalen Vergabeverfahren ab 25 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) den Common Procurement Vocabulary Code (CPV-Code) und

g) bei EU-Verfahren die Bekanntmachungs-Nummer.

Sofern dies für eigene Zwecke dienlich ist, kann diese auch weitere Angaben beinhalten (wie zum Beispiel Datum des Beschaffungsantrags, Datum des Zuschlags).

Die Behörde gewährleistet, dass die Zentrale Vergabestelle über ein zentrales Funktionspostfach mit nachstehender Syntax elektronisch zu erreichen ist:

a) für die Allgemeine Verwaltung

zentrale.vergabestelle@<Kurzbezeichnung der Berhörde>.nrw.de und

b) für die Polizei

zvst<Sitz der Behörde>@polizei.nrw.de.

3

Regional konzentrierte Beschaffungen bei den Bezirksregierungen

Zur Erzielung besserer Einkaufkonditionen werden durch die Bezirksregierungen in geeigneten Fällen regional konzentrierte Beschaffungen durchgeführt. Hierzu bündeln die Bezirksregierungen die Bedarfe der Behörden.

3.1

Geltungsbereich und örtliche Zuständigkeit

Die regional konzentrierte Beschaffung durch die jeweils örtlich zuständige Bezirksregierung können alle Behörden des Landes im Geschäftsbereich des für Inneres zuständigen Ministeriums in Anspruch nehmen, sofern sie ihren Bedarf vorab gemeldet haben. Entsprechendes gilt für andere Behörden des Landes, soweit sie nicht von den eigenständigen Beschaffungsregelungen anderer Ressorts erfasst werden. Diese können sich ebenfalls an den regional konzentrierten Beschaffungen derjenigen Bezirksregierung beteiligen, in deren Zuständigkeitsbereich sie ihren Sitz haben.

Die Kreispolizeibehörden beteiligen sich nur insoweit, soweit sie nicht vorrangig aus dem Artikelbestellkatalog des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste bedient werden.

Örtlich zuständig für die regional konzentrierte Beschaffung sind die Bezirksregierungen für die in ihrem Bezirk ansässigen Behörden.

3.2

Art und Umfang

Die Bezirksregierungen führen im Rahmen der regional konzentrierten Beschaffung insbesondere bezüglich der nachstehenden Warengruppen Beschaffungen durch, sofern diese nicht bereits durch den zentralen Landeseinkauf beschafft werden:

a) Bürogeräte, einschließlich Kopiersysteme,

b) Büromaterial (zum Beispiel Kalender, Versandmaterialien),

c) Büromöbel und

d) Informationstechnik.

Es bleibt den Behörden unbenommen, ihren Bedarf an entsprechenden Leistungen zu einem angemessenen Teil bei den Justizvollzugsanstalten zu decken. Näheres regelt der Runderlass des Justizministers, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und aller Landesminister „Öffentliches Auftragswesen; hier: Vergabe von Aufträgen an Justizvollzugsanstalten“ vom 12. November 1976 (MBl. NRW. S. 2730) in der jeweils geltenden Fassung. Weitere für eine regional konzentrierte Beschaffung geeignete Waren beziehungsweise Warengruppen werden laufend durch die jeweils örtlich zuständige Bezirksregierung geprüft und festgelegt.

Zur Orientierung der Bedarfsstellen erstellen die Bezirksregierungen zu den im Rahmen der regionalkonzentrierten Beschaffung auszuschreibenden Warengruppen Artikelkataloge, die im Vergabeportal des Landes (vergabe. NRW) im Einkaufskatalog eingestellt werden. Die Artikelkataloge sind grundsätzlich nur für die Behörden des Geschäftsbereichs des für Inneres zuständigen Ministeriums im örtlichen Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bezirksregierung zugänglich. Diese kann weitere Behörden des Landes zur Nutzung zulassen, um nach Maßgabe der Nummer 3.1 auch anderen Behörden eine Teilnahme zu ermöglichen. Nicht im Artikelkatalog aufgeführte Artikel beschaffen die Behörden in eigener Zuständigkeit. Die Pflege des Artikelkatalogs obliegt der jeweils zuständigen Bezirksregierung. Sie hat die im Katalog aufgeführten Artikel regelmäßig auf Aktualität hin zu überprüfen.

3.3

Verfahren und Verantwortlichkeiten

Die Bezirksregierungen regeln die Bündelung ihres Bedarfs sowie des Bedarfs der teilnahmeberechtigten Behörden im Übrigen in eigener Zuständigkeit. Sie führen die Vergabeverfahren eigenverantwortlich durch und sind für die inhaltliche Ausgestaltung des jeweiligen Vertragsverhältnisses zuständig.

Zur Vorbereitung der regionalkonzentrierten Beschaffung melden die sich an der regional konzentrierten Beschaffung beteiligenden Behörden gemäß Nummer 3.1 den Bezirksregierungen elektronisch über vergabe. NRW/Einkaufskatalog ihren jeweiligen Bedarf. Unabhängig davon kann sich die Bezirksregierung zur Vorbereitung der Ausschreibung weiterer Artikel an die Behörden wenden.

Die Feststellung des Bedarfs, die Abnahme und Bezahlung der bestellten Artikel sowie die Bewirtschaftung der Haushaltsmittel obliegt der Behörde, die den jeweiligen Bedarf anmeldet. Im Fall einer Bedarfsanmeldung ist ein Vergabeverfahren der den Bedarf anmeldenden Dienststelle zur Beschaffung gleichartiger Artikel für die Dauer der Vertragslaufzeit unzulässig.

4

Rahmenvereinbarungen und Sukzessivleistungsverträge

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sowie einer wirtschaftlichen Bedarfsdeckung soll der Bedarf an Leistungen möglichst auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen oder Sukzessivleistungsverträgen gedeckt werden, soweit dies wirtschaftlich und zweckmäßig ist.

Dazu sollen die Zentralen Vergabestellen verstärkt auf mögliche Bedarfsbündelungen vor Ort achten und soweit nach ihrer Einschätzung möglich und sinnvoll längerfristige Rahmenvereinbarungen oder Sukzessivleistungsverträge ausschreiben. Mehrfachausschreibungen gleicher Leistungen innerhalb eines kurzen Zeitraums sind möglichst zu vermeiden.

Abgeschlossene Rahmenvereinbarungen sind unter vergabe. NRW/Vergabemarktplatz für die Dauer von maximal einem Jahr einzustellen. Soweit die vergaberechtlichen Voraussetzungen für eine vorteilhafte Gelegenheit vorliegen, können andere Dienststellen darauf zurückgreifen und die Konditionen in Anspruch nehmen. Die rechtliche Prüfung der Zulässigkeit obliegt der anfragenden Dienststelle, die dabei von der einstellenden Dienststelle unterstützt wird.

5

Elektronische Umsetzung und Unterstützung des Vergabeverfahrens

Seit dem 18. Oktober 2018 sind Ausschreibungen im Oberschwellenbereich vollständig elektronisch auszuführen. Für Vergaben im Unterschwellenbereich gilt dies spätestens ab dem 1. Januar 2020. Auf die Vereinfachungen gemäß VV Nummer 3 Sätze 2 und 3 zu § 55 der Landeshaushaltsordnung, wird verwiesen.

5.1

Vergabemarktplatz NRW

Zur softwareseitigen Unterstützung im Bereich des öffentlichen Auftragswesens und der elektronischen Vergabe steht den Behörden der Vergabemarktplatz NRW  zur Verfügung. Neben umfassenden Informationen zum Vergaberecht stellt dieser die elektronische Abwicklung des Vergabeverfahrens ab Veröffentlichung über die Kommunikation mit den Bietern und die Angebotsabgabe bis zum Zuschlag sicher.

5.2

Einkaufskatalog NRW

Für das Bestell- und Lieferverfahren sowie für die Bedarfsabfrage von Artikeln aus den landesweit ausgeschriebenen Rahmenvereinbarungen und der regionalkonzentrierten Beschaffung ist der landesweite elektronische Einkaufskatalog zu nutzen.

5.3

Vergabemanagementsystem (VMS)

Das interne Verfahren bei den Zentralen Vergabestellen wird durch das VMS unterstützt, welches eine weitgehende elektronische Vorgangsbearbeitung durch die Zentralen Vergabestellen ermöglicht. Weiteres Anwendungsziel von VMS ist die revisionssichere Abbildung des gesamten Vergabeprozesses. Das VMS ist bis spätestens zum 31. Dezember 2019 in den Zentralen Vergabestellen des Geschäftsbereichs des für Inneres zuständigen Ministeriums einzuführen.

6

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2024 außer Kraft. Mit Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der Runderlass des Innenministeriums „Richtlinien für das Beschaffungswesen im Geschäftsbereich des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen“  vom 21. Februar 2003 (MBl. NRW. S. 246), der durch Runderlass vom 2. Juni 2006 (MBl. NRW. S. 342) geändert worden ist, außer Kraft.

- MBl. NRW. 2019 S. 160